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Der Weg nach Raha: 8 Adam und der Reisende

Last updated on 19. Juli 2024

Jemand (ich kenne ihn nicht) kam mit einer grauen Tasche unter der rechten Achsel an, stand stumm wartend unter dem Wellblechdach der Wartefront am Bahnsteig.

Stellen Sie sich einen Mann vor, der einen schwarzen gebürsteten Anzug trägt, die Hose geschnürt mit einem baskischen Gürtel, einen Hut (unbekanntes Fabrikat) auf dem länglichen Schädel, ebenfalls schwarz, darunter, im Schatten, ein mehlweißes Gesicht; die Augen liegen sehr tief, zudem vom Schattenschlag des Huts verhangen, ansonsten ganz und gar eine bürgerliche Gestalt, die elefantengraue Tasche jedoch eine unbegreifliche Wahl.

»Es fahren nur noch Autobusse!«, rief er mir zu. »Aber der Ort, den Sie da nennen, den kenne ich nicht. Sie sollten einen anderen fragen. Ich gehe jetzt wieder, hören Sie? Fragen Sie einen anderen!«

Ich blieb vor einem ruinierten Fahrkartenautomaten stehen. Der Mann bewegte sich wieder zu den Gleisen, sah sich nach allen Seiten hin um, seine Augen schaufelten sich blinzelnd abwechselnd Schatten und Licht herbei.

»Wo wollen Sie eigentlich hin?«, rief ich ihm hinterher, interessiert an ungenauen Zielen.

»Fragen Sie einen anderen!« Ohne mich anzusehen.

»Es ist aber niemand hier!«

Er drehte sich langsam um, still wie im Traum, geisterhaftes Credo, eine Zeremonie. Es fehlte nur die Musik, sie müsste neblig sein, Moll.

»Sie dürfen nicht denken, dass ich Ihnen helfen kann! Diesen

Eindruck will ich nicht erwecken!«

»Machen Sie sich keine Sorgen, aber der Ort, den ich ihnen nannte, muß hier ganz in der Nähe sein.«

»Es gibt diesen Ort nicht, fragen Sie einen anderen!«

»Ich würde ja gerne, aber Sie scheinen der Einzige zu sein, den man in dieser Stadt überhaupt noch antreffen kann!«

Die graue Tasche fiel mit einem satten, schlüpfrigen Ton auf den Asphalt, der wie aufgesprungene Hornhaut aussah. Der Fremde schlug die Hände vor sein abgedunkeltes Gesicht, in einem entsetzlichen Wimmern seufzten Vergessen und Angst zwischen den Fingern hervor. »Das dürfen Sie nicht sagen! Ich bin nicht der einzige! Das würde bedeuten, ich wäre der letzte, aber es muß noch andere Passagiere geben, glauben Sie mir!« Die Hände fielen, der Blick war nach wie vor ein Schleier aus Trübsal, der die obere Hälfte des Gesichts verdeckt.

»Beruhigen Sie sich! Sehen Sie sich um, dieser Bahnhof scheint nicht mehr zu existieren, und dass hier Busse fahren, wie sie sagten, kann ich ebenfalls nicht glauben!«

Wie kommt man aus einer Stadt heraus, die verschwindet? Das Felsenlabyrinth ist in meinen Träumen ein Anker, das Leuchtmoos der Lichtbringer, Luzifer, Dianenquelle, Teufelstreppe.

Ich konnte mich an nichts mehr klammern in diesen Tagen. In Bewegung bleiben, wenn man am Erfrieren ist, nicht rasten, ruhen; wo überhaupt soll Ruhe sein in der flächendeckenden Stille, der Zersetzung des Lichts, Schlagschatten aus der Welt der Dinge? Der Namenlose schien plötzlich nervös und schüttelte sich. Ich vermutete, dass er nirgendwo hin wollte, sich im Kreise drehte wie ein wirbelndes Kind, die Achse starr, die Arme ausgebreitet, dass er einer inneren Stimme folgte, einer Stimme, die auch ich manchmal hörte, die ihn zwang, jeden Tag ein altes Ritual aufzunehmen, als letzte Bastion einer Erinnerung an eine intakte Welt, ein Restprogramm, das Reizphantom in seinem Kopf. Pünktlich wie der Sturmtaucher, der selbst mit einkalkuliertem Schaltjahr stets in der Nacht vom 26. auf den 27. September auf seiner Brutinsel zwischen Tasmanien und Australien eintrifft, zog der Verlorene, der Fremde seine Pünktlichkeit der Pünktlichkeit eines Zuges vor, nur um hier zu stehen und da gestanden zu haben.

»Wollen Sie nicht mitkommen? Haben Sie schon einmal das Leuchtmoos gesehen? Es ist sehr schön!«

Er starrte mich an, dann ließ er die Schultern hängen. »Es tut mir leid. Sie müssen einen anderen fragen! Ich bin ein Zugpassagier, und niemals, wirklich niemals, kann ich einen Bus besteigen. Damit geriete die Welt aus den Fugen, wenn Sie verstehen.«

Die Welt war aus den Fugen, ist aus den Fugen! Welche Welt? Was ist das für eine Welt, die sich verabschiedet?

»Was ist aus den anderen Zugpassagieren geworden?«

Wir unterhielten uns von Welt zu Welt über eine gewisse Distanz, die nicht zu verringern war.

»Ich fürchte, ich bin wirklich der letzte«, sagte er resigniert ohne meine Frage zu beantworten. Ich kam zu dem Schluss, dass allein die Tatsache, dass er ein Zugpassagier war, genügen müsste, um überhaupt einen Zug erforderlich zu machen. Es gab einen Passagier, also mußte es einen Zug geben, einen endgültigen, einzigen Zug. Ich teilte ihm meine Überlegung mit.

»Ich verstehe, was Sie meinen«, sagte er, »aber Sie müssen auch wissen, dass dieser Bahnhof sehr alt ist. Ich glaube, er ist 240 Millionen Jahre alt! Unter dieser Station befindet sich nichts als Phyllit, Quarzit und Marmor, der hier oben an der Oberfläche auch sehr schön aussähe. Als das erste Mal getrocknete Chilischoten, Korianderkörner, Kreuzkümmelsamen, Fenchelsamen, Bockshornkleesamen, schwarze Pfefferkörner und gemahlene Curcuma in einem Mörser aus schwarzem Marmor mit einem Pistill zerstoßen wurden, nahm das Verhängnis seinen Lauf! Sie erkennen daran, wie geisterhaft es hier zugeht!«

Wenn jemand Vergnügen daran findet, nachzuschlagen, dann wird er schnell finden, dass es sich bei dieser Zusammenstellung um ein ganz außergewöhnliches Gewürz handelt, das hervorragend zu Fisch oder Meeresfrüchten passt! Und es ist ja auch kein Wunder: 240 Millionen Jahre! Das schien mir ein sehr alter Bahnhof zu sein. »Ist es nicht sehr ungewöhnlich, dass es hier um eine Gewürzmischung geht?«

»Guter Gott, nein! Verstehen Sie denn nicht! Sie müssen Ihr Essen würzen! Tun Sie es!«

»Aber ja, ich tue es!«

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