Schlimm Bimm um 12

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Funkelnagelnöie Outstellung

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Die Kammer und der Teekessel

Ich sehnte mich nach Ruhe, doch die Sterne hielten mich wach. Ihr Licht galoppierte an meinem Augenkranz entlang und verfing sich dort in meiner Realität, die nicht selten zerbröselte wie trockener Sandstein. Eine Burg, ja, wenn man die Regeln der Zeit beachtet. Jedes Konstrukt haucht sich selbst das Leben ein durch seine Form. Auch wenn ich versucht war, dem ganzen zu entschwinden, gehörte ich doch den gesetzlosen Schimären an, die nicht wissen, was sie tun und deshalb das richtige tun. Ein Entzug des Beinahen, ein Entzug vom Beinahen, vom Nahenden, dem Nahenden also auszuweichen – das alles tat ich, indem ich mich nach Ruhe sehnte. Doch die Sterne hielten mich wach. Sie glitzerten wie feuchte Augen, und einem solchen magischen Blick konnte ich mich noch niemals entziehen. Wer mag da draußen seine Runden drehen, ungesehen in der Dunkelheit, der Tiefe von Kavernen? Man sieht ihn nicht, sieht nicht, was sich unsichtbar bewegt. Etwas bewegt sich unablässig um das Haus. Es poltert nicht oder knurrt. Kein Gras knickt unter Hufe, kein Atem bräst über fremde Lippen. Nichts.
Ich erhob mich von der Chaiselongue und sah mich in der Kammer um, in der alle Dinge tanzten. Sie bewegten sich nicht, aber sie vibrierten, wie alle Dinge, die eine Nachricht brachten. Auch sie zog es zum Sternenlicht, von dem sie munter und halbschattig begünstigt wurden. Nun war der Teekessel auf meinem Stövchen das einzige Ding, mit dem ich ein Gespräch beginnen konnte, vor allem um diese Uhrzeit, wo mir doch alle anderen Utensilien versuchten, einen Bären aufzubinden.

„Du reflektierts den Schein, sagte ich. Wie meine Augen auch. Glaubst du denn nicht auch, das Licht sei gekommen, um uns einen Weg zu bahnen in unbekanntes Territorium?

Ich würde etwa fünf Minuten warten müssen, bis sein Wasser kochte und er eine pfeifende Antwort geben konnte. Derweil zählte ich die Schnecken in meinem Gesicht, die dort nach etwas suchten, das ich unter dem Teppich versteckt hielt. Ich hielt es vor ihnen geheim, denn falls sie auf die Idee kamen, unter den Teppich zu schlüpfen, um danach zu suchen, bestünde die Gefahr, dass ich sie zertrat.
Als das Pfeifen den Raum erfüllt und Dampf aufwallte, stellte ich mein Gehör etwas nach rechts, fand erst nicht die korrekte Frequenz, konnte dann aber die Antwort meines Kessels klar und schwebend in diesem kargen Zimmer vernehmen, indem ich nun seit neun Jahren darauf wartete, dass sich ein Weg zurück fand. Das Sternenlicht war sicher ein neuer Hinweis, doch der Kessel spottete nur.

„Ich koche und kühle ab. Was außen schimmert erblickt in mir nur verkalkte Reste, so wie du. Ich kann dir dienen, du mich wienern, du trinkst Tee und ich pfeife dir die Bereitschaft einer Jahrhunderte alten Gabe. Aber im ausgeschenkten Wasser steckt immer auch ein Teil von mir selbst. Mit Lichtern bin ich weniger vertraut.

Nun stolperte ich über die Heringe eines Zeltes, das nie aufgebaut worden war. Ich ließ sie liegen, damit ich mich daran erinnerte, dass es einst eine Welt gab, die ein Draußen kannte. Schwimmende Räume ohne Wasser sind instabile Gefährte, sie navigieren auf unbekannten Bahnen.
Der Tee schmeckte wie Stroh, alt und trocken.

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Wayward

Der Instinktlose blieb stehen in einem Feld aus Flecken.
Die räuberische Kraft war geboren. So barst eine große
Population aus den Maulwurfhügeln, in Eisen
geklemmt wie Ritter nicht. Wahrhaftig seemännisch,
wahrhaft sauertief. Ein Ringen begann.
Es glaubt kein Fiebertross an einen Eunuchen. Ich
befand mich außerhalb der Rufweite meiner
behelmten Launen. Wayward.

In einer Welt von außerordentlicher Länge
käme ein Zerfall ganz recht. Bündig wie Gartenblumen
schiene mir die Schneise geschlagen, um hinzugehen,
zu verweilen und darüber hinaus nichts zu tun.

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Nebelversailles

Wenn man die Erzählungen nicht bricht, kommt immer das gleiche dabei heraus, ein Pfad, der sich nicht ändert, noch nicht einmal die Sohlen nutzen sich ab, keine Blume verwelkt und es wird auch keine neue geboren, die Ermüdung setzt ein und die Fähigkeit, das Wunder zu gestalten, verschwindet wie das Nachbild eines Blitzes, so schnell wie es gekommen ist, aber eigentlich zurückgelassen wurde, damit wir ihm folgen. Es gibt da die Sage vom Regenbogen, aber ist es denn wirklich ein Regenbogen?

Verlier‘ nicht deinen Kopf, Marie, denn irgendwann da könntest du ihn brauchen.

Es ist sehr schön, dass ihr mich besucht; seht, ich bin kaum vom Wetter gegerbt, wie lebt es sich in eurer einsamen Zeit?

Einst besuchten mich zwei Engländerinnen im Garten, wie war noch ihr Name, ich beachtete sie kaum. Das Verschwinden einer Welt zugunsten einer anderen, wir schaffen Platz, um uns nicht an den Schultern zu berühren, während wir durch den traumhaften Nebel wandeln, die Spiele der Gewalten uns voraus.

Die Zeit ist ein Feld, ein Acker mit Gebäuden, in den Gebäuden Parzellen und ein Keller und ein Boden; oben und unten sind identisch, aber unten und oben sind es nicht.

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Generation Loss (Dem Tod so nah) / Elizabeth Hand

Dem Tod so nah ist kein Pageturner im klassischen Sinne, sondern ein Noir-Horror über das Sehen: über den Blick, das Bild, das Begehren – und den ethischen Preis der Kunst. Der Roman besticht durch eine kompromisslos ehrliche, oft abstoßend faszinierende Ich-Erzählerin, eine messerscharfe Prosa und ein Setting aus Wetter, Holz, Salz und Schatten. Hand verhandelt die Frage, was Bilder mit der Wirklichkeit anstellen – und mit den Menschen, die sie machen.

Cass Neary, einst ein Shooting-Star der New Yorker Punk-Fotografie, heute ausgebrannt, abgehalftert, und gezeichnet von zu viel Pillen und Alkohol, bekommt eine letzte Chance: sie soll eine zurückgezogen lebende Ikone der 70er-Fotokunst auf einer abgelegenen Insel vor der Küste von Maine interviewen. Was wie eine Reportage beginnt, entwickelt sich zur Erkundung einer Landschaft aus Verschwinden, Gewalt und künstlerischer Obsession. Jugendliche werden vermisst, die Dorfgemeinschaft schweigt, und je näher Cass der legendenumwobenen Kollegin kommt, desto deutlicher wird, dass nicht nur Bilder, sondern auch Menschen „entwickelt“ – und dabei zerstört – werden können.

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Die Schatten von Edinburgh / Oscar deMuriel

Der viktorianische Krimi, oder die Gothic Mystery, hat mittlerweile eine Vielzahl an Ablegern, so dass man sich wundert, wenn ein neuer Autor für sich beschließt, seine Geschichte ebenfalls in dieser Zeit anzusiedeln. Man fragt sich, ob dieses ganz spezielle historische Setting nicht schon längst überlaufen ist. Meine Antwort darauf ist ein klares Nein, denn auch, wenn es viele Reihen und Romane gibt, die das 19te Jahrhundert aufsuchen, sind wenige davon wirklich herausragend. Es wird wohl kaum möglich sein, die De Quincey-Trilogie von David Morrell vom Thron zu stoßen, aber auch darunter ist noch eine Menge Platz… für Frey und MacGray.

Das Interessante an Oscar de Muriel, dem Autor der ausgezeichneten Frey und McGray – Reihe, ist, dass er in Mexico City geboren wurde, also in einem Land, das nicht gerade für sein nebelverhangenes Gaslicht bekannt ist. Er kam ins Vereinigte Königreich, um seinen Doktortitel in Chemie zu machen und arbeitete als Übersetzer, um sich in dieser Zeit über Wasser zu halten. Wer jemals in Großbritannien war, der weiß, wie einfach es ist, dort die Idee für einen unheimlichen Krimi zu bekommen. Während London mittlerweile literarisch überlaufen ist, drängen immer mehr Autoren ins schottische Edinburgh. De Muriel hat dann auch nicht gezögert, einen Schotten und einen Engländer als Ermittler einzusetzen, deren Gegensätze von Beginn an das raffinierte Hintergrundrauschen bilden, denn es dürfte allgemein bekannt sein, dass hier nicht gerade wenig Konfliktpotenzial vorhanden ist. Sicher kann man behaupten, dass DeMuriel als Ausländer auf Stereotype und Facetten zurückgreift, die Gemeinplätzen ziemlich nahe kommen, aber so einfach sollte man es sich nicht machen, denn man merkt zu keiner Zeit, dass der Autor kein Brite ist. Das allerdings sage ich natürlich selbst als Nicht-Brite.

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