Nur nicht drängeln: You are next

You’re Next kann durchaus auch mal Gutes bedeuten. Macht’s aber oft nicht. Hier sowieso nicht. Normal. Wir wissen schließlich, wo wir uns befinden. Aktuell und generell im bösen Land. You’re Next ist ergo eine definitiv Furcht einflößende Aussage. Keine Chance, zu kneifen. Sich klammheimlich zu verdrücken. Augen zuzukneifen, Sonne brav kitzeln zu lassen und im Himmelbett aufzuwachen. Läuft so nicht, Freunde. You’re Next heißt bestenfalls, sich zu ducken, sonst ist der Kopf ab. Schlimmstenfalls bleibt keine Zeit für den fassungslosen Blick, der den letzten großen Schrei verschluckt. Und basta.

Ist schon denkwürdig, dass Adam Wingard’s Slasher von 2013 nach ersten Festivalaufführungen zwei Jahre in der Schublade schlummerte, bevor er in die Kinos kam. Denk- und noch mehr merkwürdig, weil halt Profis darüber entscheiden, welche verlockende Höllenpforte für uns eifrig Suchende denn nun wann und warum geöffnet wird. Mittlerweile durften wir alle den Schockstreifen natürlich längst schon gucken.

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Chucky

Chucky will spielen. Der fiese kleine Kerl hat Übles im Sinn. Wissen wir. Denn Chucky ist berühmt. Weltweit bekannt, bestaunt als Wachsfigur. Irre grinsend neben Dracula und Jigsaw platziert im „Museo de Cera. Exposición Terror“ in Palma de Mallorca. Beglückend auch als Puppe in Originalgröße, mit zernarbtem Gesicht und großem Küchenmesser in der kleinen Hand, empfohlen ab drei Jahren !). Da hüpft frühzeitig das kalte Herz.

Ob es einem nun gefällt oder nicht, dass ein bösartiger Plastikkerl, auch noch so scheinheilig Pumuckel-rothaarig-niedlich, im Horror-Olymp neben wahren Schauerkoryphäen herum turnt, spielt hier keine Rolle. Chucky kann man nicht weg meckern. Der ist da. Klammern wir jetzt einfach mal aus, was und wer Chucky ist, dann wäre er der wahr gewordene Kleinmädchentraum. Eine Puppe, die lebendig wird. Die spricht und läuft. Komplett selbständig. Einfach so, eben deshalb, weil sie es halt kann. Punkt. Hätte ich als Achtjährige großartig gefunden, so eine zu haben. Gruselig finden wir diese Vorstellung erst, wenn irgendwann der Verstand anklopft und uns darauf hinweist, dass so was nicht normal ist. Richtig furchterregend wird es, wenn die Puppe sich bewaffnet und auf Mordtour geht. Exakt das macht Chucky unbekümmert seit 1988. Ende in Aussicht? Mitnichten.

Im Horror-Olymp der Schauerkoryphäen

Chucky
(c) UIP
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Ein Buch und mehr: Alles für Romero

Wir kombinieren, wir sind alte böse Hasen: Schauergeschichten mit Titeln wie Körper und Köpfe, Friss mich, Speisesaal und Die besten Stücke erzählen aller guten Wahrscheinlichkeit nach von untoten Leuten mit eigenwilligem Verhalten und großem Appetit. Kurzum versprechen sie Ordentliches, korrekt krass Durchdachtes, da geschrieben von illustren Autoren aus der totalen Horrorgarde. Von soliden Zombie-Geschichten ist die Rede. Eben. Kleine Kostproben zweier Meister:

Als er älter war, verfrachtete Pop ihn nach Galveston zu den Nutten oder zum Strand, wo sie Schießübungen auf all die hässlichen, entstellten Kreaturen machten, die in der Buch herumschwammen. Manchmal nahm er ihn auch mit nach Oklahoma zur Zombiejagd. Es schien dem alten Knacker gut zu tun, den Toten mit dem Stemmeisen den Schädel einzuschlagen, damit sie ein für allemal tot waren. Und es war auch aufregend, denn wenn einer dieser Toten einen biss, war man dran.

(Jenseits der Cadillac-Wüste, Joe R. Landsdale)

Er stieß grunzende Laute aus. Sein fleischloser Mund öffnete sich, und die Zähne klappten aufeinander. Er war hungrig…aber diesmal nicht auf Hühnersuppe mit Nudeln, nicht mal die aus der Dose würden ihn heute zufriedenstellen.

Hinter den grauen, muschelüberwucherten Höhlen baumelte graues Zeug herum, und ihr wurde klar, dass sie da Überreste von Jacks Gehirn vor sich hatte. Sie saß immer noch erstarrt da, als er aufstand und mit ausgestreckten Fingern auf sie zukam. Er hinterließ schwarze Tangspuren auf dem Teppich, stank nach Salz und Tauen.

(Hausentbindung, Stephen King)

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Hier spricht Edgar Wallace!

Edgar Wallace-Filme waren echte Leinwandmagneten. Dafür standen die Leute in den 1960er Jahren vor den Kinokassen Schlange. Dann wurden sie zu Straßenfegern. Ein Phänomen älterer Fernsehgeschichte. Die Wallace-Krimis trommelten in den 1970er Jahren mit ihren reißerischen Titeln wie Der schwarze Abt, Der Bucklige von Soho oder Der Mönch mit der Peitsche landesweit ganze Familien und Nachbarschaften vor den Bildschirm. Einmalig war das. Los geht es (meistens!) mit einem Mord.

Edgar Wallace Schrift
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We are what we are: Menschenfleischfresser

Der Tisch ist festlich gedeckt, die Familie, ordentlich frisiert und gekleidet, versammelt sich, betet gemeinsam. Kerzen brennen, in der Terrine dampft es, Brot wird gereicht, die älteste Tochter greift schweigend nach dem Schöpflöffel und verteilt bräunliche, dickflüssige Suppe auf den Tellern. Es wird gegessen. Stille im Raum. Fleischgeruch in der Luft. Ekel im Kopf.

Die Leute verzehren soeben die in feinste Bröckchen zerlegte Leiche einer aus dem Ort entführten Frau. Die zuvor im Schuppen angekettet war, um sie zur Feier des ersten Tages nach Beendigung einer familiären Fastenzeit zu erschlagen, zu schlachten, auszunehmen, zu zerschneiden, portionieren, anzurichten und zu verspeisen. Zu kauen. Schlucken. Zu fressen eben.

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Eine Geschichte: Quasimodo und die Monsterbraut

In diesen gewissen Momenten, die dem Gewesenen gehören müssen, stöbere ich auf dem Dachboden der Traumfabrik. Unter den dicken Staubschichten, hinter den von eisgrauen Spinnen mit magischer Sorgfalt gewobenen Netzen befinden sich manchmal unerwartete Kostbarkeiten. Geschichten, die besonders sind.  

Von einigen weiß ich, andere erahne ich. Manche sind noch unentdeckt. Von mir. Und  bleiben ein seltsamer Spuk, mal schaurig, mal schön, romantisch oder grausam, lustig oder traurig, wahr, gelogen oder gut erdacht. Manche finde ich, um sie erzählen zu können. Wie diese  Liebesgeschichte. Im  klassischen Sinn ist sie wohl keine. Vielleicht aber doch.

Auf jeden Fall ist sie außerordentlich. Als Regisseur würde ich sie gern verfilmen. Mit Naomi Watts und Brandon Fraser in den Hauptrollen. Das wäre passend. Irgendwie.

Alte Namen, vom Wind gehaucht

Elsa Lanchester
Elsa Lanchester

Die Geschichte handelt von einer weltberühmten Monsterbraut und einem ebenso berühmten buckligen Glöckner. Elsa Lanchester und Charles Laughton im echten Leben. Schauspieler. Sehr wohl Legenden als solche. Kinder der vorletzten Jahrhundertwende. Tiefstes Hollywood-Gestern.  Alte Namen, wie in morsches Holz geritzt. Vom Wind ehrfurchtsvoll gehaucht. Nie gehört? Sei es darum. Wir kennen die Bilder.

Sie, die weibliche Kreatur, 1935 für das ganz große Kino erschaffen: Silberne, zackige Strähnen in den dichten schwarzen, steif nach hinten frisierten Locken, herzförmiges weißes Gesicht, wie eigens kreiert für die spätere Popkultur, roboterartige Bewegungen, auffällig dunkel geschminkter Kussmund, die großen Puppenaugen, so entsetzt im Angesicht ihres Bräutigams. Frankenstein’s Monster.

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Kompromisslos unselig

Selig die Unwissenden. Oder kompromisslos unselig. Das käme wohl auf die Perspektive an. Manchmal komm ich mir so verflucht scheinheilig vor. Ich schreibe, spüre, sehe Horror. Ich denke ihn. Und liebe ihn, weil ich ihn schmecken und fressen und ohne Magenschmerzen wieder ausspucken kann. Er fügt mir, dir, euch keinen Schaden zu, er unterhält. Hält Luft an. Lockt. Lauert. Lacht. Schreit. Schweigt. Inspiriert. Vielleicht auch das, es bleibt im Kopf und auf dem Papier. Soweit ist das gut. Es ist richtig. Was ich nicht und niemals mache: Horror zu atmen und zu leben. Er ist furchtbar. Ich wäre furchtbar. Viel zu human. Viel zu böse.

Die Menschen müssen begreifen, dass sie das gefährlichste Ungeziefer sind, das je die Erde bevölkert hat.“ (Friedrich Hundertwasser)

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