Quadratwurzel -1

Wir schossen auf das, was sich in den Wänden bewegte, Tapeten verdeckten die Löcher, teures Papier; und dann wieder auf die Löcher, ob wir sie zweidreimal treffen könnten. Nichts ist vor der Inversion sicher, nicht die Mathematik, in der sich in Form der Quadratwurzel minus 1 das Imaginäre einschleicht. Während ich den Schlaf schon berühre, taucht die Zeit aus dem Fluß, von dem sie sich nun zu trennen weiß.

Haus der 1000 Köpfe

Das junge Ding erblüht wie eine Rose, stinkt nach Fischmehl. Ein Feuer für den Witchfinder Hopkins, samt peinlicher Befragung. Die Welt wird ja nicht mitgenommen; im Sande Mord und Totschlag. Das ästhetische Spiel wirft Sand wie Fragen auf, hübsche Glieder peitschen tintenfischartig unter einem groben Korpus hervor, noch ein Strumpf am Zeh (was will man sagen, sie wedelt, bekommt ihn nicht ab), die Hand auf ihren lauten Worten brennt so heiß wie frischer Kaffee auf der Zunge.

Noch habe ich nicht die Farben erkannt, bleiche Tochter grüngelb die Farben oder das ausgebeinte Husarenstück, Kamm des Gestern, schön weit hoch von ungerühmter Abstinenz der Klänge, außerhalb der verbotenen Zone steht die mobile Maniküre bereit, Trommelwirbel! zuerst leise, dann immer lauter, jung, schön, mit prächtigem Blondhaar. Irgendwann hatte es immer einen Anlass gegeben, war etwas Unerklärliches geschehen, so dass die Sonne mit ihrer Kraft aufscheinen konnte. Am Waldrand bewegte sich etwas, wo das Haus mit den 1000 Köpfen stand. Er bekam Antwort vor Holzdächern und hölzernen Pfannen von einem Mädchen mit langen blonden Zöpfen, mit dem Finger nach rechts schlug sie einen Kreis. Ein heilloses Durcheinander durch die trübe Tasse erspechtet, verzerrt spuckend die Eckkneipe, da trampelt sie schon herein, schreit: »Alle mal herhörn! Wer!?«

Aber das wusste keiner, niemand wusste es, dem Hydranten zum Trotz, von Feuerbowle genaschter Falt=Tropfen, Abfall abgefallen, außerhalb links Sonnenschein (derselbe von oben und weiter unten im Text) noch im Eckenerkerfenster. Als die Sache aufflog mit einem Marsch in den Süden, sündige Beine rasiert und voller Autobahn. Die Klinke war gebogen und aus Metall, eine kühle Halle mit Rauhputz und Kahlheit: die Reden der Königin in Ausschnitten, ein halbes Büro, einfach nur Halluzination, auf den Tischen traten kleine Lampen auf, du kennst sicherlich die Geschichte dieses kleinen Landes, die verurteilten Todesmasken, Freibier und auch kostenlosen Wein. Weiter vorn brannte kein Licht, die Lichter des Dorfes; wo er hinschaute, nur Gesichter – und kein Gesicht hatte der Zahn der Zeit zerstört. Das Haar schimmerte fast golden, ein Stirnband hielt die Flut zusammen. Schattenhaft die Umrisse, Dunkelheit nur ihr Schatten. Ich musste vorsichtiger sein, der breite Strom trennte beide Gebirge, wir rollten ins Dorf, in den Fenster steckte natürlich kein Glas mehr, abgehauen auch: das Personal. Weißgrüner Schimmel bedeckte die Wände, die alten Holzbänke, es gab noch den Tresen. Hier unten roch es muffiger und feuchter, vor unseren Fußspitzen lag ein quadratisches Loch.

Überall ist Hubertustag

Kam noch nicht um die Ecke (ich) war noch nicht abgenabelt, aber man legte den Rechen nieder, die Spindel die Krüge das Jochbein: das Bein schwang sich (wer hatte) aus dem Sattel / um den Junker anzustarren / gute Kleider / die Mütze maltraitiert / jetzt kann ich’s sagen: überall ist Hubertustag.
Die nächste Minute, die nächste Atempause, der nächsten Nebel, der um eine Begegnung, Bewegung, tanzt, mäandert. Und der Nachhall im Ohr, der sich aufmacht, ein Wort zu werden, eine Sprache des Bewusstseins. Ein langer Tag tritt nackt aus der Umkleidekabine, verschließt seine tückischen Schlösser, die vorher gar nicht da waren, Schlösser ohne Schlüssel.
Lass mich ruhig raus, ich bin der Tag! Hinter dem Nebel ein Pfad; Pferde tragen die Wörter in den Gehörgang, Schall und Wahn, eine Rakete pro Silbe, eine vergnügliche Sperrstunde, ein wirkliches Verständnis, gerade noch geradegebogen, eine Kurve, dann geradeaus, immer geradeaus, bis man da ist, nächstes Ziel. Eine Fahrt, zurück aus dem Blau. Ich bin der Wandrer, du der Riemen, um den Stock gewunden, der mir die Hand fesselt; dem Stocke nach, folge mir! Wie durch ein Wunder kreuzen sich die Wege der Menschen. Es wird nicht gelingen, sich aus dem Wege zu gehen. Das versteht man hinterher immer besser, währenddessen ist es nur phantastisch. Tiefsitzenden Verwebnisse, die ziellos umherschnellen, blinde Schlangen, den Kopf gekappt, zuckende Schläuche, Purpurwasser entlassend, das Leben rinnt aus jedem Ding, das brackige Wasser seiner Leidenschaft, der tiefe und offene Moment seines Seins. Ein verwilderter Garten mit Früchten der Überreife. Früchte, die so süß schmecken, dass man die Fäulnis stets mit isst. Diese Tage gingen vorbei wie ein einziger. Wer bist du? Und er hatte die Wahrheit gesagt. Niemand.

Monstra sunt

Was soll’s : ich hab’ Mönschen gesehn, die konnten fliegen; weil sie aber nicht wußten, wie sie’s gemacht, sind sie wie die Lemminge in Gruben gestürzt oder haben sich anderweitig den Schenkelhals ruiniert. Vielleicht waren sie ja innen hohl; der Wind findet seine Pforte auch in einem Schlüsselloch, warum denn also nicht in einem aufgesperrten Maul?
Die also habe ich gesehen : Heilige Säufer, Schlangenmenschen habe ich gesehen, aufgestandene Tote. Um die großen Meere herum ist Monsterland, die Meere selbst sind das ›monere‹, deshalb ja wohl die Stürme, von Riesenmaulhaien aufgetürmte Wellen, die nicht wollen, dass wir zu Wundervölkern und phantastischen Kreaturen durchdringen. Wir könnten sonst erkennen … warte, wo hab’ ich nur wieder schnell den Zettel … monstra sunt in genere humano!

Affentheuerlich & Naupengeheuerlich

Sie nahm den alten Rasierpinsel ihres verstorbenen Mannes aus der Schublade, tauchte ihn in das Blutgefäß (ein schönes und wertvolles Erbstück ihrer geisteskranken Mume) und pinselte sich den Teint – man mag es drehen und wenden – rot.
»Wo ist der Daimonenjunge mit dem Kopf?«
Es gab Essen in schaler Dunkelheit. Es gab Gebein unter dem Schreibtisch, abgeschabt, staubumfangen. Viele dieser Aufzeichnungen gingen im Feuer auf, die Buchstaben verendeten in der Luft, der Geschmack war der nach Zitroneneis. Aus dem Geist des Pedals erhoben sich unbekannte Formen, man kann nicht behaupten, dass es einen Anhaltspunkt dafür gab, ein Gerücht, vielleicht auch mehrere, gesät von einem zweifelnden Mund, dem bald die Lippen sprangen, die Fetzen Blüten ergaben.
Die verdrehten Schritte näherten sich kostenlos, das Gewölbe stank
(welch ein Wunder bei gutem Wurm, bei Regentropfen, die tiefer gingen)
fernes Lächeln
(die Edamer Katze)
meist achtet der Wind nicht darauf, wo er hintritt
(die verdrehten Schritte)
sein Spiel dem Zufall überlassen und nur durch das Medium großer Künstler lernen wir die Wirklichkeit kennen, angestachelt von den unterschiedlichen Luftschichten, aufzuklauben, was sich nicht an etwas anderes krallt. Es waren die Gewichte, die ihn herausforderten, der unheilvolle Geruch der Maronenbäume darf nicht durch das Fenster drängen, der erstickende Rauch der Kamine.
Du wirst Wasser sein, dann und wann Wasser sein.
Hier ist das Schnitterfest vorbei, die Äpfel liegen rund und schön, keine Schürze hängt an einem Haken, Jauche füttert die Bächlein, die durch die Wiese gehen, ein stummes Firmament trägt die Atlaskugel, nicht der Titan selbst
(Missy. She was rescued by an animal charity. We had her far over 16 years, before a stroke took her away.)
Exploitation der Produktion ist dann zu purer Schönheit erstarrt, wer nicht zaubern kann, billiger Stoff, verspätete Sätze im Mist
(auf den Balkonen drehten altehrwürdige Damen mit zitternden Händen an den Operngläsern, die ihnen die Fruchtkolben der Jugend heranholten)
die Schwester erstickt beinahe brav an einem Samenschuss, den sie dann aus ihrem falschen Hals mit Tränen schwemmt, die nie wieder so rein sein werden, so gemüsebrühig pikant, wie an diesem Tag der Asche, die aus dem schlottrigen blankbusigen Schlot pfeift, Fruchtfleisch des Lichtes also, Raumleib und Leib in Zeitgang
(affentheuerlich & naupengeheuerlich)
wir kommen in keinem Buch vor, in das wir uns nicht selbert hineinschreiben. Angeschissene Wände sieht der Wanderer auf sich zu –
Blutkloaken, abgerissene Euter von Mensch und Maschine, Sickergruben und Sand, Geklapper entzwei’ner Dachrinnen, Daimonenspocker und Ratten Ratten Ratten, mit den Schwänzen an Wäscheleinen geklammert (die verdrehten Schritte).
»Hallo!«
(Und ich auch: »Hallo!«)

Anton Reisers Auffinden

Es spukt in manchen Häusern mit einer ganz besonderen Kraft. Ich weiß nicht, welche Meinung ich hatte als der französische Germanist Robert Mindler ein Exemplar des Anton Reiser im Pferdekarren eines Antiquariats fand. In die Seite des Polsters gerutscht. Im Dorf fanden Beschneidungsrituale statt, Hochzeitsfeste, die Erste Nacht, Götzenanbetung. Die Saftpresse musste ihre Arbeit streng verrichten. Anstelle einer Zitrusfrucht wurde dort ein Mensch gemalmt. Es gab Musik, denn der Zauber der Musik ist, wie der Zauber der Liebe, voller Wunder und Symbole.Wer das eine nicht hat, kann das andere nicht finden.

Was bringst du mir heute, Erzähler,von der Welt bei, die du entwirfst und die ich nirgendwo finden kann? Die Augen sind schon seit dem frühen Morgen geöffnet, eine Falltür in den Tag hinein, der eindringt, sobald die Standuhr kurz innehält. Oft denke ich mir, ich kann, indem ich den Atem anhalte, damit auch die Sekunden verzögern, aber ich spüre, wie das Herz weiterwill. Die Bühne der Mime braucht Licht, nur ein Traum wirft seine Holographie in das Finster (terra finestre).

Die Depeschen stecken pünktlich im Briefkasten, um 9 klingelt es an der Tür, aber aufgrund einer Erektion kann ich nicht öffnen, und ankleiden möchte ich mich nicht. Wir leben hier auf einem absonderlich lauten Schachfeld.