Kategorie: Stories

direkt aus dem lateinischen „storia“ übernehme ich diesen begriff, der mir immer schon eine andere konnotation ausdrücken zu schien als das vermaledeite „geschichten“.

Der Weg nach Raha: 8 Adam und der Reisende

Jemand (ich kenne ihn nicht) kam mit einer grauen Tasche unter der rechten Achsel an, stand stumm wartend unter dem Wellblechdach der Wartefront am Bahnsteig.

Stellen Sie sich einen Mann vor, der einen schwarzen gebürsteten Anzug trägt, die Hose geschnürt mit einem baskischen Gürtel, einen Hut (unbekanntes Fabrikat) auf dem länglichen Schädel, ebenfalls schwarz, darunter, im Schatten, ein mehlweißes Gesicht; die Augen liegen sehr tief, zudem vom Schattenschlag des Huts verhangen, ansonsten ganz und gar eine bürgerliche Gestalt, die elefantengraue Tasche jedoch eine unbegreifliche Wahl.

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Der Abgrund (SSB-Version)

Ich konnte mich zunächst ja kaum erinnern, zerschunden wie ich war, aber woher nur? Meine Augen kugelten in einem Sandlager herum, von dem aus gesehen das tränende Meer nicht weit entfernt liegt. Lichtspiele pochten hinter meiner Stirn gegen die Augäpfel, das boxende Känguru der Brüder Sklandanowsky, der einfahrende Zug in den Bahnhof von La Ciotat, die Umwelt klarte aus einem roten Nebel und ich stellte fest, dass ich lag und nicht etwa schwebte, wie ich es mir zunächst eingebildet hatte. Denn zu oft erwachte ich orientierungslos, noch eingenommen von einem Traum, an den ich mich genausowenig erinnern konnte wie an meinen Aufenthaltsort. Nur der reflexartige Schwung meiner Hand zum Wecker hin brachte mich dann zurück in mein Haus, in mein Bett, in dem ich schwer und heftig atmend wach lag, ohne mich wach zu fühlen. So wie ich lag, konnte mit meinen Händen gerade noch den Wecker erreichen, der durch die gleichmäßig vorherrschende Dunkelheit in Zahnradzungen zu mir sprach; ein Freund im Einklang mit meiner eigenen präzisen Unruhe. Ich zog ihn stets mit sieben Umdrehungen auf, nie bis zum Anschlag, jeden Tag, um in der Nacht, wenn ich wirklich nichts mehr sehen konnte, weil das Rouleau jeden Schimmer fern hielt, dem Funktionieren der Uhr zu lauschen. Ich wollte kaum atmen, weil ich ängstlich wurde, wenn ich nicht genau hören konnte, was mein einziger Fixpunkt im Gewirr der Unendlichkeit zu sagen hatte. So ähnlich waren sich die Töne, dass man sie leicht für das immer gleiche Auf und Ab halten mochte – ich aber hörte das Hin- und Herschwingen wie das Murmeln eines Geschichtenerzählers. Es erschien mir tröstlich, dass all die Erzählungen, denen ich lauschte, mit dem Vergehen der Zeit zusammenhingen. Ich wollte ja, dass die Zeit verging, wollte aber nicht, dass ein neuer Tag anbrach, denn der forderte neue Entscheidungen, die den einen Fluss ebneten, den anderen aber rasend werden ließen. Der Naturgewalt der eigenen Willkür war nicht beizukommen.

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Nachtwach unter Himmels Schwärze

Ich entsinne mich noch – die trübe Gassensuppe kann mein Schweifen nicht verhindern – an den tragischen Fall des Gerulphus Bulwer. Der Vater des Burschen war ein ächter Seemann gewesen, der genügend Sächelchen gehortet hatte, die dem, der die Welt nicht kannte und der diese Utensilien unbedacht schaute, die Haare gegen den Strich bürstete.

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L´amour gout

Es kränkt sich Stufen aufwärts, es kränkt sich Stufen abwärts. Es schlurft in einer Tour, schlappt halbfüßig, zu faul, ganz bar zu gehen auf kaltem, abgewetztem Stein. Der soll sagen, dass sich Stein nicht wandelt, der das meint. Der ewig gleiche Schritt nutzt die Mitte ab, drückt seine Dauer hinein und schreibt der Zeit ein kosmisches Epos. Ein Loch ist im Eimer, eine Scharte im Getrepp.

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Zu spät gekommen

Wie schön der Ort war, an dem du einst gesessen bist; Fliegen gab es kaum – überhaupt hatten sich die Insekten zurückgezogen, obwohl doch alles in fetter Blüte vegetierte. Die Bank stand noch, sonst wüsste ich es nicht. Man hat wohl vergessen, sie abzumontieren, denn den Weg zu ihr hat sich die Natur – sie benötigt dazu ja niemals lange – zurückgeholt (wie man diese Tatkraft bezeichnet), macht aber, ich möchte es nicht Wunder nennen und lasse die Sache als denkwürdig stehen, vor den Rippen, den Querstreben, vor den beiden Zementsockeln bereits halt, sendet dorthin nur kümmerliche Brennesseln, die sich erst noch zu beweisen haben, und denen man es innerhalb der Familie der Rosiden nicht übelnahm, dass sie hier versagten oder noch nicht wussten, wie denn vorzugehen sei, um das menschgemachte Bauwerklein in Besitz zu nehmen, als hätten sie Furcht davor, denn der Sichler besäße dann einen Grund, sie hinzumähen, gäbe es dort noch Wanderer, die nicht hierher kämen, weil sie sich verirrt hatten, sondern weil sie ganz gezielt – sei es ihrer täglichen Runde geschuldet oder ein sonnachmittäglicher Spaziergang – diese Bank für einen Ruheposten nähmen.

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Nope!