Atlantis-Legenden 2: Die Saat des Schwarzen Todes

Der zweite Teil der Atlantis-Legenden zieht die Schraube merklich an. Während uns der erste Teil mit den Problemen und den Freund/Feind-Konstellationen vertraut macht und den Einschlag der „Träne aus Feuer“ schildert, beginnt in „Die Saat des Schwarzen Todes“ der Kampf um das Schicksal von Atlantis und wir erleben, wie Kara zur Auserwählten der Stummen Götter wird. Sie ist ein junges Mädchen mit dem Herz am rechten Fleck. 

Der Schwarze Tod, geschaffen von den Großen Alten, ist mit dem Kometen auf Atlantis angekommen. Ein mächtiger grausamer Dämon, dem niemand gewachsen zu sein scheint. Weder der Eiserne Engel, noch Myxin, noch Asmodis selbst. Hier fällt auf, dass der Schwarze Tod eine wirklich beängstigende Macht besitzt, ganz anders wie in der Hauptserie Geisterjäger John Sinclair. Zumindest hat man das Gefühl, hier von zwei ganz unterschiedlichen Wesen zu lesen, was aber damit zu tun hat, dass Jason Dark diesen Dämon in der Serie erst einmal einführen und ausarbeiten musste. Was in Atlantis geschah, erfahren wir immer nur am Rande. Es bleibt verschwommen. Gerade deshalb ist diese Mini-Serie so wertvoll, denn wir tauchen direkt in den Konflikt ein, sehen wie sich die unterschiedlichen Lager zueinander verhalten und wie all das entsteht, was wir dann später in der Hauptserie verfolgen können. Hier bekommen wir also das Hintergrundwissen mit auf den Weg, und das ist es ja, was Ian Rolf Hill die ganze Zeit über leistet. Er sucht und findet lose Enden, unausgegorene Konzepte, fallengelassene Figuren und unaufgeklärte Fragen, die man sich als Fan vielleicht stellt. Da Hill selbst ein großer Fan und Kenner dieser Serie ist, weiß er um diese Dinge Bescheid, stellt sich selbst diese Fragen aus der Sicht eines Fans – und macht sich an die Arbeit, um Lücken zu schließen. Und d gibt es einige, was ja gar nicht ausbleiben kann bei einer derart gigantischen Anzahl an Geschichten über viele Jahrzehnte hinweg.

Karas Schicksalsweg nimmt hier Gestalt an, als ihr Vater Delios mit einer kleinen Delegation zur Einschlagstelle des Kometen reist, um ihn zu untersuchen. Kara ist das überhaupt nicht recht, vor allem da sie nicht mitkommen darf und auch noch erfährt, dass Haro dieser Delegation angehören wird. Es liegt in ihrer Natur, dass sie sich das nicht gefallen lassen will und beschließt, der Gruppe auf eigene Faust zu folgen. Doch die Gefahren sind gewaltig und so gerät sie in eine magische Falle, die sie direkt zu den Flammenden Steinen spült, die eigentlich für niemanden erreichbar sind, außer ein paar Auserwählten. 

Und genau auf diese Auserwählten trifft sie dort. Es handelt sich um die Weisen von Atlantis, die von Karas plötzlichem Auftauchen ziemlich überrascht sind. Das kann nur eines bedeuten: die Stummen Götter haben einen Plan mit dem Mädchen. Und tatsächlich gelingt es ihr mithilfe einer mysteriösen Kugel, die „Lebensatem“ genannt wird, einen Teil der Saat des Schwarzen Todes aufzuhalten, die Lebewesen nach und nach in Zombies verwandelt, besser gesagt: in schwarze Skelette, denn der Schwarze Tod ist ja genau das. Ein riesengroßes schwarzes Skelett. Der Eiserne Engel ist nach dem ersten Kampf mit dem Schwarzen Tod noch immer nicht bei Bewusstsein, viele seiner Vogelmenschen haben nicht überlebt. Jetzt liegt er inmitten der Flammenden Steine, wo Kara mit dem Lebensatem verschwunden ist. Der Eiserne lag vorher in einem Stall, in Sicherheit gebracht von einer Bauernfamilie. Und dort findet sich jetzt Kara wieder, die von den Bauern erst für eine Hexe, dann aber für eine Zauberin gehalten wird, weil sie besagte Saat, die mit Schwellungen an den Lymphdrüsen beginnt, mithilfe der Kugel aufhalten und rückgängig mache  kann. Kara begreift, dass die Stummen Götter sie nicht grundlos in die Nähe der Einschlagstelle gebracht haben. Sie glaubt, dass sie den Lebensatem ins Zentrum des Bösen tragen muss. 

Doch an der Einschlagstelle geschieht etwas völlig Unerwartetes. Myxins Schwarze Vampire tauchen auf und der Lebensatem ist spurlos verschwunden. Eigentlich der sichere tot für die junge Dame, würde Myxin nicht eingegriffen haben. Wahrscheinlich aus Neugier. Für Fans ist diese erste Begegnung zwischen Kara und Myxin natürlich ein weiterer kleiner Leckerbissen, auch wenn er hier als einer der beiden Cliffhanger fungiert.

Der zweite Cliffhanger betrifft Beela, die Anführerin der Schwarzen Vampire, die Myxin aber hörig ist. Sie ist auf einer Mission, um den Schwarzen Tod auszuspähen, wird aber entdeckt. Da der geistige Kontakt zu Myxin abgebrochen ist und sie dem Tod ins Auge sieht, bietet sie ihm ihre Dienste an.

Atlantis-Legenden 1: Zeichen des Untergangs

Möglicherweise wird das Gen des „Heftromans“ von Generation zu Generation weitergegeben. Das bedeutet, dass man eine bestimmte Art von Schreiber sein muss, um diesen Beruf tatsächlich sinnvoll ausfüllen zu können. Ian Rolf Hill ist jemand, der das mit Bravour exerziert. Davon kann man sich in der Hauptreihe des John-Sinclair-Universums, bei Professor Zamorra oder Maddrax reichlich überzeugen. Tatsächlich ist Hill jemand, dem es zu  verdanken ist, dass  die Serie um den Geisterjäger auch nach 50 Jahren noch so einen Elan versprüht, mehr noch: ein tatsächlich ernstzunehmendes populäres Phänomen geworden ist. Nicht dass wir Jason Dark als Schöpfer des Ganzen zu verschweigen ist, aber ich glaube, er wäre nicht derjenige gewesen, der die Romane in seinem ehrenwerten Alter zukunftsfähig hätte machen können, das lag völlig außerhalb seiner Reichweite. Doch das sind alles Überlegungen, die nichts mit dem vorliegenden Projekt zu tun haben.

Nach dem verkorksten Spin-Off „Dark Land“ (für das Hill gar nicht geschrieben hat, soweit das bekannt ist), gibt es nun mit „Atlantis“ einen weiteren Versuch, das Sinclair-Universum auszuleuchten. Der Vorteil hier liegt auf der Hand: Es ist auf 6 Folgen ausgelegt und … der Autor ist Ian Rolf Hill, und nicht gleich eine ganze Autorengruppe, wo jeder sein eigenes Süppchen kocht. Nein, gegen Autorengruppen ist rein gar nichts einzuwenden, aber man muss sie eben koordinieren können, was sich oft als schwierig herausstellt. Außerdem ist Hill derart kenntnisreich, dass man sich fragen muss, ob er nicht irgendwo in seinem Kopf eine versteckte „Sinclair-Festplatte“ installiert hat. Ich mag den Spruch „Ich konnte das Buch nicht mehr aus der Hand legen“ eigentlich gar nicht, weil er einfallslos ist, aber bei Hill verhält es sich genau so. Die Seiten wandern vorbei und man nichts dagegen unternehmen, bis das Wort „Ende“ auftaucht.

Tatsächlich ist die Idee, den untergegangenen Kontinent Atlantis gesondert zu betrachten, großartig. Vor allem, weil von dort nicht nur bekannte und beliebte Figuren wie der Eiserne Engel oder Kara stammen, sondern auch schreckliche Feinde wie der schwarze Tod, Arkonada oder Myxin (der später einen wirklich großen Wandel vollzieht). Aus der Serie kennen wir diese Figuren alle nach dem Untergang des Inselreichs. Im Spin-Off erleben wir den Untergang hautnah aus der Sicht von Kara, der Schönen aus dem Totenreich, die zu diesem Zeitpunkt etwa 16 Jahre alt ist.

Die Stadt Atlantis ist klein gehalten. Wir lernen Karas Vater Delios und die Hausangestellten kennen, die wie eine Familie funktionieren. Wir sehen die Stadtwache und den Stadtrat, in dem Karas Vater als Prophet keinen leichten Stand gegenüber den Skeptikern hat, weil eine Vorhersage in der Vergangenheit nicht eingetreten ist und weil er selbst manchmal Visionen nicht von Träumen zu unterscheiden vermag. Doch diesmal sind es nicht nur seine Visionen, diesmal sind es die offensichtlichen Zeichen, die ein Unheil ankündigen: Die Großen Alten kehren zurück. Sie sind die Widersacher der Stummen Götter (die unter anderem den Eisernen Engel aus den vier Elementen geschaffen haben).

Jeder, der Augen hat, kann es am Nachthimmel sehen, in dem zwei Monde kreisen: Das Auge der stummen Götter und das Auge der Dämonen. Letzteres schiebt sich mehr und mehr vor das Auge der stummen Götter, und wenn das passiert – so berichtet eine Prophezeiung -, wird eine Träne aus Feuer auf den Kontinent niedergehen und die Dämonen ihren Siegeszug beginnen.

Wir sehen, wie Kara und Haro sich näherkommen, und wie sie Zeugen der düsteren Prophezeiung werden, als nämlich Delios im Fieber seiner Tochter aufträgt, die Sterndeuter auf dem Berg Uranos zu warnen. Auch Myxin sehen wir in seiner ganzen dämonischen Pracht, und wie er die Ankunft der feurigen „Träne“ erlebt. Für Fans ist das hier richtig großes Kino.