Vom christlichen Satan über den islamischen Iblis und den hinduistischen Ravana bis hin zum zoroastrischen Angra Mainyu taucht die Idee eines singulären Wesens, das das Böse repräsentiert, immer wieder auf. Diese kulturelle Allgegenwart lässt auf einen universellen Archetyp schließen, der in einer gemeinsamen psychologischen oder metaphysischen Realitäten verwurzelt ist, eine gegnerische Kraft, die sich im Kontext bestimmter Traditionen und Gesellschaften auf einzigartige Weise manifestiert.
Die Imago, die Erinnerung, das Phantasma – sind für den Menschen nicht nur nicht minder wirklich als die ‚wirklichen Verhältnisse‘, sie sind zugleich beweglicher, transportabler, schneller und können ihn deshalb in der Zeit vor und zurück versetzen.
Vom christlichen Satan über den islamischen Iblis und den hinduistischen Ravana bis hin zum zoroastrischen Angra Mainyu taucht die Idee eines singulären Wesens, das das Böse repräsentiert, immer wieder auf. Diese kulturelle Allgegenwart lässt auf einen universellen Archetyp schließen, der in einer gemeinsamen psychologischen oder metaphysischen Realitäten verwurzelt ist, eine gegnerische Kraft, die sich im Kontext bestimmter Traditionen und Gesellschaften auf einzigartige Weise manifestiert.
Gut. Im Wald. Es beginnt immer im Wald. Eine junge Frau im Nachthemd rennt die Gleise entlang, gerät zwischen zuschnappende Bärenfallen. Ich will nicht alles verraten, aber es ist wohl Nacht, ein Dorf, ohne Taschenlampe schwer zu finden, nicht einmal im Mondlicht, Magie hin oder her. Versteck dich, will man ihr zurufen, zieh dein Kleid aus und versteck dich dahinter!
In ihr lodern Fackeln, ihre Haut ist unbeschriebenes Pergament, ein Kuss hinterließ einst eine Rose zwischen ihren Brüsten, zwischen den Bergen, die sie simulieren. Stromschnellen zwischen den Schulterblättern, dort verirrt sich das Dickicht selbst. Die Stunden ihrer Flucht sind ihr ins Haar geflochten, aus ihren Ohren quillt Musik, verträumt sich im Ginster. Ungeliebter Regen lauert in ihren Augen, der nächste Schritt löst das Bedauern aus. Etwas Luftiges fällt zu Boden und ihre Hand ist ganz nass. Es ist noch nicht ganz Blut. Sie sagt: „Was wäre ich ohne den Teufel?“
Wenn also ein Fluch in der Wiege sitzt, mit Krallen bewehrt, und hohen Zoll verlangt, zieht man sich besser in die Stadt zurück, die jede Verrücktheit kennt und alle Wunder ignoriert. Die Erscheinungen sind hier nur ein Spiel der Lichter, roter Wein, die Gespenster nur Laken, mit denen man sich vor Kälte der schützt. Sie ist sich der Existenz eines erzdämonischen Schattens in den Mythologien der Welt bewusst.
Vom christlichen Satan über den islamischen Iblis und den hinduistischen Ravana bis hin zum zoroastrischen Angra Mainyu taucht die Idee eines singulären Wesens, das das Böse repräsentiert, immer wieder auf. Diese kulturelle Allgegenwart lässt auf einen universellen Archetyp schließen, der in einer gemeinsamen psychologischen oder metaphysischen Realitäten verwurzelt ist, eine gegnerische Kraft, die sich im Kontext bestimmter Traditionen und Gesellschaften auf einzigartige Weise manifestiert. So wie jetzt, als sie hinaus starrt in die Dunkelheit, die nie so dunkel sein wird wie der Schatten des Codex Gigas, geschrieben von dem im Kloster Podlaschitz eingemauerten Benediktinermönch Herman, der um sein Leben schrieb und das aus 160 Tierhäuten bestehende kolossale Manuskript von 75 Kilogramm in nur einer Nacht fertigstellte. Wäre diese mittelalterliche Anomalie ohne einen Pakt mit dem Teufel möglich gewesen? Die einheitliche Kalligraphie des Manuskripts, die sich durch den gesamten umfangreichen Inhalt zieht – darunter die gesamte lateinische Vulgata-Bibel, medizinische Abhandlungen und magische Formeln -, lässt die Zeit von nur einer Nacht selbst für eine außergewöhnliche menschliche Willensanstrengung unmöglich erscheinen. Die Schätzung gibt uns zumindest den Anhaltspunkt, dass ein Schreiber, der sich Tag und Nacht über das Papier beugt, in fünf Jahren einen letzten Punkt setzen könnte. Doch wer vermag so lange dem Schlaf zu entkommen, wo doch der schreibende und zeichnende Mönch nur am Leben geblieben wäre, wenn er diese Ungeheuerlichkeit tatsächlich bewerkstelligt hätte. Schließlich konnte er sein Gelübde nicht einhalten und steuerte seiner harten Strafe bereits in den böhmischen Gassen einer sonderbaren Nacht entgegen, wo der weiße Schenkel einer Tochter Liliths ihn lockte. Wieder. Und wieder. Immer ein anderer Schenkel, aber immer der gleiche Lockruf.
Elizabeth Knapp hingegen fragt sich erneut: „Was wäre ich ohne den Teufel?“ Der Mönch, an den sie denkt, mag seit Jahrhunderten in der Tiefe der Erde ruhen, ein Pakt mit Luzifer mag ihn in jener Nacht vor der Verdammnis bewahrt haben, und es grenzt an ein Wunder, dass er sich durch das Schreiben der Teufelsbibel nicht noch tiefer in den Abgrund gestürzt hat. Er blieb eingemauert, aber lebendig. Und der teuflische Engel durfte sich sogar auf einer ganzen Seite porträtieren. Für Elisabeth hatte er nur Böses im Sinn, aber das Versprechen von Reichtum, Jugend, und Freiheit bekam auch sie, bevor ihre Seele dann auf einer Kohlenrutsche nach unten fahren durfte, um im Heizraum der Hölle Kaffee zu kochen.
Ich möchte dennoch ein Wort zur Verteidigung der jungen Magd hervorbringen, die im 17. Jahrhundert in Groton, Massachussets als Hausangestellte für den örtlichen Reverend arbeitete. Vielleicht war es ihre Gewöhnlichkeit, die sie ängstigte, dabei hätte sie diese Eigenschaft als Segen auffassen sollen. Aber was wusste sie schon von der scheußlichen Welt, in der Menschen hausen? Es mag manchmal nur ein kleines Ärgernis sein, das der Teufel registriert, ein widerspenstiges Streben, und sei es zu Beginn auch noch so harmlos. Das klingt nicht nach einer Verteidigung – und doch: Im Alter von sechzehn Jahren begann Elisabeth, Symptome der Besessenheit zu zeigen: es waren körperliche Schmerzen, die sie peinigten und die nirgendwo auf eine Ursache schließen ließen. Möglicherweise erschrak sie am heftigsten über die unnatürliche Stimme, die bei unpassenden Gelegenheiten aus ihrer Kehle kam. Aber kann es für dieses groteske Gebaren überhaupt eine passende Gelegenheit geben? Allerdings hört sich eine Besessenheit nicht gerade nach der versprochenen Freiheit an, die ihr der Teufel bot. Vielmehr machte er sich selbst ans Werk, um ihre Hand gegen die Familie des Pfarrers zu erheben. Sie sollte mit Blut geschmückt werden, wie jetzt, da sie verloren im Wald umher taumelt, doch sie begann sich zu weigern. Möglicherweise war sie nicht einverstanden mit einem zu frühen Betrug.
Reverend Samuel Willard dokumentierte die Ereignisse akribisch und zog Ärzte und Gelehrte zu Rate, um natürliche Ursachen auszuschließen. Erst nachdem er alle wissenschaftlichen Erklärungen ausgeschöpft hatte, schrieb er ihren Zustand tatsächlich einer dämonischen Besessenheit zu. Und Elisabeth trat als Zeugin ihrer selbst in den Ring. Sie gestand, dass der Satan sie in einen Pakt treiben wollte, der nicht damit enden würde, dass sie am Leben blieb und ein Buch schrieb, das unmöglich zu schreiben war. Ihr blieb nichts anderes übrig, als sich zu weigern, zur Mörderin zu werden, was zu einer Eskalation ihrer Anfälle führte. Der Reverend jedoch, dem wir diese Überlieferung zu verdanken haben, beendete seine Aufzeichnungen und Elisabeth Knapp entschwindet damit aus unserem Sichtfeld. Ich aber kann sie dort im Wald noch stehen sehen, und wie zu vermuten ist, wandert sie, mit einer kleinen Abfindung im Gepäck – in ein anderes Leben hinein, sern und Klagen, tief in der Erde.
Elisabeth ist außer Sicht. Ich vermute, sie wird ein Dorf gefunden haben und ihr Empfehlungsschreiben vorgelegt haben. „Die Dame, die Ihnen das hier vorlegt, ist eine gute Christin. Stellen Sie sie ein.“chließlich weiß auch sie nur zu gut, was zwanzig Jahre zuvor in Salem geschah, gar nicht weit von hier. Der Reverend konnte sie unter keinen Umständen kurieren, also konnte er sie nicht behalten, ohne um das Leben seiner Familie zu bangen. Die Kladde, die der Teufel ihr zeigte, verbindet uns mit einem weiteren Schriftstück, das bis zum heutigen Tage nicht übersetzt werden konnte, auch wenn das Blutbuch, in dem Elisabeth sich neben vielen anderen Frauen eintragen sollte, keine einzige Zeile von ihm selbst enthält. Einen Seelenschwur scheint auch er nicht fälschen zu können, aber seine Handschrift haben wir trotzdem bekommen, eine Kalligraphie seiner Klaue, die möglicherweise sogar seine Kenntnisse des Amharischen verrät, jener göttlichen und unveränderbaren Sprache also, die man im Garten Eden hören hätte können, wenn man in der Nähe des Baumes der Erkenntnis geschwebt wäre, als Eva sie zum ersten Mal erklingen ließ, und die in ihrer Reinform in der Provinz Amhara in Äthiopien gesprochen wird.
Ihre ersten Worte richtete Eva allerdings nicht an ihren Gemahl, sondern an die Schlange, als sie ihr antwortete: „Wir essen von den Früchten der Bäume im Garten; aber von den Früchten des Baumes mitten im Garten hat Gott gesagt: Esset nicht davon, rühret sie auch nicht an, dass ihr nicht sterbet!“
In Teseo Albinesis Aufzeichnungen aus dem Jahr 1539 wird beschrieben, wie der Okkultist Ludovico Spoletano den Satan beschwor, weil er Fragen hatte, die ihm sonst niemand beantworten konnte. Ein Magier, der sehr von dem deutschen Gelehrten Johannes Trithemius beeinflusst zu sein scheint, schrieb Werke wie das Steganographia, das alchemistische und magische Inhalte mit verschlüsselten Botschaften kombinierte, bis er an einen Punkt kam, wo er – ähnlich wie Doktor Faustus glaubte – alles bereits zu kennen, aber doch nichts zu wissen. Die Frage nach verschollenen Wahrheiten oder uralten Schriften nutzte der Teufel, der diesmal unsichtbar blieb und sich weigerte, in den Körper Ludovicos zu fahren, um sich wie ein menschliches Wesen über das Schreibpult zu beugen, um den Stift des Gelehrten zu schnappen und als körperloser Autor zu fungieren.
Was der Teufel schrieb, war vielleicht nur von Ludovico zu entziffern: eine Reihe von diabolischen Kritzeleien, die von links nach rechts zu lesen sind. Nachdem der Text an mehrere gelehrte Männer weitergegeben wurde, ohne dass die Entschlüsselung gelang, verschwand er in der Versenkung.
Wer die Hölle sucht und durch das von Dante beschriebene Tor pilgern möchte, über dem geschrieben steht: „Lasst alle Hoffnung fahren“, der sollte sein Ziel richtung Houska in der Tschechischen Republik richten, eine frühgotische Festung, die nur errichtet wurde, um eben dieses Tor zur Hölle zu verschließen.
Die über einem bodenlosen Abgrund errichtete Burg ist in ihrer Konstruktion rätselhaft: Es fehlen typische Befestigungsanlagen, Wasserquellen oder praktische Wohneinrichtungen. Stattdessen wurde die Kapelle strategisch über dem Abgrund positioniert, wo noch heute dämonische Kreaturen, ein kopfloses schwarzes Pferd und eine verzweifelte Geisterfrau hausen, denn auch sie sind der Ewigkeit verpflichtet und finden in dichten Wäldern, Sümpfen und Bergen eine Welt vor, die ebenso schwer zu erreichen ist wie die Ufer des Styx. Die gotische Kapelle der Burg ist nicht groß, deckt aber den Abgrund ab, damit nichts nach oben entweichen kann, was im Grunde ein törichter Gedanke ist, weil Materie nur für jene von Interesse ist, die dort hinein wollen, so wie die vielen zum Tode verurteilten, die ihrem Schicksal nur dann entgehen konnten, wenn sie sich freiwillig an einem Seil hinunterließen, um zu berichten, was dort unten vor sich ging. Aber da gab es die Kapelle noch nicht, deren Fresken allein bezeugen, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Hier sucht man die üblichen biblischen Motive vergeblich. Die Wandmalereien zeigen Drachen, dämonische Kreaturen und pagane Rituale. Passend zur Geräuschkulisse. Schreien und Weinen und Jammern und Klagen, tief in der Erde.