Verwandelte Knochen

Geschrieben von Paul Jessup

Ich mag heute Agnostiker sein, aber ich bin mit der katholischen Kirche aufgewachsen. Eine Kindheit, die geprägt war vom Geruch verbrannter Kerzen und von Bildern der Folter, von denen man träumte. Hier erfuhr ich das Schrecklichste, was mein kindlicher Geist je erleben sollte: das, was die Kirche Transsubstantiation nannte. Die Vorstellung, dass etwas auf geistiger Ebene in etwas anderes verwandelt werden kann.

Dass dieses Stück Waffel in Wirklichkeit ein Leichenteil war. Dass dieses Glas Wein in Wirklichkeit Blut war. Eine Vorstellung, die mich bis ins Mark erschreckte und die der Schlüssel zu dieser unfassbaren Idee des ontologischen Horrors ist. Dass nach außen hin etwas normal und unverändert erscheint. Aber irgendwie, tief in seinem Inneren, ist es faul.

Geister spielen eine Rolle, Spuk und Spukhäuser. Besessenheit und Rituale spielen eine Rolle. Ein Schlüsselbeispiel, auf das ich mich oft beziehe (neben vielen Romanen und Geschichten von Shirley Jackson), ist Kelly Links “Stone Animals”.

In dieser Geschichte wird das Haus einer kleinen Vorstadtfamilie heimgesucht. Äußerlich ändert sich nichts. Nichts scheint anders zu sein. Dennoch fürchtet man sich vor dem Spuk. Und der breitet sich wie eine Seuche aus, infiziert das Mark der Familie und reißt sie auseinander.

Das ist ein Paradebeispiel für ontologischen Horror. Diese Idee des Spuks enthüllte mit einem Schlag das ganze Konzept der Weird Fiction. Die Zahnpasta ist verflucht, man rührt sie nicht mehr an. Der Fernseher ist verflucht, man schaltet ihn nicht mehr ein.

Die Gegenstände sehen aus wie immer. Irgendwie sind sie ontologisch verändert.

Hindernisse in der Realität

Das ist nicht die einzige Möglichkeit, den ontologischen Horror in einem Stück Weird Fiction zu erkennen. Es gibt noch andere Möglichkeiten, die Dinge auf symbolischer Ebene zu verändern. Man spürt die Veränderung visuell, ohne etwas davon zu wissen.

Die Realität selbst beginnt sich ein wenig zu verzerren. Das ist nicht ganz fremd, gerade genug, um uns auf einer imaginären Gedankenebene zu stören. Die Angst vor etwas, das sich symbolisch auflädt, indem es seltsame Verbindungen herstellt, die unsere eigene Wahrnehmung in Frage stellen. Und wir fragen uns ernsthaft, warum es uns so beunruhigt?

Und doch fühlen wir uns seltsam. Es ist das Sein selbst, das etwas Falsches ausstrahlt. Aber auf eine Weise, die schwer zu verstehen und zu erklären ist. Es fühlt sich … seltsam an.

Ein schwarzer Lappen hängt an einem Zaun. Grobe Steinkreise in frisch gemähten Vorgärten. Ein verschwommener Farbfleck aus dem Augenwinkel. Die Silhouette eines Hundes, der durch den Nebel huscht.

Diese Dinge verunsichern uns. Aber warum? Weil etwas nicht stimmt. Wir können es nicht erklären. Die Wirklichkeit hat unheimliche Züge angenommen, ohne dass wir uns dessen bewusst sind. Sie hat Auswirkungen auf unser Innerstes.

Masken zeigen und verbergen

Eine andere Form der ontologischen Störung ist der Begriff der Maske. Sie verändert die äußere Erscheinung, ja. Vor allem aber verbirgt sie die Person dahinter, die zum Symbol wird. Der Träger schweigt oder spricht nur in geflüsterten Rätseln.

Wer eine Maske trägt, hat sich verändert. Von Grund auf. Blockiert den bekannten Körper. Die Maske selbst ist die Veränderung, und indem sie die Person dahinter verbirgt, erzeugt sie dieses Gefühl des ontologischen Schreckens, weil es eine Ungereimtheit gibt, die nicht erklärt werden kann. Eine Falschheit, die nicht ganz falsch ist. Sie stört uns.

Unsere Körper verraten uns

Das ist etwas anderes als der übliche Bodyhorror eines Cronenberg oder Clive Barker, zwei Künstler, die den Körper in groteske Parodien verwandeln. Diese beiden Künstler schmelzen und zerquetschen ihn und formen ihn zu Monstern. Aber hier ist der ontologische Horror ein anderer.

Hier ist der Horror unter der Haut. Man fühlt sich normal. Äußerlich mag alles in Ordnung sein, aber innerlich verändert sich etwas. Deine Haut brennt und juckt. Deine Glieder bewegen sich, ohne dass du etwas dafür tust. Dein Körper greift dich an.

Vor etwa zehn Jahren wurde bei mir Multiple Sklerose diagnostiziert. Und ich kann sagen, dass ich das Beispiel als Wahrheit kenne: dass der Körper normal aussehen und trotzdem ein Feind der eigenen Existenz sein kann. Alles verändert sich im Verborgenen. Unsichtbar. Es ist, als ob sich deine eigene Haut gegen dich wendet.

Erklärungen sind Bannsprüche

Mehrdeutigkeit ist der Schlüssel zum ontologischen Horror. Man kann nicht ganz verstehen, warum sich etwas falsch anfühlt. Es ist wie ein Nebel, der sich ständig bewegt und verdunkelt. Die Ungereimtheiten sind da, direkt unter der Oberfläche, nur eine Armlänge entfernt. Man fühlt sich seltsam, distanziert und einfach merkwürdig.

Die Welt neigt sich einer Seite zu, und du wirst nie herausfinden, warum. Und das ist einer der größten Reize dieser Art von Literatur. Sich necken und verunsichern zu lassen, die Schichten der Welt abzuschälen und sich selbst darin zu sehen. Und das Spiegelbild ist schief. Gerade so schief, dass deine Augen nicht mehr ganz so aussehen, wie deine Augen sonst aussehen. Dein Spiegelbild lächelt und du verstehst nicht, warum. Warum lächelst du?

Aber du kannst nicht aufhören. Und das, meine Freunde, ist der ontologische Horror. Das ist der Schlüssel zu Weird Fiction.