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Möblierte Schatten

Dieser Artikel ist Teil 1 von 31 der Reihe GrammaTau

Unter dem finstren Sonnenstrahl gelegen
	Wogt das schwache Gold, ein Mensch wirds wägen
	Um schwarzen Tinnef zu erstehn. Die Regeln
	Kennen ihren Schöpfer, falten Fallen, stricken vor.
	Der Henker stirbt, der Tod kennt seinen Namen.

	Hinaus will das Licht nach getaner Arbeit,
	In das Vergnügen der großen Sehnsüchte flirren -
		Im Raum hinterlassen Spiegelfragmente
		Das Abbild möblierter Schatten,
		Umrisse schlafender Erinnerungen -
	Um sich zu versichern,
	Das Publikum des Nachthimmels
	Möge eingetroffen sein,
	Verlöschend, geboren, durch die Zeit sickernd.
	Der Henker stirbt, der Tod kennt seinen Namen.

Irrstraße, äußerer Ring

Dieser Artikel ist Teil 2 von 31 der Reihe GrammaTau

Straßen, die durch Schluchten ohne Stallung fliegen
Ändern ihre Routen in den Taschen der Zauberer
Wer sie kennt, kehrt gerne ein in den Näpfen
Die verbleiben, die Wasser zur Stärkung anbieten
Bis die giftige Flut neue Häuser gebaut

Teer dampft aus dem Sicker
Den Brüdern der Vulkane, künstlich angelegt
Geysire der langen Wege, gesäumt von Schottergruben
Ihr Geröll stempelt Zeit in die Erde
Drückt hinein den vergorenen Most der Pestilenz

Im Morast feiern knochenschlanke Hekaten
den Tod eines seifenspendenden Embryos
Die Dinge entfliehen den sterbenden Wolken
Deren Regen gefriert in der Mutterbrust
Visionen am Straßenrand, von brennendem Ginster genährt

Worauf du achten wirst

Dieser Artikel ist Teil 3 von 31 der Reihe GrammaTau

I,

Wenn wir wirklich sehr vorsichtig sind mit
Der Wahrheit, dürfen wir unsere Laster behalten,
Zumindest behaupten das die alten Bücher,

Die hinter der Kommode in der Küche
Deiner Mutter sitzen, ihre Flügel strecken, flattern.
Aufmerksam wurde ich durch ein knarzendes

Dielenbrett. Worauf spielt es an? Im
Universum geht Energie nur dann verloren,
Wenn wir nicht mehr sind.

II,

Der gespannte Gummi wäre lieber die Saite
Einer Konzertguitarre, erträgt das Spiel
Der hüpfenden Beine jedoch klaglos, denn

In der Vergangenheit gab es einige Vorkommnisse,
Von denen die Mädchen wussten. Wer in einem
Solchen Ausmaß Bescheid weiß, ist längst

Kein Gegner mehr, sondern jemand, der
Die weite Reise tun muss, und ahnt,
Dass er selbst viele künstliche Stoffe enthält.

III,

Ich springe nicht gern in dieses Wasser hinein,
Das vor Entengrütze steht; verloren
Geglaubt das Schmuckstück, eine Vermutung nur.

Könnte man hineinsehen, hätte man
Überhaupt Augen, um Vergessenes zu betrachten,
Stünde ich nicht hier im Regen, um darauf

Zu warten, bis das Geschmeide mir
Auf den Kopf fällt. Jetzt reichst du mir
Meine Badehose und sagst, es wäre besser so.

Wer sagt nun seinen Namen

Dieser Artikel ist Teil 4 von 31 der Reihe GrammaTau

: und dann pfählen wir
die Nacht vielleicht
ihren Schmetterling. Lass

es fahren, wir wissen es doch
ohnehin niemals genau! Kannst
du dich erinnern?

Das Feuer sang, es sang
atonale Giguen
auf dem Rücken des Holzes,
die Glut eine Stadt im Fluge. Je

mand spielte die Grasflöte memorierend, tat
Klänge hinein, einer Flüssigkeit entnommen,
die durch Dachleisten nieselte. Sonderbare

Keimlinge, nabelfrei, trugen
Schlachtplatten durch ein
Gewirr tiefer Stimmen, lose,
majestätisch, kühn. Ach,

der Luftzug einer Seele, ein
fünfter Wind im Würfel einer Kluft. Die
Augenzahl wie die Tage unbekannt.

Die Antwort

Dieser Artikel ist Teil 5 von 31 der Reihe GrammaTau

Mir bleibt noch etwas Regen in diesem
aufgeräumten Gefäß, weggeschlossen zwar,
aber nicht unerreichbar, wenn ich einen
Stuhl auf den anderen stellte.

Die Trockenheit unter der Zunge ist
für ein besonderes Klima verantwortlich.
Als könnte man leise eine Treppe
hinab schweben, keine Spuren im Staub.

Mittags schälten sich die Passanten aus dem Laub,
die Straße aber blieb bestehen.
Die Folgen eines Bisses,
ein Fetzen Luft zwischen den Zähnen,
mit allen brillanten Brechungen vereint.

Jetzt endlich kaufte sie den Stuhl,
um den Ereignissen beizuwohnen.
Heute weiß ich es nicht,
aber morgen werde ich mich gefragt haben.

Der Geruch der Fontanelle

Dieser Artikel ist Teil 6 von 31 der Reihe GrammaTau
Es kam vor, dass die Strecke, die zurückgelegt wurde,
gar nicht die Strecke war, von der eine Skizze
existierte. Sie schlüpfte durch eine Ruinen-Lücke,
blieb in geisterhafter Manier verschwunden. 

Ging sie noch einmal, auf Händen und Knien,
zurück, um all das, was sie versäumt hatte,
nachträglich zu daguerreotypieren? Oder legte sie sich
eine Hiobsbotschaft zu, die, einem kleineren
Hund gleich, auf Armen ausgeführt werden wollte?

Wir wissen es nicht, aber unter den Grübchen
einer beliebigen Amme steckt noch der Brief
mit Leporello-Faltung, der sich zwar in der
Adresse täuscht, aber ohne jeden Zweifel die
Stelle enthält, die aus deinem Bauchnabel tropft.

Niemand hatte dieses Loch bemerkt, was heißt,
das Loch hatte uns ebenfalls nicht bemerkt. Der Vorteil,
der sich daraus ergab, lag im Geheimnis der
Schaltung der Amphibie verborgen. Nehmen wir
einmal an, das Meer lässt sich zu früh sehen, oder
eine andere Pfütze, eine, die vor der Tür
wartet und wartet, eine,

die imstande ist, Geld zu verlangen, nur 
um des Tausches Willen, nicht für eine
eventuelle Exhibition (11 W 53rd St.
Midtown West, New York 10019):

Frauen, die sich Ratten
umbinden – 
	Kanaldeckel, die ihr kreisförmiges Rund
preisgeben, ihr leckgeschlagenes Leben bedeckend,
die Meute vor Ort.

Dann nämlich – und nur dann – lassen die
zweigenden Wege sich sehen, aber auch das ist
			keine Exhibition,

eher noch ein Reservat für Ideen, Konstrukte,
der Falle entronnen. Die Straßenmitte zeigt eine
wiedererstarkte Leiche im Hemd einer geschlossenen
Boutique. Sollte sie nicht hier sein? An diesem

Tisch sitzen und mit dem Revolver spielen?
Der letzte Schuss ging daneben, traf das Geschirr
mit den merkwürdigen Zeichen auf der Rückseite.

Der achtspurige Gehsteig

Dieser Artikel ist Teil 7 von 31 der Reihe GrammaTau

Es ist nicht ausgeschlossen, dass die
Wahrheit im Einkaufskorb dieser Frau
Zu finden ist. Gerne erlaubt sich das Produkt
Einen Spaß, indem es fleißig winkt, ohne
Einen Blinker zu setzen. Das ist die falsche

Richtung, denkt man und steigt nicht wieder ein.
Wozu auch? Der Lebenslauf führt etwas anderes im
Schilde, mit mehr Enthusiasmus, versteht sich.
Da es manche ohne ihr Zutun wissen, als stecke es
In den Genen einer jeden publizierten Arbeit,

Schlagen wir es nicht in einem Lexikon nach.
Der Tanz stoppt wegen der viel zu schlechten
Schuhe. Gestern waren sie noch schwarz.
Auch die Fotos von früher haben Hängetitten, manche
Sind sogar barfuß. Auffällig ist der rechte Rand,

Der einem Schafott gleicht, die Klinge mit Sojamilch
Gereinigt. Wenn die Linse das gesehen hat, was
Hindert uns daran, alles zu wiederholen?

Der Fahrtwind kommt von oben –
Aber kann das sein?

Die Rache steckt noch im Kühlschrank, der
Verdichterspirale, fest, neben der Butterdose
Ein Zelt aus Polymeren. Mit einem Mal löste die
Schrift ihre Knoten und hinterließ einen sehr
Langen Regenwurm, der sich durch ein Komma stülpte.

Der Text war augenblicklich nicht mehr zu gebrauchen,
Selbst das Papier hatte aufgehört, sich mit
Gedanken zu beschäftigen. Durch ein Radio konnte man
Kontakt mit dem Zimmer nebenan bekommen. Peilsender
sind das Ziel einer Yagi-Antenne. Im Spiegel

Wirken sie unnötig wiederholt. Nur achtet niemand auf
Dieses zweite Lied. Ein Fehler, wie sich schon oft
Herausstellen ließ. Die künstlichen Felle sind
Wahrscheinlicher. Auf einer Leine sterben sie in ihrer Haut.
Eine Zehntelsekunde lang wird alles wieder wie früher sein,

Oder aber die Täuschung ist mehr als gelungen. Auch
Der blaue Fleck auf dem Stuhl kehrt wieder. Es handelt
Sich um eine Wunde, mit Pfennigen geschlagen.
Ödland ist von der Terrasse aus zu sehen,
Gold wächst heran in eisernen Kisten, zerschossen,

Aber unbenutzt. Könnte je ein Hammer (Impuls und
Energie) so etwas anrichten? War es vielleicht
Etwas anderes? Nehmen wir den Wiesenfleck dort –
Er könnte das ganze Kapitel für sich beenden.
Der Philosoph arbeitet mit seinem Bart,

Stahlseile hängen von Kinn und Wangen,
Worte tropfen aus dem fiebrigen Mund,
hinterlassen einen Teller voll Buchstabensuppe.
Die Umkleidekabine ist angefüllt mit Wäsche,
Ein einsamer Badeanzug hängt an der

Klinke und stampft mit den Füßen auf. Später
Gesellt sich die Verwandtschaft hinzu.
Der Dorfkrug weint, weil er kein Geld mehr hat,
Die Reise zu bezahlen. Andere trachten ihm
Nach seiner Bleibe. Irgendwann wird er sie

Teilen oder sich verändern. Nur nicht heute.
Die Stadt heißt uns willkommen, auch wenn
Sie uns nicht einläßt. Noch schlafen die Menschen
Auf den Tischen, sorgen für einen Geräusch-
Pegel, der Insekten vertreibt. Der Ortswechsel
Kommt mir vor, als wäre ich schon einmal da gewesen,

Zwischen all den Kisten aus Glas, dem Taubenreigen,
Der Präsenz ominöser Bilder an den eingekerbten Wänden,
Taschenbücher ohne Rückgrat. Eine Wiege schaukelt
Im Foyer, hängt träge in einer unwirklichen
Stellung fest, bis ich komme, eine Hand unter die

Kufen klemme, die Dielen loslasse, sozusagen die
Fangarme spreize, um zu fangen, was aus dem Anzug rinnt.
Das Schaukelpferd ist nur ein Steckenpferd, das Kajak
Eine Luftmatratze. Wer die Stimme hört, verschafft sich die
Argumentation. Dazu gehört ein lang anhaltender Atem,

Ein Sirenenton,von Rippen erzeugt, durch das unbewegliche
Ausmaß gepumpt. In Teilen bleibt der Eindruck bestehen,
Hier sei etwas heimisch. Originalität ist ein Pfeifen in den Ohren.

Schnittmengen

Dieser Artikel ist Teil 8 von 31 der Reihe GrammaTau

Die Kommunikation ist ein interstellares Lächeln;
Zungenzeichen treiben die Boten in die Irre. Es
Verschwinden die großen Trübsale, die mit
Schweren Trauben behalftert auf der Gegenseite
Eine rechtsdrehende Ausfahrt nutzen. Die Blässe

Wird vom ausstehenden Teint verursacht, einer
Marter, die zu überstehen ist im Gegensatz zur
Syphilis, gegen die man an Schulen geimpft
Wird, die das Leben als etwas kennen, das
Rein zufällig durch den Gärprozess

Ausgelöst wird, den man in Erlenmeyerkolben
Nach=brodelt. Man häuft etwas Katzengold
An, wenn die Stille überhand zu nehmen
Droht, steckt in die Zigarette einen Nagel,
Der gegen Mangelerscheinungen hilft, spuckt auf den

Boden wie ein Professor, und masturbiert auf
Einem Fahrrad während der Sommermonate.
Alles in allem ist der Wahnsinn ein abgekartetes
Spiel, wo immer die Ampel eine weitere
Möglichkeit bereit hält, den Verkehr zu schockieren.

Truthahnfett rinnt über schlanke Wege, die Fallen
Erhöhen den Einsatz, an Menschenfleisch zu
Gelangen. In der Sänfte ein versteckter Dolch.
Außerhalb der Sonne tropft ein Vulkan in das
Paradies mit den symmetrischen Hörnern unter

Dem Haupthaar. Unter einer verbrannten Amsel
Entsteht ein neues Einkaufszentrum mit Tiefpreisen
Unter Null. Bienen werden beim schwarz=Honigmachen
Erwischt. Ihre Strafe soll sein die unbekannte
Königin. Allerdings hatte die Strecke auch ihr

Gutes, bestand nicht nur aus Kurven und Geraden,
Sondern ebenfalls aus einer Hypotenuse, die sich
Wie eine Krawatte binden ließ. Als du mich vor
Der Kommode entdecktest, war dir anzusehen, dass
Du es auf diese Art tun wolltest, die mich zur

Legende machen würde. Doch bräuchten wir hierfür nicht
Eine Menge Benzin? Meine Taschen waren längst
Zugenäht und deine hielten dem stürmischen Beifall
Kaum stand. Nur deshalb sprangen wir gemeinsam aus
Dem Fenster auf die Markise des Drachentöters.

Im Nachhinein hätten wir uns die Schuhe binden
Sollen, vielleicht wären wir dann woanders heraus-
Gekommen. So aber blieb uns der Trost
Des Sommergewitters
Auf einer Schallplatte.

Täusche das Auge

Dieser Artikel ist Teil 9 von 31 der Reihe GrammaTau

sagst du denn, ein jeder, der stirbt, der will es auch
oder der soll oder der muss
was ist denn der Tod, gegen den wir kämpfen
in Ermangelung des Herzens Schau
und ist denn der Tod das Ablegen des Körpers
plötzlich oder vorbereitet oder warum weinst du?

oder wissen wir nicht, dass wir das Wasser sind
und meine Hand bald deine Hand sein wird
und mein Gesicht auch dein Gesicht,
haben uns zwischen das Vergehen gemischt
da können wir hindurch gehen
wir müssen schnell sein (die mahlenden
Wände wie Backenzähne)
wir müssen schnell sein in der Zeit (ich
mache dir zum letzten mal den Wein auf)
oder warum weinst du?

dort ist doch nichts, ich schrieb
Vorläufer des Schriftstellers sah ich am Pulte zerhockt
wurzelschlagend Briefe verfassen.
Secretaire á la mode in verschiedenen Gattungen der Malerei
Still=Leben, Trompe-l’œil, Vanitas-Bildchen
wurden allein die Gegenstände der Schriftkultur
ohne die Gegenwart eines Menschen
oft ganze Ensemble von Schreibgeräten- und formen
neben dem Manuskript (Ozean)
Feder Federmesser Brieföffner Tintenfass
Wachsstange Notizbuch Brieftasche versiegelter Umschlag
und versiegeltes Memorandum
neben den Druckschriften ein Kupferstich
und ein Almanach oder warum schreibst du?

unsere Erde wäre nichts als ein düsterer Kerker
wenn wir nichts von der Macht des Geistes wüssten
Geschichte sowieso ist ein Gewebe aus Unsinn
für den höheren Denker, Amru
der muselmanische Eroberer von Alexandria
(mit der umfangreichsten Bibliothek des Altertums)
benutzte die Schriftrollen als Brennstoffvorrat
für die Heizung der viertausend öffentlichen Bäder der Stadt
oder warum schreibst du?

(in Ermangelung des Herzens Schau)
für Ägypter, Mesopotamier und Homer
war das Herz der Sitz der Intelligenz
Demokrit aber sah im Hirn den Wächter der Gedanken
die Leber als Sitz der Begierden
die Lust am Orientierungsverlust
am Gebrochenen, Reflektierten, Raffinierten
und Auflösenden. Plato gliederte die Seele
in drei Teile, Aristoteles fror das Denken ein :
‘Das Gehirn besteht aus Wasser und Erde’ (aus Wasser und Erde ?) –
‘Es ist ein Kühlaggregat, um die Temperatur des Blutes zu senken
und den Schlaf einzuleiten’ (den Schlaf einzuleiten ?)
umgibt man sich (folgerichtig)
mit den klügsten Köpfen, geschieht es
dass man sich mit ihnen im Traumdialoge misst
da tafeln wir des Öfteren (Abstinenz ist unsere Sache nicht)
bis uns recht schlecht von der Völlerei geworden ist
Minne zu erwerben, das ist ja des Dichters Sinn
wir nennen’s heute Liebe, meinen aber Magen

im 17. Jahrhundert führt Descartes
die einzelnen Komponenten wieder zusammen
und brachte sie in der Zirbeldrüse unter
er war der erste, der den Körper als eine Maschine sah
(die mahlenden Wände wie Backenzähne)
verglich ihn mit einer Orgel
in deren Pfeifen die animalischen Instinkte zirkulieren
(‘Three More Quarks for Mister Mark’ / Joyce)

übern Tischrand dieser Erde wölbt der Sonnerich
sich halb, in all Getöpfe fasst die lichte Hand
in Weidenkörben goldets auf – auf Heldenfeldern
trocknets Laub und zischelt beim Verwehen :
‘Oh Serpentina, hier entlang, oh Serpentina, dort!

ich sah sie nicht am Fenster stehn
noch über die Schulter schnurrn
ihr Schritt tickt immer weiter fort
es atmet kaum ihr Schuh, heraus blitzt
neonfarben neuester Tand und Modeschlick
wer’s nicht hat (Acht und Bann)
verwest sind ihre Schritte
halb schon auf dem Asphaltschwarz,
mich geht die Gier fürs Neue an

GrammaTau

Dieser Artikel ist Teil 10 von 31 der Reihe GrammaTau

Wanderer, der Du eintrittst, laß alle Hoffnung fahren!

Umschmeichelt Dich auch der Dirnensaum
noch trunken der girlandenverhangenen Kammer –
es ist gewesen, es ist vorbei,
Du bezahlst, bist frei,
trittst hinaus in Not und Nebel,
verhangen nur vom Blech der Reklamen.

Auf Deinem Grabstein steht geschrieben,
dass Du suchtest die Stadt GrammaTau,
dass Du verschwandst in ihren Bauten,
dass Du umschmeichelt warst vom Dirnensaum,
von Abraum auf mächtigen Straßen,
lagst im Winde der Türen,
in Ecken der Tritte Echos.

Aus schwimmenden Fenstern gebeugt,
tranig, mit gefluteten Augen die Gespenster,
die ihre Schatten über die Gassen spannen.
Mögen sie im Mondlicht flattern zum Klang
der ZiegenkehlenLieder,zum falschen Schrei
des GockelTiers zur Unzeit.

Jetzt tritt ein und tritt jetzt ein,
lass alle Hoffnung fahren!
Jetzt tritt ein und tritt jetzt ein,
es müht Dich doch sonst nicht,
Deinen Schritten zu begegnen!

Klamm mögen sie sein
und in ihrem Rhythmus fehlerhaft,
sie aber gehen vor Dir her,
Deine Schritte also sind Dir voraus,
sind Gefangene in Deinem Ohr.

Du schläfst und kannst nicht schlafen.
In GrammaTau erfindest Du ein Wort.
Und erwachst, hast nie geschlafen.
Und es fällt Dir nicht mehr ein.

Der Pionier

Dieser Artikel ist Teil 11 von 31 der Reihe GrammaTau

Da es ihm nun schon einmal passiert war, wollte er es natürlich auch verschweigen.
Dass sich vor ihm Brücken bildeten, wenn er auf ein Hindernis zusteuerte,
das kam erst später. Also saß er auf der Küchenbank, drückte
sein Gesicht in die Suppe und erinnerte sich an all seine Taten,
bei denen er die rechte Hand nicht eingesetzt hatte, verschluckte
sich an mehreren Wintern, trug diesmal jedoch nicht so dick auf.
“Ich sterbe”, dachte er, was immer das zu bedeuten hatte.
“Ich sterbe im Saloon zu Memphis.” Und damit war der Fall erledigt.

Der Surrealismus meiner Mutter

Dieser Artikel ist Teil 12 von 31 der Reihe GrammaTau
Ernst studierte sie ihr strenges Wort ein,
		erst sehr viel später vergaß sie es wieder.

Ein Lächeln auf der Leine wurde
		zum Bügeln hereingeholt,
		das andere Paar fehlte.

Die Waschmaschine, sonst eine fleißige
		Sockenfresserin,
		besaß ein Gelust auf Schinken.

War es nicht Glück, den Metzger
		bereits im Haus zu wissen?

Hastig grub sie ihn aus,
		eine Bodendiele klemmte,
		aber dann -

fehlte nur noch eine gehörige Portion Butter.
Weil ich nicht geweckt werden wollte, kam
		die Schule zu uns nach Hause,

das geschah zweimal an Freitagen,
drei Mal an Dienstagen.

Weil also 2 + 3
7 ergibt
stiegen auch die Temperaturen wieder an.

Bleib doch zum Spielen,
deine roten Wangen sind so rot
und deine blaue Tasche ist so blau.

Meine Mutter sagte: geh!
Und sie ging, sah aber die kommenden Nächte
		zum Fenster herein.

Sie begann, Diamanten zu weinen,
		einen
	so groß wie das Ritz.

Sage es bitte niemandem!
Und ich sagte es Nieman Dem,
		der über uns wohnte, zwei
Hundehalsbänder besaß, aber keinen Hund.