Die toten Augen von London

Toten Augen von London
(c) Constantin Film

Finstere Nacht. Nasser Asphalt. Nebelschwaden über der Themse. Kahler Kopf. Bleiches Gesicht. Weiße Augäpfel. Andy Gerber. Der blinde Jack. Mein erster schwarzer Mann, der im Traum im Keller lauert.

Die toten Augen von London haben bei mir, – seht mich mal als bezopfte Elfjährige -, tiefen Eindruck hinterlassen. Vor kurzem habe ich ein persönliches Exempel statuiert und mir den Gänsehaut-Klassiker von 1961 nochmals angesehen.

Hier spricht Edgar Wallace. Immer noch nicht verstaubt: Dieser Film. Immer wieder gut: Diese Stimme.

Hier spricht Edgar Wallace

Und dieser Gerber und seine Bande? Immer noch die personifizierten Angst-Schocker.

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Sweeney Todd (Der teuflische Barbier)

Basiert Sweeney Todd auf einer wahren Geschichte oder ist er nur eine Figur, die sich ein Schriftsteller ausgedacht hat?

Sweeney

Ich bin sicher, ihr habt alle schon einmal von ihm gehört. Sweeney Todd, der teuflische Barbier der Fleet Street. Sein Friseurstuhl war auf geniale Weise präpariert, denn nachdem Todd einem Kunden die Kehle durchgeschnitten hatte, bediente er einen Bolzen, der die Leiche rückwärts durch eine Falltür schickte, die in den Keller führte. Dort wurden die Opfer zu Fleischpastete verarbeitet, die in der angrenzenden Konditorei verkauft werden sollte. Geleitet wurde das Geschäft von einer Mrs Lovett, deren Vorname – je nachdem, wer die Geschichte erzählt – variiert.

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London After Midnight

Lon Chaney war nicht nur ein Schauspieler, sondern auch ein Meister des Make-up. Er revolutionierte dessen Verwendung im Film, indem er komplizierte und transformative Looks kreierte, die es ihm ermöglichten, eine breite Palette von grotesken Charakteren darzustellen, vor allem in Filmen wie Der Glöckner von Notre Dame, Das Phantom der Oper und Die unheiligen Drei. Sein Koffer, gefüllt mit Schminke, Werkzeugen und Schnüren, wurde legendär.

Lon Chaney
Lon Chaney in London After Midnight

In London After Midnight schlüpfte Chaney gleich in mehrere Rollen; in einem Stummfilm aus dem Jahr 1927, geschrieben und inszeniert von Tod Browning, mit Lon Chaney in der Hauptrolle. Die Geschichte handelt von Inspektor Edward Burke (gespielt von Chaney), der in London den Mord an Sir Roger Balfour untersucht. Nachdem er einen Abschiedsbrief gefunden hat, wird der Fall zu den Akten gelegt und scheint vergessen zu sein, doch fünf Jahre später wird Balfours Haus von einem Mann mit Biberfellmütze, dunklen, eingefallenen Augen und Reißzähnen wieder bewohnt. Die Leute fragen sich, ob es sich dabei um den von den Toten auferstandenen Balfour handelt, aber in Wirklichkeit ist es Inspektor Burke selbst, der sich verkleidet hat, um den Mörder zu fassen.

Der Film zeigt einen der besten Make-up-Looks von Lon Chaney, mit einem Mund voller Haifischzähne und Drähten, die seinen Augen einen hypnotischen, aber versunkenen Blick verleihen.

Die wahre Macht des Films wird wohl ein Rätsel bleiben, denn die letzte bekannte Kopie wurde 1967 bei einem Brand in den Metro-Goldwyn-Mayer-Gewölben zerstört. Doch eine aus Fotografien rekonstruierte Fassung ist noch zu sehen. Einer der Gründe für ein Wiederaufkeimen des Interesses an diesem Films ist auch, dass Chaney die Rolle des Dracula in dem Film von 1931 spielen sollte, aber vor Beginn der Dreharbeiten starb und Bela Lugosi dadurch seinen großen Auftritt bekam.

Die ersten Jahrzehnte des Kinos waren im Wesentlichen der Wilde Westen. Es war eine Zeit des Experimentierens und wenig bis gar keiner Reglementierung, die Filmfans bis heute fasziniert – vor allem, wenn man bedenkt, wie viele dieser frühen Stummfilme durch Vernachlässigung oder Feuer verloren gegangen sind. Der Horror-Mystery-Film galt schon bei seiner Veröffentlichung als umstritten. Berühmt wurde der Film jedoch durch einen Mord im Jahr 1928, bei dem der Mörder behauptete, er habe Visionen von Lon Chaneys Figur gesehen, die ihm angeblich befohlen habe, eine Frau mit einem Rasiermesser zu zerstückeln. Dieser Mord sorgte für Schlagzeilen und trug zum düsteren Charme des Films bei. War in London After Midnight eine böse Macht am Werk? War es ein verfluchter Film oder nur eine bequeme Ausrede für einen geistesgestörten Verbrecher?

Am 23. Oktober 1928 wurde im Londoner Hyde Park ein blutbesudelter, verwirrter Mann namens Robert Williams gefunden. Neben ihm lag ein blutverschmiertes Rasiermesser und der leblose Körper einer Frau, Julia Mangan. Als die Polizei eintraf, zeigte Williams auf Mangan und schrie: „Ich war’s, sie hat mich geärgert.“ Williams wurde verhaftet und später im Old Bailey vor Gericht gestellt. Er behauptete, er und Mangan seien Freunde gewesen und er habe sie heiraten wollen, aber sie habe abgelehnt. Williams sagte, das Letzte, woran er sich in jener Nacht erinnere, sei, dass er Mangan pfeifen hörte:

„Dann fühlte ich mich, als würde mein Kopf explodieren, als käme Dampf aus beiden Seiten. Alles Mögliche ging mir durch den Kopf. Ich dachte, ein Mann hätte mich in die Enge getrieben und schnitt Grimassen. Er drohte mir und schrie mich an, und sagte mir, was ich tun sollte!“

Wer war dieser Mann? Kein anderer als der Schauspieler Lon Chaney, den Williams kürzlich in London After Midnight gesehen hatte. Williams behauptete, Chaneys unheimlicher Charakter habe irgendwie von ihm Besitz ergriffen und ihn zum Mord getrieben. Die Geschworenen konnten kein Urteil fällen, aber in einem Wiederaufnahmeverfahren 1929 wurde Williams für schuldig befunden und zum Tode verurteilt. Im letzten Moment wurde er jedoch dazu verurteilt, den Rest seines Lebens in einer psychiatrischen Anstalt zu verbringen.

Schon vor dem Mord von 1928 erregte London After Midnight Aufsehen. Denn darin ging es auch um Selbstmord, ein Thema, das in der höheren Gesellschaft im Allgemeinen nicht erwähnt wurde. Nachdem Williams sein Verbrechen begangen hatte, wurde der Film mit unaussprechlicher Gewalt assoziiert.

London After Midnight war dann auch nicht gerade ein Kritikerliebling. Es wurde bemängelt, dass die Zusammenarbeit zwischen Lon Chaney und Regisseur Tod Browning nicht ihre beste war. Außerdem ergebe die Handlung einfach keinen Sinn. Warum sollten schaurige Freaks plötzlich ein Haus bewohnen, in dem ein Mann ermordet worden war? Das Kinopublikum war, wie so oft, ganz anderer Meinung als die Kritiker. Der Film spielte fast 1 Million Dollar an den Kinokassen ein, eine beeindruckende Zahl für die damalige Zeit. Es war der erfolgreichste gemeinsame Film von Chaney und Browning.

Aus der Stummfilmzeit sind nicht viele Filme erhalten; die Library of Congress schätzt, dass nur 14 % dieser Filme in ihrem Originalformat erhalten sind. Ein Teil davon ist auf die Praktiken der Studios zurückzuführen, die die Filme nach ihrem kurzen Kinostart oft zerstörten. Und dann gab es da noch die unglücklichen Unfälle – Zelluloid ist leicht entflammbar, und Brände vernichteten häufig die gelagerten Filmrollen. So auch das Schicksal von London After Midnight. Die Popularität von London After Midnight stieg noch weiter an und wird heute von einigen als der „Heilige Gral“ der verlorenen Filme angesehen.

Tony Quinn (Die schwarze Fledermaus)

Die Schwarze Fledermaus ist ein eher unbedeutender Pulp-Held, an den man sich dennoch gut erinnert. Er gehörte zur „dritten Welle“ der Pulp-Helden, die alle auch Comic-Figuren hätten sein können, und erschien in Black Book Detective, herausgegeben von Ned Pines Pulp-Reihe „Thrilling“.

Die schwarze Fledermaus trug ein ähnliches Kostüm wie Batman, der etwa zur gleichen Zeit (1939) auf den Markt kam, was wahrscheinlich einer der Gründe ist, warum die meisten Menschen sich überhaupt an ihn erinnern.

Bei all den neuen Geschichten über die Schwarze Fledermaus ist es wichtig, dass die Leute verstehen, wer die Figur wirklich ist, und vielleicht dazu angeregt werden, die Originalgeschichten zu lesen.

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125 Jahre Bly Manor

Dieses Jahr feiert eine der einflussreichsten Geistergeschichten aller Zeiten ihren 125. Geburtstag: Die Drehung der Schraube von Henry James. Die Novelle ist voller Zweideutigkeiten, lauerndem Grauen und psychologischer Bedrohung. Dabei ist die eigentliche Handlung schnell erzählt: Eine junge Frau nimmt die Stelle als Gouvernante in Bly, einem abgelegenen Herrenhaus, an. Die Kinder, um die sie sich kümmern soll, Miles und Flora, sind reizend, und zunächst scheint Bly ein Ort der sonnigen Zuflucht zu sein. Diese Idylle wird jedoch bald zerstört.

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Daumesdick (Der Däumling)

Die Geschichte vom Däumling, von den Brüdern Grimm auch „Daumesdick“ oder „Daumling“ genannt, ist das älteste englische Märchen, das in gedruckter Form vorliegt. Sicherlich gibt es Märchen, die noch älter sind, das Motiv des Rumpelstilzchens zum Beispiel ist über 4000 Jahre alt, aber das älteste erhaltene gedruckte Märchen ist „The History of Tom Thumbe“ von Richard Johnson. Es wird vermutet, dass nur ein einziges Exemplar des Originaldrucks aus dem Jahr 1621 erhalten ist. Möglicherweise handelt es sich aber bereits um einen Nachdruck.

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Eine Geschichte über die Anderen

Nur mal angenommen, wir lernen Menschen kennen, die uns normalerweise erschauern lassen würden. Weil sie gar nicht mehr da sein dürften. Es sind nette, ein bisschen seltsame, durchweg aber freundliche, aufmerksame, hilfsbereite Menschen. Gut so weit. Und dann finden wir Fotos von ihnen. Alte Post-mortem-Bilder. Echte Bilder, die unmittelbar nach ihrem Tod gemacht wurden. Eben Bilder von just Verstorbenen, die man im 19. und frühen 20. Jahrhundert zur Erinnerung an geliebte Familienmitglieder und innig geschätzte Freunde noch eilends anfertigen ließ und in Ehren hielt. Diese Bilder waren die oft einzigen Aufnahmen von ihnen, – die Fotografie, noch in den Kinderschuhen, war halt eine sehr kostspielige Angelegenheit – , und sie zeigten deren Leichen. Das war, salopp formuliert, ja auch besser als nichts.

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