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Schlagwort: Brouillon

Letzte Rede

Es mag vorkommen, dass, was
Wir nüchtern und bloß betrachtet
Einen Schritt nur nach links tut,
Um unseren eigenen Standpunkt
Zu verändern. Das scheint sogar
Die Hauptsache aller Bewegung zu

Sein, die mit dem Auge nicht
Zu erkennen ist. Nehmen wir den
Mikrokosmos an, dort eine Wand,
Daran eine Uhr, die durchaus
Ein Erbstück sein kann – und
Wir werden sehen, wie unter

Schiedlich selbst die Rezepte
Ausgelegt werden, die eine wohlschmeckende
Anleitung auf die Zunge vibrieren.
Gefesselt sind die Zutaten nicht
Immer ernst zu nehmen, auch wenn
Sie beteuern, der Wahrheit

Zu entsprechen. Hast du mir
Das sagen wollen, als du das
Mikrophon verschlucktest? Eine Ab
Zweigung ist nicht das Ende eines kühlen
Tages. Wir legen uns nieder in

Das Gras nieder
Mit den Fußspuren
Konnten wir nichts mehr anfangen. Zu
Viel Verschwommenheit in ihrem Gang.

Konstrukt, Relation

Keiner kann seine eigene Entdeckung gegen eine andere ausspielen, nur der poetische Wert hat hier Gewicht, warum sollte es nicht möglich sein, ein Labyrinth zu formen, wer das Sprache-Sein entschlüsselt, hat den Menschen entschlüsselt, man kann den Zufall nicht darstellen, denn in dem man das anstrebt, hält man bereits willentlich die Nichtdurchführbarkeit des Experiments in der Hand, auch wenn man machen kann, was man will, hat das nicht etwas mit Chaos zu tun, in einem Chaos, in einem Zufall können wir uns gar nicht mehr artikulieren, sämtliche Widersprüche wären dann momentan und unvergänglich, schreibe ich
- Ich gehe und gehe gleichzeitig nicht
entsteht bereits die Poesie der Unauflösbarkeit
(oder in einem Oxymoron)
der Unendlichkeit, nur so gelingt es, dem Irrsinn Ausdruck zu verleihen, Konstrukt, Relation, daran werden wir kaputt gehen
(die Liebe ist ohne Wenn und Aber)
weder ist sie relativ noch statisch, sie ähnelt deshalb der Geisteskrankheit, etwas Unverbindliches will sich verbinden, und scheitert bis in alle Ewigkeit, nur so entsteht Poesie, wenn die Poesie nun das eigentlich Schöne ist
(und damit meine ich nicht ausschließlich die Literatur)
ist sie überall zu finden, und es kommt nicht darauf an, wie sie dargestellt wird
(im Moment stabil)

Die Straße in den Schlund

Bevor ich mich heute niedersetzen konnte, um das Typoskript weiterzutreiben, tingelten wir über den Markt und in die hier durchaus zu findenden skurrilen Läden hinein, die an Nippes überreich, auch ausgesprochene Gourmetesken zu bieten haben. So zu nennen das Spezialhaus für Kaffee – Weber, in dem es galt, mir 100g frischen Guatemala aus dem Sack zu besorgen.

Das Haar ist die Schere

Das Wasser ist der Seelenreiz, sein Fließen ist Gesetz. In den Tümpeln wartet das Wasser darauf, fließen zu können. Wer aber befreit es? Wer aber wäscht sich rein im stehen? Wer aber sieht das Wasser hinunter stürmen durch alle Schichten Gaias – Quarz und Feldspäte, da ich ihm folge wie ein Gedanke nur dem Magnesium folgt, der Aura also des Dings, das sendet, der klare Gedanke ist dann das Ding selbst, und nicht ich denke es sondern wir bedenken uns gegenseitig, der Stein, der mich sieht, das Wasser, das mich fließt, das Barbieren mit der Schere, das Haar ist die Schere

Balzacs Kaffee

„Sie müssen nicht so viel Kaffee trinken, Sie sind doch kein Balzac, der jeden Tag dreißig Tassen trank“, sagte er und ich wunderte mich.

„Sie lesen Balzac?“

„Nein, ich kenne ihn nur vom Hörensagen“, sagte er. „Ist es deshalb? „

Mangel an klarem Weg

Sein Sie mir so gut und rächen mich. Sein Sie mir so gut und führen mich zu Ende. Oder aber, Sie tun so, als hätten Sie mich nicht gekannt. Mein Leben könnte ja entschieden nicht von mir gelebt worden sein. Und das entstandene Vakuum könnte etwas auslösen, das gar nicht absehbar ist, ich als gefallener Baustein des Universums. Und vor allem: wer sind Sie? Nach allen Mustern, die ich mir ansehen konnte, dürfte es Sie noch nicht geben. Gäbe es Sie, würde ich Sie nicht bemerken, noch weniger würde ich aber Ihnen auffallen, zu verwirrend sind meine Spuren. Mangel an klarem Weg.

Das Labyrinth

Das Labyrinth ist ein Zeichen, das viele verschiedene Zeichen in sich birgt. In einer Fülle komplexer Darstellungen und Deutungsmöglichkeiten führt es hin und her, biegt immer wieder ab und führt schließlich zur Mitte.

Eine der Bedeutungen des Labyrinths ist, dass alles, was existiert, sich niemals schlussendlich festlegen lässt. Das frühgeschichtliche Labyrinth, das man bei Ausgrabungen eines Palastes in Pylos in Griechenland fand, hat einen kreuzungsfreien und vorgegebenen Weg, der auf verschlungenen Pfaden sicher zum Ziel und wieder hinaus führt. Man kann durchaus davon ausgehen, dass das Labyrinth mit Initiationsriten, erotischen Hochzeitsspielen und Tod-Wiederkehr-Mysterien in engem Zusammenhang steht, denn die ältesten Zeichnungen sind nahe an Kultanlagen platziert.

In der Ilias wird ein Pendeltanz im Zusammenhang mit einem Herbstritual beschrieben. Tanzvorstellungen sind auch auf alten Tonkrügen zu sehen, die hier Kranich- oder Jungferntanz bedeuten.

Das Labyrinth (und das soll hier nicht verschwiegen werden) ist ein weibliches Symbol, es steht immer in Verbindung mit der Göttin oder der Erde. Erinnern wir uns:
Ariadne hatte den Faden des Wissens in der Hand und gab ihn weiter.

Ich habe das Labyrinth als Sinnbild meines Werkes gewählt. Ich bin weder der erste, noch werde ich, da bin ich mir sicher, der letzte sein. Der Unterschied aber zu allem, was man über das Labyrinth weiß, ist in der Literatur ein anderer gegenüber den historischen Tatsachen. Schlegel führte 1798 die Arabeske in die Literatur ein und verband damit die Vorstellung märchenhafter Phantastik, ironischer Leichtigkeit und überquellender Fülle, von Poe wissen wir, dass er in seinen Geschichten vom Arabesken den Akzent auf eine groteske Verzerrung der Welt hin zum Dämonischen legte. Besehen wir uns die Ornamentik einer arabesken Darstellung, fällt es uns sehr leicht, darin ein Labyrinth zu erkennen. Denken wir uns ebenfalls eine Wüste als Labyrinth und: eine Bibliothek.

Ich kann mich täuschen, aber die besten Dichter waren labyrinthische Schreiber, die stets mehr wagten, als bornierte Beschreibungen in die Welt der Unterhaltung zu liefern. Ein Labyrinth unterhält nicht sondern bietet nicht weniger als den Zusammenhang des ganzen Universums.

Und es wird erzählt von einem Weibe, das sich hat ihre Schamlippen ritzen lassen, so dass darauf, auf ihrer zarten Haut, ein Schmetterling zu sehen war, und dieses Weib wohnt im Hause der Labrys, das umgeben von schweren Steinpfeilern die Doppelaxt in ihren Händen hält. Das Haus ist in der ganzen Welt als Labrynthios bekannt.

Früher war Paris sehr fremd

Unsere Romantiker waren nicht so gut auf die französische Metropole zu sprechen. In seiner „Reise nach Frankreich“ notiert Friedrich Schlegel:

In Paris findet man alles für die Sinnlicheit, aber nichts für die Phantasie.

Verwundern darf das nicht; auch nicht, dass Kleist etwas Ästhetisches vermerkt, denn in der Großstadt zeigten sich anscheinend Entfremdung und psycho- wie soziopathische Zustände des modernen Menschen und seiner zweiten, von der Zivilisation deformierten Natur besonders krass.

Die Gasbeleuchtung gab es erst am 1817, die Boulevards waren ebenfalls noch nicht erbaut. Haußmann hatte das geniale Paris noch nicht geschaffen.

Was Kleist, Tieck und Eichendorff jedoch als Gemeinplatz in ihre Schriften einfließen ließen, war ja nicht zuletzt die Klage gegen die vorgefundene Dominanz des kalten Verstandes über die Empfindungen.

Eine Parallele zu heute hieße: vor lauter Pornographie entdecken wir den Körper nicht mehr. Wir fühlen uns frei, nach Herzenslust zu vögeln – jeder Körper ist austauschbar. Doch unter dem Schein dieser angeblichen Freiheit ist die Sinnlichkeit gänzlich abwesend und die Unzufriedenheit nimmt gefährliche Züge an.

Das Unendlichkeitsprinzip

Mallarmé hat das Lesen immer wieder in ganz prägnanter Weise zum Thema gemacht. Er hat für die Poesie demonstrativ ein Geheimnis reklamiert und ihre Rezeption einer Extensivierung und Beschleunigung der Lektüre gegenübergestellt. Mallarmé kämpfte als Dichter auf verlorenem Posten um Resonanz bei einem bürgerlichen Publikum, das er bereits zu einem großen Teil an die Massenpresse und die wohlfeile Feuilletonliteratur verloren hatte. Er wies darauf hin, dass die Zweckorientiertheit eine ganz spezifische Lesehaltung einübe: die Sprache wird nur mehr als Instrument wahrgenommen und die Texte auf ihren Informationsgehalt reduziert. Dadurch würden Lesetechniken und Lesehaltungen verdrängt, die poetische Texte eigentlich fordern: ein Lesen, das den Zeitaufwand der Lektüre und ihren Nutzwert nicht gegeneinander aufrechnet, das das Geschriebene nicht auf einen konkreten Sinn hin festzunageln sucht und das einen gewissen Respekt der Sprache und dem eigenwilligen oder abseitigen sprachlichen Ausdruck gegenüber voraussetzt. Wer die Poesie liebt, könnte man folgern, hat Zeit.