Vor uns der Kickertisch

hinten im Eck beim Kickertisch –

1 Spiel in der Spiel=Lunke, rotierende Stangen mit ›Manneken Pis‹ hinter dem Kachelofen, Geruch nach friedlich ausgelaufenem Bier, schlecht weggelappt, das Licht im Spiegel oder im Fensterglas humpelt, die Wirtin Erna uns zu Diensten, stapft uns Geld zu wechseln, humpelt uns Flasche um Flasche in den Nebenraum (Schaumbart x Schaumbart : laut juveniles Gedorf); pengt der Ball an die Kant Kantaten Kanten. Jetzt tickt die Tür, geht auf und es läuten alle Korken, jetzt sitzen wir bey Tisch, jetzt jetzt und sprechen : nichts Gehörtes. Im Erdenwall dort nebenan, dem Graben, den wir schufen (Nacht für Nacht) mit Spaten Schaufeln Kufen. Erdschlitten & der Ostermann (fanden die Leiche einer Kickermaschine neben 1 leeren Haus, neben puzzelierten Scheiben). Sekunden triefen von den Bäumen, aber wo sie auf die Erde fallen –

1 trübes Bild : Stangen & Federn, 1 zugehäuftes Äschchen, 1 Münz­ monument, zwölf Bälle (für jeden Mond) : Halb=Ball, Voll=Ball, Neu=Ball, gingen wieder rein, verplemperten die Zeit der Wirtin im Keller, die 1 Fass zapft, wir in der Stube Fußzapfen sammelten, Fußzapfen vorzeigten und aus der Flasche tranken, auf gespannt die Gesichter an den Scheiben, die wir mieden / rieben (die es in den Träumen trieben mit Spucke als Ersatz), festgepinnt am Schaukelpferdchen, hübsch und vor=zurück verschwammen. Mal Mond mal nicht mal Mond mal Licht mal völlig ist die Dunkelheit. Wirtin piepst aus einem Wangenloch, schlägt den Schaum mit einem Schläger westwärts wo schon Kacheln quadern, Netz um Netz sich dadurch spinnt, dass sie nie trifft den Siphon. Eines Tages war der Kickertisch verschwunden–

Gelächter hinter den Schächten

Dort flattern Engel aufgeregt ums Licht, stürzen mit versengten Flügeln in den Urgrund (Bäche Flüsse), bleiben zuckend liegen, schreien den Menschen um Hilfe an.

Wir sind von der Schlange unterbrochen worden; weißt du es noch, mein Ebenstern, mein simmerndes, einsames Lied, das ich dir von den Lippen stahl? Flogen oft hinunter zum Urgrund, der ätherischen Kraft entlang, Kundalini-Schübe zitterten mit uns, für andere war es nur ein Tanz. Wir kannten kein Ich, all unsere Instinkte markierten den Weg zur ungelenkten, chaotischen Kraft, getrennt durch flächige Membrane, silberschön. So atmeten wir die letzten Tabus, kannten kein Wesen, das uns an Kraft überlegen gewesen wäre, doch erobern wollten wir nur die Entdeckungen in uns, fanden wir dort doch die Welt in ihrem Keim, feindispers in einer fluiden Phase. In der Morgendämmerung des menschlichen Weltgefühls driftet, von Goldschatten eingekreist, der Drachenwurm in seiner perfekten Kreisform durch Himmel und Erde vor ihrer Trennung, ‚flos sapientum‘ auf dem unendlich ausgebreiteten Rücken, schön wie ein Diamant, der in seine Einzelteile zerfällt, Geburts- und Zeugungsakt in einem. Wir, der wir der große Er/Sie sind, vereinigen uns mit unserem eigenen Schatten, kriechen aus unseren eigenen Höhlen und brüten aus Götter.

Schatten warfen sich neben sie, Kleinvieh flüchtete, den Berg, der zum Propheten kommt, ignorant auf sie herab scheinen sehend. Hand an Hand klebend warfen sie einen Blick nach oben zur Fassade, die sehr schön war, beinahe so schön wie ihre ineinander verschränkten Hände.

Die Stadt blinkt, Spielhölle, die sie ist; der menschgeschaffene Urwald blökt seine künstlichen Töne, Paarungsrufe oder Warnungen, unter das Dach der Smokglocke. Der Wind täuscht, es ist nicht frisch – bringt Erzählungen, die auf der Brise reiten, von Geschehnissen, diesem flüchtigen Gas. Von Lebensfetzen angestoßen wird er sich in einen Orkan verwandeln, der die Zwillingserde erreicht. Morgen vielleicht.
Ach, wenn ich Tal wäre, auch mal Berg (und Sonnenschein), eine Lache Regenfläche, Pferdehälfte (gut abgehangen)! So ein Wunsch nach Ornamenten, kyrillischer Weberei; an den Borden entlang holpern, ganz der Teppich, der sich unter Sohlen schmiegt (die auch auf glühenden Kohlen gehen könnten).

Das Unendlichkeitsprinzip

Mallarmé hat das Lesen immer wieder in ganz prägnanter Weise zum Thema gemacht. Er hat für die Poesie demonstrativ ein Geheimnis reklamiert und ihre Rezeption einer Extensivierung und Beschleunigung der Lektüre gegenübergestellt. Mallarmé kämpfte als Dichter auf verlorenem Posten um Resonanz bei einem bürgerlichen Publikum, das er bereits zu einem großen Teil an die Massenpresse und die wohlfeile Feuilletonliteratur verloren hatte. Er wies darauf hin, dass die Zweckorientiertheit eine ganz spezifische Lesehaltung einübe: die Sprache wird nur mehr als Instrument wahrgenommen und die Texte auf ihren Informationsgehalt reduziert. Dadurch würden Lesetechniken und Lesehaltungen verdrängt, die poetische Texte eigentlich fordern: ein Lesen, das den Zeitaufwand der Lektüre und ihren Nutzwert nicht gegeneinander aufrechnet, das das Geschriebene nicht auf einen konkreten Sinn hin festzunageln sucht und das einen gewissen Respekt der Sprache und dem eigenwilligen oder abseitigen sprachlichen Ausdruck gegenüber voraussetzt. Wer die Poesie liebt, könnte man folgern, hat Zeit.

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Im dunklen Trüb

Früher eine Schänke, Quellen aus Mondlicht, ein Splitter der Ver­ gangenheit. Hier wurde weder Licht noch die Luft selbst gelüftet, die Gäste sprachen Double Dutch, flüsterten laut, hatten sich nichts zu sagen und sagten sich nichts zum tausendsten Mal. Das Strand­ gut eines Sommerplatzes: den Elenden gab man gastfrei. Sie stand in der Ecke und sah mich früher als ich sie, stand in meinem Rücken, die­ ser weiten Fläche, ein Fächer für Blicke, weder die Kleidung, die man trägt, noch die Haut widersteht dem Stechen eines in Gedanken arrangierten Blickes. Sie stand da und stand verborgen, karge Mauern hüllten sie ein, Gedanken ohne Gestalt, ohne ein Wort, ein Bild. In der Mitte flackerte ein entsetzlich fun­zeliges Licht, das sich für eine Sonne hielt. Im Keller siechte das Wasser eines Brun­nens, darin keimte die Erinnerung wie in einem Aquarium Escheri­cha Coli, geisterhaft tauchte aus der Tiefe all das empor, was man längst kannte: sich selbst zu fassen bekam man sich nicht.

Muttermörder

Sie sagt »Ba!«, spricht, mehr mit Händen, die Matte in der Ecke an, hebt das Fleischgewitter unzart in den Horizont, ich folge mit den Augen. »Ba!« schalmeits, das Urweib urlautet festgestampft auf dampfem Boden (Käulen statt Schmuck), sie steht da und sagt »Ba!« wie ein Kind, das zum ersten Mal die Zunge lippt, das erste Wort des homo gartenbauikus, zeigt auf ihr Lager wie : Dein Weigern ist dein Tod.
Im Dorf : Muttermörder ohne Anrecht auf Bestattung und Wiedergeburt in einen Sack gesteckt in den Fluß geworfen, auch sah ich Männer, deren Bauch aufgeschlitzt, ihr Gedärm die Wunde eines Baumes bedecken, den sie widerrechtlich fällen wollten, an dessen Stamm festgebunden, bis sie ihr Leben aushauchten, ich ein Mann in einer Gynaikokratie, nicht um zu zeugen war ich ausersehen, sondern zur Befriedigung der weiblichen Lust, die Weiber zeugten und gebaren aus sich selbst, die Idee der Befruchtung war ihnen fremd, zögernd bewege ich mich hin, wo sie mich haben will und dort schlägt sie mich nieder mithilfe der z(h)ornigen Schwielen ihrer Hand, grätscht sich taillen und teilnahmslos über den Gefällten, den Regen beginnend, der aus dem Urwald ihrer Möse schüttet, so erbärmlich der Gestank der wilden Jauche, dass mich Übelkeit umfängt, schnuppernd fällt sie sich auf die Knie, die Nüstern ein saugendes Organ, die rauhblaue Zunge leckt mich in eine empfindungslose Bereitschaft, Tollwut wuchtet sich auf mich und reitet ein Ackerpferd, ganz Veilchen und rot der Beckenschlag, ich lebte von Bett zu Bett in einer Zeit des Schlafes, der unteilbaren Begierde, der Lust Wünsche Vorhaben Illusionen, sie nahmen mich ja mit, als gälte es, Früchte zu pflücken, die Phantastereien purzelten wie ein sich entleerender Pilzekorb aus meiner Mundschlagader, fremdsternig, hier nicht zu Hause, frei, in meinem überwältigenden Bedürfnis nach dem Ander=Part entdeckte ich Urtum, nichts mit Verstand, und sie bewegt sich doch, soviel kann ich dir ja schon Mal sagen, oder anders. Wie ich meine Tage verbringe … lesend, an die Blätter gefesselt, jede Störung ist ein Schmerz in meiner Brust, der Wut entfacht und Abscheu.

Nimrod

Nichts ist mir zu heiß in diesem Land des Nimrod, nichts ist mir die Sonne, der Sand, vor allem aber die Sonne, die wankt, den ganzen Tag wankt, die mich anglüht. Eile Du nur vorwärts! eile zu den Gärten, erblicke die große nichtssagende Schönheit, die alles enthält: das Ganze und dich; jede Blume, auch dich!
Unter der Zunge schwärt die Lüge, die große große Saat. Ich möchte mich niedersetzen auf den Sternenstein, sinnieren mit keimenden Trollblumen, über die Nebel hinweg schauen. Ich möchte an der Hitze erfrieren; die weiße Erde erstarrt.
Was willst du dich beklagen, dass du lebst, wenn du lebst und alles andere stirbt. So weit der Weg nach Mitternacht, der schwarzen Frucht der Finsternis. Dein Herz klopft dort noch leise weiter, wird gehört von Tausenden, die wie Du am Kragen schlottern.
Nichts ist mir dunkel wie die Stunde, die ich nicht verlassen kann. Wenn sie endet, ende ich.
»Will jemand mit mir speisen?«, fragte Nimrod dort am ersten Stein, der lag, wo sich dann Babylon erhob. Nie sagte jemand Nein zu Datteln, nicht zu Wein. Jeder dachte an die große Geschichte, die noch zu schreiben war.

Titanomachia

Alle Mütter stehen Spalier, senden ihre Töchter aus, ihre Hände wedeln dich nach unten, zart wie Tulpenpastellblüten. Halten werden sie dich nicht, aber mildern den Sturz, Titanomachia.
Das Thema ist natürlich die Zeit, es gibt kein anderes. Sie steckt tief in Adams Splancha. Der stellt sich vor, wie es wohl wäre, wirklich in einen anderen Körper einzudringen, so wie er in das Schloss gedrungen ist, in das Zeitloch, das 2007 von der High Active Auroral Frequency (HAARP) in Ramfjorden generiert wurde, das über einem zusammenschwappt wie die Fänge der Dionaea. Der Same trägt aus, trägt die Laster vorne auf dem Bug. Da sitzt er, begrüßt jeden neuen Morgen mit einem Glückskeks des Zufalls, auf dem steht : »Zeit existiert nur, um zu verhindern, dass alles gleichzeitig geschieht.«
Es gibt nur Irrenhaus oder Tod, schon still, die Sprache nur ein Rudiment dessen, was er sieht. Der Traum switcht nahtlos in den Tag, oft hält er noch für ein paar Minuten die Lampe in der Hand. Der Dschinn könnte ihm sagen, wo er sich befindet, was er getrieben hat im Nachtfrost, im unwegsamen, schwarzen Unterholz, Grashalme im Geäst. Vor anrückender Dunkelheit in die wegrückende Dunkelheit hasten. Kaum reibt er das Messing der Lampe, bemerkt er, dass er sich einen runterholt, aber kein Geist erscheint.

Sieh mich an, Liebste, ich erkenne dich durch den Nebel der Jahrtausende, wenn du dich einmal im Leben einem fremden Manne geben musst, weil die Kodizes davon sprechen, so will die Willkür der Götter, dass ich es bin, sieh mich an, ich werde dir die Münze geben, die du dann der Ischtar weihst, und du bist frei, frei zu gehen und mich erneut zu treffen in den Gassen der Stadt, ich komme mit dir, doch lieben solltest du mich nicht, nimm, was ich dir zu geben vermag, in deine Erinnerung auf, dann suche mich nicht mehr, du würdest nur Unglück finden, ich bin eine Dienerin der Amytis, die als Sprössling des Medischen Herrscherhauses nach Babylon gekommen war und nun so sehr an Heimweh leidet, dass man ihr einen Garten entwarf mit den fremdesten Blumen aus niedergeworfenen Welten, dort gieße ich die Orchidee, die sich in Lust auf den Terrassen windet, dann werde ich dich von hier freien

– Von der Schwarzen Sonne freit man nicht

diese Figuren sind Tänzer im Universum, sie haben keinen Namen, also gebe ich ihnen Namen, da sind sie, auf schwarzen Tablaren wirbelnd, zirkuid artistend, sind voll Raum in den Weiten ihrer Schatten, liebend sind sie die Bewegung, lamentierend, von hier aus beobachte ich mein Schreiben, seismographend, was kommt und rührt mich an

(Sack voll Blut)

in ihm Gedanken, die Seele des Krieges Unruhe ist Frieden