Gelächter hinter den Schächten

Dort flattern Engel aufgeregt ums Licht, stürzen mit versengten Flügeln in den Urgrund (Bäche Flüsse), bleiben zuckend liegen, schreien den Menschen um Hilfe an.

Wir sind von der Schlange unterbrochen worden; weißt du es noch, mein Ebenstern, mein simmerndes, einsames Lied, das ich dir von den Lippen stahl? Flogen oft hinunter zum Urgrund, der ätherischen Kraft entlang, Kundalini-Schübe zitterten mit uns, für andere war es nur ein Tanz. Wir kannten kein Ich, all unsere Instinkte markierten den Weg zur ungelenkten, chaotischen Kraft, getrennt durch flächige Membrane, silberschön. So atmeten wir die letzten Tabus, kannten kein Wesen, das uns an Kraft überlegen gewesen wäre, doch erobern wollten wir nur die Entdeckungen in uns, fanden wir dort doch die Welt in ihrem Keim, feindispers in einer fluiden Phase. In der Morgendämmerung des menschlichen Weltgefühls driftet, von Goldschatten eingekreist, der Drachenwurm in seiner perfekten Kreisform durch Himmel und Erde vor ihrer Trennung, ‚flos sapientum‘ auf dem unendlich ausgebreiteten Rücken, schön wie ein Diamant, der in seine Einzelteile zerfällt, Geburts- und Zeugungsakt in einem. Wir, der wir der große Er/Sie sind, vereinigen uns mit unserem eigenen Schatten, kriechen aus unseren eigenen Höhlen und brüten aus Götter.

Schatten warfen sich neben sie, Kleinvieh flüchtete, den Berg, der zum Propheten kommt, ignorant auf sie herab scheinen sehend. Hand an Hand klebend warfen sie einen Blick nach oben zur Fassade, die sehr schön war, beinahe so schön wie ihre ineinander verschränkten Hände.

Die Stadt blinkt, Spielhölle, die sie ist; der menschgeschaffene Urwald blökt seine künstlichen Töne, Paarungsrufe oder Warnungen, unter das Dach der Smokglocke. Der Wind täuscht, es ist nicht frisch – bringt Erzählungen, die auf der Brise reiten, von Geschehnissen, diesem flüchtigen Gas. Von Lebensfetzen angestoßen wird er sich in einen Orkan verwandeln, der die Zwillingserde erreicht. Morgen vielleicht.
Ach, wenn ich Tal wäre, auch mal Berg (und Sonnenschein), eine Lache Regenfläche, Pferdehälfte (gut abgehangen)! So ein Wunsch nach Ornamenten, kyrillischer Weberei; an den Borden entlang holpern, ganz der Teppich, der sich unter Sohlen schmiegt (die auch auf glühenden Kohlen gehen könnten).

Das Unendlichkeitsprinzip

Mallarmé hat das Lesen immer wieder in ganz prägnanter Weise zum Thema gemacht. Er hat für die Poesie demonstrativ ein Geheimnis reklamiert und ihre Rezeption einer Extensivierung und Beschleunigung der Lektüre gegenübergestellt. Mallarmé kämpfte als Dichter auf verlorenem Posten um Resonanz bei einem bürgerlichen Publikum, das er bereits zu einem großen Teil an die Massenpresse und die wohlfeile Feuilletonliteratur verloren hatte. Er wies darauf hin, dass die Zweckorientiertheit eine ganz spezifische Lesehaltung einübe: die Sprache wird nur mehr als Instrument wahrgenommen und die Texte auf ihren Informationsgehalt reduziert. Dadurch würden Lesetechniken und Lesehaltungen verdrängt, die poetische Texte eigentlich fordern: ein Lesen, das den Zeitaufwand der Lektüre und ihren Nutzwert nicht gegeneinander aufrechnet, das das Geschriebene nicht auf einen konkreten Sinn hin festzunageln sucht und das einen gewissen Respekt der Sprache und dem eigenwilligen oder abseitigen sprachlichen Ausdruck gegenüber voraussetzt. Wer die Poesie liebt, könnte man folgern, hat Zeit.

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