Quadratwurzel -1

Wir schossen auf das, was sich in den Wänden bewegte, Tapeten verdeckten die Löcher, teures Papier; und dann wieder auf die Löcher, ob wir sie zweidreimal treffen könnten. Nichts ist vor der Inversion sicher, nicht die Mathematik, in der sich in Form der Quadratwurzel minus 1 das Imaginäre einschleicht. Während ich den Schlaf schon berühre, taucht die Zeit aus dem Fluß, von dem sie sich nun zu trennen weiß.

Überall ist Hubertustag

Kam noch nicht um die Ecke (ich) war noch nicht abgenabelt, aber man legte den Rechen nieder, die Spindel die Krüge das Jochbein: das Bein schwang sich (wer hatte) aus dem Sattel / um den Junker anzustarren / gute Kleider / die Mütze maltraitiert / jetzt kann ich’s sagen: überall ist Hubertustag.
Die nächste Minute, die nächste Atempause, der nächsten Nebel, der um eine Begegnung, Bewegung, tanzt, mäandert. Und der Nachhall im Ohr, der sich aufmacht, ein Wort zu werden, eine Sprache des Bewusstseins. Ein langer Tag tritt nackt aus der Umkleidekabine, verschließt seine tückischen Schlösser, die vorher gar nicht da waren, Schlösser ohne Schlüssel.
Lass mich ruhig raus, ich bin der Tag! Hinter dem Nebel ein Pfad; Pferde tragen die Wörter in den Gehörgang, Schall und Wahn, eine Rakete pro Silbe, eine vergnügliche Sperrstunde, ein wirkliches Verständnis, gerade noch geradegebogen, eine Kurve, dann geradeaus, immer geradeaus, bis man da ist, nächstes Ziel. Eine Fahrt, zurück aus dem Blau. Ich bin der Wandrer, du der Riemen, um den Stock gewunden, der mir die Hand fesselt; dem Stocke nach, folge mir! Wie durch ein Wunder kreuzen sich die Wege der Menschen. Es wird nicht gelingen, sich aus dem Wege zu gehen. Das versteht man hinterher immer besser, währenddessen ist es nur phantastisch. Tiefsitzenden Verwebnisse, die ziellos umherschnellen, blinde Schlangen, den Kopf gekappt, zuckende Schläuche, Purpurwasser entlassend, das Leben rinnt aus jedem Ding, das brackige Wasser seiner Leidenschaft, der tiefe und offene Moment seines Seins. Ein verwilderter Garten mit Früchten der Überreife. Früchte, die so süß schmecken, dass man die Fäulnis stets mit isst. Diese Tage gingen vorbei wie ein einziger. Wer bist du? Und er hatte die Wahrheit gesagt. Niemand.

Affentheuerlich & Naupengeheuerlich

Sie nahm den alten Rasierpinsel ihres verstorbenen Mannes aus der Schublade, tauchte ihn in das Blutgefäß (ein schönes und wertvolles Erbstück ihrer geisteskranken Mume) und pinselte sich den Teint – man mag es drehen und wenden – rot.
»Wo ist der Daimonenjunge mit dem Kopf?«
Es gab Essen in schaler Dunkelheit. Es gab Gebein unter dem Schreibtisch, abgeschabt, staubumfangen. Viele dieser Aufzeichnungen gingen im Feuer auf, die Buchstaben verendeten in der Luft, der Geschmack war der nach Zitroneneis. Aus dem Geist des Pedals erhoben sich unbekannte Formen, man kann nicht behaupten, dass es einen Anhaltspunkt dafür gab, ein Gerücht, vielleicht auch mehrere, gesät von einem zweifelnden Mund, dem bald die Lippen sprangen, die Fetzen Blüten ergaben.
Die verdrehten Schritte näherten sich kostenlos, das Gewölbe stank
(welch ein Wunder bei gutem Wurm, bei Regentropfen, die tiefer gingen)
fernes Lächeln
(die Edamer Katze)
meist achtet der Wind nicht darauf, wo er hintritt
(die verdrehten Schritte)
sein Spiel dem Zufall überlassen und nur durch das Medium großer Künstler lernen wir die Wirklichkeit kennen, angestachelt von den unterschiedlichen Luftschichten, aufzuklauben, was sich nicht an etwas anderes krallt. Es waren die Gewichte, die ihn herausforderten, der unheilvolle Geruch der Maronenbäume darf nicht durch das Fenster drängen, der erstickende Rauch der Kamine.
Du wirst Wasser sein, dann und wann Wasser sein.
Hier ist das Schnitterfest vorbei, die Äpfel liegen rund und schön, keine Schürze hängt an einem Haken, Jauche füttert die Bächlein, die durch die Wiese gehen, ein stummes Firmament trägt die Atlaskugel, nicht der Titan selbst
(Missy. She was rescued by an animal charity. We had her far over 16 years, before a stroke took her away.)
Exploitation der Produktion ist dann zu purer Schönheit erstarrt, wer nicht zaubern kann, billiger Stoff, verspätete Sätze im Mist
(auf den Balkonen drehten altehrwürdige Damen mit zitternden Händen an den Operngläsern, die ihnen die Fruchtkolben der Jugend heranholten)
die Schwester erstickt beinahe brav an einem Samenschuss, den sie dann aus ihrem falschen Hals mit Tränen schwemmt, die nie wieder so rein sein werden, so gemüsebrühig pikant, wie an diesem Tag der Asche, die aus dem schlottrigen blankbusigen Schlot pfeift, Fruchtfleisch des Lichtes also, Raumleib und Leib in Zeitgang
(affentheuerlich & naupengeheuerlich)
wir kommen in keinem Buch vor, in das wir uns nicht selbert hineinschreiben. Angeschissene Wände sieht der Wanderer auf sich zu –
Blutkloaken, abgerissene Euter von Mensch und Maschine, Sickergruben und Sand, Geklapper entzwei’ner Dachrinnen, Daimonenspocker und Ratten Ratten Ratten, mit den Schwänzen an Wäscheleinen geklammert (die verdrehten Schritte).
»Hallo!«
(Und ich auch: »Hallo!«)

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