Sterbender Stern


Sie hielt einen sterbenden Stern mit ihren Fingern fest und hauchte Worte, die im Atem schwangen. Sie könnte sich aus Stein befreien; wenn sie wollte, könnte sie den Stern zu neuen Lichtern führen

Geheimnis hinter jedem Ding

ich kann nicht wissen woran ich denke auf der Suche nach dem ultimativen Geheimnis hinter jedem Ding, vor allem aber hinter einem künstlerischen Ausdruck. Ein Weg ist so gut wie der andere und vielleicht ist ein anderer Weg auch immer derselbe, der einzige, der sich nicht spaltet oder der ein Hufeisen nachbildet und dann auf einer Parallele zurückführt; dann dreht sich noch etwas die Erde und dann haben wir es. Die Quelle ist ein einziges Ding, aber zu erfassen ist ein einziges Ding eher nicht, man möchte es sogleich zerreißen und die Marmelade schmecken, oder wie beim Wein: Asphalt, Brombeere, Rauch, Schweiß – obwohl es sich nur um zermalmte Trauben handelt. Füllen wir einen Gedanken in ein Glas, schwappt es nicht über. Man gibt Wasser hinzu und es schwappt solange nicht über, bis das Wasser den Rand erreicht, vom Gedanken ist nichts zu sehen, der bleibt in diesem Glas, bis wir ihn wieder herausdenken.

Kirschlippenbrand

Auf der Suche nach Zuckersuperlativen
kam ich an Feldern vorbei, deren Ränder
mich einluden, den Rüben lauter neue Namen zu geben –
ich aber ging weiter zu den Zuckerhöckern,
die unter dem Kandis-Himmel in die Höhe reckten.
Oh Schlaraffenland der Sinne! Puderbauch! Kirschlippenbrand!

Das Leben ist nicht immer ein Fest

inspiriert wie eine trächtige Sau, Ferkel der Dichtkunst drücken auf die Blase, ich schneide die Intimbehaarung mit einer Nagelschere, pisse im sitzen, wie werde ich die Welt entgleiten lassen, die Zugmaschine anstoßen, damit sie den Rest allein erledigen kann, ich spüle
(oh wie es rauscht in meinem Kopf)
eine Kippe schwimmt ertrinkend Richtung Beckenrand, sie hat kaum noch Kraft, Schamhaarfetzen kringeln sich und hinterlassen im Wasser Abdrücke wie die Beine von Wassermücken
(der Wolf sitzt nicht mehr dort)
Bücke mich, bin mit der Scheißhausschüssel auf Du und Du, lasse das Bild auf mich wirken, Wasser sinkt langsam ab

-Wieso zappelt der Füsch so
die Kloake nähert sich wieder meinem Gesicht, unten am Rand hängt ein Rest Sauce fest, ich stelle mir vor, wie ich jemanden zwinge, diesen Rand sauber zu lecken, ich zwinge die Figuren, ihre Bestimmung aufzunehmen, bald, wenn ich hier fertig bin, René Crevel, der war Surrealist, er träumte und träumte und als es nichts mehr zu träumen gab, brachte er sich um
(der Irrsinn lauert in jedem Bettkasten)
sehr gut, ich habe ihren Namen vergessen, aber ich erinnere mich an ihr Postfach, gleich einen Brief aufgesetzt, von nun an schreibe ich Briefe
(aber Semiramis ist nicht Myrrha, ist nicht die Frau in den Wolken)
ich schreibe, Geliebte, ich schreibe an den Acker, die Bäume, ich schreibe

-Geliebte
die Reste, die wir zurücklassen nur ein Bild, nur uns nicht fern, Bewegung, die wir sind in einer staunenden Zeit, die sich selbst schon rühmt, der Liebe ihre Attribute beraubt zu haben, so schöne Körper nur nacktes kaltes Fleisch, wir aber, einander zugewandt, selbst wenn wir uns drehen sehen wir uns an, auch wenn wir gehen treffen wir uns wieder, auch wenn wir fallen durchdringen wir uns, und ein Trank fließt in uns, wir befeuchten die Lippen mit uns, ich möchte dich berühren mit Händen, die ich nur deshalb habe, um dich berühren zu können, damit ich deine Sinne streifen und in dir eine warme Glut entfachen kann

-Geliebte
dass ich dich mit jeder schönen Blume vergleichen will, lässt mich auf den Frühling warten in bald angespannter Form, in der ich jedweden Sonnenstrahl bei seinem Erscheinen für dich grüße, hinauszueilen mir erlaube in die unberührten Knosperien, deren wonnigem Schaustück ich bei ihrem Erwachen Gesellschaft leiste so als kämst du zu mir, wie dein Atem sammelt sich der Tau, dein Atem, der mich weckt aus jedem Schlaf, doch im Träume fest belässt, im Traum von dir so nah, daß du schon zu berühren bist von meinen flitternden Händen, ich muss mich kaum viel strecken, wie alles an dir süßem Honig gleicht, der noch in den Waben ruht, bewacht von herrschaftlichen Bienen, nur den für dich gelten lässt zu naschen, der dich berührt ohne dich zu halten auf deiner Reise durch den Blütenstaub, dich aber, Fernste, habe ich nie gehabt, wenn auch ich alle Anderen hatte, die dem Kohlenkeller eignen, die mir Romanzen tanzten und die mich dich vergessen suchte bevor ich dich noch kannte, so unerreicht, weil du wohl einem Stande zugesprochen warst, und unerreicht, weil all die Kurzweil, die dort an deinem Hofe dich umgibt, dich kaum über den Sänger denken lässt, der dich besingt, du aber, fernste, machst mir alle anderen Spreu, und so frage ich das Sternbild meines baldigen Grabes, ob ich nur zur Erde war, um zu erkennen, was für immer nicht für mich bestimmt

-Das Leben ist nicht immer ein Fest
ich dringe vor ins Absurde dieser Welt, halte mich an den Grenzen auf ohne Geld wechseln zu müssen, bemühe mich, zu beobachten, die Bewegungen sind grotesk, das darin Gesagte von einem ungleichmäßigen Sinn, man kann sich nie sicher sein, gelebt zu haben, oder, wie Márquez sagt, unser Leben ist nicht das was geschah, sondern das, was wir erinnern und wie wir erinnern, ich denke mir alle Menschen plötzlich weg, und in fünfhundert Jahren, wenn sich die Natur alles wieder zurückgeholt hat, wie etwa Palenque in Yucatan, dann stelle ich mir vor, wie Lloyd Stevens 1839 erstmals vor den Maya-Tempeln zu stehen
(die Ängste, die mich beim Auffinden unserer Zivilisation überkämen, wären dann mein Indikator)
auf diesem steinigen und dörren Anwesen in Hardheim im fränkischen Odenwald, dort sitz ein Mädchen

-Oh Madeleine Ledoyen
du trägst ein luftiges Kleid, ich wünschte, es wären Fetzen, als ich dich fand, da wartete ich auf das Täubchen, das ich für einen Engel hielt, als du mit mir gingst, erkannte ich Myrrha wieder, die du mir verschwiegst

Die Bar am Ende der Welt

Wir lebten unter dem Dach eines Musikcafés, teilten uns die Zimmer mit amerikanischen Familien, die sich durch ein starkes, strammes Heck hervortaten, mit dem sie ihre Balance hielten, während sie durch das Fachwerk navigierten.

Am Abend saßen sie im Flur und sangen “Wish you were here”, wozu sie Jim Beam tranken, von unten herauf quoll der Blues wie Reisbrei aus einem Topf.

– Töpfchen koch
wir nannten sie der Einfachheit halber “Zupfer”, die Amis, das waren immer nur die Zupfer, die anorektische Journalistin, die neben mir ein Zimmer hatte, saß meistens bei ihnen
– Töpfchen steh
ich kam da lang, die Treppe, an ihnen vorbei, um noch mehr Schnaps zu besorgen
(ein Glasflaschenentwerter)
der Boden, der Kümmerling
(die Flaschen)
– Töpfchen koch
der Boden nicht mehr zu sehen
(wer den Boden nicht mehr sieht)
oh, ihr Gäste und ihr fremden Menschelgen, heute Abend schob ich keine Pizzableche in den Feuerschein, verzupfte nicht Salat, schlug keine Filets, kein angetrocknetes Mehl, heute versoff ich das Geld, das ich gestern verdiente, vor Feuerschein und Gurke
(ich wurde jeden Tag ausbezahlt)
mit Leuten, die ich nicht kannte, wie unbekannt mit mir zu feiern, setzt euch doch
– Setzen wir uns doch
auf die Stühle, die ich mir geborgt hatte, genauso wie den Tisch, den wir nicht brauchten, weil wir alles auf den Boden schmissen, oh Hasi Hasi, der feiste Baß
– Töpfchen koch
dann unten, alles voll, die lange Theke nur noch für mich der Platz, du unnahbares Objekt meiner Begierde, mit Augen wie Bambi
(Bam Bam Bambi)
du Körper der Lust, du Heizdecke
(ich widdere sie)
rauchiges Universum
(der Blues)
Now I left home this mornin’, I swore I’ve stopped and think
Made my friends a promise, I wouldn’t even take a drink
Of that bad, bad Kümmerling
Woodstock-Anhänger, wie schön war’s damals, als wir noch alle völlig verblödet mit Drogen im Blut, Veganer, Fleischfresser, alles da, Hippies, Leary Leary hey, fickten, soffen, fraßen und am frühen Morgen vom Stuhl fielen, ich saß in meinem Rom, meinem Babylon, meinem Korinth, der sündige Heilige
(ich reinigte auch die Scheißhäuser)
Rabelais, Grimmelshausen, Villon, Ovid
(aber unterzeichnete mit Attila)
und es gab keine Tür hier, die ich noch nicht eingetreten hatte, war im weitesten Winkel der Welt versteckt und war doch zuhause, in der Welt, aus der Welt, in einem Sternbild, Lichtjahre entfernt von einem anderen Ort
(hinter den gelb melierten Fenstern und dem Vorder- und Hinterausgang)
die Gesichter vertraute Ballons, die an mir vorüberschwebten, bekifft, versoffen, planlos, du neue Welt, Stillstand im Rausch, ewiger Bacchos, Eddi spielt Billard, mit seinem flächendeckenden Gesicht glotz er die Kugeln ins Loch, der Queue nur Beiwerk, ein phallisches Instrument
(und da tat ich meins dazu)
– Hasi Hasi
dessen Fruchtbarkeit Siege bedeutet, die Säulengänge des alten Athen, wo statt Philosophie Billard gespielt wird, alles fließt, sagt Heraklit und steigt aus dem Wasser, hinter allem steckt die Idee, sagt Platon1 und zerlegt die Pferdheit zu Rouladen, Eddie zielt und trifft, er darf noch einmal, so will es das Gesetz, Hasi bringt mir noch ein Bier
(und bringt sich selbst gleich mit)
ich beobachte die Umluft, sie stellt einen Karton Kümmerling dazu, heute ganz Kelte, trunksüchtig statt wollüstig
(und wieder widdere ich)
kniete sie neben meinem Bett, während ich unter der Decke eine Belgerung vorbereitete, näher bin ich dir ja nie gekommen, in der Ecke
(ich im Bett)
diskutierte ihr Bettgestell mit Melchior über Physik, für Physik interessierte man sich hier, Lied von der Symbiontenstrategie, das Licht wechselt von Teilchen zu Wellen, ich begann Hasi ebenfalls in einer Heisenbergschen Unschärfe wahrzunehmen, sie akzeptierte meinen abgehackten Wörter
(während der Klimax bitte nicht sprechen)
und stand erst auf und ging zur Physik als meine Finger der Biologie wegen neue Wege ging
– Das Universum
eine Teilchenschleuder, du führtest doch meine Hand unsichtbar in Gedanken, du hattest mich doch erkannt, wußtest wer ich war
– Das Multiversum
oh, jetzt denkt sie an mich, hier entschied sich das Leben, hier wurde das Leben begründet
– Das Desasterversum
und der Hintereingang reißt sich auf, zwei fremde Wesen tanzen herein, stören die Dämmerung, die Gedanken, das Meer, augenblicklich reißt mich der Wahnsinn in seinen ausgezehrten Schlund
(Eddie zielt und trifft)
und pure Nüchternheit vertreibt jeglichen Nebel aus meinem Gehirn, ich erleide einen Schock und komme nicht dazu, die Beine hochzulegen, der Engel war erschienen und besuchte nun den Sündenpfuhl, um die Seelen aus dem dritten und vierten Kreis der Hölle zu retten
(Dante wo warst du)
blond, neckisch und reif wie ein überquellender Fruchtkorb, dem der Zucker austreibt
– Die Bar
die Schleusen meines Herzens, schon wieder verliebt, in jede, in jede, da oben warteten sie auf den Schnaps, den bring ich auch, den bring ich gleich, ich bin schließlich Attila, plane den Weltuntergang, plane die Wolke zu finden
– Sieh doch Mutter, ein Gesicht
stand auf und bohrte mich durch den archaischen Urdunst, hin zur Skulptur am Ischtar-Tor, eine Schlucht, zu beiden Seiten säumen hohe Mauern den Weg, riesige Ungeheuer starren von den Kacheln, spielen Pool, die graue Maus daneben
(Gold wird in dreckigen Truhen transportiert)
aus dem Seitenwinkel meiner glänzenden Augen, die Reaktion hinter dem Tresen, du Hasi weißt, was ich begehre, ein Tropfen rinnt durch die zitternde, pumpende und heimliche Hand, der Traum spricht von der Schuld der Ekstase, die vergessen hinter Herbstlaub lauert, das stampfende Weiß der Augen trägt sich durch die silberne Luft des nur schwarz sehenden Auges, welches sieht, wie die Gier und die Vibration des Körpers beständig schnaufen, dort sieht das Auge alles zucken
– Seit gegrüßt von einem einsamen Segler in notdürftigen Gewässern
ich wies meine Soldaten an, von ihren Feldzügen alle unbekannten Pflanzen mitzubringen, im Sommer, mit den Sklaven zusammen, schöpft also Wasser aus den Brunnen und pumpt es in viele kleinere Kanäle
(damals im Garten)
Semiramis reagierte und
– Wer ist der Sprecher
ein König der Holzbuden und Einmachgläser, aber ein König, sie stimmte voller Holz und Wurzelwerk, erzählte Nebensächlichkeiten, aber Semiramis, du bist kein Engel, wie war denn das, als du in das Ornament gekleidet die Hinrichtung befahlst, mein Sehnerv ist verändert und es bleibt ein Hokuspokus, bist du vielleicht doch ein Engel, dann rette mich, rette mich
– Vielleicht bin ich ein Engel
ich habe dich noch nie gesehen, du wurdest ja nicht gemalt, sie nahm mich so ernst wie ein vierjähriges Kind eine Fliege ernst nimmt, mit ausgerissenen Flügeln, die wie ein Brummkreisel auf dem Tisch rotiert, oben sitzen die Hunnen, warten auf den Schnaps, die Stimmen sangen, der Blues, Türen wurden geöffnet und geschlossen
(eine Eigenschaft, die man ihnen nachsagt)
die Atmosphäre eine Prothese meines Zustands, ich verwandelte mich in die Seele des Gebäudes, heiße Küsse im Treppenhaus, unter wummernden Bässen und verschwommene Figuren labten vorbei, erwachte irgendwo auf dem Boden liegend
(war es denn der nächste Tag)
eine Zahl im Kopf, eine Formel, ein Heureka, ein pythagoreisches Geheimnis, das sich unter meinen rhythmisierten Schädel schob, ich fasste nach einem Namen, nach einem beschrifteten Glas, in dem eine milchigweiße Sensation schwamm, die leeren Flaschen zerfetzten das Sonnenlicht, tausend Flüchtlinge verseuchten, durch meine Augen zu dringen, die Zugbrücken rasten herunter, links und rechts über meiner Nasenwurzel, praktischerweise lag ich direkt neben der Tür, ins Badezimmer
(die Reise beginnt)

Flüssiges Gemälde

Unter meinem Bild verschwimmt die Farbe. Ich habe dir von dem Bild erzählt, aus dem polimentvergoldeten Rahmen gelaufen, der nicht mehr fasst, was in ihm vor Kurzem noch hin und her geschwappt ist: Ein flüssiges Landschaftsbild, stets neu geschaffen, von der Erinnerung vergrault, aber auch bewahrt. Ich bin der Pinsel, der den locus amoenus nicht vom locus terribilis zu unterscheiden weiß; von Fingern aufgerappelt fahre ich über die Mittelgebirgszüge, füge Stufen und Gefälle ein, hinterlasse Lücken. Ich bin ein Pinsel aus Lehm. Im Schatten der Naturgewalten: Ein Antlitz ganz ohne Mund, hingeschmissen von Händen aus Staub, gezimmert aus Knochen, ohne ein Dach, auf das es regnen könnte. An den Wänden meines Hauses: Bildmetaphern ohne Mund. Doch die Mauern wurden einst von ihrem Geist geküsst. Nie hat ein Maler sie gemalt, nie hat ein Tänzer sie umschlungen, nie hat man sie bei Tag gesehn, nur dieser Mond schlug ihren Schatten auf ein flüssiges Gemälde.

Zwei Faszinationen

Erinnern ist wie träumen, zumindest in Fällen, in denen erinnern nicht erinnern, sondern träumen ist, womit ich bei einem Schrank angekommen wäre, der in einer Zimmernische steht, eine Bausünde, den der hineingeschobene Schrank rettet (die Schubladen lassen sich nicht ganz herausziehen, aber Sperriges wirft man ohnehin obenauf oder verstaut es im Keller oder auf dem Boden, der kein Boden ist, sondern unter dem Dach). Aber das ist nicht alles: später schob ich dort das Bett hinein (kam nachts der Schwindel, war die baldige Wand äußerst praktisch). Ich träume, dass die Nische nicht so sehr Nische war, das Bett ragte etwas in den Raum, aber als der Schrank da noch stand, war es genau das. Erste Faszination: gut versteckt sein, um das eigene Volumen richtig einschätzen zu können, Augen hereinblicken lassen, wenn der Blick ohnehin vom Fenster aus erfolgt. Zweite Faszination: das Andere. Jegliches Andere, dessen Bewusstsein nicht dem eigenen entspricht. Ein von innen beobachteter Raum kann von außen leicht gefunden werden, weil Bewusstsein nun einmal nicht von einer Wand getrennt werden kann.

Scheiterboden

Als er den Kühlschrank öffnete, fanden sich darin gut gekühlte Idiome und Speck. Ein Möbelhaus Franz rief an, wegen des Sarges. Dann nochmal. Wegen des Pferdchens. Musste geschliffen werden.

Die Hausbesichtigung verlief tugendhaft, allerdings gänzlich ohne Haus. Es war einfacher, den Shawl enger zu fassen und den Wind zu schelten.

Sie saß nahe am Kachelofen und versuchte, Stimmen zu erkennen. Vor Jahren hatte sie gepflanzt, was nun entlang der Kordel wuchs. Die Berichte vom Tage – auch die.

Eine Nacht wie Zement, durchdrungen von Theta-Wellen. Das panische Gewissen Arkadiens, dem Schlachtfeld des Gehörnten. Dort im Schaukelstuhl: eine Leiter, die in den Sand sinkt.

Die Arschseite des Mondes.

Wer weiß, was dieser Boden zu bedeuten hat; wie Splitter drängt er darauf, seine Mitteilungen zu evakuieren. Er scheitert an mir, scheitert, weil ich scheitere, jeder andere scheitert. Ein Scheiterboden.

Elefantengroße Esser

wir sind auf die Vernichtung der Realität angewiesen, weil ein Grün kein Grün ist, weil nur der Beobachter zählt und jegliche Interpretation ein Fehler unseres Gehirns ist, was nicht sein müsste, gar nicht sein müsste, gäbe es nicht diese unsäglich leeren Zusammenhänge und Türen und Korridore im Sumpf unter dem Keller. Dort sind die Maden feine Gesellen und mampfen den Dreck unserer Ideen, was sie zu großen Viehhikeln der Erde macht, zu elefantengroßen Essern, die schlechte Erde in etwas Nutzbares verwandeln und es vor uns – besser so – verbergen

Puder=Anschrot

der Pfeifer an den Toren der Dämmerung. Dieses flatternde Gewebe geistreicher Skizzen, schaukelnder Träume, zufälliger, freier Katenation, da gabʼs die Türe wie eine Säge gezahnt. Fürchte in der blinden Mauer einen Blick, der nach dir späht, der Puder=Anschrot und Spielraum des Zopfes hinten auf dem Rock

Yuggoth 30 – Werdegang

Yuggoth

Anmerkung des Übersetzers: Fungi from Yuggoth besteht aus 36 Sonetten, die Lovecraft zwischen dem 27. Dezember 1929 und dem 4. Januar 1930 verfasste. Ausgewählte Sonette wurden im Weird Tales Magazine veröffentlicht. Erstmals komplett erschien der Zyklus in Lovecrafts Sammlung “Beyond the Wall of Sleep”, die von August Derleth 1943 herausgegeben wurde, sowie 2001 in “The Ancient Track: The Complete Poetical Works of H. P. Lovecraft”. Die erste Publikation, die den Zyklus in der richtigen Reihenfolge brachte,  war “Fungi From Yuggoth & Other Poems”. Herausgegeben von Random House 1971. Lovecraft wählte für seinen Zyklus eine Mischform aus Sonetten-Stilen. Bei genauerem Hinsehen ist es schwierig, wirklich von Sonetten zu sprechen. Als Übersetzer habe ich mich dafür entschieden, auf die Endreime zu verzichten, um die von Lovecraft intendierte Erzählform beibehalten zu können. Wie immer bei Gedichten kann es sich nur um eine Nachdichtung handeln.

FUNGI FROM YUGGOTH (Übersetzt von Michael Perkampus)

Nie kann ich beeindruckt sein von den rohen, neuen Dingen,
Denn mein Bewusstsein begann in einer alten Stadt,
Wo sich von meinem Fenster aus die Dächer
Zu einem malerischen Hafen voller Träume neigten.
Straßen mit geschnitzten Portalen, in denen die Strahlen
Des Sonnenuntergangs alte Oberlichter und kleine Fensterscheiben fluteten,
Und Sakralbauten mit vergoldeten Türmen –
Das war das Schauspiel, das meine Kindheitsträume prägte.

Solche Schätze, übrig aus Zeiten der ersten tastenden Gärung,
Kommen nicht umhin, von schwächeren Geistern vergessen zu werden,
Die auf wechselnden Wegen und mit verworrenen Ansichten
Über die unveränderlichen Mauern von Erde und Himmel jagen.
Sie zerschneiden die Bande des Augenblicks und überlassen es mir,
Allein im Angesicht der Ewigkeit zu stehen.

Yuggoth 29 – Nostalgie

Yuggoth

Anmerkung des Übersetzers: Fungi from Yuggoth besteht aus 36 Sonetten, die Lovecraft zwischen dem 27. Dezember 1929 und dem 4. Januar 1930 verfasste. Ausgewählte Sonette wurden im Weird Tales Magazine veröffentlicht. Erstmals komplett erschien der Zyklus in Lovecrafts Sammlung “Beyond the Wall of Sleep”, die von August Derleth 1943 herausgegeben wurde, sowie 2001 in “The Ancient Track: The Complete Poetical Works of H. P. Lovecraft”. Die erste Publikation, die den Zyklus in der richtigen Reihenfolge brachte,  war “Fungi From Yuggoth & Other Poems”. Herausgegeben von Random House 1971. Lovecraft wählte für seinen Zyklus eine Mischform aus Sonetten-Stilen. Bei genauerem Hinsehen ist es schwierig, wirklich von Sonetten zu sprechen. Als Übersetzer habe ich mich dafür entschieden, auf die Endreime zu verzichten, um die von Lovecraft intendierte Erzählform beibehalten zu können. Wie immer bei Gedichten kann es sich nur um eine Nachdichtung handeln.

FUNGI FROM YUGGOTH (Übersetzt von Michael Perkampus)

Einmal im Jahr, im Glühen des wehmütigen Herbstes,
Fliegen die Vögel über die Weite des Ozeans hinaus,
Sie rufen und plaudern in freudiger Erwartung,
Ein Land zu erreichen, das ihre verborgensten Erinnerungen kennt.
Große terrassenförmige Gärten, in denen helle Blüten stehen,
Und Reihen von Mangos, die jeden Geschmack veredeln,
Und Tempelhaine mit ineinander verschlungenen Bäumen
Auf kühlen Pfaden – all dies sind ihre vagen Träume.

Sie suchen über dem Meer nach Spuren des alten Ufers –
Nach der großen Stadt, weiß und mit mächtigen Türmen –
Aber nur leere Gewässer ziehen vor ihnen dahin,
So dass sie sich schließlich wieder abwenden.
Doch in den Tiefen versunken, wo sich außerweltliche Kraken drängen,
Vermissen die alten Türme ihren verlorenen, noch lebhaften Gesang.

Feenkreise

Stell dir folgende Szene vor: Du spazierst durch einen malerischen Wald. Die Vögel zwitschern in der Ferne, die Sonne scheint dir in den Nacken, als du auf einen faszinierenden Ring von Pilzen mitten im Wald stoßen. Dein erster Impuls ist wahrscheinlich, diesen seltsamen Anblick näher zu untersuchen. Wenn man jedoch auf den Volksglauben hört, sollte dein erster Gedanke sein, vor diesen Feenkreis-Pilzen wegzulaufen. Seit Jahrhunderten werden solche Erscheinungen auf der ganzen Welt mit dem Wirken von Feen, Hexen oder sogar dem Teufel in Verbindung gebracht, obwohl einige glauben, dass die Kreise ein Zeichen von Glück sind. Feenkreise waren im Laufe der Geschichte ein wichtiger Bestandteil der Folklore und fanden schließlich auch Eingang in andere Medien wie Literatur und Kunst.

Credit: unukorno

Heutzutage ist der Pilz, der dieses Naturphänomen verursacht, gut bekannt. Mycel ist ein Pilzgeflecht, das in fruchtbarer, feuchter Umgebung wächst. Unter guten Bedingungen entwickeln sich die Sporen zu Pilzen. Der bekannteste Vertreter ist der essbare Schopftintling oder Feenringchampignon. Diese ragen aus dem Boden heraus und bilden einen gut sichtbaren Ring. Unterirdisch verzweigt sich das Myzel unter dem Gras, bewegt sich vom Zentrum aus nach außen, ernährt sich von organischen Stoffen und zersetzt diese dabei. Das tote Myzel bildet eine dicke, wasserabweisende Matte, die den Graswurzeln Nährstoffe und Feuchtigkeit entzieht. Schließlich verdorrt das Land innerhalb des Rings und stirbt vor Hunger ab. Der vordere Rand des Rings bleibt jedoch üppig und grün, da das fressende, sterbende und sich zersetzende Myzel Dünger freisetzt. Dieser Kreislauf kann sich über Jahrhunderte fortsetzen und der Ring kann dabei wachsen, schrumpfen und sich durch die Landschaft bewegen, was die einen erfreut und die anderen stört.

Feenkreise sind überall auf der Welt aufgetaucht und viele Kulturen haben ihre eigenen Erklärungen dafür gefunden. Zwar werden sie gemeinhin mit Feen in Verbindung gebracht, doch es gibt viele andere Erklärungen für diese besonderen Ringe. So sollen die Ringe in Österreich von Drachen verursacht worden sein, die die Kreise mit ihren Schwänzen in den Boden brannten. In dem Gebiet konnte anschließend nichts mehr wachsen außer Pilzen.

Die Deutschen nannten diese Formation „Hexenringe” – einen Ort, an dem sich Hexen versammelten. Sie glaubten, dass die Kreise für jeden, der sich an ihnen zu schaffen machte, äußerst gefährlich waren. Die Franzosen glaubten an eine ähnliche Geschichte, nannten sie aber „ronds de sorcières” (Hexenkreise). Tatsächlich befindet sich einer der ältesten Feenkreise in Frankreich und soll über 700 Jahre alt sein. In der skandinavischen Folklore heißt es, dass die Kreise nicht von Feen, sondern von tanzenden Elfen in den Boden gebrannt werden – daher nannte man sie Elfdans. Wenn ein Mensch den Kreis betritt, kann er die magischen kleinen Wesen sehen, wird aber auch in ihren Bann gezogen. Die Niederländer wussten, dass der Kreis der Ort war, an dem der Teufel seine Milch kochte und dass die Milch sauer wurde, wenn ein Tier den Kreis betrat. Ein anderer europäischer Glaube besagte, dass man sein Augenlicht verliert, wenn man einen Feenkreis betritt. Die Schweizer und Russen glaubten, die Kreise markierten versteckte Schätze, die nur mithilfe einer Fee oder Hexe gefunden werden konnten.

Illustration von Warwick Goble

In der Folklore von Großbritannien und Irland sind Feen vielleicht mehr als anderswo weit verbreitet. Hier warnt man eindringlich davor, einen Feenring zu betreten, da dies der Ort war, an dem die Fabelwesen tanzten. In einigen Legenden dienten die Pilze den Feen als Schemel, wenn sie vom Tanzen müde wurden. In anderen Legenden wiederum benutzten die Feen die Pilze als Regenschirme oder Esstische. Eine walisische Sage besagt, dass die Kreise darauf hinweisen, dass sich unter dem Ring ein Feendorf befindet. Die Waliser glaubten außerdem, dass das Pflanzen von Blumen in der Nähe dieser Kreise ihre Fruchtbarkeit und ihr Glück steigern würde, solange sich Menschen fernhielten.

Allgemein wird angenommen, dass Feenkreise gefährliche Orte sind, die gemieden werden sollten, da sie mit bösartigen Wesen in Verbindung gebracht werden. In vielen Mythen wird davor gewarnt, dass man jung stirbt, wenn man es wagt, einen solchen Ring zu betreten. Außerdem soll man für die Welt der Sterblichen unsichtbar werden und dem Ring nicht entkommen können. Angeblich wird man auch sofort in das Feenreich transportiert. Für deine Dummheit könntest du auch ein Auge verlieren. In jedem Fall bist du gezwungen, um den Ring zu tanzen, bis du an Erschöpfung oder Wahnsinn stirbst.

Um diesem Schicksal zu entgehen, kannst du bestimmte Maßnahmen ergreifen: Laufen beispielsweise neunmal um den Ring (aber wirklich nur neunmal, denn zehnmal ist zu viel und macht das Verfahren rückgängig). Angeblich kann man den Ring bei Vollmond straffrei umrunden, allerdings nur in der Richtung, in die die Sonne tagsüber wandert. Wenn du das tust, hörst du vielleicht die Feen unter der Erde tanzen. Du kannst auch einen Hut verkehrt herum tragen, denn das soll die Feen verwirren, sodass sie dir keinen Schaden zufügen.

Die Existenz von Feenzirkelpilzen beschränkt sich nicht nur auf mündliche Überlieferungen, sondern ist auch in die berühmteste englische Literatur eingegangen, nämlich in die Werke von William Shakespeare. In „Ein Sommernachtstraum” bezieht sich einer der Elfen auf Feenringe:

„Und ich diene der Feenkönigin, um ihre Pilze auf dem Grün zu betauen.”

Es war seine Aufgabe, die Feenringe zu bewässern. Shakespeare erwähnt Feenzirkelpilze auch in “Der Sturm” und weist darauf hin, dass das Gras im Inneren der Ringe für Tiere giftig ist.

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