Das Haus am Meer

Die Tatzen zitterten über den Sand, bevor das blaue Meer folgte und die Abdrücke wieder verschlang. Nur das Flackern einer jahrtausendalten Geschichte, die sich so lange wiederholt, bis der Strand abgeschliffen ist. Doch vorher muss der Brunnen werden. In Wirklichkeit zieht sich nämlich das Meer zurück und hinterlässt nur seine Schattenwelten.

Sehr früh schon huschte sie in Kleidern aus dem Haus, gefolgt von der dünnen Luft, die sich über Nacht in ihrer Kammer aufgetürmt hatte ohne entweichen zu können. Natürlich wusste sie auch diesmal nicht, wo sie graben sollte, ein Traum aber hatte ihr gesagt, die Tiefe warte bereits auf das Eisen des Spatens.

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Gespenstersuite

Die Treppe, deren Gehlinie durch die Nacht führt, knarzt anders in ihrem Lauf, als diejenige, die sich durch den Tag ächzt. Wie gekörnter Draht flackern die dunklen Schritte, die sich selbst Wege erbauen und dabei zurückblicken, als würden sie den ganzen Körper atmen.

Der starke Arm am Brunnen (die Hand an der Winde) beteiligt sich an den verlorenen Tropfen. Ich beobachte mich bei der Ausführung von Taten, die nicht von mir stammen. Dein Arm, der Fische ermöglicht, ist mir ein Wegweiser, der um die Stille in jedem Rumor weiß. DieTrockenheit der Ruinen mit ihrem gebrochenen ornamentalen Dekor; aus ihren Fugen dämmern die Erinnerungen, eine Zeit des Gestern wiederholt sich hilflos im diffusen Licht. Jemand verschwindet und kehrt nie zurück, die Auflösung wird Zeugen haben, aber die Fensterscheiben übernehmen das Protokoll.

Mit meinen Händen erarbeite ich mir Nahten, ein Glitzern in den Silben; vorhanden auch der Mond. Mit neuen Spuren beginnt der Tag, der Sinn der Wiederholung, der Jagd. Der Tisch, das Universum, die Verkettung ligierter Buchstaben. Es hat sie weiß gemacht der Mond. (Jemand sagt: „Suchen Sie nach einem Weg, ohne Echo in die Nacht hinauszugehen!«“
Ich denke: Ja; Nachtstücke müssen es sein.)

Altes Los: Die Ewigkeit stirbt nur in Sekunden. Im Spiegel funktionieren die Züge deines Gesichts antriebslos, sie scheinen zurückzukehren. Du siehst dich an, aber du willst nicht sein, was du siehst. Du vertraust dir deinen Ausdruck nicht an, ein Schritt nur zur Seite, und der enge Raum übernimmt die Kontrolle an der Wand. Lachend bleiben auch die stehen, die Gifte wissen: Alt ist nur die Zeit. Das Los findet sein Mittel.

Die bescheinigten Freiheiten auf gestampftem Papier, alle Wahrheiten von Märchen verschlungen. Die Kohlrübe, die Sinnloses spricht, erfroren neben dem Kopfstein, den Rinnen für ein Wasser, das niemals wieder schmilzt. In dein Eise geblockt sehe ich dich an, erstarrt am Putztisch, unterbrochen während der Toilette deines Tages.

Ich kam, als es die Berge noch nicht gab. Lichter irritieren die Schwermut, die schwarze Galle im hintersten Versteck. Der Brunnen fällt, seines Sinnes beraubt, unter die Kristalldecke. Die Furchen im Acker, die Bilder im Schnee. Das Glitzern in den Silben, die Schritte malen können, die um jede Ecke ranken, das Haupt aus Torf.

Manche Bilder erscheinen uns bizarr in ihrer Nacktheit, bunt. Bedeutend sind nur die Rahmen, die Leinwand braucht Gestalten wie diese, um sich zu fangen. Dort: die Treppe; dort: die Schritte. Noch trug ich die Taschen der Endzeit bei mir, die Vulkane waren kaum erloschen. Kein Entkommen für den Fliederduft. Später saßen die Gäste um ein Lagerfeuer herum, erzählten sich von Mut und Gerechtigkeit, und stumm befand sich das Grauen bereits in ihrer Mitte.

Von den Klippen angefangen bis hin zur Startbahn gerann das Blut, und Kähne lichteten ihre Anker, ein Spektakel in Purpur, ein Aufruhr in Rot. Der Blick zurück im Zorn. Das Knacken der Zweige verriet auch andere Geräusche, und ihre Echos waren nicht vorhanden, sie schlummerten in den Bechern der Tavernen.

Die kleinen fetten Finger wischen Schmalz;
die kleinen fetten Finger dringen tief;
die kleinen fetten Finger öffnen Knöpfe und helfen dem Kleid aus dem Körper.
Ihr quadratischer Schlund öffnet Augen, dahinter räkelt sich eine versunkene Welt. Im Rachen der Riesin steht die Luft, der Himmel ist fleischig und nass.

Ich vergewissere mich nicht, ob noch etwas vorhanden ist, wenn ich den Raum verlasse, etwas wie ein Zeichen, eine Zusammenkunft der Gegenstände, die nun auch in mir zur Anwendung kommen. Raum und Körper; und ich vergewissere mich nicht, ob sie sich von selbst bewegt haben, und ich bebe, weil all das fremde Stimmen sind. (Manchmal ist es der Sound, der die Pferde mästet).

Nur ein Haus kann uns trennen

Ich konnte das Haus nur sehen, wenn ich schlief.
Doch näherkommen konnte ich auch dann nicht.
Ich versuchte es in jedem Tempo und sogar
rückwärts schlug ich aus, aber es war jedes mal vergeblich.
Ich fragte mich, wo das Haus wohl stehen mochte, warum es
mich zu sich zog, wenn es doch nicht zuließ, ihm zu nahe zu kommen,

aber alle Antworten darauf stammten von mir selbst. Es gab
darunter keine Stimme, der ich vertraute,
weil all die Häuserstimmen, die ich in mir trug, für sich sprechen wollten.
Räume schlagen Falten, aber ich habe noch nie jemanden gesehen,
der diese Falten gerade rücken könnte in der Hoffnung,
danach wäre alles wieder ordentlich wie ein Sonnenzimmer,

das man seinen Gästen zumuten kann. Der Staub einer Woche
zum Fenster hinaus gejagt, alles an seinem Platz.
Vielleicht war das Haus nicht für mich bestimmt
und ich konnte es deshalb nur von einer gewissen Entfernung aus betrachten.
Aber ich spürte, dass sich etwas Bedeutendes in seinem Innern abspielte
und hätte viel dafür gegeben, zumindest durch die Fenster sehen zu können.

Bestimmt hätte ich etwas gesehen, das ich nicht verstand.
Im Grunde ist es nicht notwendig, sich vollständig an ein Ereignis zu erinnern.
Herausgelöst aus den großen Kontenten,
kann man es hinter der richtigen Falte im Raum für sich
betrachten und studieren, auch wenn man nur Symbole erkennt:
Haar, das sich wie wildes Heu bewegt, eine Tänzerin,

deren Gesicht nie zu sehen war, schwarze Magie
hat sich ihrer Glieder bedient, dabei war es nur ein Blues,
ein Vorgeschmack auf die gedankliche Ödnis, die auf
ein verlorenes Ereignis folgt. Man spricht, man tollt
und gleitet aus dem Bild, dem man Beobachter war
und für sich ein Dirigent; auch wiederholt man

seine Erwartungen und ist in manchen Dingen der letzte Geist,
der sich an eine Beschreibung wagt. All das würde ich
durch die Fenster des Hauses sehen können, denn es wäre
kein Hineinblicken in verborgene Kammern, auf halbdunkles Mobiliar,
es befände sich ein gestauchtes Theater dahinter und nichts im
Innern könnte den Voyeur vor der Fassade erkennen oder gar identifizieren.

Er wäre gar nicht da.
Diesen Eindruck kann ich nicht von mir wenden,
aber ich freue mich auf jeden neuen Schlaf,
auf dieses Haus, das ich umkreisen, aber nicht betreten kann.

Jeder Spuk ein Manifest

Ich weiß nicht, ob es hier begann.
Denke ich darüber nach, gibt es
weder einen Anfang noch ein Ende,
nur die sichere Entropie. Jeder Spuk ist,
für sich genommen, ein Manifest
der Aufzeichnung gewaltiger Gefühlsregungen,
die im Augenblick des äußersten Schreckens
eine unauslöschliche Spur hinterlassen. Aber
auch die Zeugnisse, die nicht der Tragödie
oder dem Grauen entspringen, sind noch vorhanden.
Sie sind nur nicht dazu gedacht,
wahrgenommen zu werden, damit die
schwarzen Blüten selbst besser
zur Geltung kommen. Doch diese Spielart
der Ewigkeit ist nichts
im Vergleich zu jenen Vorkommnissen,
die keine andere Neigung zu haben scheinen,
als die Tore ins Chaos zu bilden – hinaus und hinein.
Diese Tore haben eine ähnliche Funktion wie
das Filtersystem, das unser Bewusstsein
vom Unterbewusstsein trennt. Es ist eine Sache,
über die Möglichkeiten der Materie zu sprechen,
aber es ist etwas völlig anderes, über
die Möglichkeiten des ganzen Universums zu sinnieren.
Möglichkeiten, die nirgendwo anders hinführen als in den Wahnsinn.

Das enthauptete Huhn

Es ist da, das absolute Wagnis, alle sich überschlagenden Ereignisse miteinander zu verweben. Zeitturbolenzen treten an verschiedenen Stellen des Lebens gehäuft auf.

Ich passiere Sandbänke, die wie Walrücken aus dem Ozean stechen, ruhigere Gewässer waren das, als ich noch mit mir selbst Karten spielte, das Würfelglas hob.

Jetzt schreckst du aus dem Schlaf. Dir gilt das Hochzeitslied, dir gilt der Riss, dir gilt das zertrümmerte Türchen, macht hoch das Tor, das Tor mach weit; struwelpeterst im Bett, beginnst betäubt von Liebesträumen wie wild geworden zu schreien, gehst mühelos über das hohe c hinweg. Die menschliche Stimme, welch Zauber, der Einbruch in eine sichere Umgebung.

Ich ziehe es vor, eine Skulptur zu formen, nehme mich der Salzsäule an, Sodom und Gomorrha im Schlafzimmer. Wie klar ich sehe, als würde ich träumen. Das enthauptete Huhn flattert noch einmal auf und davon.

Rauschend zog ich mir die Stadt an, sie passte mir wie ein Dorfkleid.

Ich im Dorfkleid. Das könnte schön aussehen. Jetzt aber klingelt es, und die junge Postfrau hält mir ein in schillernd-düsteres Schlachtengemälde der Gefühle, unter die Nase, lächelt, als ob sie mich damit in Gold verwandeln könnte. Ich reiße die Päckchen immer vor Ort auf, kaum hat es die Hand der Überbringerin verlassen. Ungestüm werfe ich die Fetzen zu Boden, aber auch ich lächle (es fühlt sich an, als fingere man in einen frisch angerührten Semmelteig eine Kerbe hinein). Sobald ich sehe, dass sie mir das richtige Buch in die Hände gedrückt hat, lasse ich sie gehen. Sie ist neu (lernt das Briefewerfen erst gerade); das Treppenhaus ist dunkel; ich habe sie noch niemals gesehen; die Haare stehen mir zu Berge. Es hat sich also nichts verändert. Wann breche ich auf?

Tesla

Die Straße fließt dem Horizont entgegen,
flimmernd, als wolle sie sich aufmachen,
eine Halluzination aus dem Nichts zu heben.
Das Ende der Welt ist eine markante Stelle,
immer gleich weit von mir entfernt.
Komme ich ihrem Delta, dem die Welt entspringt,
zu nahe, schiebt es sich unter den Rock zurück.
Die Hieroglyphen sind der Ort, aus dem
die Neonfragmente fallen, wenn geschüttelt wird,
was nur in der Metapher lebt, sich von ihr benetzen lässt,
sich von ihr ernährt. Tragen wir dieses Stück Eisenrohr
zu ihr, wird sie es lesen können, verschweigen aber,
was du gleich nachschlagen willst.
Du weißt, wie die Dinge beschaffen sind, hast sie,
sitzend im Schneidersitz, erfunden, ohne sie loszulassen.
Sie fliegen nicht ohne dich davon, zumindest steht es so geschrieben.
Noch einmal überwachen wir die rot andämmernde Landschaft,
noch einmal erleben wir das Ritual des Schuhebindens.
Nicht umsonst, sagst du – es klingt wie ein Versprechen.
Danach wird der Eingang von einem Stromschlag geschlossen,
von dem auch du abhängig bist.
Die Volteinheit ist schwer zu beobachten.

Paradies aus Schwefel

Ich kann mich auf alles anwenden. Auf dich, auf mich,
sogar auf alle Tiere, schleichende Schleichen, also Anguidae,
Flügel faltende Falter, also Lepidoptera.
Manche davon bin ich in Bernstein-Quadern,
manche bin ich in den Lüften.
Ob ich ein Ich bin, ist nicht mit Sicherheit zu sagen.
Kein adäquater Ausdruck beschreibt den Zeitenkelch,
der mich mottig anzieht, nichts kleidet mich mehr in ein Wunder
als die Erinnerung, das erinnerte Ich. Als hätte ich erlebt,
was ich zu erinnern fähig bin. Ich kenne keine andere Nähe
als die Berührung zweier Oberflächen. Die Hand – was sind wir davon,
was bist du davon? Ich spüre nur mich, du bist mein Widerstand.
Gib mir deine Hand, ich habe nichts von dir an meinen Händen.
Bevor ich dich ansehen kann, bist du verschwunden.
Wir sind nur Kinder im Vorgarten der Hölle,
unser Paradies aus Schwefel.

Ich strecke die Hände aus, auch im Geiste, die Hände aus nach dir.
Du windest dich, ich halte es für einen Tanz. Manchmal tanzt du,
windest dich nicht, ergibst dich dir selbst,
und ich mache mich über dich her, beuge mich nach vorne,
zu dir hin, in dich hinein, durch dich hindurch.
Ein Ort, an dem deine Kräuter wachsen. Ich bin verloren.
Wie ich mich in deinen Gewittern winde, Blitzfinder im Regen.
Ich gehe den Weg unaufhörlich, finde mich auf mich selbst wartend vor,
nur um mir zu sagen, geh weiter, wer immer du auch bist.

»Wer bist du?«, rufe ich und sitze bereits in dir,
halte Kräuter in der Hand. Du wirst mich finden, die Orakel
werden meinen Namen nennen, die Wurzeln werden
nach dir greifen, die Vögel werden deine Ohrentrommel bersten lassen
durch Lieder, Lieder, Lieder, die meinen Namen singen,
die meinen Namen kreischen, die meinen Namen kennen.

Stets du die Biene, der geöffnete Kelch, der von der Sonne trinkt.
Stets ich das Aufflattern der Pollen, stets wir der Honig des Leibes,
golden flüsternd die Unendlichkeit zweier Körper bedeckend,
gliederlose Schweißperlen rinnenden Harzes, das überbordende Weltenall,
das sich selbst erblickt. Auf Stufensteinen hinauf zum Mond,
in den Tann, in rätselhafte Momente, in Staub, ewigen Staub,
des Leibes Durst, der Kehle Durst, der Kehlen Durst.
die goldenen Eier des Widders. In den hinteren Auen, am Tanzplatz dort,
an dir, nah an dir dran, dir dran. Ich komme aus allen Trögen, Flaschen, Fässern.
O sprich mir in den Mund die Lieder, höre mir das Herz heraus!

Damals auf dem Schrank

Damals auf dem Schrank wähnte ich mich unsichtbar, denn auch den Staub hatte niemand bemerkt, seine Jahresschichten intakt. Es fehlte nicht viel zur geweißten Rauhputzdecke. Das Gesicht in Deckennähe, der Grund und Boden so weit unter mir. Wenn ich über den Holzrand spähte, überkam mich das Gefühl der Fremde, wenn ich fallen würde, fiele ich in eine Welt, die ich augenblicklich verlassen hatte, um Höhe zu spüren, die Stimmlage dieser Höhe, ein Käfer, der sich tarnt, an Ort und Stelle verharrt. Da hatte ich einen kurzen künftigen Blick erhaschen können, nichts daran war spektakulär, keine Posaune, keine Hydra, die ein Tor bewacht, kein epileptischer Anfall, nur die Wand mit ihren Poren, ein Wink aus der Zukunft. Das konnte nur bedeuten: es gab diese Zukunft, ich war bereits dort zugange, darauf wartend, dass ich aus dem Jetzt ankam. Dort angekommen widerfährt mir ein Déjà-Vu, ein Dopplereffekt im Hirn, jedoch keine ‚Fausse reconnaissance‘, nichts, was da nicht sein dürfte. Die wichtigste Frage an die Vergangenheit lautet: Was ist in diesem Schrank? Die Einnerungsmoleküle müssen früh ausgestreut werden, sie bestehen aus Gerüchen und Symbolen, aus Standbildern (alles Fließen ist ein Trug).

Amt für Halluzination und Psychonautik

Immer dann, wenn man in seine Kloschüssel rutscht und im Quell des Lebens zu ertrinken droht, von seinem Nachhauseweg im Dunkeln abweicht (es muss allerdings wirklich dunkel sein, sonst funktioniert es nicht), sich in einen Wandschrank setzt – was, zugegeben in unseren Breitengraden immer schwieriger wird, weil es Wandschränke einfach nicht mehr gibt, wenn man zu lange in seinen Kaffee starrt (er sollte nicht mit Milchweißer, sondern mit echter Milch angereichert und bereits zur Hälfte getrunken sein), wenn man seiner Katze folgt, heimlich, damit sie davon nichts mitbekommt – manchmal auch, wenn man sich unter seiner Bettdecke vergräbt, an der sich exakt die Maße 2,13 x 1,82 messen lassen, einen alten Wecker besitzt (jene mit Zinksulfit an den Zeigern – ich habe einen, auf dem mit Filzmarker das Datum 1.9. 1956 auf der Rückseite des Ziffernblattes steht), der in einer Nachttischschublade liegt, zusammen mit einer Unmenge an Zetteln, Liebesbriefen, die ich tatsächlich einmal geschrieben habe, Honigkerzen, ausgelaufenen Alkaline-Batterien – vermutlich sind diese Stofffetzen da hinten im rechten Eck sogar Socken…) und bereit ist, damit einige Atemübungen zwischen den einzelnen Ticks auszuführen, gelangt man nach Raha.

Zugegeben, es gibt noch eine Menge mehr Wege dorthin, so wie jede Stadt im Grunde von einem Netzwerk aus Haupt- und Nebenstraßen (hinein und hinaus) profitiert, aber die hier alle aufzuzählen, würde doch eindeutig den Rahmen sprengen, zumal das Aufzählen selbst ein vielbeschrittener Weg ist. Der Interessierte mag sich unter folgender Adresse eine Liste zukommen lassen, die ihm ebenfalls wie ein Atlas dienen wird: Amt für Halluzination & Psychonautik. Galaktischer Sektor ZZ9 Plural Z Alpha.

Das kosmische Konzept der Aufzeichnung

Es gibt vermutlich nicht viele Dichter, die behaupten, bei ihrer Zeugung anwesend gewesen zu sein. Das ist keine Aussage, die man bewusst und ohne den Willen, das Publikum an der Nase herumzuführen, tätigen sollte. Es gibt aber einen Grund, warum man es dann eben doch tun sollte: den der Mystifikation. Mir vorzustellen, Ende August in einem Hotel in Düsseldorf in die Planungsphase des Lebens einzutreten, hatte stets etwas von einer Legendenbildung, obwohl es meiner gesicherten Wahrheit entspricht. Mir vorzustellen, wie meine Mutter aus dem Fichtelgebirge (sie muss in Selb in den Zug gestiegen sein) an einem Freitagabend hinauf zu meinem baldigen Vater fährt, der dort als Maschinenschlosser arbeitet, um ein romantisches Wochenende mit ihm zu verbringen, gelingt mir nur durch die Inanspruchnahme meines eigenen Verzehrens. Dieser Tag ist mir um vieles mehr wert als mein Geburtstag (insofern man sich selbst in Ehren hält), denn mein Schicksal zog seine Kreise und konnte (in meiner Vorstellung) noch gar nicht festgelegt sein. Wie viele Seelen mochten um den Körper meiner Mutter gerungen haben? Oder gab es gar kein Ringen und ich stand bereits als Sieger fest? Ich glaube, wir alle gestalten uns aus Träumen heraus, den guten und den schlechten. Objektiv gesehen gibt es keine Ewigkeit, sehr wohl aber spreche ich von Zuständen, die eine Art Stillstand erfahren. Es bedarf einer künftigen Wissenschaft, um zu erfahren, aus was sie bestehen. Wenn wir unsere Konserven nutzen, mit Film, Ton und Schrift, die wir zu archivieren suchen, dann bedienen wir uns im Kleinen eines kosmischen Konzepts der Aufzeichnung.

Im Lande Ingwäoni

Hatten nicht immer die Frowen die Kunst verstanden die in Stäbe eingeritzten ›Buohstaben‹ zu deuten, Buohstaben=Künstlerinnen, die das Raunen losten, die durch das, was sie durch das rizzan gelost, dem Reißer huldigen, wie heute noch, ob brüllig ob klein

ist die Alliteration geglückt, darf er sich im Bade mit ihr suhlen
(schreibt nicht jeder für die Weps?)
Kepse mio
im Lande Ingwäoni: die Flattermannen, die Bernsteingefäße voller Rabenblut, ›dies martis‹ erzähle ich das Gerücht nun weiter, wir sind nicht an dem Städtebau interessiert, leben abseits lieber als in seiner Nähe, nicht wie ihr in Rom, die ihr gut und gerne aufeinander hockt, den Schweiß des anderen deutet
(ein Moschusgeflecht auf Pergament)
ihr habt sie lange nicht mehr gesehen: Druckgeister, Manwulfe, Alben und Wichte mit ihrem König Oberon, Alraunen, Feen und Wahl=Küren, eure Gespinster sind euer eigener Gestank
schlanke Wirrnis Welt, stand auf dem Telegramm, ich hatte es mir selbst geschrieben, habe einen falschen Namen angegeben
(Solipsismus und das Problem des Fremdseelischen)
was ist der Mensch ohne Menschen, aussterbendes Tier, Nahrung der Unterdrückter
(ganze Jahre lang, unendliche Tage)
letzte löchrige Bibliothek, Chronik eines Überlebens, Fantasma, Biograf für niemanden mehr, Sucher nach dem Anderen
(da wird doch wohl noch einer)
für meine eigene Erinnerung, die aufsaugt, was ich fabriziere, in der eigenen Suppe wende ich mich
(nachts)
ich drehe mich um, es sind Geräusche da, sie stammen nicht von mir, die Gedanken lassen mich nicht schlafen, hängen von der Leber ab, die Säfte gären dort, Begierden, umfangen der Gipfel leuchtet ein Morgenrot, gewälzt in dampfrosschwerem Schweineschweiß, jetzt warten auf das Nimmerlein sakrosankt.

Watt

Es war nicht nötig, diesen Koffern in den Schrank zu stellen, wo er
umgefallen wäre, weil das Möbel nicht im Lot steht. Es konnte niemand
zu uns hinauf gelangen, nicht ohne von den Federn berührt zu werden,
die unablässig aus den Wänden sprossen und sich auch von Gemeinheiten
nicht in ihrem Wachstum gefährdet sahen. Es gab andere, die von den
Wänden troffen als ein Schauspiel natürlicher Präsenz. Die Himmelsrichtung
spielte dabei keine so große Rolle. Am Tag zuvor war das anders gewesen.

Käme es darauf an, könnten wir uns zur Ruhe begeben,
die erwartete Ankunft fände dann jedoch nicht statt.

Sie übten den Katzengesang, aber die Wege waren samt und sonders
verschüttet. Die Kreise veränderten sich und wurden blau.

Was ist das für ein Material? Es hat diese Geräusche schon
vorher gegeben. Daraufhin folgten Schritte.

Ich hätte sie gerne an den Haaren herbeigezogen, aber sie verschwand
noch bevor die Turmuhr zu jaulen begann. Ein ungemütlicher
Teil von mir sank plötzlich ab und verharrte in der Schräge.
Schatullen von unermesslichem Wert standen dort, die Öffnungen
auf ein Ziel fixiert, das gleich aus den Wolken stürzen musste.