Der Weg nach Raha: 2 Raha konnte überall sein

Die Erregung ließ so schnell nach wie sie gekommen war, und ich probierte mich vorsichtig, in Erwartung eines neuerlichen Lustschubs, noch einmal an der Tür. Diesmal schnappte sie auf und schwebte wie von selbst nach innen, kaum dass ich die Drehung im Schlüsselloch vollendet hatte. Ich blieb eine Weile stehen und blickte hinein. Natürlich war das Zimmer nicht auf dem neuesten Stand, das hatte ich auch kaum erwartet, aber es war längst nicht so schäbig, wie ich es mir vorgestellt hatte, es roch nach uraltem Holz an nassen Stein. Als ich hineingegangen war und die schwere Tagesdecke weggezogen hatte, kam ein gestärktes, aber gilbes Bettzeug zum Vorschein, etwas feucht verströmte es denselben modrigen Geruch, der den Raum dominierte. Weil er darauf zu warten schien, hier herauszukommen, öffnete ich das beinahe blinde Fenster über dem Bett, dessen Scheibe mit Schlieren und Einschlüssen in Bleistegen gefasst war.

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Der Weg nach Raha: 1 Madame Blandot

Madame Blandot richtete ihr Gesicht, als ich die schmierige Glastüre aufstieß, durch die noch nie ein heller Strahl gedrungen war; fummelte die widerspenstigen Ausreißer zurück ins Haarnestest, stand seit 100 Jahren da, harrend auf den Münzentwerter, den Freier ihrer Leiblichkeit, den Kunden des Etablissements (oder Käufer eingefallener Häuslichkeit).

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Eine Krone aus Korken

Dies sind die Nägel, die, mit
Kronkorken vernetzt, die Hütte bilden, in
Der Schweiß produziert werden kann; wie es
Der Hopfen zu etwas bringt, ist hier gewahr,

Ist hier ein Magnet für das vorbei
Kommende Wasser, in dem sonntags die Fische
Fehlen. Der Mund offen gehalten, die
Sensation im Luxus gefangen, aber Einfachheit

Kennt viele Namen. Iriswelten, wenn man
Das Auge sieht. Das Tremolo auf die
Seite gerutscht, aber vorhanden. Dort
Treiben die Genüsse ein Spiel mit

Haselnußzweigen. Da bist du hin, da
Bist du gewesen. Dort befindet sich Rost
An den Klinken & auf den Flaschenhälsen.
Dürre stoppt das Auslaufen einiger Stunden.

Auch die Tauchbecken wurden mit einem
Unsichtbaren Milieu gefüllt, um gemeinsam
Auf die Sonne zu warten. Du treibst Blüten,
Ein Ausnahmebezirk, Kreis der Geschehnisse

Am Apfelbaum, der Kerbe, zugeheilt in
Gedanken. Wohin mit der Streuung? Sie
Erteilt Aufmerksamkeit, gibt von
Ihrer Hingebung das Besondere aus.
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Pechrabella

Esrabella Gräf hatte ihr Leben nie gelebt: sehr früh schon Magd am Hof des Vaters, wurde sie jung in die Ehe gegeben, vor der sie sich zu Recht gefürchtet hatte. Ihr zukünftiger Gemahl hatte einige recht merkwürdige Angewohnheiten und keiner konnte sagen, ob er sich die nach der Hochzeit abgewöhnen würde. Esrabella hätte gesagt, sie habe in die Abgründe eines Mannes geblickt, der als Säugling mit Schnaps ruhig gestellt, später der Gespiele seiner eigenen Mutter wurde, nachdem der Vater sich bei einem Jagdunfall den Hoden abgeschossen hatte. Er überlebte, aber vielleicht wäre es für die Familie besser gewesen, er wäre gestorben. (Gott verbiete mir mein Mundwerk!)

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Esrabella

Horrido Krippner ging nicht gleich ans Telefon in seinem Haus, einem Waldchalet von einer Größe, als ob der fränkische Hubertus selbst drin residierte. Gerade noch durchwühlte er das Hirschfleisch und befingerte die perlmuttglänzenden Organe, ob er nicht eine Vision erhaschen könnte, wenn er, wie an der Wunderlampe, daran rieb. Er fand nicht gleich das Handtuch, um sich den roten Saft von den Fingern zu wischen. Verärgert über die Störung, die an diesem Tag nicht die letzte bleiben sollte, bellte er ins Telefon: »Ein Wolf? Warʼs nicht vielleicht ein Hund oder ein Fuchs? Die Sauferei macht dir die Augen fertig, dies ließ mich selbst schon manche Geister sehen, das Moosweiblein nicht zuletzt genannt.«

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Ein Abendlicht, wie er dir schenkte

Ach, so ein Revier! Habichte klimben beflügelt
über den Tellerrand, zucken rostrot von den Bänken,
der Horizont erschallt in butterweichem Gelb. Ist
die Falle gestellt, ist es leicht, darauf zu warten.
Kuseln ploppen auf den übersäuerten Waldboden nieder,
hie und da ein salopper Wanderer, der seinen aus-
gewürgten Spazierstock streichelt, dann sich Blaubeeren
ansieht. Hochgeschossenes Lilablau, Lippen
violettschwarz, und Teekessel, die keine Ruhe geben.
Hübsch am Ofen den Arse gewärmt. Einer, der
Pferde stiehlt, seziert jetzt Schafe, rankende
Kühe, bespannt Äpfelkörbe, schießt scharf mit
Vogelbeeren. Ein stummer Gruß bleibt zu lokalisieren,
so ein Abendlicht, wie er dir schenkte.
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Polka Dots

Da war diese Erscheinungen im Wald. Das konnte man vielleicht abtun. Man musste nicht alles glauben, solange man nicht selbst davon betroffen war. Aber es sprach sich herum. Ein Jux, sagte man, ein geschmackloser obendrein, aber nicht gar so geschmacklos, wie uns verkaufen zu wollen, dass da jemand auf dem Mond gelandet wäre, sagte man. Da kann man gar nicht hin, das kann man technisch gar nicht bewältigen, sagte man. Wo doch gar nicht einmal feststeht, ob es den Mond überhaupt gibt. Natürlich gibt es den Mond, was ist denn in dich gefahren? Man sieht ihn doch da oben! Ja, aber vielleicht ist das nur eine Täuschung, eine Luftspiegelung. Wie in einem Kabinett auf dem Wiesenfest; du denkst, du weißt, woʼs langgeht, du hast doch Augen im Kopf, und dann knallst du gegen die Scheibe! Du hast Recht, ich knalle auch immer gegen die Scheibe, aber die Russen waren doch auch schon oben! Also, ich glaube an die Russen. Ach ja? Du kannst ja mal rüber gehen, wirst schon sehen, wie sie dich empfangen! Und der Mond ist mal groß, mal klein, ist euch das noch nicht aufgefallen? Groß und dann wieder klein. Man hat doch, ich schwörʼs, diese runden Türme entdeckt, in welchen der Vollmond jeden Monat gegossen wird, um dann mit einem großen Katapult in den Himmel geworfen zu werden. Der Mond erkaltet unter der Erde, wird fest in den Tiefen, wird zu Basalt und Eisen.

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