Das Necronomicon

Zunächst müssen wir uns fragen, wer Abdul Alhazred war und ob er überhaupt existiert hat. Es gibt keine Alles lag an diesem Buch, das, einmal aufgeschlagen, alles verschlang, was es zu verschlingen gab. Hatte ihn das Buch dermaßen in seinen Bann gezogen, dass er eingeschlafen war und jetzt mit den letzten Eindrücken der Zeilen in seinem eigenen Traumgebilde umherirrte?

Er hatte den alten Folianten zunächst in einem Antiquariat für seltene Bücher entdeckt und dieses wiederum nur durch einen Zufall ausfindig gemacht. Das war an einem dieser frühen Abende bei einem seiner Spaziergänge gewesen. Jetzt erinnerte er sich, wie er sich gewundert hatte, denn er kannte alle Buchläden in der Stadt, doch diesen kannte er nicht.

Necronomicon
Inspiriert von den Werken Lovecrafts fertigt der Künstler Zorano fiktive Seiten aus dem Necronomicon an, die in seinem Shop auf Etsy gekauft werden können.

Das Antiquariat lag in einem Kellergewölbe verborgen, gemieden von den Bewohnern der behaglichen Umgebung, ihren trügerischen Schatten, fern von den Schritten des möglichen Willens, immer in der Nacht, denn tief unten, wo es sich ausdehnte und dem Erdmittelpunkt entgegenwankte, schien nur die Dunkelheit zu Hause zu sein, auch dann, wenn die Sonne ihre Pranken ausstreckte und sich demütig und schmerzlich zurückzog, sobald die Finsternis ihr Gebiss zeigte.

Beim Durchblättern der Seiten beschleicht einen ein beklemmendes Gefühl. Es ist, als strahle das Necronomicon eine böse Aura aus und flöße denen, die es wagen, seine Geheimnisse zu ergründen, Respekt und Schrecken ein. Man spürt das Erbe des Wahnsinns und der Verzweiflung, als wäre jedes Wort und jedes Bild mit der dunklen Geschichte seiner früheren Besitzer belastet. Das Necronomicon zu berühren ist nicht nur eine visuelle oder taktile Erfahrung, es ist eine Konfrontation mit einer uralten und unheilvollen Macht, ein Überbleibsel aus längst vergangenen Zeiten, als der Mensch noch nicht alleiniger Herrscher der Welt war. Das Schließen des Buches hinterlässt ein Gefühl der Flucht, aber auch eine beunruhigende Neugier, was passieren könnte, wenn sein Wissen genutzt wird. Es ist ein verbotenes Objekt des Wissens, dessen bloße Existenz Vernunft und Moral herausfordert, ein Testament der dunklen Abgründe, die sich unter der Oberfläche unserer Realität verbergen.

Das Necronomicon, auch „Buch der Toten“ genannt, taucht zum ersten Mal in Lovecrafts Kurzgeschichte „The Hound“ aus dem Jahr 1922 auf. Lovecraft zufolge kam ihm die Idee zum Necronomicon in einem Traum. In seiner Übersetzung bedeutet Necronomicon „Ein Bildnis des Gesetzes der Toten“, eine bessere Etymologie wäre jedoch „Ein Buch zur Klassifizierung der Toten“.Seitdem ist es ein wiederkehrendes Motiv in Lovecrafts Erzählungen und in der Phantastik im Allgemeinen. Obwohl es sich um eine Zusammenfassung von Lovecrafts Gedanken handelt, hat es durch seine detaillierte Beschreibung, die erzählte Geschichte und die wiederkehrenden Anspielungen eine außergewöhnliche Wirkung entfaltet. Viele Menschen glaubten und glauben noch heute, dass dieses unheimliche Werk tatsächlich existiert.

Der ursprüngliche Verfasser des Necronomicon war Abdul Alhazred, ein arabischer Dichter, der um das Jahr 700 lebte. Alhazred, der in Damaskus lebte, wird in den Geschichten als „verrückter Araber“ beschrieben, der nach dem Verfassen der schrecklichen Verse des Buches den Verstand verlor. Die Legende besagt, dass das Necronomicon nicht nur die Geheimnisse des Universums enthält, sondern auch Schlüssel zur Beschwörung uralter Götter und Wesen wie Cthulhu, Nyarlathotep und Yog-Sothoth – sowie Rituale, die den Kontakt mit ihnen ermöglichen sollen. Alhazred soll dieses Wissen in Blut auf Seiten aus menschlicher Haut niedergeschrieben haben.

Das Buch trägt ursprünglich den Titel „Al Azif“, was sich auf das summende Geräusch von Insekten bezieht, das in der arabischen Folklore mit den Stimmen von Dschinn und anderen übernatürlichen Wesen assoziiert wird. Lovecraft behauptete, dass der Autor durch seine Reisen und die Erkundung von Ruinen in der arabischen Wüste Zugang zu verborgenen Geheimnissen erhielt. Alhazred soll dort Erkenntnisse über uralte, kosmische Entitäten gewonnen haben, die weit über das menschliche Verständnis hinausgehen. Laut Lovecraft wurde es in verschiedene Sprachen übersetzt, darunter Griechisch und Latein. Übersetzer wie Theodorus Philetas und Olaus Wormius trugen zur Verbreitung bei, doch das arabische Original ging angeblich verloren. Besonders die lateinische Version, die als verflucht gilt, wird in Lovecrafts Geschichten immer wieder erwähnt. Sie ist leichter zugänglich, doch das Lesen soll den Verstand des Lesers gefährden. Lovecraft fügte später sogar eine fiktive englische Übersetzung durch den elisabethanischen Okkultisten John Dee hinzu, was die Geschichte des Buches mit der europäischen Geistesgeschichte verknüpft.

Necronomicon
Das gefährlichste Buch der Welt

Die detaillierte Geschichte des Necronomicons ist eine Synthese vieler Einflüsse. Lovecraft ließ sich unter anderem von der Gothic-Literatur inspirieren, die oft geheimnisvolle, schimmlige Bücher mit verbotenen Überlieferungen thematisiert. Auch die arabische Erzähltradition, insbesondere die Märchen aus „Tausendundeiner Nacht“, prägten seine Vorstellung. Lovecraft liebte die farbenfrohen und mystischen Geschichten der mittelalterlichen muslimischen Welt. Hinzu kommt der zeitgenössische Einfluss des Fluchs von Tutanchamun, der in den 1920er Jahren durch die Entdeckung des Grabes weltweite Aufmerksamkeit erregte. Von diesem Fluch soll in einem alten arabischen Folianten berichtet worden sein, so überliefert es die exzentrische Schriftstellerin Marie Corelli, die einen Brief in den Zeitungen veröffentlichte, nachdem Lord Carnarvon kurz nach der Öffnung des Grabes von Tutanchamun auf mysteriöse Weise an einer Blutvergiftung gestorben war:

„Als jemand, der sich sein ganzes Leben lang mit der ägyptischen Mystik beschäftigt hat, kann ich sagen, dass es mich nicht überrascht, wenn den wagemutigen Forschern, die die Gräber der toten Monarchen des Landes ausgraben wollen, ein Unfall passiert. So steht es in der Bibel, ein seltsames Wort mit einer seltsamen Bedeutung dahinter.  In einem seltenen Buch, das ich besitze und das nicht im Britischen Museum zu finden ist, mit dem Titel „Die ägyptische Geschichte der Pyramiden“, übersetzt aus dem arabischen Original von Vattie, dem Arabischlehrer Ludwigs XVI. von Frankreich, heißt es, dass jedem unvorsichtigen Eindringling in ein versiegeltes Grab die schlimmste Strafe folgt. Dieses Buch enthält lange und detaillierte Listen der Schätze, die mit einigen der Könige begraben wurden, und unter diesen werden „verschiedene geheime Tränke genannt, die in Kästchen eingeschlossen sind, damit diejenigen, die sie berühren, wissen, wie sie leiden werden“. Ich frage also: War es ein Mückenstich, der Lord Carnarvon so schwer getroffen hat? Könnte es sein, dass er etwas Giftiges unter dem Gewand oder den Juwelen des begrabenen Königs berührt hat? Jedenfalls empfinde ich das Eindringen des modernen Menschen in die dreitausendjährige Ruhe und den Todesschlaf der ägyptischen Könige als eine Art Entweihung und Sakrileg, und das wird und kann nicht gut gehen.“

Dieses Buch, das später als „Das Ägypten des Murtadi“ identifiziert wurde, enthielt Legenden über Flüche und magische Geheimnisse des alten Ägyptens. Obwohl es keinen Beweis dafür gibt, dass Lovecraft Corellis Brief kannte, weist seine Beschreibung des Necronomicon bemerkenswerte Parallelen zu diesem Text auf.

Das Necronomicon selbst wird in den Erzählungen als ein Buch beschrieben, das sowohl Schrecken als auch Faszination auslöst. Schon die Berührung der Seiten, „die unter den Fingern knistern“, wird als unheimlich beschrieben. Die Tinte, schwarz wie die tiefste Nacht, formt unverständliche Worte und schreckliche Bilder. Jedes Umblättern setzt ein kaum wahrnehmbares Flüstern frei, so wie das Buch selbst atmet, durchdrungen von unheilvollem Leben.

Obwohl Lovecraft zu Lebzeiten betonte, dass das Necronomicon eine reine Erfindung sei, hat sich das Buch in der Popkultur verselbstständigt. Viele Leser nahmen die fiktionale Darstellung als Hinweis auf ein tatsächliches Buch, und bereits im 20. Jahrhundert erschienen vermeintliche „Übersetzungen“ dieses mysteriösen Buches.

Es wurde erstmals 1977 von Magickal Childe, einem der bekanntesten okkulten Läden in New York, in einer luxuriösen, in Leder gebundenen Ausgabe herausgegeben. Später wurde es als Taschenbuch veröffentlicht und erreichte so eine viel breitere Leserschaft.

Die bekannteste Version wurde 1977 von Magickal Childe, einem der bekanntesten okkulten Läden in New York, in einer luxuriösen, in Leder gebundenen Ausgabe herausgegeben. Später wurde es auch als Taschenbuch veröffentlicht und erreichte so eine viel breitere Leserschaft. Der anonyme Autor, der sich Simon nannte, behauptete, dass seine Übersetzung auf alten sumerischen Texten basiert, sie weist jedoch wenig Gemeinsamkeiten mit Lovecrafts Originalbeschreibung auf. Trotzdem fand es eine breite Leserschaft, insbesondere unter Anhängern des Okkultismus.

Nach Lovecrafts Tod 1937 führte sein Freund August Derleth sein literarisches Erbe fort. Derleth erweiterte den Cthulhu-Mythos und erwähnte das Necronomicon in seinen eigenen Geschichten. So bleibt das Buch ein Symbol für das Unaussprechliche und Verbotene. Es verkörpert Lovecrafts Grundgedanken, dass hinter der sichtbaren Realität Abgründe lauern, die das menschliche Verständnis übersteigen. Die Mischung aus fiktiver Geschichte, poetischer Beschreibung und kosmischem Schrecken macht das Necronomicon zu einem der eindrucksvollsten Werke der modernen Literatur.

Quellen:

  • Harms, Daniel and Gonce III, John Wisdom (1998). The Necronomicon Files: The Truth Behind Lovecraft’s Legend. Red Wheel/Weiser.
  • Tyson, Donald (2004). Necronomicon: The Wanderings of Alhazred. Llewellyn Publications.
  • Lovecraft, Howard Phillips (1984). The History of the Necronomicon. Necronomicon Press.

Schrecken der Hygiene

Stellen wir uns vor, wir könnten in eine Zeitmaschine steigen und in vergangene Epochen reisen. Diese phantastische Reise würde schnell in einen Albtraum umschlagen, nicht etwa wegen technischer oder physikalischer Hürden, die unsere Rückkehr verhindern könnten, oder weil wir uns in einer gefährlichen, gewaltbereite Zeit landen. Nein, unser Untergang wäre weitaus subtiler, heimtückischer – und dennoch unvermeidlich.

Kaum angekommen, würden uns fremde Bakterien attackieren, die unseren Körper in Windeseile überwältigen. Die Luft, die Nahrung, das Wasser – all das, was uns einst am Leben hielt, würde nun zur tödlichen Bedrohung werden. Selbst der Gestank der Städte, den die Menschen jener Zeit wohl kaum noch wahrnahmen, könnte uns den Atem rauben. Ein unschuldiger Händedruck könnte die letzte Berührung unseres Lebens sein.

Wir wären fremd in einer Welt, die einst die Heimat unserer Vorfahren war, in einer Umgebung, die uns gnadenlos überfordert. Unsere Körper, gewöhnt an die Annehmlichkeiten und Schutzmaßnahmen der Moderne, wären nicht für die rauen Bedingungen der Vergangenheit geschaffen.

Es sind die Jahrhunderte, die uns trennen – Jahrhunderte, in denen sich die Praktiken der Hygiene mit dem Fortschritt in Technik, Medizin und Wissen weiterentwickelt haben. Einst galten merkwürdige Rituale als Gipfel der Reinlichkeit. Wer hätte damals ahnen können, dass die Verwendung von Urin als Desinfektionsmittel, oder die Gemeinschaftsbäder, in denen der Dreck geteilt wurde, eines Tages als absurde Relikte einer längst vergangenen Zeit belächelt werden würden?

Diese Praktiken, so sonderbar sie uns erscheinen mögen, sind Zeugnisse eines Weges, den die Menschheit in Richtung eines besseren Verständnisses von Hygiene und Gesundheitsfürsorge gegangen ist. Sie erinnern uns daran, wie weit wir gekommen sind – und wie viel wir der Weisheit und dem Wissen verdanken, das wir heute besitzen. Es ist eine stille, doch bedeutende Erkenntnis, dass wir heute nur noch unsere eigene Dummheit fürchten müssen.

Ach, die guten alten Zeiten, als das Leben noch so herrlich unkompliziert und nah an der Natur war. Wer braucht schon fließendes Wasser oder Abfallentsorgung, wenn man all die Freuden des mittelalterlichen Lebens haben konnte? Nehmen wir zum Beispiel die Flöhe und Körperläuse – kleine, pelzige Mitbewohner, die stets für eine Überraschung gut waren. Vor allem die ärmere Bevölkerung konnte sich über ihre Gesellschaft freuen. Nicht, dass sie viel Auswahl gehabt hätten – die karge Ernährung sorgte immerhin dafür, dass die entzündeten Bisswunden schön lange blieben, um das elendige Leben noch ein bisschen elender zu machen. Und als wäre das nicht genug, brachten diese kleinen Blutsauger oft noch ihre eigenen Gäste mit: Typhus, Bandwürmer und andere reizende Krankheiten.

Aber das wahre Highlight mittelalterlicher Hygiene waren wohl die Böden. Binsen oder Stroh, die man großzügig auslegte, um den sowieso schon dreckigen Boden zu bedecken. Man wechselte die oberen Schichten, ja, aber wer hatte schon Lust, die untersten zu entfernen? Schließlich bot diese Schicht aus verrottendem Pflanzenmaterial eine ideale Heimat für eine bunte Mischung aus Keimen und Parasiten. Wer braucht schon keimfreie Böden, wenn man sie auch einfach mit einem Hauch von Wildblumen und Kräutern parfümieren kann?

In den Speisesälen der Herrenhäuser und Schlösser bedeckten die Binsen den Boden, und es war ganz normal, dass der Überfluss an Speisen und Getränken großzügig verteilt wurde – natürlich nicht auf den Tisch, sondern auf den Boden. Die Hunde erledigten zwar einen Teil der Aufräumarbeiten, aber sie waren freundlich genug, noch Reste für die Ratten und Bakterien übrig zu lassen, um eine wahre Symphonie des Verfalls mitzugestalten.

Das romantische Bild eines hoch aufragenden Schlosses, das von einem klaren, glitzernden Wassergraben umgeben ist, ist nicht unbedingt das, was wir auf unserer Reise tatsächlich zu sehen bekämen. Vor allem nicht, wenn wir über Toiletten von vor Hunderten von Jahren sprechen. In den Häusern der Tudors wurden sie „Aborte“ genannt. Viele waren im Grunde genommen eine Schüssel mit einer Holzplatte darüber und einem in den Deckel geschnitzten Loch. Diese Schale wurde in eine Nische oder einen schrankähnlichen Bereich, den so genannten Garderobenschrank, eingesetzt. Manchmal bedeckte die Holzplatte auch nur ein Loch im Boden, durch das die Abfälle direkt in den Burggraben geleitet wurden. Es gibt quasi keine pittoresken Gemälde von niedlichen Bauern, die in einem Burggraben fischen, der menschliche Horizont endet dort, wo seine Fantasie endet.

Die Bauern, jene tapferen Seelen, hatten nicht einmal das zweifelhafte Vergnügen einer groben Toilette. Sie mussten sich Erleichterung dort verschaffen, wo es sich gerade anbot – sei es hinter einem Busch, einem Baum oder vielleicht in der Nähe eines grummeligen Misthaufens. Anschließend vergruben sie die Hinterlassenschaften mit der gleichen Sorgfalt, mit der man ein kostbares Geheimnis verbirgt.

Obwohl Toilettenpapier heute das weiche Wunderwerk der Moderne in jedem Haushalt ist, ist es eigentlich ein recht junges Produkt. Obwohl es Aufzeichnungen gibt, die darauf hindeuten, dass Papier bereits im 6. Jahrhundert in China verwendet wurde, wurde das saugfähige Papier, mit dem man sich im Badezimmer abwischt, erst 1857 in der westlichen Welt eingeführt, als Joseph Gayetty ein „Medizinisches Papier für das Wasserklosett“ auf den Markt brachte. Davor waren die Menschen ziemlich kreativ, was die Art und Weise betraf, wie sie sich reinigten. Lappen und nasse Tücher mögen die naheliegendste Wahl sein, aber andere benutzten auch Muscheln und Tierfelle, Schwämme an einem Stock, Blätter und sogar ihre eigenen Hände. Wer etwas besser betucht war, durfte sich den zarten Komfort der Schafwolle gönnen. Doch den wahren Gipfel der Exklusivität erklomm nur der König. War man ein Monarch, dann stellte man jemanden ein, der einem höchstpersönlich den königlichen Hintern abwischte.

Dieser ehrenvolle Posten trug den prächtigen Titel „Pfleger des Schemels“, und so abstoßend diese Aufgabe auf den ersten Blick erscheinen mag, sie war heiß begehrt. Die Adligen kämpften mit allen Mitteln – manchmal so schmutzig wie der Posten selbst – um diese Position für ihre Söhne zu ergattern. Denn wer einmal den königlichen Allerwertesten gepflegt hatte, stieg nicht selten zum engsten Vertrauten und Berater des Königs auf, vielleicht gar zum Privatsekretär, denn wer den Hintern des Königs kannte, kannte auch seine intimsten Geheimnisse. Und solch ein Wissen machte den bescheidenen Pfleger bald zu einem der mächtigsten Männer am Hofe. Ein wahres Sprungbrett in die höchsten Sphären der Macht – wenn auch über eine eher ungewöhnliche Route!

Wer sich jemals in die Zeit des alten Edinburgh zurückversetzen will, sollte sich auf den Ruf „garde loo“ gefasst machen. Wenn man nicht schnell genug war – oder wenn man nicht gemocht wurde – konnte es passieren, dass man mit dem Inhalt von Nachttöpfen überschüttet wurde, die aus den Fenstern der Mietshäuser geworfen wurden. Nachttöpfe dienten natürlich dazu, den Urin über Nacht aufzufangen. Der Begriff „garde loo“ stammt aus dem Französischen „garde l’eau“, was so viel bedeutet wie „Vorsicht vor dem Wasser“. Der daraus resultierende Gestank der Nachttopfinhalte war in der weiten Welt auch als „die Blumen von Edinburgh“ bekannt.

In der Zeit, als es noch keine Deodorants und kein häufiges Baden gab, können wir uns nur vorstellen, wie sehr es in dicht besiedelten Gegenden stinken konnte, vor allem in der Hitze des Sommers. Um zu versuchen, den eigenen Geruch in Schach zu halten, trugen die Menschen oft ein „Nasenstöckchen“ mit sich herum, ein kleines Bündel Blumen oder Kräuter. In der Hand gehalten, an die Kleidung geheftet oder einfach um das Handgelenk gebunden, halfen Nasenstöcke, den Körpergeruch zu überdecken oder zumindest den Gestank in der Umgebung des Trägers zu überdecken. Es wird sogar behauptet, dass die Bräute Blumensträuße in der Hand hielten, um ihren eigenen Geruch zu überdecken, wenn die Hochzeit zu lange nach dem Bad stattfand, was dann zu einer Tradition führte, die auch heute noch bekannt ist, auch wenn die Bräute heute viel besser riechen.

Früher hatten die Häuser nicht die schützenden Dächer, die wir heute haben. Es war nicht ungewöhnlich, dass Ungeziefer, Schädlinge und Kot vom Dach auf das saubere Bettzeug fielen. Daher wurden vier Stangen und ein Baldachin erfunden, um das Bett sauber zu halten, und daher stammen auch die Namen Himmelbett und Himmelbett.

Als Marie, Königin der Schotten, aus Frankreich in ihre Heimat zurückkehrte, war sie erstaunt und nicht wenig verärgert darüber, dass die Männer bei ihren Banketten weiterhin ihre Hüte trugen, während sie sich zum Essen hinsetzten. Die junge Königin wurde darauf hingewiesen, dass dies kein Zeichen von Respektlosigkeit ihr gegenüber sei, sondern eine Notwendigkeit. Die Männer behielten ihre Hüte auf, um nicht nur zu verhindern, dass ihre langen Haare das Essen berührten, sondern auch, dass Kopfläuse auf ihre Teller fielen.

Wenn es um ihr Aussehen geht, sind manche Frauen bereit, alles zu tun, um ihre Schönheit zu bewahren. Das gilt auch für frühere Zeiten – vor allem, wenn Frauen Urin sammelten, um ihr Gesicht zu waschen. Die Chirurgen der elisabethanischen Zeit rieten den Frauen, ihr Gesicht mit „starkem Essig, Milch und dem Urin eines Jungen“ zu waschen. Viele vertrauten auf die antiseptischen Eigenschaften des Urins und hofften, dass er das Gesicht frei von Flecken und Makeln halten würde. Außerdem glaubten sie, dass Urin straffende Eigenschaften hatte, die zu einem jugendlichen Aussehen beitrugen.

Die Menschen der Vergangenheit verwendeten Urin auch für andere Dinge. Während wohlhabende Familien den Luxus hatten, ihre Kleidung täglich zu wechseln, waren die meisten Menschen arm und mussten eine ganze Saison lang dasselbe Kleidungsstück tragen. Das bedeutete, dass die Kleidung nicht regelmäßig gewaschen wurde. Nachdem man mehr als einen Monat in denselben ungewaschenen Kleidern verbracht hatte, brauchte man etwas Starkes, um sie sauber zu bekommen. Auch hier glaubte man an die antiseptischen Eigenschaften des Urins und verwendete ihn als Waschmittel für die Wäsche. Er wurde auch als Mundwasser verwendet, aber das ist ein ganz anderes Thema.

Wem bei Urin als Mundwasser mulmig wird, wird vielleicht nicht wissen wollen, was die Menschen in der Vergangenheit als Zahnpasta verwendet haben. Es wird angenommen, dass die erste Zahnpasta von den alten Ägyptern 3.000-5000 v. Chr. hergestellt wurde. Sie wurde aus pulverisierter Asche von Ochsenhufen, Eierschalen und anderen Zutaten hergestellt und mit Wasser vermischt. Die antiken griechischen und römischen Versionen von Zahnpasta waren nicht viel besser, wobei erstere zermahlene Austernschalen und letztere vermutlich püriertes Mäusehirn verwendeten. Im Mittelalter wurde die Zahnpasta aus Kräutern und Gewürzen hergestellt, was sie wahrscheinlich etwas schmackhafter machte, aber die minzfrische Zahnpasta, wie wir sie kennen, kam erst Mitte der 1870er Jahre auf den Markt.

Heute ist Lysol für seine Reinigungsprodukte bekannt, die 99,9 % der Keime und Bakterien beseitigen. Es gab jedoch eine Zeit im frühen 20. Jahrhundert, als es als „Frauenhygieneprodukt“ vermarktet wurde. Lysol wurde zu einem hochwirksamen Mittel gegen die Spanische Grippe im Jahr 1918, versuchte aber danach, seinen Namen zu ändern. In der Werbung war eine Frau zu sehen, die behauptete: „Ich benutze Lysol immer zum Duschen“, und es wurde auch als Verhütungsmittel eingesetzt. Wie nicht anders zu erwarten, kam es bei den Frauen zu Entzündungen und Brennen, und einige starben sogar, weil sie das Mittel in einem so empfindlichen Bereich verwendeten. Lysol wurde schließlich von der medizinischen Gemeinschaft als Frauenhygieneprodukt gemieden, ist aber immer noch ein starkes Desinfektionsmittel für andere Zwecke.

Frauen sind nicht die einzigen, die sich im Laufe der Zeit Sorgen um ihr Aussehen machen. Auch Männer, die unter Kahlheit leiden, haben mit seltsamen Methoden versucht, ihr Haar wieder wachsen zu lassen. Eine Empfehlung lautete: „Nimm die Asche von Culver-Dung, verühre sie mit Lauge und wasche den Kopf damit.“ Culver-dung wird mit Hühnerkot übersetzt, was bedeutet, dass sich die Männer eine Mischung aus tierischen Exkrementen auf den Kopf schmierten. Leider hat das wahrscheinlich nicht funktioniert, denn Lauge ist eine starke, giftige Alkalilösung, die jede mögliche Wirkung von Hühnerkot auf das Haarwachstum wieder zunichte macht.

Wenn Männer unerwünschte Haare an einer beliebigen Stelle des Körpers entfernen wollten, sollten sie außerdem eine Paste aus Eiern, starkem Essig und Katzenkot herstellen. Diese Paste sollte auf die Stellen aufgetragen werden, an denen die Haare entfernt werden sollten. Warum sie sich nicht einfach rasierten, ist nicht belegt.

Wie Ziegen den Kaffee erfanden

In einer Welt, die vom Alltagstrott gefangen gehalten wird, gibt es ein Getränk, das seit Jahrhunderten unsere Sinne erweckt und die Flamme unserer Leidenschaften entfacht. Dieses geheimnisvolle Elixier, kein geringeres als der Kaffee, hat Revolutionen befeuert, Künstler inspiriert und Menschen in stiller Einkehr zusammengeführt. Aus einer schlichten äthiopischen Beere entsprungen, hat es sich zu einem globalen Phänomen entfaltet, gehüllt in Rätsel und erfüllt von tiefgründiger Vielschichtigkeit.

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Das Jahr der Spukhäuser

Jedes Haus wird heimgesucht. Die Frage ist, wovon?

Sobald man ein Haus betritt, weiß man es. Manche fühlen sich gut an, andere nicht. Und wie ein guter Wein sind ältere Häuser komplexer.

Im Sommer 20xx wurde ich nach Irland geschickt, um als Mitglied der Stonecoast MFA an einem Creative Writing-Programm teilzunehmen. Ich war dankbar für die Chance, herumzureisen und ungeduldig, diese Erfahrung zu machen, muss allerdings gestehen, dass Irland vor meiner Ankunft nicht auf meiner Liste stand. War Wales nicht malerischer? Und von London aus nicht besser zu erreichen?

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Die dunklen Künste: Laurie Lipton

Last Night
Last Night I Dreamt I Murdered Mommy

Ich bin schon seit einer Weile ein Fan von Laurie Liptons Kunstwerken. Angefangen hat alles mit ihrem Werk „Last Night I Dreamt I Murdered Mommy“, das mich sofort beeindruckt hat (ich denke, ihr könnt euch denken, warum) und mich seitdem nicht mehr loslässt. Es gab Zeiten, da hatte ich ihren Namen vergessen, aber als ich nach ihrer Kunst suchte, tat ich es mit dem Titel dieses Werkes.

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Das Moor in der Schauerliteratur

Was genau ist ein Moor? Moorland ist ein Lebensraum, der durch niedrig wachsende Vegetation auf sauren Böden gekennzeichnet ist. Das Oxford English Dictionary definiert es auch als „unkultivierten Boden, der mit Heidekraut bedeckt ist; eine Heidelandschaft“. Diese Art von Ökosystem ist besonders auf den britischen Inseln verbreitet, von den schottischen Highlands bis Mittelwales, von Yorkshire bis Cornwall. Für viele britische Bürger war ein Spaziergang in den Mooren die erste Möglichkeit, der Hektik des Hauses oder der Stadt zu entfliehen und einfach in der Natur zu sein und nachzudenken.

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Die Erscheinung der Mrs. Veal: Die erste Geistergeschichte

The Apparition of Mrs. Veal, veröffentlicht im Jahr 1706, ist eine der frühesten in englischer Sprache gedruckten Geistergeschichten. Geister gab es natürlich schon vorher in der englischen Literatur – man denke nur an den Geist von Hamlets Vater bei Shakespeare -, aber dies ist etwas anderes: ein Aufsatz, der vorgibt, die wahre Geschichte eines geisterhaften Besuchs bei einer realen Person zu sein. Wie soll man ihn einordnen? Handelt es sich um ein Werk der Fiktion, eine Kurzgeschichte, die dem Leser den Nervenkitzel verschaffen soll, für eine Minute an die Möglichkeit einer übernatürlichen Welt jenseits der Welt, die wir sehen können, zu glauben? Oder handelt es sich um ein Werk, das besser als Journalismus einzustufen ist, als aufrichtiger Bericht über ein Ereignis, das der Autor für wahr hält? Es ist schwer zu sagen; ein Teil der Kraft der Geschichte liegt darin, dass sie zwischen Fiktion und Wahrheit, dokumentarischer Realität und beunruhigenderen Möglichkeiten zu schweben scheint. Ein weiteres Rätsel dieser Geschichte ist die Identität ihres Autors.

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