Michael Perkampus ist ein Solitär der deutschen Literatur. Am Surrealismus und der Dekadenzliteratur geschult, wird die Sprache hier zu einem Instrument der Wahrnehmung. Seine Ausflüge in die Weird Fiction sind ebenso Programm wie das Zerschmettern jeglicher Realität.
Täglich Texte und Betrachtungen.
Yuggoth 2 – Verfolgung
byPerkampus
Anmerkung des Übersetzers: Fungi from Yuggoth besteht aus 36 Sonetten, die Lovecraft zwischen dem 27. Dezember 1929 und dem 4. Januar 1930 verfasste. Ausgewählte Sonette wurden im Weird Tales Magazine veröffentlicht. Erstmals komplett erschien der Zyklus in Lovecrafts Sammlung “Beyond the Wall of Sleep”, die von August Derleth 1943 herausgegeben wurde, sowie 2001 in “The Ancient Track: The Complete Poetical Works of H. P. Lovecraft”. Die erste Publikation, die den Zyklus in der richtigen Reihenfolge brachte, war “Fungi From Yuggoth & Other Poems”. Herausgegeben von Random House 1971. Lovecraft wählte für seinen Zyklus eine Mischform aus Sonetten-Stilen. Bei genauerem Hinsehen ist es schwierig, wirklich von Sonetten zu sprechen. Als Übersetzer habe ich mich dafür entschieden, auf die Endreime zu verzichten, um die von Lovecraft intendierte Erzählform beibehalten zu können. Wie immer bei Gedichten kann es sich nur um eine Nachdichtung handeln.
Anmerkung des Übersetzers: Fungi from Yuggoth besteht aus 36 Sonetten, die Lovecraft zwischen dem 27. Dezember 1929 und dem 4. Januar 1930 verfasste. Ausgewählte Sonette wurden im Weird Tales Magazine veröffentlicht. Erstmals komplett erschien der Zyklus in Lovecrafts Sammlung “Beyond the Wall of Sleep”, die von August Derleth 1943 herausgegeben wurde, sowie 2001 in “The Ancient Track: The Complete Poetical Works of H. P. Lovecraft”. Die erste Publikation, die den Zyklus in der richtigen Reihenfolge brachte, war “Fungi From Yuggoth & Other Poems”. Herausgegeben von Random House 1971. Lovecraft wählte für seinen Zyklus eine Mischform aus Sonetten-Stilen. Bei genauerem Hinsehen ist es schwierig, wirklich von Sonetten zu sprechen. Als Übersetzer habe ich mich dafür entschieden, auf die Endreime zu verzichten, um die von Lovecraft intendierte Erzählform beibehalten zu können. Wie immer bei Gedichten kann es sich nur um eine Nachdichtung handeln.
FUNGI FROM YUGGOTH (Übersetzt von Michael Perkampus)
Michael Perkampus ist ein Solitär der deutschen Literatur. Am Surrealismus und der Dekadenzliteratur geschult, wird die Sprache hier zu einem Instrument der Wahrnehmung. Seine Ausflüge in die Weird Fiction sind ebenso Programm wie das Zerschmettern jeglicher Realität.
Täglich Texte und Betrachtungen.
Yuggoth 11 – Der Brunnen
byPerkampus
Anmerkung des Übersetzers: Fungi from Yuggoth besteht aus 36 Sonetten, die Lovecraft zwischen dem 27. Dezember 1929 und dem 4. Januar 1930 verfasste. Ausgewählte Sonette wurden im Weird Tales Magazine veröffentlicht. Erstmals komplett erschien der Zyklus in Lovecrafts Sammlung “Beyond the Wall of Sleep”, die von August Darleth 1943 herausgegeben wurde, sowie 2001 in “The Ancient Track: The Complete Poetical Works of H. P. Lovecraft”. Die erste Publikation, die den Zyklus in der richtigen Reihenfolge brachte, war “Fungi From Yuggoth & Other Poems”. Herausgegeben von Random House 1971. Lovecraft wählte für seinen Zyklus eine Mischform aus Sonetten-Stilen. Bei genauerem Hinsehen ist es schwierig, wirklich von Sonetten zu sprechen. Als Übersetzer habe ich mich dafür entschieden, auf die Endreime zu verzichten, um die von Lovecraft intendierte Erzählform beibehalten zu können. Wie immer bei Gedichten kann es sich nur um eine Nachdichtung handeln.
Anmerkung des Übersetzers: Fungi from Yuggoth besteht aus 36 Sonetten, die Lovecraft zwischen dem 27. Dezember 1929 und dem 4. Januar 1930 verfasste. Ausgewählte Sonette wurden im Weird Tales Magazine veröffentlicht. Erstmals komplett erschien der Zyklus in Lovecrafts Sammlung “Beyond the Wall of Sleep”, die von August Derleth 1943 herausgegeben wurde, sowie 2001 in “The Ancient Track: The Complete Poetical Works of H. P. Lovecraft”. Die erste Publikation, die den Zyklus in der richtigen Reihenfolge brachte, war “Fungi From Yuggoth & Other Poems”. Herausgegeben von Random House 1971. Lovecraft wählte für seinen Zyklus eine Mischform aus Sonetten-Stilen. Bei genauerem Hinsehen ist es schwierig, wirklich von Sonetten zu sprechen. Als Übersetzer habe ich mich dafür entschieden, auf die Endreime zu verzichten, um die von Lovecraft intendierte Erzählform beibehalten zu können. Wie immer bei Gedichten kann es sich nur um eine Nachdichtung handeln.
FUNGI FROM YUGGOTH (Übersetzt von Michael Perkampus)
Ich bin ihr im Traum begegnet, das wolltest du doch wissen? – also : Ich bin ihr im Traum begegnet! Sie stand am Ende der Nacht, ihr Kleid reinster Mond. Ich hätte mich ihr genähert, bestünde mein Unterleib nicht aus reinstem Marmor, aus Karbonatgestein.
Als ich erwachte : Das Wasser bedrängte mich, marmorne Härte stieß gegen die Blüten der Bettdecke. War inmitten der Erregung dennoch erzürnt über die steinerne Fesselung. Ich blickte nicht nach rechts, wo sie schlief (sie stand wohl noch immer in meinem Traum herum, mochte auf die jetzt leere Stelle starren).
Ich schleppte mich ins Badezimmer wie einer, der das Gehen erst erlernt hatte : die Beine schwer, die Blutschläuche noch angefüllt mit flüssigen Basalt. Ich schlug mir das Wasser ab. Es mag merkwürdig klingen, aber ausgerechnet hierbei kam mir die Idee, all ihre Kleider und Schuhe zu verbrennen. Nennen wir es nicht Rache.
Wenn dich niemand beobachtet, wenn du in dir hockst, aufgemacht im Büserkleid, Lippen wie Glukoseschimmern, Augen wie ein See am Abend; es ist nichts in dieser Nacht.
Du würdest gerne in ein Nachtbuch eintragen : Die Realität ist das, was das Nichts tut, wenn es sich langweilt.
Räume entstehen, radieren die Wirklichkeit hinfort. Vor dem Haus tut die Welt so, als hätte sie das, was von den Wänden ummantelt wird, nicht verloren, als gäbe es noch einen Platz dazwischen, der ausreicht, dem Haus nicht zu nahe zu kommen. Alles ist Klang, ein Ton, doch war davor ein Rhythmus. Es ist nicht von der Hand zu weisen, daß die Trompeten trompten, denn trompeten kann nur der Trompeter.
Hinter der Luke : der Heuförderer, die Wendeltreppe nach oben. Die Landestelle ist leer, ein ausgelöffelter Teller. Der kalte Beton, der nie etwas von einer Sonne spürt, droht mit Knochenbrüchen: »Ich weiche nicht, wenn ihr da auf mich zurast, ihr zukünftigen Leiber. Ich bin verborgen, ein okkultes Lauern macht mich geil. Eines Tages wirst du ungebremst von mir aufgefangen werden, die letzte Bastion, die es zu überwinden gilt. Ich streife deinen Körper ab, stauche ihn zusammen.«
Wir malen die Dörfer, malen sie bitter mit der Zunge, die wir wie einen Rotmarderpinsel über die Leinwand des Gesichtskreises führen. Das Licht der Peripherie reißt den Rahmen auf, es geraten fremde Zungen hinzu. Mit Laternenfarben bröseln sie über die Kuppen, stauben über Hänge und Dachschindeln, verunreinigen das Wasser der Brunnen, die Spiegel, vor denen Eimer wünschelrutig hin und her schwanken. Der Spiegel, der den Himmel invertiert, Gesichter zurückwirft, Hände, die den Eimer in die Höhe ziehen, Wasser, das gebraucht wird, nächste Station im Zirkel des Lebens. Und ich bestehe aus Wasser, so wie die Farben, das Land; und ich bestehe aus dem Eimer und aus der Zunge, den Kuppen, dem Brunnen : tiefe Erdbecher.
Die Maler : die Zungen malen Landschaften und Epidemien, ausgehobene Gräber, Erde, Erdhügel, Leichenschmaus. Jetzt keimt die Wechselwirkung von geschaffenem Raum, geschaffener Zeit in den überhitzten Köpfen. Schnell eine Heuburg entwerfen, leise, leise, wir benutzen die Ballen als Ziegel und ziehen uns zurück, das Codewort lautet Shangri-La. Metaphysische Unsichtbarkeit bedingt soziale Unsichtbarkeit; der Unsichtbare tritt durch seine Tat in Erscheinung.
Ich komme gleich zurück, zu Gerüchten, zum Richtfest.
Er lehnte sich zurück und nahm die Brille ab, die sich in Zeiten periodischer Weltbrände dem Urozean anschloss.
Er antwortete ihr in Druckschrift, dann entzündete er ein Räucherstäbchen. Durch die Bohlen der Kabine hörte er die Matrosen brüllen. Der Tag ging im nächsten Salon zu Ende, Spiegel an der Bar und Kronleuchter, schmiedeeiserne Türklopfer und Symphonien auf Notenpapier.
Der Alte legte eine Leiter an die östliche Wand der Kammer, die eine Handbreit mit hellem Sand gefüllt war, flach auf den Bauch. Es gab allerdings noch eine andere Möglichkeit, die Zwischenzeit sinnvoll zu nutzen, doch das war alles Nebensache geworden.
Kleine pastellfarbene Fasane verfingen sich im Zaun, der über die Felder zackte, über die Talsohle fegte, blassblau die Mäntel der Statuen, deren Blässe die Gesichter immer weiter bearbeitete; so warteten sie darauf, wieder erweckt zu werden.
Sie befanden sich dort draußen zu dritt und ich mich nur am Küchenfenster, blickte in die Sonne, die über dem Sägewerk aufging und auf der Bundesstraße verendete. Es war niemals eine Welt für mich, in den besungenen Herbergen der Gelichter, aber es öffnete sich ein Kanal zum Fremden in die Fremde hin. In ihrer Hand, das Geschehen von der Ferne, Fremde.
Ich ging, hölzern wie ein Pferd, an das ich mich erinnere, mit einem gestohlenen Fell in das Licht von Syrinx, in das Wehklagen der Gebeine. Wagt nur, den Raum so unermeßlich zu denken wie er ist!
Ich, mit einem Eis, mit einem Benzin-Eis, am Samstagnachmittag um 2 (oder um halbdrei). Der goldene Taft der Lehmauen, die Wiederholungen: Handlungen des Rituals: Gesichter im Spalier, hornhaarig eingerahmt, flatterndes Symbol, die Trajektorie ist in die Irre gelaufen: die Erde krankt an Monokulturen.
Am Bahngleis sprach ich, die Gesichter muhten mich an. Schlanker Versucher Wind sucht in den Taschen. Zeitdach, Giebel nach Osten, die Säulen stemmen sich aus dem Brei der Vergangenheit empor, illud tempus:
Wenn der Zeitdom einbricht, wird die große Katastrophe kommen. Das Universum pulsierte in sechs Augen. Nahmen sie mich wahr mit ihren Henkeltaschen? Haben ja erst eine Spanne von 10 Millionen Jahren hinter uns, also Frischlings-Sicht: Ich erschien ihnen alt.
Sie läuft auf Sand, auf Scherben, plantscht in Kettenrinnen, überquert Schienen und Gräber, schläft bei den unruhigen Toten in einer Leichenkutsche (als es einmal gar zu arg regnet). Die Seelensauger, die aus den Wänden kommen, diese merkwürdigen Orte, Oasen der Dunkelheit und Kälte, fackelndes Geschwür. Unvermittelt tauchen sie in der Landschaft auf, rauben dieser alles von ihrer irdischen Schönheit.
Dorothea, nahe an der Tür: »Sie ist in der Kammer, aber ich werde sie jetzt nicht wecken!«
Da ist sie längst schon über alle Berglein, träumt aber immerzu von ihrer engen, düsteren Behausung. Sie weisen darauf hin, die Kettenspuren, die Radstandspuren, dass hier einmal ein Mensch lag, von Sinnen zwar, außer sich, verplant in einem ›Van de Graaf Generator‹, die Blumen aufgeschmolzen, bunte Tümpel preisend (nur von einer sengenden Sonne umgeben knüpft ein Punkt an den nächsten, stiert aus roten Augen hervor).
Das Neon bleibt Neon, selbst wenn es sein Licht emittiert hat. Sie überquert die Jagdgründe der Insekten, in ihren nassen Kleidern sieht sie sich schließlich ähnlicher als jemals in ihrem finsteren Leben, aus zahlreichen Rinnen fließt baldige Flut, im Zorn spricht sie Namen, die sie nicht kennt : Scharlachmunt, Susemilck, Rupsac Manderscheid, Füllengast, Karin Halbfotz, Crumbhals, Eppele Guguck, Gretel Ars; das Gespei wilder Worte verfängt sich – zart schmelzende Schokolade – zwischen ihren hübschen Zahnlücken. Flucht ist eine Tugend, und die Nacht fragt nicht, wohin sie flieht. Nur Wolken folgen ihr hinaus in ein törichtes Bild. An die Kammer erinnert sie sich schallend, hinter den Laternen steht ihr Geist Spalier, beobachtet sie aus Facettenaugen, geblendet von ihrer eigenen Furcht. Niemand hält sie auf, die Spalten nicht, die zwischen zwei Fluren abrupt alle Masken fallenlassen, zum Teil gehören sie ihr, die jetzt erschöpft aus dem Fensterrahmen äugt, ein blinder Passagier. Aber wen hätte sie fragen sollen?
Auf dem Weg zu katatonischer Starre von Vorkommnissen begleitet, die ihr die Schau stahlen, trat sie in den vor ihr liegenden Traum, unbekannt, von welchen Wegen, Sehnsüchten, Pflastersteinen (vornehmlich Grus) erschaffen, ungenau in seiner euklidischen Darstellung, freskenbetont und einsam. Sie, die sich stets in ihrer Mitte wusste, fand hinaus, fand die Stimme wieder, die sie dazu ermuntert hatte, durch die Wand zu entschwinden. Hören wir hinein, ablauschend die Erinnerung, aber kein Wort, weil Worte versagen, kein Schild, weil Schilde versagen, und der Hof, der schöne verfallene Hof lag hinter ihr. Schlief sie in Wellen, erwachte als ein Ding, oft in Taschen oder anderorts verlegt, ein Gegenstand von Kälte, blassem Fieber. Eine Welt oder eine andere. Die Motoren drücken strenge Muster aus. Sie hört davon in den Ecken einer gewissen Grabesstille, flüsternde Tote, spinngewobene Kleidung, Humus aus Dosen, Grabstätten der einen Fantasie. Alle Male auf ihrer Haut verheißen ihre Rückkehr, eine Begegnung mit dem Wanderer wird unvermeidlich sein; sie lügt ihn an, was ihre Tätigkeit betrifft, denn sie ist nicht die, für die er sie hält. Eine hübsche Trophäe wäre sein Kopf, seine ausgebeinte Schulter, sein trockengelegter Tränenkanal, statt dessen gießt sie ihm ein, bereits mit Händen, die keine Zeichen mehr geben können, die Nähte ungewachst und spröde geworden. Alle Rätsel fließen in ihrer Brust, alle Fragen in seiner.
Ihre Haut leuchtet perlweiß, rötlich, schwarz wie Opal und schillerndes Orange, sie scheint über den Scheitelpunkt des höchsten Sterns hinaus zu schweben, trunken von Eingebungen. Noch ist sie nicht angekommen, hängt fest zwischen Wünschen der Nacht und des Tages, ein erstarrendes Zitterhexchen, aus stiller Kindheit unschuldiger Hut gejagt, so dass ihr der Mythos selbst nicht mehr die Wahrheit vorenthalten konnte. Jetzt wohin? Am Hange schleicht sie, krank und matt, das Warnungsflüstern, krankhaftes Funkeln im verwirrten Haar, als käme nun alles auf sie zurück, was sie je gelebt: viele verbrannte Lebensläufe.
Die Augen stumpfen ab, gelegentlich erreicht der Blick die Wimpern. Woher du wohl gekommen bist, den ganzen weiten Weg allein, und ob du wohl nicht gesehen hast, wie alles hin zur Asche rennt, und ob du dich gewundert hast, wie du überhaupt hierher gekommen sein kannst, wo hast du die Grenze überschritten?
Hinter ihrem Rücken ragt eine Maschine auf ins Unermessliche.
Vielleicht war es ihr erstaunlicher Werdegang, begonnen mit einem in der Welt sein auf Stachelkissen, gewaschen mit Brackwasser, vielleicht waren ihre großen Nüstern schuld, Dinge namentlich zu erschnüffeln, ein Trüffelmädchen mit einer Neigung zum Hässlichen, denn darin standen ihr die Augen offen, erblickten dort Grenzposten in gilben Uniformen auf- und abpatrouillieren, das Niemandsland bewachen. Ihr gelang es von Zeit zu Zeit einen Fuß auf das verbotene Feld zu setzen, um zu erkunden, was geschehen würde, wenn sie sich nicht an Kompromisse hielt. Es geschah nie etwas, ihr Vorhandensein blieb unbemerkt. Wer achtet schon auf eine Nase, die sich über Grasnaben schiebt?