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Schlafmähre

Last updated on 18. Juli 2024

Landschaft verschwimmt mitsamt unseren Körpern zu einem ununterscheidbaren Gewimmel. An der Oberfläche blendet uns das Licht, in der Tiefe verwirrt uns die Fülle, die wir uns nur zu ertasten wissen. Etwas steht uns bevor: wir werden uns von Raupen in Schmetterlinge und Falter verwandeln, von Milch- in Reißzähne.

Die Erinnerung war nur je für mich bestimmt. Ich bezahle mit Münzen, die wie Uhren sind, ticktackende Goldstücklein fiebern und vibrieren in den Baumwolltaschen; ich bin voll davon, so schwer davon, aber der Wächter sagt:

»Nur was du von hier aus sehen kannst.«

»Kannst du mir die Spitzbubenleiter …?«

»Nein, weil sieh’ doch mein Chiragra!«

»Kannst du mich auf deine Schultern nehmen?«

»Nur was du von hier aus sehen kannst!«

Da kommt jemand. Wir dürfen nicht lachen. Wir dürfen auch nicht weinen und wir dürfen auch nicht reden. Achtet auf den Widder!

Dunkle Wasser, die Nacht : schnell rast sie heran, um die Ecken der Häuser gewickelt. Ankerplatz : Bis wir endlich an diese Insel der Träume rückten, in den Hafen, den sie Schlaf nennen, einfuhren, am Elfenbeintor zu Lande gingen; Gespenster in Kellern. Ich mit ihnen. Wind nimmt die Verfolgung auf, schlaf, mein Herz, doch vorher richte dir ein Lager! Die Schultern gegen die Tür, diese hier ist verschlossen. Schlafmähre / Elfentraum / Couchemar, Fell so weiß, die Abendgeräusche. Es ist (Liebe) wenn du kein Atemspiel mehr kennst; unter allen Trümmern nachsehen, ob ein Rätsel darunter wächst (die Sporen des Orpheus verweht), das Gesingsel einer Rabin furcht luftend umher.

»Weißt du noch, was uns die Ellermutter erzählte?« Der Wolf unter der Decke. Wenn sie ihn dort aufstöbern, schießen sie dir durch den Bauch.

Ja. Ich weiß, dass sie erzählte, wie sie einen Russen mit einer Scherbe hinfahren ließ … Oh heiliger Gott, da kommt ein Russe … als der sie im Gewächshaus vergewaltigen wollte. Sie warf Blumentöpfe, zuerst aber Gummistiefel, die überall, mit Füßen drin, herumlagen, warf sie in die satinierten Glasscheiben, langte nach einer zackichten Scherbe und versteckte sie hinter ihrem Rücken, gefährlich geformt. Nur nicht zu früh, das wäre ihr Tod gewesen, süßer, pfannenstieliger. Mich gäbe es nicht, es gäbe niemanden mehr. Sie, die Scherbe, das Ding, die Welt. Sie wartete außer Atem, außerhalb des Atems, sie durfte nicht daran denken, die Scherbe durfte nicht wissen, wohin die Reise geht. Sie dachte an das zugefrorene Frische Haff, den Weg nach Pillau-Neutief, an ein Schiff über die Ostsee, aber erst dachte sie … eben nicht an die Scherbe, dachte an den Mahlzahn der wütenden roten Schwemme, an den, der ihren Haarschopf packte, eindeutig nach Grab roch und krächzte, als habe man ihm die Zunge abgeschnitten, aber es war nur die russische Sprache, die sie hörte, der Hosenstall offen, die Mordhände in ihren Haaren. Er wedelte mit seinem roten Russenschwanz herum, so rot, so dreckig. Die Ellermutter aus Ostpreußen, die damals noch nicht die Ellermutter war, sondern ein Mädchen, das Schinken salzt, schaffte es, die Scherbe in die richtige Ader zu hieben, da am Hals unter dem Ohr. Die kommunistische Farbe brodelte aus, spritzte ihr in die Augen, damit hatte er nicht gerechnet, der Ton aus seiner Kehle ähnlich wie seine Sprache, aber weniger kontrolliert, weniger Willentlich – und alles in

(Scherben)

und Ludwig auf der Welt, und ich auf der Welt, oh Wolf!

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