James Dean war, ist ein Phänomen. Ein Jahrhundertseufzer. Der Jahrhundertrotz. Ein Bildhauer, der seine eigene Statue geschaffen hat, ohne sie jemals ausstellen zu wollen, um sie begaffen zu lassen. Aber die ganze Welt hat sie gesehen. Und hat entschieden, dass sie hier und dort und überall stehen bleibt wie ein Berg, der tausend Jahre steht und weitere tausend stehen wird. Einmalig. Unveränderbar. Auf ewig der gleiche Berg.
Elvis Presley, selbst ein Gott auf Erden, vergötterte ihn. Die Luft, die geatmet wird in Denn sie wissen nicht, was sie tun, war auch seine Luft. Jim Stark der tote Bruder. Vielleicht. James Dean die Seele, der Schrei, die Wut, die Sehnsucht einer ganzen Generation. Unvergleich. Never again.
Während wir alle auf den Abschluss der sensationellen Spider-Man-Trilogie „Into the Spider-Verse“ warten, sollten wir noch einmal kurz auf den ersten Teil zurückblicken. Jeder kennt die hyperkinetischen Actionsequenzen, das unbekannte Kind im Spider-Man-Kostüm. Und diese Farben. Wenn ein leicht abgedrehter Animationsfilm über eine der erfolgreichsten Superhelden-Ikonen aller Zeiten alles wäre, wäre er immer noch einen Blick wert. Aber Spider-Man: A New Universe (so der deutsche Titel) ist viel mehr als das. Miles Morales ist ein Teenager aus Brooklyn, der versucht, in der Highschool, auf die er geschickt wurde, zurechtzukommen. Sein Vater ist Polizist bei der NYPD, seine Mutter Krankenschwester. Er hat viele Freunde. Er hat einen Onkel, zu dem er aufschaut, der aber auch ein Geheimnis verbirgt. Und dann wird Miles von einer genetisch veränderten Spinne gebissen, sieht etwas, das er nicht sehen sollte, trifft einen legendären Helden (und mehrere Spider-Versionen aus alternativen Realitäten) und lernt, selbst einer von ihnen zu sein. Wenn das nach einem einfachen Superheldenfilm klingt, keine Sorge, denn das Drehbuch von Phil Lord und Rodney Rothman ist so verspielt und die Animation so einfallsreich, dass keine Langeweile aufkommt.
In diesen gewissen Momenten, die dem Gewesenen gehören müssen, stöbere ich auf dem Dachboden der Traumfabrik. Unter den dicken Staubschichten, hinter den von eisgrauen Spinnen mit magischer Sorgfalt gewobenen Netzen befinden sich manchmal unerwartete Kostbarkeiten. Geschichten, die besonders sind.
Von einigen weiß ich, andere erahne ich. Manche sind noch unentdeckt. Von mir. Und bleiben ein seltsamer Spuk, mal schaurig, mal schön, romantisch oder grausam, lustig oder traurig, wahr, gelogen oder gut erdacht. Manche finde ich, um sie erzählen zu können. Wie diese Liebesgeschichte. Im klassischen Sinn ist sie wohl keine. Vielleicht aber doch.
Auf jeden Fall ist sie außerordentlich. Als Regisseur würde ich sie gern verfilmen. Mit Naomi Watts und Brandon Fraser in den Hauptrollen. Das wäre passend. Irgendwie.
Alte Namen, vom Wind gehaucht
Elsa Lanchester
Die Geschichte handelt von einer weltberühmten Monsterbraut und einem ebenso berühmten buckligen Glöckner. Elsa Lanchester und Charles Laughton im echten Leben. Schauspieler. Sehr wohl Legenden als solche. Kinder der vorletzten Jahrhundertwende. Tiefstes Hollywood-Gestern. Alte Namen, wie in morsches Holz geritzt. Vom Wind ehrfurchtsvoll gehaucht. Nie gehört? Sei es darum. Wir kennen die Bilder.
Sie, die weibliche Kreatur, 1935 für das ganz große Kino erschaffen: Silberne, zackige Strähnen in den dichten schwarzen, steif nach hinten frisierten Locken, herzförmiges weißes Gesicht, wie eigens kreiert für die spätere Popkultur, roboterartige Bewegungen, auffällig dunkel geschminkter Kussmund, die großen Puppenaugen, so entsetzt im Angesicht ihres Bräutigams. Frankenstein’s Monster.
Astrid Lindgren ist zweifellos eine der größten Kinderbuchautorinnen aller Zeiten und nach ihrem Tod Opfer einer neuen Sprachmoral geworden. Aber darum soll es heute nicht gehen.
Sprechen wir lieber über eine ihrer Hauptfiguren, die vielleicht nicht so populär ist wie Pippi Langstrumpf, aber nicht weniger geheimnisvoll: Karlsson. Dabei handelt es sich um eine Trilogie von Kinderbüchern der schwedischen Autorin Astrid Lindgren. (Karlsson auf dem Dach, Karlsson fliegt wieder und Der beste Karlsson der Welt), deren Hauptfigur „Lillebror“ ist, das jüngste von drei Kindern einer ganz normalen Familie, die in einer Wohnung in Stockholm lebt. Seine Familie wird immer wieder als völlig gewöhnlich beschrieben – Mutter und Vater arbeiten beide, die große Schwester Betty ist in alle Klischees der Pubertät verstrickt, der große Bruder Birger spielt Gitarre und ist schlecht in der Schule, und Lillebror, der ein paar Jahre jünger ist als seine Geschwister, verbringt viel Zeit allein… zumindest bis er eines Tages einen ganz besonderen Freund findet: den titelgebenden Karlsson auf dem Dach.
Pan Tau war der nette Mann, der tänzelte, lächelte, zauberte und nicht sprach. Pan Tau war gestern. Wie der Bleistift für den Bandsalat im Kassettenrecorder. Wie Harolds Liebe zu Maude, Flokatis, Hot Pants, Mama Loo, Waterloo und mindestens zwei Kaugummiautomaten auf dem Schulweg. Pan Tau trug Melone zum Stresemann-Anzug, Stockschirm und Nelke im Knopfloch. Er hat sich in unseren Poesiealben eingetragen, das wissen wir noch genau, aber wir blättern das vergilbte Papier durch und finden ihn so recht nicht mehr.
Schauergenie Wes Craven verkündete der Gemeinde: „Als Horrorfilm-Macher sage ich: Ich werde euch die absolute Wahrheit zeigen, und sie ist blutig und scheußlich und gefährlich.“
Und genau nach der, so wusste die Regie-Legende, fiebert die hungrige Meute.
„Blut. Es ist immer Blut. Da schreien die Leute.“
Wes Craven
Folgerichtig wurde bei ihm zerhackt, zerlegt, zerfetzt, zerschlitzt, gepeinigt, gefoltert und gefressen, im Regelfall immer hübsch blutig. Reines hohles Gemetzel freilich war das nie, die Story ist vorhanden, es wird (auch) erzählt. Und: Der Großmeister finsterer Absichten, der privat keine Horrorfilme mochte (er ängstigte sich), konnte auch durchaus leisere Töne anschlagen. Craven, der vor seinem Sprung ins Haifischbecken Hollywood als Dozent für Philosophie und „Writing“ an der Clarkson University in Potsdam, New York, die Brötchen verdient hatte, drehte 1999 mit der begnadeten Meryl Streep das Melodram „Music of the Heart“. Einfühlsam. Schön. Die Streep wurde für den Oscar und den Golden Globe nomiert. Craven war völlig zu Recht stolz auf seine Arbeit der etwas anderen Art, – Scream 2, ein starkes Genrestück, war zwei Jahre zuvor erschienen -, seine gewaltige Fan-Schar freilich bangte etwas, einige befürchteten Schlimmstes: Dass ein Horror-Maestro sein Gelübde ad acta legen könnte, um fortan mehr an die Psyche und weniger an unappetitlich Eingemachtes zu gehen.
Comics sind seit dem letzten Jahrhundert ein beliebtes fiktionales Medium, und die Erfindung von Superman wird oft als Grundstein der Branche angesehen. Doch bevor der Mann aus Stahl sein Debüt feierte, gab es einen anderen Comicartigen Helden, der das Genre anführte: Doc Savage aus den Pulp-Magazinen. Pulp-Magazine waren in den 1930er Jahren die beliebteste Form der gedruckten sequentiellen Kunstgeschichte, bevor Marvel und DC das Medium dominierten.