Comics

Comics und Philosophie

Comics und Philosophie

Comics offenbaren tiefe Wahrheiten über die menschliche Natur. Durch sie ist einiges über Metaphysik zu lernen und selbstverständlich über Ethik. Eine Sache, die Comics also können, ist, anschauliche Gedankenexperimente aufzustellen. Einige Gedankenexperimente aus philosophischen Texten klingen bereits so, als wären sie direkt aus Comics entsprungen. Rene Descartes stellt sich vor, dass seine Wahrnehmungen von einem bösen Genie kontrolliert werden – eine Prämisse, die auch in der Miracleman-Serie von Alan Moore auftaucht! Donald Davidson stellt sich eine Kreatur namens Swampman vor, die ein Cousin von Moores Swamp Thing sein könnte. (Moores Swamp Thing wird aus einem gewöhnlichen Mann namens Alec Holland erschaffen, als Kräfte eine ungewollte Verwandlung an seinem Körper vornehmen, während Davidsons Swampman eine exakte Kopie von Davidson selbst ist, der entsteht, als ein Blitzschlag die Moleküle eines toten Baumes neu anordnet).

Diese philosophischen Gedankenexperimente mögen weit hergeholt erscheinen, aber sie sollen uns etwas über die reale Welt sagen. Das böse Genie von Descartes soll unser Wissen über alltägliche Wahrheiten in Frage stellen. (Wenn ich nicht mit Sicherheit ausschließen kann, dass ein böses Genie mir vorgaukelt, der Himmel sei blau, obwohl er rot ist, weiß ich dann wirklich, dass der Himmel blau ist?) Und Davidsons Swampman soll uns helfen, über die Natur des Glaubens, des Verlangens und anderer geistiger Zustände nachzudenken. (Kann man ein Verlangen nach Kartoffelchips haben, wenn man noch nie einen Kartoffelchip, eine Kartoffel oder ein physisches Objekt gesehen hat? Davidson meint nein – und kommt zu dem Schluss, dass Swampman überhaupt keine mentalen Zustände hat.) Aber Gedankenexperimente in Comics unterscheiden sich von Gedankenexperimenten in der Philosophie. Sie zielen nicht darauf ab, den Leser von irgendetwas zu überzeugen; stattdessen handelt es sich um anhaltende Phantasieübungen, die sowohl die visuelle Vorstellungskraft als auch die Erzählung mit einbeziehen und die der Leser eher zum Spaß als zum Zweck der Untersuchung betreibt. Diese Besonderheit ist tatsächlich ihre Stärke.

Published by M.E.P.

Warum nicht?

2 comments on “Comics und Philosophie”

  1. Die Swamp-Helden wirken auf mich etwas weit hergeholt. Um tiefgründige Wahrheiten über die menschliche Natur zu vermitteln, hätte ich eher eine Figur wie Hulk gewählt. Besonders eindrücklich ist mir eine Geschichte geblieben, in der Hulk vor der Entscheidung steht, sein Blut an einen Freund mit AIDS zu spenden. Am Ende stirbt der Freund und Hulk bleibt mit quälenden Selbstzweifeln zurück, ob seine Entscheidung die richtige war. (Incredible Hulk #420)

    Hintergrundinfo: Diese Geschichte entstand ursprünglich auf dem Höhepunkt der Aids-Epidemie in den USA in den 1990er Jahren. Sie wurde wahrscheinlich insbesondere von der Geschichte von Ryan White inspiriert, einem Kind, das sich bei einer Bluttransfusion mit dem Virus infiziert hatte. Seine tragische Geschichte war eine von vielen, die den USA vor Augen führten, dass Aids nicht nur die homosexuelle Gemeinschaft betraf (die damals stark stigmatisiert und gesellschaftlich inakzeptabel war), sondern eine Bedrohung für alle darstellte und dass die Übertragung auch auf anderen Wegen erfolgen konnte.

  2. M.E.P. says:

    Sehr guter Zusatz. Bereichert das ganze enorm. Danke!

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