Der “Meister” sagt: Danke Schweiz, du warst mir Hort der Liebe und der Besinnung. Deine Wege spazierte ich mit bedacht, und auch, wenn du gemessen klein, erschienst du mir groß in vielen Belangen. Als dein Gast erlernte ich erneut das Träumen, und als dein Gast gelang mir viel. Ich mag nun Grüße aus der Ferne werfen, und nie verfehle ich dein weißes Kreuz.
Notabene
Test for Echo
Tableau 428
Ach, wenn ich Tal wäre, auch mal Berg (und Sonnenschein), eine Lache Regenfläche, Pferdehälfte (gut abgehangen). So ein Wunsch nach Ornamenten, kyrillische Weberei, an den Borden entlang holpern, ganz der Teppich, der sich unter Sohlen schmiegt (die auch auf glühenden Kohlen könnten).
Vierzich Gruben sein. Vierzich so wie unendlich. Ein Salinenmeister. Da unten in der Düsternis.
Tableau 429
Der Flug ist Augur in den müden Augen, die das eine Zeichen deuten können, das andere aber übersehen. Der Vogel weiß nichts davon, gelesen zu werden, so wie die Buchstaben nichts davon wissen. Was steht hier – das ist so zweierlei und dreierlei. Was bedeutet es – das sind wir selbst.
Tableau 430
Auswringen; das Trällern des Goldstrahls auf pures Wasser treffend. Die Luke öffnet sich trotzdem, auch wenn der schwarze Teer noch nicht zur Gänze verarbeitet, schnappt wie ein Fischmaul (wenne wartest platschts).
Tableau 431
Sah ich eine Magd das Euter tritzen, Milch auswichsen (hats dann auch am Knecht probiert).
„Als wärste ne Kuh, bissgen mager vielleicht.“
Tableau 432
„Hör doch auf, herumzualbern, du machst ja alles voller Prosa! Und wer wirds wegwischen?“
Das Labyrinth
Das Labyrinth ist ein Zeichen, das viele verschiedene Zeichen in sich birgt. In einer Fülle komplexer Darstellungen und Deutungsmöglichkeiten führt es hin und her, biegt immer wieder ab und führt schließlich zur Mitte.
Eine der Bedeutungen des Labyrinths ist, dass alles, was existiert, sich niemals schlussendlich festlegen lässt. Das frühgeschichtliche Labyrinth, das man bei Ausgrabungen eines Palastes in Pylos in Griechenland fand, hat einen kreuzungsfreien und vorgegebenen Weg, der auf verschlungenen Pfaden sicher zum Ziel und wieder hinaus führt. Man kann durchaus davon ausgehen, dass das Labyrinth mit Initiationsriten, erotischen Hochzeitsspielen und Tod-Wiederkehr-Mysterien in engem Zusammenhang steht, denn die ältesten Zeichnungen sind nahe an Kultanlagen platziert.
In der Ilias wird ein Pendeltanz im Zusammenhang mit einem Herbstritual beschrieben. Tanzvorstellungen sind auch auf alten Tonkrügen zu sehen, die hier Kranich- oder Jungferntanz bedeuten.
Das Labyrinth (und das soll hier nicht verschwiegen werden) ist ein weibliches Symbol, es steht immer in Verbindung mit der Göttin oder der Erde. Erinnern wir uns:
Ariadne hatte den Faden des Wissens in der Hand und gab ihn weiter.
Ich habe das Labyrinth als Sinnbild meines Werkes gewählt. Ich bin weder der erste, noch werde ich, da bin ich mir sicher, der letzte sein. Der Unterschied aber zu allem, was man über das Labyrinth weiß, ist in der Literatur ein anderer gegenüber den historischen Tatsachen. Schlegel führte 1798 die Arabeske in die Literatur ein und verband damit die Vorstellung märchenhafter Phantastik, ironischer Leichtigkeit und überquellender Fülle, von Poe wissen wir, dass er in seinen Geschichten vom Arabesken den Akzent auf eine groteske Verzerrung der Welt hin zum Dämonischen legte. Besehen wir uns die Ornamentik einer arabesken Darstellung, fällt es uns sehr leicht, darin ein Labyrinth zu erkennen. Denken wir uns ebenfalls eine Wüste als Labyrinth und: eine Bibliothek.
Ich kann mich täuschen, aber die besten Dichter waren labyrinthische Schreiber, die stets mehr wagten, als bornierte Beschreibungen in die Welt der Unterhaltung zu liefern. Ein Labyrinth unterhält nicht sondern bietet nicht weniger als den Zusammenhang des ganzen Universums.
Und es wird erzählt von einem Weibe, das sich hat ihre Schamlippen ritzen lassen, so dass darauf, auf ihrer zarten Haut, ein Schmetterling zu sehen war, und dieses Weib wohnt im Hause der Labrys, das umgeben von schweren Steinpfeilern die Doppelaxt in ihren Händen hält. Das Haus ist in der ganzen Welt als Labrynthios bekannt.
Wir können nicht mehr zurück
Wir können nicht mehr zurück. Wir haben es angefangen, jetzt müssen wir weiter. Wir haben uns in den Abgrund fallen lassen, die Zeit ist eine einzige Schleuderei geworden.
Herausfinden was das alles soll – eigentlich unmöglich. Alles soll alles; und das soll wiederum nichts, zumindest nicht zu viel darüber hinaus.
Wir fliegen also, mitsamt Welt, geradewegs ins Bodenlose und tun so, als stünden wir noch oben am Rand und blickten lediglich hinab. Aber das Hinabblicken ist zu einem Fallen geworden.
Früher die Frage: Wo stehen wir?
Die Frage jetzt: Wo werden wir landen – wassern, von mir aus.
Sie lautet also nicht: Wo kommen wir denn überall feines vorbei; sie ist also nicht mehr identisch mit einer Ortsbestimmung, mit einer Standortbestimmung: Vor uns, ca. 1 meter, der Abgrund, rechts Babylon, links Garmischpartenkirchen, von mir aus Mainz oder Worms, über uns das Sternbild Capricornus oder Taurus oder Ares, die Luft stinkt nach Salz – (das wird vom Abgrund kommen, vermutlich liegt da unten ein Meer, oder: wo kommt noch Salz rein? Richtig: Nudelwasser).
Unten Nudelwasser, wir die Teigwaren, samt Welt, in der wir einst glaubten, Mensch zu sein.
Noch einmal von vorn. Wir können nicht mehr zurück. Wir haben es angefangen, jetzt müssen wir weiter.
Wirklichkeit und Gegenteil
Wenn wir von Zeit reden, reden wir auch von der Wirklichkeit. Wir können sagen, Wirklichkeit ist das, was wirkt – und hätten damit nichts gesagt, wir hätten einfach nur auf eine banale Faktizität verwiesen.
Wirklichkeit ist vielmehr das, was auf die richtige Weise geschieht und das setzt voraus, daß es einen bereits geschehenen Akt erneuert. Natürlich will ich auf den Mythos hinaus. Die richtige Weise kann nur eine zeitübergreifende Gültigkeit meinen, Wiederholung ist demzufolge ein Ritual. Wiederholung ist jedoch nur dann ein Ritual, wenn die damit verbundene Aktion einen klar umrissenen Sinn aufweist, sich also auf ein mythologisches Vorbild beruft.
Nun aber ist die Wirklichkeit vielmehr durch ihr Gegenteil zu begreifen. Es ist oft so, dass man erst durch den Antipoden den eigentlichen Sinn umreißt – und oh wie oft wissen wir den Gegenpart gar nicht zu benennen. Man mag also schnell bei der Hand sein und sagen: Das Gegenteil von Wirklichkeit sei allemal die Fantasie. Damit aber, das wird man wissen, sagt man, daß die Welt, wie sie ist, nicht wirkt, denn die Fantasie hat uns die Welt so gestaltet. Ich will es aber nennen, ich will sagen: Das Gegenteil von Wirklichkeit ist das Profane, das Belanglose, das Flüchtige. Ein flüchtiger Schmerz ist keiner, eine flüchtige Liebe ist keine… Das Gegenteil der Wirklichkeit ist all das Arme, das ohne mythische Vorbilder auskommen muß.
Der gedeckte Tisch
Der gedeckte Tisch im Traum ist bekanntlich das Sexualsymbol für die Frau. Eine Unterscheidung liegt jedoch darin, ob der Tisch bereits gedeckt vorgefunden wird oder ob sich der Träumer erst anschickt, den Tisch zu decken. Es ist gerade die Verbindung von Essen und Schmecken, die auch in unserer Alltagssprache mit dem Sexus assoziierbar gemacht wird: Jemanden vernaschen, mag da als Beispiel seinen Zweck erfüllen, vor allem auch deshalb, weil das „vernaschen“ etwas anderes bedeutet, wie das Essen mit Messer und Gabel. Das Essen aus der Hand hat etwas entschieden Individualistischeres und es verknüpft den einzelnen unmittelbarer mit der Materie, ist die Äußerung der reserveloseren Begierde. Die Annäherung an den Anderen – das Andere – findet sich überhaupt in der Esskultur bestätigt, bei der es nicht um die Nahrungsaufnahme, sondern um die Begegnung mit der Geschichte, den Sitten und Gebräuchen, dem Lebensstil, Veränderungen und den sozialen Alltag geht. Durch Essen wird eine fremde Kultur schmeckbar, riechbar, fühl-und sichtbar – und auch der Mensch, der nicht ich ist, dem ich aber so nahe wie nur irgend möglich kommen möchte. So ist ein romantisches Abendessen nicht selten Akt eines Vorspiels oder gar das Vorspiel selbst. Man schmeckt das Gleiche, nimmt das Gleiche wahr, schwingt sich aufeinander ein – und schmeckt sich nicht zuletzt gegenseitig. Das Mahl findet seine Fortsetzung im Liebesakt und nicht etwa seine Unterbrechung. Der Kuß – für die Frau ein Vertrauensbeweis, für den Mann meistens das Interessant machen als in Frage kommenden Partner – als Trinken der Aura, des Atems, dort, wo die Lebensenergie ihren Rhythmus einsaugt und ausstößt, bereits den Takt vorgibt für das Hauptgericht, das man selbst im anderen ist. Das Essen sowie der sexuelle Verkehr sind die Voraussetzung für die Existenz des Menschen und aus diesem Grunde auf der gleichen Verhaltensstufe anzutreffen, man giert ja nicht selten nach einem Stück Torte in einem ähnlichen Masse wie nach einem weiblichen/männlichen Wesen.
Für die Ausgestaltung einer verführerischen Atmosphäre würde ich einen frühlinghaften Tischschmuck empfehlen. Kirschblütenzweige in einer eleganten schwarzen Vase oder eine schwarze Schale mit roten Früchten, den ganzen Raum in warmes Kerzenlicht getaucht, das sich in den Kristallgläsern auf dem Tisch widerspiegeln kann. Die Tischdekoration sollte in den Farben rot und weiß mit schwarzen Akzenten aufwarten. Rote Tischdecke, weißes Porzellan, schwarze Servietten, viele weiße Kerzen, weiße Frühlingsblüher und Zweige. Bei der Farbe Rot schaltet die Psyche auf Dynamik und ein schwarzer Hintergrund bringt jedes rot zum Glühen.
Erschaffung der Realität
Die experimentelle Prosa wird dadurch gekennzeichnet, dass man auf etwas stößt, dass einem noch nie vorher begegnet ist, sei es eine Idee oder eine spezielle Form oder ein bestimmter Bruch im Rhythmus, und dadurch viele Möglichkeiten der Reflexivität ermöglicht werden. Diese Art der Prosa ist tendenziell nachdenklich und nicht-normativ, kann also durch veränderte Zustände, Theorien, Geschichte, Poetik, Literaturkritik und Kunst hervorgerufen sein, wenn auch nicht unbedingt durch eine bewusste Absicht. Der Text neigt dazu, emergent und obskur zu sein, möglicherweise kommentiert er seine eigene Entstehung.
Experimentelle Prosa wirbt um Abschweifung und Herausforderung. Das bedeutet natürlich auch, dass der Autor sich darüber bewusst sein sollte – wie auch der Leser – dass Schreiben (das Erschaffen von Kunst ganz allgemein) Realitäten erst erzeugt. Die ethische Wertigkeit ist klar: Literatur wirkt immer auf eine wie auch immer geartete Realität ein. Anstatt einen „realistischen“ Charakter zu konstruieren, der wie Frankensteins Monster aus verstreuten, potentiell funktionalen, willkürlichen Teilen zusammengesetzt ist, könnte ein gegebener (oder entstehender) Text selbst als so etwas wie eine Person oder ein Monster verstanden werden. Ein Text könnte einer Stadt, einem Ort ähneln, nicht weil er einen solchen beschreibt (obwohl er das könnte), sondern weil das Lesen (und das Schreiben) das lebendige Sein in einem fiktiven Irgendwo stattfinden lässt, das vielleicht auch das Sein von jemand anderem ist.
Die größte Angst des Dichters – und zugleich seine Faszination – ist seit Arthur Rimbaud die Möglichkeit, die ganze Zeit jemand anders gewesen zu sein. Das bedeutet aber auch, dass das „Ich“ nicht gegeben, sondern zusammengesetzt ist, vererbt, historisch, ontologisch und seltsam seriell, propositional. Was wird aus dem Mechanismus der ersten Person oder des Charakters, wenn eine bestimmte Fiktion sie als Mechanismus entlarvt, wie es in der postmodernen Literatur Gang und Gäbe ist?
Die Rose ist ohne Warum
Wieviel Poesie wir vergessen haben, weil sie niemals irgendwo stand. Dem Vergessen ist das Vergessenwordensein die Ehre, weil das Entdecken den Schatz macht, nicht sein Wert.
Wir haben nie etwas voneinander gewusst, sahen uns jeden Tag, verbrachten Jahre miteinander und lernten das Leben kennen, das man uns versprach. Das Wunder ist nicht auszuschließen, aber rechnen dürfen wir nicht mit ihm; einen Boden schaffen, auf dem wir stehen können; seht, die Welt: So ist sie nicht, aber wir haben allen Grund, sie so zu erklären. Die Fragen dürft ihr stellen, aber es wird niemanden geben, der sie euch beantworten könnte. Egal, was ihr tut, es wird falsch sein; egal, was ihr tut, es wird richtig sein. Entscheidet euch, was ihr tun wollt, und übernehmt dann die Verantwortung für euren Entscheid.
Heute sage ich: Wo warst du? Wir haben das Leben zusammen kennengelernt, wo sind die anderen?
Und du sagst: Ich war fort, ich weiß nicht, wo ich war. Ich habe nichts besser gemacht. Ich hätte jung bleiben wollen. Es gab keine Gelegenheit dazu.
Heliotrop – Romantik in Blau
Blumen des Himmels im Pflanzenkleid der Erde Blaue Achate zeichnen Geschichten spielen mit blaufarbnen Tönen zum heilen malen und fröhlich sein Almadin Amethyst und Aquamarin blauer Saphir, Zirkon und Topas blau Chalzedon schimmernd mit Heliotrop Lapislazuli, Labrador und Opal Turmalin sendet von all seinen Farben das Blaulicht für die blaue Stunde den labyrinthenen Steinkreis zu schließen: Blaues Lapidarium in der Sph?ä des Blauen Planeten - I. Bott
Die Blaue Blume ist das Jenseitige in dem Sinne, als dass sie all das symbolisiert, was augenblicklich nicht erreichbar ist. Deutschlehrer nennen das dann Sehnsucht. Eichendorff findet die Blaue Blume nicht, und weiß in seinem Gedicht von ihr, dass er sie zwar beständig suchen wird (er suchtet förmlich nach ihr), dass es aber ihrer Natur entspricht, dort zu erblühen, wo er gerade nicht ist. Die Blaue Blume ist nicht erreichbar und deshalb ideal (nur die nicht-erreichbare Liebe ist romantisch, wie wir aus der Minne wissen, das Hinschweifen, das verzehrende Feuer):
Wenn ein Pärchen Nachtigallen Tag und Nacht sein Lied lässt schallen, Lass uns in die Blumen fallen, Liebste mein. Bald schon wird der Türmer schrein: - Liebesleut, erhebt euch schnell! Frühling glimmt, der Tag wird hell- Anonymus
Das Rätselraten um die Blaue Blume der Romantik und welche Art denn nun das Vorbild gewesen sein soll, könnte mit einem Dichterwort erklärt werden (auch wenn man es nicht wahrhaben will). Novalis nannte als Inspirationsquelle den Heliotrop (die Inder nennen diese Pflanze Sonnenanbeter), der jedoch mehr in tropischen Gefilden – wo nicht wirklich blau, da nämlich violett – gefunden werden wird. Jetzt wird das manch einen schröcklich verwirren, dabei hat das Violett des Sonnenwenders etwas mit der komplementären Wahrnehmung zu tun. Unser Auge hat nämlich die Tendenz zur Kontraststeigerung bei Komplementärfarben. Im Allgemeinen spricht man hier von einem Nachbild, das entsteht, nachdem man (hier am Beispiel Blau) eine gewisse Zeit damit zubringt, Gelb anzustarren, und dann die Augen schließt. Was wir als Komplementärfarbe erkennen, ist violett, obwohl es laut Farbkreis blau sein müsste. Das kommt der Romantischen Auffassung des Mysteriösen recht nahe, weiß man doch, dass Farben weniger ein physikalisches denn ein psychologisches Phänomen sind.
Natürlich kannte Novalis als Salinenmeister auch den Heliotrop unter den Edelsteinen, der Blutjaspis genannt wird. Dieser ist nun weder blau noch violett, sondern rot, zumindest eine Art von.
Eine andere Metapher möchte ich anbringen. Heinrich von Ofterdingen setzt in die im Traum geschaute Blume sein Liebchen Mathilde, zumindest hat im Blumenkelch ihr Antlitz Platz, für das ganze Mädchen reicht es nicht. Die meisten Pflanzen sind ihrer Natur nach „Sonnenwender“ also Heliotrop, recken sich zum Licht (in der Dichtung spricht man in so einem Fall davon, dass der Leib das Auge aufschlägt wie die Pflanze ihre Knospe). Heinrich erblickt Mathilde im Kelch der Blauen Blume. Das ganze Erlebnis in der Höhle (da tut sich ja auch noch ein ganzer Schwarm liebreizender Mädchen an ihm gütlich) ist die Feinjustierung der Sinne, die für das Werden des Dichters eine entscheidende Rolle spielt (ich variiere des Thema im entsprechend mit einer Wolke).
Im Uhrenträger schrieb ich der Blauen Blume die Wegwarte zu, das hatte aber taktische Gründe, weil ich, um das entsprechende M?rchen anzubringen, kaum auf die Vanille zurückgreifen kann (der blaue Heliotrop ist nichts anderes). Ritter und Vanille, das ging mir irgendwie nicht.
Novalis übernahm aus Goethes Morphologie (als Erkenntnisform) „von den ersten physischen und chemischen Elementen an bis zur geistigsten Äußerung der Menschen“ auch dessen Farbenlehre, die unter anderem eben jenes Phänomen der Komplementärfareben beschreibt.
Blau ist eine Farbe, die uns dabei hilft, außerhalb des vorgegebenen Rahmens zu denken. Es ist die Farbe des Ideals, der Sicherheit und der Treue zu einer Idee.
ich bin in dem vielen leid gefangen, das ich ich schaute, aber muss mich zerreißen, und ob der träume will ich nicht klagen, denn sie bringen mich zu den geschichten hin
m. perkampus, die wundersamen abenteuer des cornelius schlehenfeuer genannt prunus spinosa
(sie wären gar nicht da)
Andrè Breton
Breton in einigen wenigen Sätzen zu grundieren, ist ein unmögliches Unterfangen. Ob man ihn nun als den Begründer der einflussreichsten künstlerischen Bewegung, die es jemals gab, anerkennt, oder ihn zum letzten Vertreter der europäischer Intelligenz ausruft. Im Vordergrund steht kein literarisches Schaffen im herkömmlichen Sinn, was Breton sein wollte, war er ganz und gar. Es ist bezeichnend, dass der kontinentale Surrealismus durch ihn initiiert, verstörte und aufbegehrte, beinahe exaktamente mit seinem Ableben ebenfalls das Zeitliche segnete, während der Geist dieser Lebenshaltung – man kann sagen – nach Lateinamerika auswanderte, wo er nicht zuletzt durch Bretons Busenfreund Octavio Paz (aber auch durch Neruda) zu höchsten Weihen fand.
Auswahlbibliothek:
Die Manifeste des Surrealismus
Die magnetischen Felder (mit Soupault)
Nadja
L’amour Fou (in einer grottenschlechten Übersetzung bei Suhrkamp)
Sprache und Nichtsein
Es ist mir die Sprache das einzige Transportmittel, um in Regionen vorzustoßen, um die man kaum mehr zu kreisen wagt. Dazu aber muss eine bloße Erzählhaltung aufgegeben werden, die so sehr unsere Sinne beeinflusst und in den meisten Fällen auch einengt, wie alles, was man Gegenwart nennt. Nun ist Gegenwart nichts Endgültiges, man kann sie jederzeit verlassen, um sich außerhalb der Zeit zu positionieren, womit aber gleichzeitig auch die Schwierigkeit beginnt. Die Existenz ist ein Schreckenskabinett, und das war sie von Anfang an, und tatsächlich wäre es besser, nicht zu existieren, wie Silenos, der Erzieher des Dionysos es seinem Schützling gegenüber erwähnte. Drängt alles zum Leben hin, um gewesen zu sein? Oder wird das, was nicht ist, aus einem unbekannten Grunde dazu ermuntert, eines Tages zu sein, so dass alles irgendwann gewesen ist? Oder kann das Nichtsein nur daran gemessen werden, dass eines Tages einmal alles war? Diese Fragen sind der Sprache immanent.
Lit-Life
Mein Tag hat 24 Stunden. Ich muss davon abziehen die Zeit, die ich zum schlafen, zum kacken und für die Ernährung benötige. Warum ich dennoch nicht mehr Output habe: Ich pflanze die Worte, ich schreibe sie nicht. Natürlich wird das in erster Linie in der Lyrik offenbar; wie das im Roman ausschaut, wird man im März überprüfen können.
Ich habe nichts anderes vor, als mich völlig und außerordentlich in die Literatur hineinzubegeben, zu lesen oder zu schreiben. Tatsächlich verlasse ich das Haus nur wenn der Hund pissen muß und wenn, dann nehme ich einen Notizblock mit. Keine Sekunde darf mir entweichen.
Das ist auch der Grund, warum ich keine Zeit für Geselligkeiten habe. Ich will alleine sein, damit meine Gedanken nicht gestört werden.