Der Solomensch von Java

Ein Ort, in Länge und Breite begrenzt, nach oben unendlich. Die Abende schossen aufs Dach, also setzten sich die Schindeln auf die Fensterbank, um Goldvögel zu beobachten, von oben nach unten.

Auf diesen Straßen führen die Löcher an einen Platz, der verborgen im Herzen des Wahrnehmenden liegt, ums Bezaubernde, Zaubern, um Allmagie um uns herum.

Movemento: bewegt im Raum, Zeitketten anorganisch, Urgesichter, Uhrengesichter, Wildwechselmimik, die schönsten Regenschauer auf einen Blick. Ich bin jetzt niemand mehr und das ist die Knute der Vergeltung.

Aufgepelltes Rosenrot, die tonnenschwere Last des unbeachteten Geschirrs, die molesten Stufen; kein Stock wird mich führen, kein Geländer mich hangeln.

Auf und Ab ekstatischer seelischer Zustände, Gleichnisse, Traumgesichte in einem absoluten Tanz.

Aussehen: wie der Solomensch von Java.

The Solo Man Of Java

A place, limited in length and width, infinite upwards. The evenings shot up to the roof, so the shingles sat on the windowsill to watch golden birds, from top to bottom.

On these streets, the holes lead to a place hidden in the heart of the perceiver, around enchantment, sorcery, all-magic around us.

Movemento: moving in space, inorganic time chains, primordial faces, clock faces, changing facial expressions, the most beautiful rain showers at a glance. I am nobody now and this is the rod of retribution.

Peeled rose-red, the heavy weight of the unheeded crockery, the molest steps; no stick will guide me, no railing will shimmy me.

Up and down of ecstatic mental states, parables, dream visions in an absolute dance.

Appearance: like the solo man of Java.

Das Bild

… unter meinem Bild, unter deinem Bild – denn ich habe dir das Bild erzählt – liegt die Farbe, herausgelaufen aus dem Rahmen, der nicht mehr fasst, was in ihm hin und her schwappte, vor der Zeit den Pinsel tränkte, der dann nur noch aufgenommen werden –

der Pinsel, der dann, von Fingern aufgerappelt, über die Gebirgszüge fährt, Stufen und Gefälle einfügt und Lücken hinterlässt, Lücken wie diese.

Die Pinsel sind Lehm.

Die Pinsel sind Lehm.

Einst kannte ich mein Gesicht, nicht aber seinen Umfang, ich kannte auch die Farbe meiner Augen, insofern sei gesagt, dass ich durchaus einmal daran glaubte, die Welt sei erschaffen und sie beträte mich durch meine Po­ren, doch –

Mitternacht in einer perfekten Welt

Am 18. März 1856 löste eine Magd, die einen Brief, der ihr zu Boden gekullert war, suchte und dabei die Kerze verlor, den › Selber Brand‹ in ihrer Stube aus. Dabei dachte sie nicht an die ›Pudding Lane‹, Herrschaften, sondern an ihren Goich, den man auch ›Höllengoich‹ – Freier der Mägde – nannte.

Mitternacht in einer perfekten Welt. Durch kreischjauchzende Feuervorhänge, unter Glutstrahlen geschwärzter Fensteröffnungen eines brennenden Hauses; und noch viel höher, und noch viel mehr. Mitternacht in einer perfekten Welt. Vom Ramschladen ausgespiene Torheit, in den Keller-Rinden feststeckend, angebacken, rücksichtslos Schlieren ziehend aus dem Vakuum (dem Inhalt der blonden Fee, die einer Tasse Kaffee ähnlich sieht); und noch viel höher, über den beringten Streifen letzten Tageslichts, der ein weiteres, ein letztes Mal auf sich aufmerksam machen möchte:
– Hierher!
(denn ›dorthin‹ ist keine Option).
Die spinn-tappichten Beine fingerdürr, lang wie Lulatsch, taktil, forsch, unangenehm schaudernd, klaglos pochend, schuhlos staubraffend, lochkrabbelnd tiefer schwitzen (Wasserhöhlenornamentik in einem Sesamsemmelteig), und schöne ranzige Blumen, so fett, so schleimglänzend angelustert, langbetrachtet, handgewalgt (die Fregatte draußen in der Bucht streift tonnenweise Netz aus), unter einer Kopfhautschwarte leuchten Blutbilder hervor für einemillionundsexundsechzich, eine billige Bronzekordel ist dabei zu ziehen, von zwei Schrauben gehalten (der Spuk-Napf in der Wand). Schon taucht das orientalische Zirkuszelt aus der Grünkohlsuppe und räuspert sich gelungen, fugendicht; im Takt graphischer Disposition korrespondieren die einzelnen Stimmen, wartend auf die Parusie (das Planetenwalzwerk dünnt die Zeitbänder aus dieser scharfsinnigen Dummheit). Der Schlängelgraben ist jetzt besser denn je zu sehen, die Legeröhre, den sich verwölbenden sprungreifen Follikel im Schlepp (komm nur näher ohne Eile, kommnurkomm). Bei den Augenornamenten liegen geflochtene Hüte im Staub, geraffte Decken aus Bergziegenwolle und Hundehaar verraten die Behausungen aus Zedernbrettern, zerschlagene Kupferplatten, kaltgehämmert, verteilt (Mitternacht); oder eine binnenländliche Flußkultur (kristallene Oktaeder zerbersten in der Biozönose).
– Welch schöner Schlankbär!
Und tritt mit deinem Bundschuh Flammen aus, wir müssen noch das Nischelwerk zum Vorgarn runden.

Tempus fugit

Frühlingserwachen mit entferntem Honiggeruch, Kaffee weht schillernd durch den Flur, Schafscheiße ganz sanft im Rachen, prägnante Wolle, Pulloverpollen, der blühende Garten, tempus fugit. Aber er kann das Jetzt riechen, zumindest eine Femtosekunde lang, sogar die Linzer Torte von letzter Woche, deren Krumen im wasserblauen Kunstfaser-Flokati keimen.

Die Rose ist ohne Warum

Als ich anfing, war es ein Köter. Aber Mary hatte einen Zahn. Die Wiese ging nur bis zum Baum und verschwand in dem einen oder anderen Garten, schließlich waren wir alle nicht besonders rücksichtsvoll und wollten gemeinsam die Alte Mutter ausgraben, die hier irgendwo liegen sollte. Ich grub zuerst (und es war – dann doch) ein Köter, den ich fand. Knochig und von Würmern und Dingen mit so seltsamen Namen wie Triosephosphatisomerase befreit.

Er kam mit mageren Lenden, mageren Beinen, ohne jeden Makel außer seinen zuckersaugenden Lippen (wenn er Zucker fand, dann in Würfelform). Die Rippen eher wie die Adern eines Blattes, die Spanten eines versunkenen Schiffes: So schritt er den Gurtbogen am Tonnengewölbe entlang, kratzte sich die Kehle und blies wie ein Bügelhorn: Jetzt bin ich so weit gekommen, und wenn ich mich umdrehe, erkenne ich meine Hand vor lauter Augen nicht mehr, so neblig scheint mir der Weg, gesponnen aus der Dunkelheit der Seele!

Deine Mühlen werden besser beschienen, Kischote, wenn du dich von Mittag her näherst. Dann werden die Lupinen von deinen Taten zeugen und die Brunnen werden Heimweh haben. Dann wird sich die Erde erheben und die Berge werden dem Gesang lauschen, der hinter einem einsamen Duschvorhang erklingt. Auf einem geschnitzten Abfallhaufen landet deine Lanze, Kischote, wenn du dich vom Abend her näherst, auf einem nur gemalten Gaul, die Rotoren, von Mückenflug und Atemfluch getrieben, zermalmen den Zehnten, den Müller gleich mit, und seine Schürze hängt noch da, wenn du dich vom Morgen her näherst, der Mühle den Hintern zu versohlen, mit Rost und Federhelm und reichlich Irrglauben. Du wirst mit deinen Mühlen besser beschienen, Kischote, wenn du dich von Mittag her näherst.

Wir haben nie etwas voneinander gewusst, sahen uns jeden Tag, verbrachten Jahre miteinander und lernten das Leben kennen, das man uns versprach. Das Wunder ist nicht auszuschließen, aber rechnen dürfen wir nicht mit ihm.

Heute sage ich: Wo warst du? Wir haben das Leben zusammen kennengelernt, wo sind die anderen?

Und du sagst: Ich war fort, ich weiß nicht, wo ich war. Ich habe nichts besser gemacht. Ich hätte jung bleiben wollen. Es gab keine Gelegenheit dazu.

Um schließlich in den Bau zu gelangen, sollten noch einige Enten gescholten werden. Sie waren durch ein Gatter entkommen, das hinter alten Fassaden stand und dort auf uns wartete, kaum wahrnehmbar an einer Grenze zwischen Nebel und Dunkelheit.

Weil es Winter wurde, packten wir unsere Kaleidoskope aus, damit wir die Kälte aus einer anderen Perspektive wahrnehmen konnten, doch sie waren zu dieser Zeit nicht besonders zuverlässig, weshalb wir uns um Alternativen bemühten, die wir hinter Schornsteinen fanden. Mal waren sie da, mal waren sie absichtlich absent, indem sie sich versteckten, um uns zu zeigen, dass sie sich bereits nach Norden aufgemacht hatte.

Chaoskulturauftrag

Ich hege die Vermutung, dass meine andauernde Zeterei an einer geringen Fokussierung meines Kulturauftrags liegt. Damit ist selbstverständlich nicht das gemeint, was der öffentliche Rundfunk von sich hält. Der Kulturauftrag besteht vielmehr darin, alles Nötige zu tun, um die eigene Existenz zu erforschen, quasi von Geburt an. Ohne Richtschnur, eher im Sinne der Chaostheorie. Ich bin bisweilen sehr verblüfft, wie wenig mein Hinausreichen in die Welt dem eigentlichen Spiel entspricht. Das Spiel heißt freilich „gefallen“, aber wenn man das will, muss man die Kuh melken, wenn sie einem hingestellt wird. Da nützt es nichts, wenn man gerade lieber Fischen gehen will.

Krempel

Ich komme mit dem Krempel der Weblogs nicht klar. Das heißt, dass ich seit Jahr und Tag an allem herumfummle, statt mich einfach auf den Content zu konzentrieren. Das hat etwas Exzessives. Ich bin mir nicht sicher, ob es daran liegt, quasi gar kein Publikum zu bedienen. Es gab eine Zeit – und die ist schon lange hinter der Couch verschwunden – da reimte ich mir die Zukunft schreibend aus. Immer nur schreibend, selbst (oder gerade), wenn es sich um Belanglosigkeiten wie gerade eben handelte. Da käme möglicherweise mehr Rätselhaftes zusammen als wenn ich einen Plan verfolgen würde. Ich dachte mir, dass es morgens, gleich nach dem Aufstehen geschehen könnte. Ohne nachzudenken erst einen Blogeintrag verfassen. Zum Zweck des Rituals. Die Tat ist ein mächtiges Instrument, hat sich aber immer mehr vom eigentlichen Erguss distanziert. Selbstverständlich arbeite ich noch genug an Übersetzungen und Artikeln für das Phantastikon, aber das ist eher Augenwischerei, gerade weil in diesen Artikeln versucht wird, einen Sachverhalt darzulegen. Nicht zu akademisch (am besten gar nicht), aber auch nicht zu unterhaltsam. Trotzdem. Es ist nicht das, was es herauszuholen gäbe. Es ist ziemlich verrückt, dass ich ein so großes Aufsehen um das Erscheinungsbild des Blogs (hier jetzt die Veranda) mache, aber aus irgendeinem Grund, muss ich den Text sehen und die Buchstaben schön finden; oder die Aufteilung; oder das Nichts um etwas herum. Ich habe mich zu sehr auf ein Magazin versteift. Die Veranda gibt es jetzt seit fast zwanzig Jahren, und was hätte das alles sein können. So ganz von vorne anfangen will ich nicht, weil einige Zeugnisse meiner tiefen Verwirrung durchaus Bestand haben müssen, um daran anknüpfen zu können. Der Reisegrund steckt im Geist, in der geistigen Zeit, in der Zeitlinie, die keine Grenzen kennt.

Starte bitte neu und neu und neu und neu

Während des Voranschreitens überhole ich mich meist selbst. Was vor einigen Jahren noch als Traumidee galt, könnte ich jetzt besser machen. Es wäre zum Beispiel kein Problem, den Phantastikon-Podcast so hinzubiegen, dass er meinen gegenwärtigen Vorstellungen entspricht, aber nein, ich schaue mich gleich nach einer neuen Plattform um und will alles von vorne beginnen. Dabei geht es thematisch gar nicht um einen großen Wechsel. Interessante Geschichten sollen es sein, nicht länger als im Schnitt zehn Minuten. Dennoch werde ich das Gefühl nicht los, falsch begonnen zu haben; der Podcast sollte ein Zusatzangebot im Magazin sein, und so ist dieses jetzt ein Gewurstel aus Artikeln und Audiotexten, die ohnehin niemand liest. Und manche dieser Texte sind ja auch scheiße, was die Formulierungen betrifft. Nachzulesen ist das ja auch in manchen Artikeln, die ich hier in der Veranda eingestellt habe. Nur weil ich bereits über 200 Folgen produziert habe, bedeutet das nicht, dass es nur um die Erhöhung der Zahl geht. So eine frische Nummer 1 ist durchaus ein attraktiver Gedanke.