Die Angst ist ein ständiger Begleiter von mir. Sie wohnt mietfrei in meinem Gehirn. Als ich klein war, sagte sie mir zur Schlafenszeit, dass ich mit dem Bettzeug an die Wand gelehnt schlafen müsse und mein Körper dem Rest des Zimmers zugewandt sein müsse, damit sich nichts und niemand von hinten an mich heranschleichen könne. Sobald die Sonne unterging, drängte sie mich, alle Lichter im Haus einzuschalten. Es machte das Hinaufsteigen der Kellertreppe zu einem olympischen Ereignis. Wenn ich langsamer wurde, musste ich damit rechnen, dass etwas seine Krallen in mich schlug. In der Dunkelheit lebten Monster, und die schattigen Räume unter den Betten waren wie Treibsand, der mich in eine schreckliche Unterwelt hinabziehen konnte. Decken waren nicht verhandelbar, egal zu welcher Jahreszeit. Auf keinen Fall würde ich einen Arm oder ein Bein aus dem Bett baumeln lassen!
Als ich ein Teenager wurde, steigerte sich meine Angst. Es wurde zur Routine, unter meinem Auto nach einem Serienmörder zu suchen. Die ganze Nacht aufzubleiben, um Freddy Krueger aus meinen Träumen zu vertreiben, war Pflicht. Und dann stolperte ich bei einer Pyjamaparty über den Film „Der Exorzist“, und mein Schrecken nahm eine dämonische Wendung. Natürlich fügte meine evangelikale Erziehung diesem Feuer noch einiges an Brennstoff hinzu. Ich schlief monatelang mit einer Bibel unter dem Kopfkissen und bereute jeden Sonntag vor dem Altar alle Sünden, die ich möglicherweise begangen hatte, denn ich war mir sicher, dass ich andernfalls der Gefahr einer Besessenheit ausgesetzt war. Auch um Ouija-Bretter machte ich einen großen Bogen – und tue es immer noch.
Jetzt, wo ich erwachsen bin, schlafe ich nicht mehr mit dem Bettzeug an der Wand oder mit einer Bibel unter dem Kopfkissen. Aber ich kämpfe immer noch mit der Angst. Es ist nur eine realistischere Angst. (Es sei denn, es handelt sich um Zombies, dann ist alles möglich.) Jetzt fürchte ich mich davor, dass jemand mitten in der Nacht in mein Haus einbricht oder dass ich mit meinem Auto ins Wasser fahre und nicht mehr entkommen kann, bevor ich ertrinke. Diese Ängste sind Gott sei Dank nicht lähmend, aber das liegt daran, dass ich das Geheimnis gefunden habe, wie ich sie zu meinem Vorteil nutzen kann.
Der Trick besteht darin, meinen Schrecken durch die Bücher, die ich schreibe, zu verarbeiten. Sie sind der sicherste Ort, den ich mir vorstellen kann, um die schrecklichen „Was-wäre-wenn“-Szenarien meines Gehirns zu erforschen, ohne zu riskieren, dass mir tatsächlich etwas passiert. Sie ermöglichen es mir, das Meistern gefährlicher Situationen zu üben. Zugegeben, es ist eine gefühlte Kontrolle über eine oft unkontrollierbare Welt, aber es mindert die Angst, die ich empfinde, wenn sich meine Fantasie auf Worst-Case-Szenarien zu konzentrieren beginnt.
In meinem letzten Buch, Flight 171, habe ich mich mit dem Gefühl der Panik beschäftigt, das ich bei Start und Landung immer habe. Es ist dieser schreckliche Moment, wenn das Flugzeug so schnell über die Landebahn rast, dass der Pilot das Gefühl hat, die Kontrolle zu verlieren, und die Kabinenwände so stark zittern, dass sie auseinanderbrechen könnten. Ich habe auch im Geiste die Visionen durchgesiebt, die ich hatte, als mein Flugzeug in der Luft explodierte, wie bei einem realen Final Destination-Vorfall. Indem ich mich durch einen Worst-Case-Szenario-Flug schrieb, habe ich diese Angst verarbeitet und ausgelöscht.
Um die ganze Geschichte noch beängstigender zu machen, habe ich dann eine uralte dämonische Kreatur eingebaut, die derzeit den Körper einer kranken alten Dame in Besitz nimmt. Dieses Monster muss die Kontrolle über einen neuen, jüngeren Körper übernehmen, um zu überleben. Es zwingt also die Hauptfigur Devon und ihre Freunde, den neuen Wirtskörper aus ihrer Gruppe zu wählen, oder das Flugzeug wird abstürzen. Ich weiß, dass ich gesagt habe, dass ich nicht mehr mit einer Bibel schlafe und dass ich die ganze Sache mit der dämonischen Besessenheit hinter mir gelassen habe, nachdem ich erwachsen geworden bin, aber ich will ganz offen sein: Spirituelle Angst ist schwer zu überwinden. Flight171 hat mir geholfen, ein wenig mehr Fortschritte zu machen.
Und dann war da noch die Pandemie. Als ich den Flight 171 entwarf, war COVID ständig in den Nachrichten präsent. Unser Land war mit einer Seuche konfrontiert, die in erschreckendem Ausmaß Menschenleben forderte. Und immer wieder gab es Demonstranten, die ihr Recht einforderten, keine Maske zu tragen. Wir befanden uns an einem moralischen Scheideweg. COVID war die reale Version meines Monsters aus der Luft, das auf jede erdenkliche Weise zu überleben versuchte. Und die Menschen entschieden aktiv, wessen Leben ihnen am wichtigsten war – welche Opfer sie in Kauf nahmen. Indem ich die fiktiven Passagiere von Flight 171 so reagieren ließ, wie es die Menschen um mich herum im wirklichen Leben taten – indem sie entschieden, welches Leben ihrer Freunde enden sollte – konnte ich die Brutalität der Gesellschaft, die den Wert des Einzelnen kalt abwägt und misst, durcharbeiten. Die Angst, der Kummer und die Sorge, die ich darüber empfand, wie wir als moderne Gesellschaft damit umgehen, sind in dieses Buch eingeflochten. Indem ich mich meinen Ängsten im Buch stellte, gelang es mir, im wirklichen Leben erfolgreicher mit ihnen umzugehen.
Das heißt aber nicht, dass ich nicht manchmal darüber fantasiere, wie es wäre, diese Ängste gar nicht zu haben. Ich könnte mein Schreiben mit helleren, positiveren Dingen füllen. Einen Liebesroman oder einen gemütlichen Krimi schreiben. Ich könnte hemmungslos schlafen, ohne Rücksicht auf die Decke. Ich könnte vergessen, hinter den Duschvorhang zu schauen, wenn ich ein Bad betrete. Ich könnte allein in einem dunklen Raum stehen. Oh, an welche Orte ich gehen würde, wie Dr. Seuss einmal sagte. (Theodor Seuss Geisel ist der Erfinder des „Grinch“ — Übersetzer).
Aber dann denke ich an all die wunderbar schrecklichen Geschichten, für die ich weder das Bedürfnis noch die Phantasie hätte, sie zu erzählen, und mein Herz sinkt. Horror- und Thriller-Romane sind meine Leidenschaft. Ich bin süchtig nach dem Tempo und der Spannung, nach den unzähligen moralischen Zweifeln, die Situationen auf Leben und Tod hervorrufen. Sie sind das intellektuelle Äquivalent einer Achterbahn, mit der ich immer wieder fahren möchte.
Außerdem erinnert mich die Angst daran, was es bedeutet, ganz präsent zu sein. Das Leben ist manchmal gefährlich. Das Überleben ist nie garantiert. Dieses Wissen im Hinterkopf zu behalten, fordert mich heraus, das Beste aus jedem Tag zu machen und mein Leben nicht als selbstverständlich zu betrachten. Meine Angst ist Brennstoff und Feuer zugleich. Das Schreiben von Geschichten über sie ist für mich ein Weg, beides in Einklang zu bringen. Die Angst nährt mich, aber wenn ich sie nicht an einen sicheren Ort bringe – wie die Grenzen eines Romans – besteht immer die Gefahr, dass sie mich verzehrt.
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