From Hell (Ein mögliches Jack the Ripper-Szenario)

Es wurde einst behauptet, dass Comics als Kunst ihr wahres Potential noch nicht ausgeschöpft hätten, und dass der Citizen Kane der Comics noch auf sich warten ließe. Das bedeutet, solange in dieser Kunstform noch nicht jenes Werk produziert ist, das sämtliche Meinungen darüber aufhebt, was ein Comic leisten sollte oder nicht, und allgemein als oberster Markstein auf diesem Gebiet anerkannt wird, werden Comics in der Öffentlichkeit wohl für immer als für Kinder oder Subliterate geschaffene Werke wahrgenommen werden.

Seit Erscheinen des gewaltigen und epochalen From Hell von Alan Moore und Eddie Campbell ist diese Diskussion nämlich ein für allemal vorbei.

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Der Tod und das dunkle Meer / Stuart Turton

Alte Sendung aus dem „Phantastikon-Podcast“

Ein unerwarteter Zwischenstopp im Jahr 2003 inspirierte Turton zu diesem fesselnden Kriminalroman. Nachdem er einen Flug nach Singapur verpasst hatte, saß der Autor, der freimütig zugibt, dass er nicht gut darin ist, Pläne einzuhalten, im australischen Perth fest. Um die Zeit totzuschlagen, besuchte er ein Schifffahrtsmuseum, wo er sich über den Untergang der Batavia im Jahr 1629 informierte. Jahre später beschloss er, die Geschichte des Schiffes auf seine Weise aufzuschreiben. Die wahre Geschichte sei so schrecklich, dass es „keinen Spaß gemacht hätte, sie zu lesen“, sagt Turton.

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Die Ernte des Bösen / Robert Galbraith

Zunächst einmal muss ich sagen, dass Blue Oyster Cult einer meiner Lieblingsbands ist, die viele aufgrund ihres Songs “Don’t fear the Reaper” kennen dürften. Das vorliegende Buch ist im Original nach einem anderen Song benannt: “Career of Evil“, von einem der besten Alben aller Zeiten, dem 1974 erschienenen “Secret Treaties“. Übersetzt wird daraus “Die Ernte des Bösen”, aber wider Erwarten habe ich daran überhaupt nichts auszusetzen. Erschienen ist das Buch im Februar 2016 bei Random House und es ist nicht nur nach einem Blue Oyster Cult Song benannt, sondern jedes Kapitel auch mit einer Textzeile aus ihrem Werk überschrieben.

Die Verbindung ist natürlich nicht willkürlich. BÖC war die Lieblingsband von Cormoran Strikes Mutter und der Detektiv glaubt ja, dass sie nicht zufällig an einer Überdosis Heroin gestorben ist, sondern ermordet wurde.

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Mord im Handgepäck / Elizabeth C. Bunce

Gewöhnlich wird recht wenig Aufsehen wegen einer Jugendbuchserie gemacht, wenn man einmal von Harry Potter absieht, was allerdings ein einmaliges Phänomen war, das sich nur mit mit der Sherlock-Holmes-Manie vergleichen lässt, was allerdings, nun … KEIN Jugendbuch war.

Enola Holmes mag aufgrund der Netflix-Verfilmung noch etwas berühmter sein als Myrtle Hardcastle; man darf allerdings nicht vergessen, dass allein schon der große Name Holmes dafür ausreicht, einiges an Aufmerksamkeit zu bekommen. Elizabeth C. Bunce hat ihre zwölfjährige Detektivin selbst ersonnen, wobei sie keineswegs einen Hehl daraus macht, dass sie selbst als Jugendliche besessen von Trixie Belden war, die aber von fast allen gegenwärtigen weiblichen Jungdetektivinnen weit übertroffen wird.

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Dunkelschnee / Samuel Bjork

Der vierte Roman der norwegischen Munch-Reihe, der mit „Wolf“ übersetzt werden kann, bei uns aber „Dunkelschnee“ genannt wird, ist eigentlich ein Prequel zu den laufenden drei Romanen, oder besser: es ist der Roman, der erzählt, wie Mia Krüger zum Team von Holger Munch stieß, und damit eigentlich der erste Band der Reihe.

Der 2015 veröffentlichte und bei uns 2018 erschienene Debüt-Thriller „Engelskalt“ von Samuel Bjørk (ein Pseudonym für Frode Sander Øien), war ein sofortiger Erfolg und markierte seinen internationalen Durchbruch als Autor, nachdem er als Musiker mehrere Alben veröffentlich hatte.

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Der große Schlaf / Raymond Chandler

Zum 80-jährigen Jubiläum begann der Diogenes-Verlag 2019 die Raymond Chandlers Klassiker in einer neuen Übersetzung herauszugeben. Nachdem ich mir das Buch einmal angesehen hatte, das von Frank Heibert neu übersetzt wurde, tendiere ich doch eindeutig zu der Übersetzung von Gunar Ortlepp, die 1974 erschien.

Der große Schlaf

Raymond Chandler sagte einmal, er sei der erste gewesen, der auf realistische Weise über Los Angeles geschrieben habe. Um über einen Ort zu schreiben, sagte er, müsse man ihn lieben oder hassen, oder beides, abwechselnd, so wie man eine Frau liebt. Leere und Langeweile waren zwecklos. L. A. hat ihn nie gelangweilt. Er fand es vielleicht banal, aber niemals leer. Er liebte es (als er 1912 ankam) und hasste es (als er 1946 abreiste), bis es schließlich, wie er sagte, für ihn eine müde alte Hure geworden war. Er hat diese Stadt besser als jeder andere verstanden, ihren Rhythmus und ihre Grobheit, ihre Tankstellen, die verschwenderisch mit Licht gefüllt sind, die Häuser in den Schluchten, die in der Schwärze hängen, den Geruch der Luft, das Gefühl der Winde, den Puls des Ortes, weshalb seine Romane zu keiner Zeit veraltet wirken: Er hat die Essenz der Stadt eingefangen, nicht nur ihre zeitliche Oberfläche.

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Mord im Gurkenbeet / Alan Bradley

Die Streußel schmecken süß, jedoch
viel süßer schmeckt der Boden noch.“

Eines muss ich vorweg schicken: Wir haben es hier nicht definitiv mit einem Jugendroman zu tun, obwohl man sich natürlich glücklich schätzen kann, wenn Jugendliche diesen Roman lesen und auch genießen können. Sicher ist Flavia de Luce ein elfjähriges Mädchen, aber – wie wir gleich sehen werden – unterscheidet sie sich in fast jeder Hinsicht von dem, was man von einem 11-jährigen Mädchen erwarten kann. Tatsächlich ist die ganze Reihe vom Goldenen Zeitalter der Krimis durchtränkt, beeinflusst von der Wertschätzung des Autors für die Arbeit von Chesterton, Agatha Christie, Conan Doyle oder Dorothy L. Sayers. Das heißt, dass es sich um herrlich altmodische Krimis handelt, die mit einigen intellektuellen Seitenhieben aufwarten.

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Nope!