Bedlam

Heute ist das Bethlem Royal Hospital in London eine moderne psychiatrische Klinik. Wer jedoch das Pech hatte, in früheren Zeiten dort eingeliefert zu werden, weiß, warum sein Name noch heute für Chaos und Wahnsinn steht. Das Bethlem Hospital (schon früh zu „Bedlam“ abgekürzt) war die erste Irrenanstalt Europas. Es wurde 1247 von der Kirche als Almosenhaus gegründet und war 1357 die erste Einrichtung, in der versucht wurde, psychisch Kranke zu behandeln. Der italienische Bischof Goffredo de Prefetti gründete die Einrichtung, um durch Almosen Geld für die Kreuzzüge zu sammeln.

Es ist unklar, wann sich der Schwerpunkt der Einrichtung ausschließlich auf die Behandlung von Geisteskranken verlagerte, aber um 1330 wurde sie als Hospital bezeichnet und um 1377 war sie hauptsächlich als Heim für Geisteskranke bekannt. Seit mehr als sechs Jahrhunderten werden in Bedlam Geisteskranke behandelt. Doch fast all diese Jahre lebten die Insassen unter fast unvorstellbaren Bedingungen des Grauens, des Schmutzes und des Missbrauchs.

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Lovecraft und der Cthulhu-Mythos

Er gilt als Vater des kosmischen Grauens – doch H. P. Lovecraft hat den Horror nicht erfunden, sondern neu gedacht. Zwischen Wissenschaft und Albtraum, zwischen Poe und Kafka schuf er eine Literatur, in der der Mensch keine Rolle mehr spielt: das Universum ist gleichgültig, die Götter sind blind, und Wissen führt in den Wahnsinn. Wie aber formte Lovecraft aus der Weird Fiction eine moderne Mythologie? Warum zementierte ausgerechnet der von August Derleth erfundene „Cthulhu-Mythos“ seinen Ruhm ? – und weshalb ist Lovecrafts nihilistisches Weltbild heute aktueller als je zuvor?

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Licht

Sie drehte sich um und beobachtete, wie der Fremde an ihr vorbei ging,
fragte sich, was ihm zugestoßen sein mochte. Im anständigen Teil
der Stadt beteten sie die Wirklichkeit an. Es brannte nicht mehr, als er
einige Stunden später erwachte.

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Wünschenswerte Apokalypse

Ich verhalte mich so, als gäbe es keine Menschen mehr – was von einer Tatsache nicht weit entfernt ist. Ich frage mich dann: würde ich schreiben und sprechen, wenn diese – für mich im Grunde wünschenswerte – Tatsache einmal eintreten sollte. und die Antwort ist: natürlich. Ja, das würde ich, denn ich tue es ja jetzt auch; und der Unterschied ist nur marginal.

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Den Groll, den sie sich schenkten

 

In dem Nichts aller Zimmer, aller Räume, in denen weder alte Geschichten
mit ihren formalen Resten noch intakter Wandschmuck ihre Aufwartung machten,
zündeten sie Kerzen an und besahen sich schnüffelnd Mäusedreck und
zerschundene Türstöcke. Sie wieherten wie Tiere in einer brennenden Asinerie,
teilten sich auf und vermaßen halb erstickt vor Wut auf sich selbst
das großzügige Untergeschoss mit den nassen Wänden, die den Erdhang
nur scheinbar davon abhielten, eines Tages neugierig, dunkel und schwer
in ihr Leben einzugreifen;

vielleicht sehnte man sich bereits nach der gähnenden Schlucht. Niemand
sah sie, auch ich nicht, niemand sah sie je ganz, in ihrem Geschirr, in ihrem Stall, in
ihren Heuboxen, dem Groll, den sie sich schenkten und in dem die vielen
Ornamente der Düsternis flackernd zerfallen. Jeder stürzte
für sich den darmartigen Tunnel, dem kleinen Gescheide entlang, während
traubenartige Auswüchse auf sie zueilten. Das Ende des langen Flusses
vor ihrer gläsernen Haustür war in weite Ferne gerückt, der Boden schwankte
wie ein trunkenes Schiff.

Man stolperte nicht nur einmal, hielt sich an den rebenartigen Gewächsen fest,
die eine zähe Flüssigkeit absonderten, die keineswegs an Wein erinnerte,
Seidensekrete mochten eine ähnliche Wirkung erzielen, denn es wollte kaum gelingen,
seine Finger wieder von den Webstricken zu lösen. Dann aber sah man
das Leuchten der Kerzen näher rücken. Die Mädchen setzen sich
auf den zerfurchten Boden, ihre tiefen, verborgenen Seelchen sangen Lieder, die sie
den Grashalmen abgehört hatten. Wenn morgen die Möbel kommen,
wird es wieder so sein wie früher. Sie schliefen ein und träumten
von einer gigantischen Glocke, die in einem makellos blauen Himmel hing.

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Die Magie der verborgenen Schuhe

Ein „verborgener Schuh“ ist ein Schuh, ein Stiefel oder eine Pantoffel, die in den Wänden von Gebäuden und Häusern versteckt sind – manchmal mit magischer Absicht durch Bauherren und Hausbesitzer. Aberglaube und spirituelle Überzeugungen veranlassten die Menschen, diese Gegenstände an geheimen Orten zu verstecken, um Hexen und böse Geister abzuwehren. Schließlich wurden so viele dieser Schuhe gefunden, dass Gelehrte und Archäologen erkannten, dass sie absichtlich aus Gründen dort angebracht wurden, die für uns im Dunkel liegen.

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Esset nicht davon

Teil 1

Teil 2

Vom christlichen Satan über den islamischen Iblis bis hin zum zoroastrischen Angra Mainyu taucht die Idee eines singulären Wesens, das das Böse repräsentiert, als kulturelle Allgegenwart immer wieder in den Annalen der Menschheit auf. Eine gegnerische Kraft, die sich im Kontext bestimmter Traditionen und Gesellschaften auf einzigartige Weise als Archetyp manifestiert. Der hinduistische Ravana etwa, jener zehnköpfige Dämonenkönig, der die Göttin Sita entführte – auch er trägt die Züge des ewigen Widersachers, der Ordnung in Chaos verkehrt. Zehn Köpfe und darin zehn Münder mit zehn verschiedene Versprechen, die alle auf dasselbe hinauslaufen: die Grenze überschreiten, die nicht überschritten werden darf.

Der Pakt mit dem Teufel ist die formalisierte Variante dieser Überschreitung. Wenn man so will, ist er die Vertragsform der Sünde, ihre juristische Kodifizierung. Was im Garten Eden noch eine spontane Geste war – der Griff nach der Frucht –, wird hier zum Rechtsakt, komplett mit Gegenleistung, Bedingungen und Unterschrift. Die Geschichte kennt viele solcher Pakte, dokumentiert und undokumentiert, und zwei davon tauchen jetzt vor mir auf und liegen auf meinem Pult. Jenen den Benediktinermönchs Herman im Jahr 1229 einging und jenen, den Elizabeth Knapp im Jahr 1671 verweigerte.

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