Locusta

Im alten Rom, einer Welt voller Machtspiele und Intrigen, tauchte im ersten Jahrhundert eine Frau auf, die die Kunst des Tötens zur Perfektion brachte. Ihr Name war Locusta, und sie war eine Giftmischerin aus Gallien, die zu den berüchtigtsten Persönlichkeiten ihrer Zeit werden sollte. Trotz der begrenzten Aufzeichnungen über sie ist eines gewiss: Locusta war nicht nur eine tödliche Bedrohung für ihre Feinde, sondern auch eine der ersten Serienmörderinnen der Geschichte.

Gift war in jener Zeit ein lautloser Killer, ideal für die heimlichen Machenschaften der römischen Elite. Ohne Kampf und ohne Blutvergießen konnte ein Opfer so aus dem Leben scheiden, und kaum jemand wusste, wer wirklich dahintersteckte. Die Angst vor Vergiftung wuchs daher stetig, und Kaiser sowie andere mächtige Römer schützten sich mit Vorkostern und Dienern, die jede Speise prüften, bevor sie serviert wurde. Besonders berüchtigt war Atropa Belladonna, die Tollkirsche, deren tödliche Wirkung dazu noch Halluzinationen hervorrufen konnte. Schriftsteller der damaligen Zeit notierten sogar genaue Dosierungen, um zwischen Qual und einem schnellen Tod zu entscheiden. Die Kunst des Vergiftens reifte zu einer erlernbaren Wissenschaft heran, und Locusta beherrschte sie meisterhaft. Antike Historiker wie Tacitus und Cassius Dio erzählten von ihrer tödlichen Begabung, die sie schon bald zu einer gefürchteten Figur machte.

Weiterlesen
Veröffentlicht unter Journal | Schreib einen Kommentar

Kein Jammer

In den letzten Monaten waren hier viele Anomalien am Nachthimmel zu beobachten gewesen. Seltsam scheint es mir, dass dieses weltweite Phänomen hierzulande nicht wahrgenommen wurde; wobei: was man nicht wahrnimmt, darüber kann man schwerlich sprechen. Gerade die Deutschen sind ein sehr dummes Volk. Das Mond tat ebenfalls, was er wollte, obwohl das nicht stimmen kann, weil sonst alle Wasser aus der Büchse geschwemmt wären, unser eigenes hätte uns wohl das Gehirn zertrümmert. Kein Jammer.

Veröffentlicht unter Brouillon | Schreib einen Kommentar

Die schweigende Welt des Nicholas Quinn / Colin Dexter

Morse ist ein interessanterer Charakter. Er ist ein Mann, der den Leser fasziniert, dem man aber auch mit Vorbehalten gegenübersteht. Lewis findet ihn zuweilen unnötig grob, und das ist er auch. Morse ist ein Effekthascher wie viele großen Detektive, und seine Grobheit dient dazu, die Leute aufzurütteln. Außerdem ist er ein rasender Egoist. Er sagt den Leuten, die er trifft, ziemlich oft, dass er „den besten Verstand in ganz Oxford“ hat. Interessanterweise zeigt er es dann auch. Morse vereint viele widersprüchliche Charaktereigenschaften. Bewunderung und Abscheu liegen nah beieinander, und das ist der Grund, warum Morse so ein überragendes literarisches Gesicht und Gewicht trägt.

Dabei musste Colin Dexter nicht lange nachdenken, wie er seinen Inspektor anlegt. Er nahm sich selbst als Vorbild. Nicht nur, was das Interesse an Bier, englischer Literatur, kryptischen Kreuzworträtseln usw. betrifft, sondern gerade von der Persönlichkeit. Beim Lesen der Morse-Romane hat man unweigerlich das Gefühl, Colin Dexter selbst vor sich zu haben und nicht etwa nur eine fiktive Figur. Morse kennt – wie Dexter – seine Fehler nur zu genau, ist aber nicht imstande, sich für sie zu entschuldigen.

Weiterlesen
Veröffentlicht unter Bouquinist | Verschlagwortet mit | Schreib einen Kommentar

Weirdo

(c) A. Anders
Veröffentlicht unter Lumiere | Verschlagwortet mit , | Schreib einen Kommentar

Female Horse Feet

(c) A. Anders
Veröffentlicht unter Lumiere | Verschlagwortet mit , | Schreib einen Kommentar

Tempus fugit

Frühlingserwachen mit entferntem Honiggeruch, Kaffee weht schillernd durch den Flur, Schafscheiße ganz sanft im Rachen, prägnante Wolle, Pulloverpollen, der blühende Garten, tempus fugit.

Ich kann das Jetzt riechen, zumindest eine Femtosekunde lang, sogar die Linzer Torte von letzter Woche, deren Krumen im wasserblauen Kunstfaser-Flokati keimen. Und wer weiß: eines Tages hängen vielleicht Kuchennüsse an den jungen Trieben und man wäre bald von einem Schlaraffenland umzingelt, von dem mörderischen Wehklagen schmerzender Bäuche.

Ein unruhiges Flackern, wie es die Erinnerung manchmal inszeniert; der Versuch einer Verschleierung, weil all das Außen nur umgestülptes, ausgestülptes Innen ist – Nordgeschmack, erfüllt von diesen zutiefst entschlossenen Wassern; des Geistes Dämmerung sinkt nieder. Die Luft blaupauste für einen Sommerbrand.

Es ist immer das verlorene Paradies (Hy Brysail), das auch die Iren an klaren Tagen erblicken. Selbst in der zum Tausendsten Male gesehenen Häuserfront sehe ich ins Unendliche, sehe die Variation der Dinge.

Über dem Land liegt nichts als Raum, in den die Sonne an diesem Tag hineinstoßen wird, die ersten Vögel räuspern sich schon, das Hungergrollen der Mägen rollt von Wipf zu Wipf. Was vergangen ist, erwacht erneut, doch es weiß nichts von gestern und beginnt damit, alles so zu tun, wie es das große Unbekannte vorsieht.

Wenn nichts aus einem bestimmten Grund geschieht, dann ist der Anblick eines ruhenden Dorfes, bevor Eos erscheint, eine der schönsten Sinnlosigkeiten, die es gibt.

Ich schlafe nur, um mich zu rechtfertigen.

Ich komme aus vielen Generationen und Schmutz.

Veröffentlicht unter Hundertprosa | Schreib einen Kommentar

Die Nachttonne bei Tage

Veröffentlicht unter Lumiere | Verschlagwortet mit | Schreib einen Kommentar