Brouillon

Jazz ist dem Dichter am nächsten

Jazz zu hören ist eine ganz andere Form des Lebens. Seine Geschichte ist ebenso dunkel wie lang. Und auch wenn Puristen die akustischen Traditionen bevorzugen (die es im Jazz tatsächlich nur schwerlich zu finden gibt, weil dessen Form alles destillieren und neu erschaffen kann), fühle ich mich auch in der Fusion-Welt recht wohl. Ich glaube, der Jazz ist jene Musikform, die dem Dichter am nächsten steht. Der Jazz hat es natürlich zu etwas gebracht, die Dichtung eher nicht. Ich bin mir nicht sicher, behaupte aber, dass John Ashbery der letzte war, dem man vertrauen konnte.

Continue Reading…

Brouillon

Hermann Szobel, unbekannt

Andy Edwards erzählte mir von einem österreichischen Musiker namens Hermann Szobel, der 1976 im Alter von 18 Jahren ein einziges Album aufnahm. Beim Einspielen seines zweiten Albums wurde er verrückt und verschwand. Bis heute konnte er nicht aufgefunden werden. Ich habe die Platte gefunden und sie auch sofort im Amerika bestellt. Wenige Exemplare gibt es, aber warum das Album selbst in Jazz-Fusion-Kreisen so unbekannt ist, bleibt ein ebensolches Rätsel wie Hermanns verschwinden.

Brouillon

Portulakröschen

Eine Zeit der Schlaflosigkeit ist mir nicht unbekannt. Auf allen Strecken ging sie mir entgegen und spuckte aus, wenn sie ungesehen um die Ecke bog.

Es kam vor, dass ich sie nicht bemerkte. Doch meistens saß sie bei den anderen, die sich über Alpträume unterhielten. Ich hatte sie gar nicht kommen sehen, in ihrem Schal wirkte sie lächerlich laut. Aber Schall war von ihr nicht zu erwarten, dazu wäre sie auch dann nicht imstande gewesen, wenn auf den Toren die eingehängten Rollen versagt hätten.

Ich sitze wie ein Nachtgeschwader fest in diesen aus Bienenwachs hergestellten Figuren, die alle eine Variation meiner ungeahnten Kräfte zur Schau stellen. Sie bewegen sich wie ein einziger Frosch.

Now spinning: Jean-Luc Ponty – Enigmatic Ocean (1977)

Journal

The Shadow Knows

„Who knows what evil lurks in the hearts of men? The Shadow knows!“ (Wer weiß, welches Böse in den Herzen der Menschen lauert? Der Schatten weiß es!). Dieser Satz, gesprochen von dem Schauspieler Frank Readick, wurden begleitet von einem musikalischen Thema, dem 1872 komponierten Le Rouet d’Omphale von Camille Saint-Saëns.

In unseren Breitengraden spielte The Shadow keine große Rolle, aber in Amerika ist er einer der bekanntesten Pulp-Helden überhaupt.

Meister der Täuschung

Shadow
The Living Shadow„; Cover von The Shadow #1 (April 7, 1931). Gezeichnet von Modest Stein.

The Shadow ist der Batman der Groschenromane, sowie Doc Savage dort der Superman ist. Die Analogie zu Batman ist allein schon deshalb berechtigt, weil viele Shadow-Romane dann später als Vorlage für Batman-Geschichten verwendet wurden. Ganz zu Beginn, im Jahr 1931 war die Figur zunächst nur ein mysteriöser Erzähler, der die Geschichten aus dem Street & Smith’s Detective Story Magazine zum Besten gab, um die Verkaufszahlen des Magazins zu steigern.

Als die Redakteure erfuhren, dass die Leser häufig an den Kiosken nach einem „Shadow-Magazin“ fragten, wussten sie, dass sie schnell handeln mussten. Herausgeber Henry Ralston beauftragte schließlich Walter Gibson mit der Schaffung der Figur.

Continue Reading…

Comics

Das Phantom (Der wandelnde Geist)

Das Phantom

Am 17. Februar 1936 erschien das erste Comicbuch über Das Phantom, in dem zu lesen war, dass der Vorfahre des Helden dieses Kostüm zum ersten Mal im 16. Jahrhundert überstreifte.

Mandrake the Magician
Lee Falks „Mandrake“

Die Figur ist eine Erfindung des Autors Lee Falk, der 1911 in St. Louis/Missourie als Leon Harrison Gross geboren wurde. Während seines Literaturstudiums an der University of Illinois hatte er plötzlich die Idee für ein Comic, in dem der Held das Verbrechen durch Hypnose bekämpft. Dieser hypnotische Held – Mandrake, der Zauberer – wurde als Mandra, der Zauberer recht schlecht ins Deutsche übersetzt. Er debütierte am 11. Juni 1934 und der Autor nannte sich fortan nur noch Lee Falk. Mandrake wurde so erfolgreich, dass der Verlag King Features ihn um eine weitere Figur bat.

Continue Reading…

Bouquinist

Stephen King: The Outsider

Stephen King ist nicht der erste Schriftsteller, der ein Buch Namens „The Outsider“ geschrieben hat. Bevor wir das akzeptieren, müssen wir uns leider wieder einmal über die schlechte Übersetzungsqualität des Heyne-Verlags unterhalten. Es wäre einfach gewesen, den Titel im Original zu belassen, stattdessen zeigt man, dass man mit Sprache nun wirklich nicht mehr umgehen kann. Da wird dann aus „The Outsider“ „Der Outsider“, und jedem Leser, der noch ein bisschen was von Grammatik hält, dreht sich der Magen um. Die Idealform wäre „Der Außenseiter“ oder sogar „Der Fremde“ gewesen. Nun, nicht nur ideal, sondern RICHTIG. Auf die vielen Übersetzungsfehler im Roman gehe ich jetzt gar nicht ein.

Continue Reading…

Brouillon

Popeye (Der Seemann)

Popeye

Popeye, der Seemann hatte seinen Höhenflug in der goldenen Ära der Cartoons in den 30er und 40er Jahren. Während andere Trickfiguren (wie Donald Duck oder Bugs Bunny) sich zwar entwickelten und veränderten, aber ihre Popularität nicht unbedingt einbüßten, verhielt es sich bei Popeye anders. Jüngere Leser (falls es die hier geben sollte) werden die Figur kaum mehr kennen, und wenn, dann nur vom Hörensagen durch ihre Eltern. Alle Versuche, die Figur aufzufrischen, sind gescheitert.

Popeye

Sein Comic-Debüt gab Popeye im Jahre 1929, und wie das so oft der Fall ist, war der Matrose gar nicht als eine Hauptfigur gedacht, sondern eine unter vielen für Elzie Segars Comic-Serie Thimble Theatre (Fingerhut-Theater), die er bereits seit 1919 zeichnete. Dort war Popeye ein einäugiger, deformiert aussehender Matrose mit einer schweren Sprachbehinderung. Die anderen Figuren waren Popeyes große Liebe Olive Oyl, die wie eine Magersüchtige aussah und ein weiterer (viel größerer) Matrosen namens Bluto (später aus rechtlichen Gründen in „Brutus“ geändert). Als Segar diese Figur dann zurückzog, schrieben ihm viele verärgerte Leser und forderten Popeye zurück. Das Ergebnis war, dass Popeye endlich seine Hauptrolle bekam. Es ist später etwas unklar, ob Popeye tatsächlich nur ein Auge hat oder nur schielt (obwohl ihn Bluto in mindestens einem Cartoon als „einäugigen Zwerg“ bezeichnet). Auf den Matrosen verfiel Segar, als zwei andere Figuren seines ursprünglichen Comics – Ham und Castor – beschlossen, auf die Suche nach einer legendären Kreatur namens Whiffle Henn in See zu stechen. Weder Ham noch Castor wussten etwas vom Segeln, also heuerten sie einen Matrosen an, der sie auf ihre Reise mitnahm. Im Strip vom 17. Juni 1929 geht Castor auf einen rauflustigen, einäugigen Mann mit Kapitänsmütze zu und fragt ihn: „Sind Sie ein Matrose?

Continue Reading…

Brouillon

Jede Kleinigkeit

Die Welt fordert diese Distanz sogar. Sie erhebt den Wanderer in den Status des Odysseus. Doch kein rachsüchtiger Gott wartet auf den Meeren, sondern ein Programm. Die Rätsel sind allgegenwärtig und es scheint, als passe ich mich dem völligen Unverständnis endlich an, anstatt so zu tun, als wüsste die Menschheit tatsächlich etwas, und sei es auch noch so banal. Der Vorteil ist der einer völligen Bewusstseinsverschiebung. Mir erscheint jede Kleinigkeit wichtiger als etwas angeblich großes.

Bouquinist

Stephen King: Später

Originalcover von Hard Case Crime
Originalcover von Hard Case Crime

„Später“ ist mittlerweile der dritte Roman, den Stephen King für den Spezial-Verlag Hard Case Crime geschrieben hat. Dieser Verlag lässt den Stil der Pulp-Taschenbücher der 40er und 50er Jahre erneut aufleben und ist im Grunde spezialisiert auf Hardboiled-Krimis, die zu dieser Zeit hoch im Kurs standen, hat sich also zur Aufgabe gemacht, die Lebendigkeit, die Spannung und den Nervenkitzel des goldenen Zeitalters der Taschenbücher wiederzubeleben.

Es versteht sich von selbst, dass die dort erscheinenden Bücher ein phantastisches Coverartwork haben, bei uns ist davon natürlich nichts zu sehen.

Tatsächlich handelt es sich um einen Kriminalroman, aber mit übernatürlichem Einschlag.

Continue Reading…

Bouquinist

Arthur Machen: Der große Gott Pan

Arthur Machen

Arthur Machen veröffentlichte eine erste Version von Der große Gott Pan im Jahre 1890 im Magazin The Whirlwind; später schrieb er die Geschichte um und erweiterte sie, bis sie 1894 dann, zusammen mit der thematisch sehr ähnlich gelagerten Geschichte Das innerste Licht,  als Buch erschien. Es ist eine faszinierende Arbeit, die ihre beängstigende Stimmung hauptsächlich durch indirekte Hinweise speist. Von heute aus gesehen, entdeckt man eine sehr „viktorianische“ Einstellung gegenüber Frauen. Zur Zeit ihres Erscheinens löste die Geschichte durch die angedeutete Sexualität einen regelrechten Skandal aus.

Continue Reading…