Kategorie: Poeme

weder kann ich dem begriff „gedicht“, noch der „lyrik“ etwas abgewinnen. das „poem“ ist internationaler ausgerichtet und definitiver, außerdem ist es ein fundamentaler begriff.

Kostüm der Felsformation

Die fürchterliche Trauer über ein vergangenes
Tonikum erstrahlt so viele Schritte weit im Westen;
die Fesseln tragen die Schuld an der vorübergehenden
Bewegungslosigkeit, die so gar nicht beabsichtigt war.
Jemand nennt das Spektakel beim Namen, weiß
aber den genauen Wortlaut nicht mehr, so dass sich
ein zufälliger Reim ergibt, der alles geändert hätte,
befänden wir uns auch nur ein Stäubchen weiter links.

Am Kostüm der Felsformation ändert sich nichts. Die
Mineralien treiben nahtlos wie am ersten Tag, und nur die
Höhlen, die wir im Dunst nicht erkennen, haben die
Kommunikation bereits eingestellt. Es wäre zumindest denkbar,
einen weiteren Schritt zu tun, ohne Schirm, ohne Schranken.
Ich sehe den Schlund noch vor mir, aber bäte man mich
um eine zuverlässige Beschreibung, würde ich lügen.
An diese sonderbare Aussicht wird man sich gewöhnen müssen.

NachtSichtGerät

ich könnte einen gebrauchen, der
jetzt
die Strippe zieht
verschwunden ist dann das
und auch das
Sondermodelle ginge vorbei
ginge ganz einfach vorbei
Nacht.Sicht.Gerät.

: so was von der Welt erfahren
so was von ihr hören müssen,
also dass die da draußen blödsinnig sind
weiß man ja
dass die hier einfach auf dem Planeten
damit können Sie abgelegt wurden
einen Tag erleben (mal schau‘n was aus Ihnen wird) Als Köche
wie er verkleidete Polizisten
wirklich ist und die fickten dann sagen wir mal
die Viecher, die da rumstreunten
der Mensch sage ich ist aus Sodomie geworden

der Mensch sage ich

Chimären
Chimären

Michael Perkampus ist ein Schriftsteller und Übersetzer aus dem Fichtelgebirge. Seine verdichtete Sprache (die sich nur manchmal öffnet), ist im Literaturbetrieb (von dem er sich fern hält) einzigartig. In diesem Podcast hören wir Texte aus verschiedenen Schaffensperioden.

Episode 13: NachtSichtGerät
byMichael Perkampus

Aus der Sammlung „GrammaTau“.

Aus der Sammlung „GrammaTau“. Dieses Poem war eines der ersten, das ich (nach den drei Alben „Ouroboros Stratum“, „Timber“ und „Die Gilde der pechschwarzen Liebe“ in ein Ars-Acoustica-Stück verwandelte.

Pastos von der Nachbarin

Vielleicht schafft einer ein Gedicht
in einem Jahr, schreibt es so nieder,
wie er sitzt, und hat dann Worte gemacht,

über die er nachdenken muss, früh und spät
(nur mittags ruht er sich aus),
nach zwei Wochen hat er bereits ein Wort verändert,

nichts, von dem er weiß, vielleicht
ist er nicht verantwortlich für sein Gedicht,
vielleicht sind seine Spuren nicht so wichtig,

seine Gestalten im Laternenlicht,
zum Gruß erhob’ne Hand, die Mittelstreifen
existieren noch, die Häuserschluchten,

die ihn verlachen, weil er
Buchstaben ohne Statik bildet,
wenn er zur U-Bahn wechselt,

die Straße unterquert, alle Warnungen
im Schutt der Stadt entdeckt, wie sie
Karten spielen, sich wie kleine Köter balgen,

wenn einer auftaucht, den sie vorher noch
nie geseh’n. Am Abend berichtigt er das Wort,
um am nächsten Tag jene Dinge vorzufinden,

die er zum Leben benötigt, als da wären :
zwei Koteletts vom selben Schwein wie immer
und eine Kaffeepflanze, die ihren Samen Namen gibt,

so dass er sich über ein entgangenes Zwiegespräch
nur dann ärgern muss, wenn seine Nachbarin
klingelt, um ihr Porzellangeschirr

für einen langen Nachmittag abzugeben.
Nie kommt sie über die Schwelle, sagt nur :
„Sie haben nicht vergessen, Ihr Wort zu ändern“,

während er bereits den Kopf schüttelt.
Sie überwacht ihn, weiß, wann er eine
schwache Minute aus dem Schrank holt,

aber mit ihrem Nachschlüssel gelangt sie nur
bis zur Miniatur einer Toilette in Antwerpen,
was sie ängstigt. Was wäre denn, wenn er das schriebe?

Ihren Kopf ist sie ohnehin bereits los,
aber sie würde gerne ihre Hände behalten,
um ihm weiter das Geschirr zu bringen.

Was wüsste sie sonst von der Welt – allein
und ohne Türspion? Gedichte sind nun genau jene
Partikel, aus denen sich die Welt zusammensetzt.

Chimären
Chimären

Michael Perkampus ist ein Schriftsteller und Übersetzer aus dem Fichtelgebirge. Seine verdichtete Sprache (die sich nur manchmal öffnet), ist im Literaturbetrieb (von dem er sich fern hält) einzigartig. In diesem Podcast hören wir Texte aus verschiedenen Schaffensperioden.

Episode 08: Pastos von der Nachbarin
byMichael Perkampus

Dieses Poem aus der SammlungGrammaTau ist ein Vorläufer des Erzählfragments „Der Geschirrbeobachter“.

Dieses Poem aus der Sammlung GrammaTau ist ein Vorläufer des Erzählfragments „Der Geschirrbeobachter“.



		

Retoilette

Er schreitet über die Wolken als wären sie aus Luft
(was sie auch sind)

Das Jetzt wird lange her sein
wenn ich beginne zu sprechen
von Dingen die waren Dingen
die nie sein werden aber im
Moment festgehalten werden von
den Gedanken den schönen wie
den lästigen sich wiegend wie
grüne Zweige entdeckt schon
von Vögeln und ihrem richtungsweisenden Flug

Er bevorzugte Inselromane, irgendwas Düsteres
in der Einsamkeit
(als ein Gedicht aufschnappte
zerrte er es mit seinem
Ledergürtel wieder fest)

Worauf du achten wirst

I,

Wenn wir wirklich sehr vorsichtig sind mit
Der Wahrheit, dürfen wir unsere Laster behalten,
Zumindest behaupten das die alten Bücher,

Die hinter der Kommode in der Küche
Deiner Mutter sitzen, ihre Flügel strecken, flattern.
Aufmerksam wurde ich durch ein knarzendes

Dielenbrett. Worauf spielt es an? Im
Universum geht Energie nur dann verloren,
Wenn wir nicht mehr sind.

II,

Der gespannte Gummi wäre lieber die Saite
Einer Konzertguitarre, erträgt das Spiel
Der hüpfenden Beine jedoch klaglos, denn

In der Vergangenheit gab es einige Vorkommnisse,
Von denen die Mädchen wussten. Wer in einem
Solchen Ausmaß Bescheid weiß, ist längst

Kein Gegner mehr, sondern jemand, der
Die weite Reise tun muss, und ahnt,
Dass er selbst viele künstliche Stoffe enthält.

III,

Ich springe nicht gern in dieses Wasser hinein,
Das vor Entengrütze steht; verloren
Geglaubt das Schmuckstück, eine Vermutung nur.

Könnte man hineinsehen, hätte man
Überhaupt Augen, um Vergessenes zu betrachten,
Stünde ich nicht hier im Regen, um darauf

Zu warten, bis das Geschmeide mir
Auf den Kopf fällt. Jetzt reichst du mir
Meine Badehose und sagst, es wäre besser so.