Ich preise dich, Babylon, mir im Traum erschienen; deine Ruinen spielen im Staub; ich besuche dich zu deiner besten Zeit. Gebadet, geölt, gekämmt. Traum aus Schleim, der in meinen Lenden sitzt, da hat man mir das Leben eingepflanzt. Die Mädchen sitzen Schlange vor dem Tempel, die Hitze brütet zwischen ihren Beinen, die ekkrinen Pumpen pumpen ihr Willkommen in die Glut. Ein Mann geht durch die Menge der Vulvenkollekte und wirft eine Münze in den erschnupperten Schoß seiner permanenten Träume. Sieht sie nur an, die da am Boden sitzt, die da nach oben blickt, die ihn an ihren Augen teilhaben läßt.

Kurzgewandet, auf Zehen tanzend, die heilige Kadistu, die Arme hoch erhoben, begünstigt vom Kodex Hamurabi, bebende Münder, wundersame Glockenspiele, laut und rasend schnell. Die Sonne hämmert ihren herrischen Stempel unter die zarten Füße der Mädchen. Luft riecht nach Lust, an ihrer dicksten Stelle ist sie geballte Liebes- (Lebens-) Fähigkeit. Den Mädchen rinnt der Tanzschweiß an den Innenschenkeln entlang, Männer bewegen sich mit, reiben ihr Glied, manche setzen sich auf den Boden und beginnen zu masturbieren, lecken an den Beinen der Huren, zucken auf und ab. Hoch auf den Terrassentürmen noch Stille. Halbnackte Dirnen schlängeln sich durch die Menge, versprühen Myrrhe und Zimt. Instrumente toben durch die Hitze, eifernden, fremden, ekstatischen Akkorde. Die Mystische Hochzeit beginnt, der Priesterkönig erscheint, glänzend in Öl; die Dirnen beginnen die erigierten Schwänze zu reiben.

„Ich bin es!“

Sie aber schüttelt den Kopf. „Ich weiß, wer du bist, wer du sein könntest!“

Das tätowierte Glied des Priesterkönigs, wie ein ausgestreckter Unterarm, da liegt die Königin mit erhoben Beinen auf dem Altar, pißt ihre Fontäne fort, hält sich die Schamlippen auf; Leben rinnt, vermehrt sich, die Menge tobt, die Mädchen lecken über die Bäuche der Männer, und als der Leib der Königin das ferne Meer geworden ist, er ihre Fußsohlen leckt, beginnen sich alle wahllos zu vermischen, Väter, Töchter, Söhne, Häßliche, Kranke, Lahme, Frau und Frau, Kind und Kind.

„Du bist nicht hier,“ sagt sie, Trommeln und Tönen, brüllen, keuchen; er schüttelt den Kopf; er versteht nicht. „Wer bin ich?“

Jetzt nickt sie, Trommeln und Trommeln und Trommeln; die Luft steht und stinkt nach Schweiß und Blut und Hexerei. Sie erhebt sich, Trommeln und Tosen, steigt über zuckende Leiber hinweg, wirft ihren Blick vor seine Füße, klingelt mit den Füßen, folgen soll er, Trommeln, Omnipotenz der Göttin, Ambeth, Borbeth, Wilbeth, Trommeln, Schweißregen, Löwinnen springen durch die Luft, auf den Terrassen tummeln sich Ziegen, Chimären, er stolpert ihr hinterher, will sie einholen, doch so sehr er sich bemüht, bleibt der Abstand gleich. Es wird stiller und kühler, aber die Trommeln halten an, dann ist es Nacht; er sieht sie nicht, er hört kein Geräusch.

„Du bist nicht hier,“ sagt sie; er hört ihre Stimme überlaut, er hört ihre Stimme mehrfach, er will etwas sagen, aber die Münze liegt unter seiner Zunge, er kann seinen Mund nicht öffnen.

„Reden ist der Tod,“ sagt sie, „Ich rette dein Leben!“

+++

ich irrte durch den Gassenspuk, mögen die Götter Schamach und Marduk dir immer Gesundheit verleihen, ich sandte einen Boten aus, um mich nach deinem Empfinden zu erkundigen, sag mir doch bitte, wie es dir geht, ich bin in Babylon angekommen und sah dich nicht

– Ach, ich bin so traurig

dort, wo wir uns zum ersten Mal die Hände reichten, zitternd, weil so sehr gewollt, lauschte ich den Sängern, die mir durch den Staub den deinen Namen sangen

– Myrrha

so hieß ihr Lied, so hießen alle Lieder mir.

Ich schritt mit Freunden durch den heiligen Hain vor den Tempeln der Mylitta, so sehnsuchtsvoll sahen mich die Augen derer an, die wohl schon lange, vielleicht Jahre, hier zu warten hatten. Aber keiner warf ich eine Münze in den Schoß, denn keine davon warst du.

Mit Decken habe ich mein Lager bereitet, mit 
Tüchern aus ägyptischen Leinen, mit
duftenden Essenzen habe ich mein Bett besprengt, mit
köstlicher Myrrhe, Aloe und Zimt. Komm, wir
wollen uns lieben bis zum Morgen!

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