Die Veranda

Kult!

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Die Geschichte des Fantasy -6- Zwischenstation

In den ersten Artikeln haben wir uns die Frage gestellt, wer der erste Autor war, der eine unabhängige Anderswelt beschrieben hat. Wir haben dort nach Hinweisen oder Regeln gesucht, die eine unabhängige Anderswelt definieren könnten. Im diesem Teil werden wir uns mit einigen Anhaltspunkten beschäftigen, die in der Vergangenheit verwendet wurden, um eine Fantasiewelt von der Realität zu unterscheiden.

Zur Erinnerung: William Morris wird allgemein zugeschrieben, der erste gewesen zu sein, der seine Geschichten in einer reinen Phantasiewelt angesiedelt hat. Das bedeutet, die Handlung in eine Welt zu verlegen, die nichts mit der unseren gemein hat. Das behaupten zumindest Lin Carter und L. Sprague de Camp. Es gibt jedoch jemanden, der lange vor Morris eine eigene Welt geschaffen hat. Dennoch sollten wir uns fragen, warum es so lange gedauert hat, bis jemand auf diese Idee kam. Erinnern wir uns daran, dass Morris’ Die Zauberin jenseits der Welt im Original 1894 erschien, und selbst wenn es einen Schriftsteller gab, der vielleicht ein paar Jahrzehnte früher eine andere Welt erfand, bleibt die Tatsache bestehen, dass es Tausende von Jahren dauerte, bis die Idee einer unabhängigen Welt aufkam. Warum?

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Sweeney Todd (Der teuflische Barbier)

Basiert Sweeney Todd auf einer wahren Geschichte oder ist er nur eine Figur, die sich ein Schriftsteller ausgedacht hat?

Sweeney

Ich bin sicher, ihr habt alle schon einmal von ihm gehört. Sweeney Todd, der teuflische Barbier der Fleet Street. Sein Friseurstuhl war auf geniale Weise präpariert, denn nachdem Todd einem Kunden die Kehle durchgeschnitten hatte, bediente er einen Bolzen, der die Leiche rückwärts durch eine Falltür schickte, die in den Keller führte. Dort wurden die Opfer zu Fleischpastete verarbeitet, die in der angrenzenden Konditorei verkauft werden sollte. Geleitet wurde das Geschäft von einer Mrs Lovett, deren Vorname – je nachdem, wer die Geschichte erzählt – variiert.

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Der Tower of London

Der Tower of London wurde 1078 von Wilhelm dem Eroberer erbaut. Es handelt sich um einen Komplex aus mehreren Gebäuden, die von zwei Mauerringen umgeben sind, die Eindringlinge fernhalten sollten. Im 12. und 13. Jahrhundert erweiterten die Könige die Anlage mehrmals. Der Tower of London spielte eine wichtige Rolle in der Geschichte Englands. Er diente als Schatzkammer, öffentliches Archiv, Waffenkammer, Sitz der königlichen Münze und Aufbewahrungsort für die Kronjuwelen des Landes. Trotz zahlreicher Um- und Anbauten ist der ursprüngliche Grundriss des Turms erhalten geblieben. Die Geschichte des Landes wäre unvollständig, würde man den Tower of London nicht erwähnen. Der Tower wurde mehrfach belagert. Könige und Eroberer glaubten, dass der Tower zuerst erobert werden müsse, um das Land kontrollieren zu können. Im 15. Jahrhundert wurde der Tower als Gefängnis genutzt.

Die Blütezeit der Nutzung als Gefängnis war jedoch das 16. und 17. Elisabeth I. war eine der vielen prominenten Persönlichkeiten, die im Tower gefangen gehalten wurden. Die Nutzung des Towers als Gefängnis machte den Ausdruck “in den Tower geschickt” populär. Obwohl viel darüber gesprochen wurde und der Glaube vorherrschte, dass der Tower ein Ort des Todes und der Folter sei, wurden insgesamt nur sieben Menschen im Tower hingerichtet, eine im Vergleich zu anderen Orten geringe Zahl. Die Hinrichtungen fanden in der Regel auf dem berüchtigten Turmhügel auf dem Burggelände statt. In 400 Jahren fanden 112 Hinrichtungen auf dem Tower Hill statt. Während der beiden Weltkriege wurde die Burg erneut als Gefängnis genutzt und 12 Männer wurden wegen Spionage hingerichtet.

Der Tower gilt aufgrund seiner zahlreichen Geister als einer der unheimlichsten Orte der Welt. Das liegt natürlich an seiner lange Geschichte voller Schrecken und Blut.

Selbst Kinder wurden im Bloody Tower getötet. Im Jahr 1483 starb Edward IV. unerwartet und sein zwölfjähriger Sohn Edward V. sollte den Thron erben. Doch sein Onkel, der Herzog von Gloucester, erhielt vom Parlament die Erlaubnis, selbst den Thron zu besteigen. Edward V. und sein jüngerer Bruder Richard verschwanden kurz darauf auf mysteriöse Weise und wurden nie wieder gesehen. Obwohl die Kindersterblichkeit zu dieser Zeit sehr hoch war, verschwanden die beiden jungen Prinzen auffällig gleichzeitig. Man munkelte, ihr Onkel habe sie töten lassen (oder selbst getötet), um seinen Platz auf dem Thron zu sichern. Im Jahre 1674 wurden kleine Skelettreste gefunden, die sich bei neueren Untersuchungen sowohl als menschliche als auch tierische Überreste herausstellten. Wurden die jungen Prinzen zusammen mit ihren Haustieren gefangen gehalten? Oder wurden sie vielleicht zusammen mit toten Tieren begraben? Vielleicht werden wir es nie erfahren.

Dennoch wurden im Laufe der Jahrhunderte zwei gespenstische Knaben gesehen. Im fünfzehnten Jahrhundert, nachdem die Fürsten verschwunden waren, sollen Wächter die Geister von zwei Jungen im Tower gesehen haben. Die Jungen schienen weiße Nachthemden zu tragen und bewegten sich mit einem “erschrockenen” Gesichtsausdruck die Treppe hinunter. Sie hielten sich aneinander fest und verschwanden schließlich. Im Laufe der Jahrhunderte wurde von weiteren Erscheinungen der beiden Geisterprinzen berichtet, die sich alle ähnelten: Die Jungen wirken verängstigt und traurig, und wenn der Beobachter versucht, sie zu trösten, verschwinden sie wieder.

Anne Boylen
Anne Boylen

Ein weiterer beliebter Geist, der im Tower von London sein Unwesen treibt, ist Anne Boleyn. Sie wurde der “Untreue” beschuldigt und es gab auch Gerüchte, sie sei eine “Hexe”. Ihr Mann, König Heinrich VIII., der die schlechte Angewohnheit hatte, sich entweder von seinen Frauen scheiden zu lassen oder sie zu töten, ordnete ihre Enthauptung an. Sie wurde am 19. Mai 1536 enthauptet, und noch heute kann man sehen, wie sie mit dem Kopf unter dem Arm durch den Tower schreitet. Es wird auch berichtet, dass sie eine geisterhafte Prozession von Damen und Herren des Adels durch den Gang der Chapel Royal anführt.

Catherine Howard war eine weitere enthauptete Frau von König Heinrich VIII. Sie soll in einen Mann namens Thomas Culpepper verliebt gewesen sein, der kurz vor ihr hingerichtet wurde. Ihre letzten Worte sollen gewesen sein:

“Ich sterbe als Königin, aber ich sterbe lieber als Culpeppers Frau”.

Sie war 21 Jahre alt, als sie hingerichtet wurde und soll noch heute im Tower von London leben. Im Gegensatz zu Anne Boleyn erscheint der Geist von Catherine Howard in ihrer menschlichen Gestalt – der Kopf ist dort, wo er sein sollte.

Viele andere Adelige wurden in den vergangenen Jahrhunderten im Tower of London gefoltert und hingerichtet. Jeder liebt eine gute Geistergeschichte, und jedes Jahr strömen die Menschen in den Tower in der Hoffnung, einen Blick auf den einen oder anderen berühmten Geist zu erhaschen. Auch paranormale und psychische Untersuchungen wurden im Tower durchgeführt. Hoffen wir, dass diese ruhelosen Geister eines Tages endlich Frieden finden.

Der Schatz des Abtes Thomas / M. R. James

In M. R. James’ literarischem Universum ist Latein die Sprache der Gelehrten – wer etwas auf sich hält, beherrscht sie fließend. Dies gilt nicht nur für James, sondern erinnert auch an Umberto Eco. Folgerichtig beginnt die Erzählung Der Schatz des Abtes Thomas mit einer umfangreichen lateinischen Passage, die der Antiquar und Gutsherr Mr. Somerton umgehend zu entschlüsseln versucht. Was er dabei entdeckt, ist ihm zunächst nicht völlig klar, doch die Hinweise locken ihn auf die Spur eines verborgenen Schatzes. Diese Schatzsuche führt ihn schließlich in eine ihm fremde Gegend, die den Leser nach und nach enthüllt wird.

Mr. Somerton lebt auf dem europäischen Festland, in der Nähe von Koblenz, und gerät dort in eine bedrohliche Lage. Sein treuer Diener, unfähig, ihm selbst zu helfen, schreibt einen dringlichen Hilferuf an einen befreundeten Pfarrer in England. Dieser erkennt sofort die Dringlichkeit der Situation, nimmt das nächste Schiff und findet seinen antiquarischen Freund in einem entkräfteten, verängstigten Zustand vor. Somerton ist nicht in der Lage, über die Ereignisse zu sprechen, die ihn derart erschüttert haben. Bevor er seine Geschichte erzählt, bittet er den Pfarrer jedoch, eine Aufgabe zu erfüllen, deren Natur zunächst unklar bleibt. Erst nachdem diese vollbracht ist, offenbart er die düsteren Geschehnisse.

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Anrufe aus dem Jenseits

Das Phänomen der “Telefonanrufe von Verstorbenen” gehört zu den rätselhaftesten und zugleich unheimlichsten Erscheinungen der paranormalen Welt. Immer wieder berichten Menschen von Anrufen verstorbener Angehöriger oder Freunde – manchmal nur wenige Stunden nach deren Tod, manchmal erst Jahre später. Diese mysteriösen Anrufe haben oft eines gemeinsam: Sie sind von schlechter Qualität, werden von statischem Rauschen begleitet oder klingen, als kämen sie aus weiter Ferne.

Die bekanntesten Fälle solcher Phantomanrufe folgen oft einem bestimmten Muster. In vielen Fällen hören die Empfänger nur ein leises Knacken oder eine verzerrte, mechanisch klingende Stimme, die nur wenige Worte spricht, bevor die Verbindung abrupt abbricht. Manche Anrufer wiederholen einen einzigen Satz, während andere nur unverständliche Laute von sich geben. Es gibt aber auch Fälle, in denen die Kommunikation – wenn auch nur für kurze Zeit – kohärenter ist.

Ein besonders gut dokumentierter Fall ereignete sich am 12. September 2008. An diesem Tag kam es im San Fernando Valley zu einem verheerenden Zugunglück, bei dem 25 Menschen ums Leben kamen. Einer von ihnen war Charles Peck, ein 49-jähriger Mann mit einer Verlobten und zwei erwachsenen Kindern. Obwohl er bereits beim Aufprall starb, erhielten seine Angehörigen in den folgenden elf Stunden 35 Anrufe von seinem Mobiltelefon. Die Anrufe spendeten Hoffnung – vielleicht war Charles doch noch am Leben? Doch als die Rettungskräfte seine Leiche schließlich in den Trümmern fanden, stellte sich heraus, dass er die Anrufe unmöglich selbst getätigt haben konnte. Noch merkwürdiger: Es wurde nie offiziell bestätigt, ob sein Handy überhaupt im Wrack gefunden wurde.

Ein weiteres bemerkenswertes Beispiel stammt von Bestsellerautor Dean Koontz. Am 20. September 1988 erhielt er einen mysteriösen Anruf. Eine weibliche Stimme flüsterte ihm dreimal eindringlich zu: “Bitte, sei vorsichtig!” – Bei jeder Wiederholung klang sie ferner und unwirklicher. Die Stimme kam ihm seltsam bekannt vor. Erst später wurde ihm klar, dass sie ihn an seine Mutter erinnerte – eine Mutter, die allerdings schon seit fast 20 Jahren tot war. Zwei Tage später besuchte Koontz seinen Vater Ray in einer Pflegeeinrichtung, wo sich ein dramatischer Vorfall ereignete: Ray hatte einige Verhaltensprobleme und erst kürzlich einen anderen Bewohner angegriffen. Als Dean seinen Vater traf, griff sein Vater ihm mit einem Messer an, das Dean ihm aus der Hand reißen konnte. Die Polizei traf gerade ein, als Dean mit dem Messer in der Hand zurück in den Flur lief. Für die Polizisten sah er also wie der Täter aus. Er wurde wiederholt aufgefordert, das Messer fallen zu lassen, aber Dean erstarrte zunächst vor Angst. Ihm wurde jedoch schnell klar, dass die Polizei ihn wahrscheinlich erschießen würde, wenn er das Messer nicht fallen lassen würde.

Er besann sich rechtzeitig, ließ das Messer fallen und verhinderte so eine Eskalation. Noch lange danach fragte er sich: War es wirklich seine verstorbene Mutter, die ihn vor dieser Situation gewarnt hatte?

Die Idee, dass Verstorbene über das Telefon Kontakt aufnehmen könnten, ist nicht nur aus wahren Berichten bekannt, sondern taucht auch immer wieder in Literatur und Film auf. Ein frühes Beispiel findet sich in Julio Cortázars Kurzgeschichte Das Telefon klingelt, Delia (1941). Die Protagonistin Delia lebt allein mit ihrem kleinen Sohn, nachdem ihr Geliebter Sonny sie vor zwei Jahren verlassen hat. Eines Tages erhält sie während der Hausarbeit einen unerwarteten Telefonanruf. Am anderen Ende der Leitung meldet sich Sonny, der sie um Vergebung bittet und ihre Stimme hören will. Zunächst glaubt Delia, es handele sich um eine späte Rückmeldung eines Lebenden, doch im Verlauf des Gesprächs wird klar: Sonny ist tot. Der Anruf aus dem Jenseits konfrontiert sie mit der Vergangenheit, die sie verdrängt hat, und zwingt sie, sich ihrer Trauer und ihren unerledigten Emotionen zu stellen. Die Geschichte bleibt bewusst vage, doch das zentrale Motiv eines späten Abschieds durch das Telefon hallt bis heute nach.

Das Thema wurde auch in einer Episode der Kultserie The Twilight Zone behandelt. In der Folge Ferngespräch (Night Call, 1964) bekommt eine Frau ständig anonyme Anrufe. Anfangs hält sie die Anrufe für einen schlechten Scherz, aber dann findet sie heraus, dass die Anrufe von der Leitung eines längst verstorbenen Geliebten stammen. Die Geschichte ist natürlich fiktionalisiert und dramatisiert, beruht aber auf einem weitverbreiteten Mythos. Nämlich der, dass Verstorbene manchmal versuchen, die Lebenden über Telefonleitungen zu erreichen.

Die Meinungen bezüglich dieses Phänomens sind naturgemäß uneinheitlich. Skeptiker führen die Berichte auf Fehlfunktionen in Telefonnetzen, psychologische Effekte oder Zufälle zurück. Diese Erklärungsansätze sind jedoch nicht neu. Paranormale Forscher hingegen sind sich sicher, dass es möglich ist, dass Geister sich elektronischer Geräte bedienen, um mit Menschen in Kontakt zu treten. Das Konzept der elektronischen Sprachphänomene (EVP), bei dem mysteriöse Stimmen auf Tonbändern oder digitalen Aufnahmen zu hören sind, wird von vielen als Beweis für diese Theorie angesehen. Die Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, ist, ob Geister in der Lage sind, sich auch über das Telefon bemerkbar zu machen.

Es wird eines Tages gelingen, ein Gerät zu entwickeln, das speziell darauf ausgerichtet ist, mit der Geisterwelt zu kommunizieren. Dann wird endlich Klarheit geschaffen. Es gibt bereits Geräte wie das Geisterradio oder die “Spirit Box”, die durch zufällige Frequenzsprünge Stimmen Verstorbener einfangen. Paranormale Forscher nutzen es, um direkte Antworten aus dem Jenseits zu erhalten. Wenn wir solche Techniken weiterentwickeln, werden wir eines Tages ganz offiziell mit Verstorbenen kommunizieren können.

Die drei ??? und die gefährliche Erbschaft / William Arden

“Die drei Fragezeichen und die gefährliche Erbschaft” ist der 22. Band der beliebten Jugendbuchreihe und der sechste aus der Feder von William Arden, der uns zuletzt Der Phantomsee gebracht hat. Als seinen bisher besten Beitrag kann man durchaus Der verschwundene Schatz geltend machen, und ansonsten zeigt er sich bis auf ein paar lässliche Ausrutscher ziemlich solide. Was er aber hier in der gefährlichen Erbschaft abfackelt, gehört wirklich zum Besten, was die Serie überhaupt hergibt, obwohl sich die Geschichte auf die gute alte Schnitzeljagt beruft, aber diesmal in einer nahezu perfekten Darbietung.

Als der “reiche Exzentriker” Marcus “Dingo” Towne stirbt, ist sein Testament nicht weniger als eine große Überraschung: Derjenige, der sein Vermögen findet, darf es behalten.  Die Jungs werden in die Jagd hineingezogen, als Mr. Andrews Bob eine Vorabkopie des Testaments gibt (die am nächsten Tag in der LA Times veröffentlicht werden soll) und auch, weil Alfred Hitchcock (zu seinem großen Missfallen) als Testamentsvollstrecker genannt wird.

Ich, Alfred Hitchcock, weise jegliche Beziehung zu den my-steriösen Rätseln eines gewissen Marcus alias »Dingo« Towne weit von mir! Habe ich doch den alten Halunken kaum gekannt, und er hatte einfach nicht das Recht dazu, mich in seine Ränke aus der Totengruft zu verwickeln!

Sie werden von Townes Schwiegertochter Nelly und ihrem Verlobten Roger Callow (einem Anwalt) beauftragt, das Vermögen zu finden, und werden dabei von Nellys Sohn Billy unterstützt, der eines schönen Tages selbst Detektiv werden will.  

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Die drei ??? und der Tanzende Teufel / William Arden

In der Nachbarschaft von Peter Shaw hat sich eine seltsame Diebstahlserie ereignet, und die drei Detektive werden von der Nachbarstochter Christina (für 50 Cent) beauftragt, ihre verschwundene Puppe zu finden.  Als sie an einem kühlen, nebligen Abend eine Falle aufstellen, sehen sie nicht nur den Dieb, sondern auch eine furchterregende Erscheinung, die dem Verbrecher die Flucht ermöglicht. Durch den geschickten Einsatz von Justs Walkie-Talkie finden sie sein Versteck und das Diebesgut, treffen aber auch auf den Tanzenden Teufel, ein Monster, das ihnen am Strand erscheint.  Just kommt zu dem Schluss, dass der Verbrecher etwas sucht, das er noch nicht gefunden hat, und erklärt, dass der Fall gerade erst begonnen hat. Aber was sucht der Dieb – und was hat das mit dem Schrecken des Tanzenden Teufels zu tun?

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Die Geschichte der Fantasy -5- Grenzfälle

In den letzten Folgen haben wir uns die Frage gestellt, wer wohl der erste Autor war, der eine unabhängige phantastische Anderswelt erfand, und was das überhaupt bedeutet. Heute fahren wir mit unserer Suche fort.

Betrachten wir nun eine zweifelsfreie Welt der High Fantasy. Westeros von George R. R. Martin. Hier finden wir die bereits erwähnte eigene Logik (Magie funktioniert oder hat funktioniert, Drachen existieren), eine eigene Geographie, eine eigene Geschichte und eine ganze Reihe verschiedener Kulturen. Hier finden wir alles, was im Laufe der Zeit zum Standard der modernen Fantasy geworden ist. Aber was ist mit den Grenzfällen?

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Die Geister, die ich rief / Robert Arthur

Die Geister, die ich rief

Dankbarer Weise leben wir in einer Zeit, in der uns immer wieder längst vergessene Geschichten ins Haus flattern. Es besteht ein unbedingtes Interesse, altes wieder hervorzukramen, weil es in der Regel besser ist als all das Zeug, das man heute zu lesen bekommt. Robert Arthur wäre sicherlich einer dieser vergessenen Autoren, wenn er nicht die drei Detektive erschaffen hätte. Vermutlich gäbe es keinen Grund, in seinen zahlreichen Erzählungen zu stöbern. Viele wissen nicht einmal, dass er ein Experte seltsamer Geschichten war, eine regelrechte Größe wenn es darum ging, die größten Unwahrscheinlichkeiten mit herrlich gewöhnlicher Plausibilität zu erzählen. Der Kosmos-Verlag brachte bereits 2024 die deutsche Übersetzung des Originals mit dem Titel “Die Geister, die ich rief” heraus. Das mag etwas Verwirrung stiften, denkt man doch unweigerlich an den Filmklassiker mit Bill Murray, dessen Vorlage Charles Dickens’ Weihnachtsgeschichte war. Aber “Geister und mehr Geister” ist auch nicht das Gelbe vom Ei, vor allem, weil das wieder Mary Hottingers Gespenster-Anthologien ins Gehege gekommen wäre. Natürlich hat der Kosmos-Verlag in Robert Arthurs Geschichten gekramt, weil er mit den drei Fragezeichen sozusagen das Flaggschiff des Verlags auf den Weg gebracht hat (was 1964 nun wirklich niemand ahnen konnte). Aber es handelt sich immerhin um einen Autor, der hierzulande noch entdeckt werden muss (wobei ich glaube, dass er auch in seinem Heimatland nicht mehr groß bekannt sein dürfte, außer eventuell bei den Pulp-Enthusiasten).

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Yuggoth 6 – Die Lampe

Lovecraft

Anmerkung des Übersetzers: Fungi from Yuggoth besteht aus 36 Sonetten, die Lovecraft zwischen dem 27. Dezember 1929 und dem 4. Januar 1930 verfasste. Ausgewählte Sonette wurden im Weird Tales Magazine veröffentlicht. Erstmals komplett erschien der Zyklus in Lovecrafts Sammlung “Beyond the Wall of Sleep”, die von August Darleth 1943 herausgegeben wurde, sowie 2001 in “The Ancient Track: The Complete Poetical Works of H. P. Lovecraft”. Die erste Publikation, die den Zyklus in der richtigen Reihenfolge brachte,  war “Fungi From Yuggoth & Other Poems”. Herausgegeben von Random House 1971. Lovecraft wählte für seinen Zyklus eine Mischform aus Sonetten-Stilen. Bei genauerem Hinsehen ist es schwierig, wirklich von Sonetten zu sprechen. Als Übersetzer habe ich mich dafür entschieden, auf die Endreime zu verzichten, um die von Lovecraft intendierte Erzählform beibehalten zu können. Wie immer bei Gedichten kann es sich nur um eine Nachdichtung handeln.

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Adiós, Hemingway

Adios Hemingway

Von 1939 bis 1960 lebte Ernest Hemingway (1899-1961) in Kuba auf der Finca Vigía, etwa 24 Kilometer von Havanna entfernt, obwohl er sich in dieser Zeit auch in anderen Teilen der Welt aufhielt. Nach dem historischen Ereignis in der Schweinebucht 1961 (eine gescheiterte, von der CIA forcierte Operation gegen das Kubanische Regime) enteignete die Kubanische Regierung das Anwesen und die Bibliothek des Schriftstellers, die zwischen 4.000 und 6.000 Bände umfasste. Hemingway wurde aus verschiedenen Gründen vom FBI überwacht, unter anderem weil er während des spanischen Bürgerkriegs auf der Seite der Republikaner stand, “kommunistische” Freunde hatte und zuletzt in Kuba lebte.

Dies ist der historische Hintergrund des wunderbaren Romans Adiós, Hemingway des Kubanischen Schriftstellers Leonardo Padura (Havanna, 1955), den er auf Wunsch seines brasilianischen Verlegers für eine Reihe mit dem Titel Literatura o Muerte (Literatur oder Tod) schrieb. Padura ist der Schöpfer des heute international bekannten Kubanischen Ermittlers Mario Conde, und hatte vor, seiner Hauptfigur nach seiner Havanna-Quartett-Tetralogie, bestehend aus den Romanen Ein perfektes Leben, Handel der Gefühle, Labyrinth der Masken und Das Meer der Illusionen, eine Pause zu gönnen, war aber interessiert an der Idee seines Verlegers, über einen Schriftsteller zu schreiben.

Padura entschied sich für Hemingway, einen Autor, mit dem ihn eine Hassliebe verband, wie er uns im Vorwort des Buches mitteilt, und so wandte er sich wieder seinem Ermittler zu und übertrug seine Obsessionen auf Conde, der am Ende der Tetralogie seinen Posten bei der Polizei von Havanna aufgibt, um Schriftsteller zu werden; in Adios, Hemingway lernen wir also den ehemaligen Inspektor als angehenden Schriftsteller kennen, der seinen Lebensunterhalt mit dem Verkauf gebrauchter Bücher verdient. James Parker schrieb in seiner Rezension für die New York Times: “Der ehemalige Inspektor Conde ist der literarische Amateurdetektiv, von dem jeder Paul Auster-Leser träumt.

Als Conde 1960 als kleiner Junge Hand in Hand mit seinem Großvater spazieren ging, sah er Hemingway am Strand. Als junger Mann begann er unter dem Einfluss Hemingways zu schreiben und unternahm mit seinen Schulfreunden Ausflüge zur Finca Vigía, dem Haus des berühmten Schriftstellers, der während seines Aufenthalts in Kuba den Nobelpreis erhielt. Als er älter wurde, stellte er fest, dass Hemingway nicht immer ein guter Mensch war, dass er ein Gringo war, der die Kubaner nie wirklich verstand, obwohl er zwei Jahrzehnte in diesem Land gelebt hatte. Dennoch blieb er als Autor im Mittelpunkt von Condes literarischem Leben.

Ende der 1990er Jahre erhält Mario Conde Besuch von seinem ehemaligen Arbeitskollegen, der ihm mitteilt, dass auf dem Gelände der Finca Vigía die sterblichen Überreste eines seit etwa 40 Jahren toten Mannes gefunden wurden, der an zwei Schusswunden in der Brust gestorben war. Conde beschließt, sich an den Ermittlungen zu beteiligen, denn er weiß, dass die Gerüchteküche Hemingway beschuldigen wird, wenn der Fall, der aufgrund der zeitlichen Distanz schwer zu recherchieren ist, nicht aufgeklärt wird.

Adiós, Hemingway schildert diese Ermittlungen, erzählt aber auch in eingeschobenen Kapiteln, was in den ersten Oktobertagen des Jahres 1958 geschah, und zwar aus der Sicht von Hemingway selbst, der sich alt und müde fühlt, dem das Schreiben schwerfällt, dem das Trinken verboten ist und der dennoch trinkt, wenn auch mäßig. Ein Hemingway, der allmählich sein Gedächtnis verliert und sich dennoch mit wilder Nostalgie an sein Leben erinnert.
Die Ermittlungen sind interessant und die Entdeckungen noch interessanter. Sowohl Conde als auch der Hemingway dieser Geschichte sind zwei liebenswerte Charaktere, und der Roman ist voll von Momenten und Sätzen, die im Gedächtnis bleiben.

Unionsverlag


Atlantis-Legenden 2: Die Saat des Schwarzen Todes

Der zweite Teil der Atlantis-Legenden zieht die Schraube merklich an. Während uns der erste Teil mit den Problemen und den Freund/Feind-Konstellationen vertraut macht und den Einschlag der “Träne aus Feuer” schildert, beginnt in “Die Saat des Schwarzen Todes” der Kampf um das Schicksal von Atlantis und wir erleben, wie Kara zur Auserwählten der Stummen Götter wird. Sie ist ein junges Mädchen mit dem Herz am rechten Fleck. 

Der Schwarze Tod, geschaffen von den Großen Alten, ist mit dem Kometen auf Atlantis angekommen. Ein mächtiger grausamer Dämon, dem niemand gewachsen zu sein scheint. Weder der Eiserne Engel, noch Myxin, noch Asmodis selbst. Hier fällt auf, dass der Schwarze Tod eine wirklich beängstigende Macht besitzt, ganz anders wie in der Hauptserie Geisterjäger John Sinclair. Zumindest hat man das Gefühl, hier von zwei ganz unterschiedlichen Wesen zu lesen, was aber damit zu tun hat, dass Jason Dark diesen Dämon in der Serie erst einmal einführen und ausarbeiten musste. Was in Atlantis geschah, erfahren wir immer nur am Rande. Es bleibt verschwommen. Gerade deshalb ist diese Mini-Serie so wertvoll, denn wir tauchen direkt in den Konflikt ein, sehen wie sich die unterschiedlichen Lager zueinander verhalten und wie all das entsteht, was wir dann später in der Hauptserie verfolgen können. Hier bekommen wir also das Hintergrundwissen mit auf den Weg, und das ist es ja, was Ian Rolf Hill die ganze Zeit über leistet. Er sucht und findet lose Enden, unausgegorene Konzepte, fallengelassene Figuren und unaufgeklärte Fragen, die man sich als Fan vielleicht stellt. Da Hill selbst ein großer Fan und Kenner dieser Serie ist, weiß er um diese Dinge Bescheid, stellt sich selbst diese Fragen aus der Sicht eines Fans – und macht sich an die Arbeit, um Lücken zu schließen. Und d gibt es einige, was ja gar nicht ausbleiben kann bei einer derart gigantischen Anzahl an Geschichten über viele Jahrzehnte hinweg.

Karas Schicksalsweg nimmt hier Gestalt an, als ihr Vater Delios mit einer kleinen Delegation zur Einschlagstelle des Kometen reist, um ihn zu untersuchen. Kara ist das überhaupt nicht recht, vor allem da sie nicht mitkommen darf und auch noch erfährt, dass Haro dieser Delegation angehören wird. Es liegt in ihrer Natur, dass sie sich das nicht gefallen lassen will und beschließt, der Gruppe auf eigene Faust zu folgen. Doch die Gefahren sind gewaltig und so gerät sie in eine magische Falle, die sie direkt zu den Flammenden Steinen spült, die eigentlich für niemanden erreichbar sind, außer ein paar Auserwählten. 

Und genau auf diese Auserwählten trifft sie dort. Es handelt sich um die Weisen von Atlantis, die von Karas plötzlichem Auftauchen ziemlich überrascht sind. Das kann nur eines bedeuten: die Stummen Götter haben einen Plan mit dem Mädchen. Und tatsächlich gelingt es ihr mithilfe einer mysteriösen Kugel, die “Lebensatem” genannt wird, einen Teil der Saat des Schwarzen Todes aufzuhalten, die Lebewesen nach und nach in Zombies verwandelt, besser gesagt: in schwarze Skelette, denn der Schwarze Tod ist ja genau das. Ein riesengroßes schwarzes Skelett. Der Eiserne Engel ist nach dem ersten Kampf mit dem Schwarzen Tod noch immer nicht bei Bewusstsein, viele seiner Vogelmenschen haben nicht überlebt. Jetzt liegt er inmitten der Flammenden Steine, wo Kara mit dem Lebensatem verschwunden ist. Der Eiserne lag vorher in einem Stall, in Sicherheit gebracht von einer Bauernfamilie. Und dort findet sich jetzt Kara wieder, die von den Bauern erst für eine Hexe, dann aber für eine Zauberin gehalten wird, weil sie besagte Saat, die mit Schwellungen an den Lymphdrüsen beginnt, mithilfe der Kugel aufhalten und rückgängig mache  kann. Kara begreift, dass die Stummen Götter sie nicht grundlos in die Nähe der Einschlagstelle gebracht haben. Sie glaubt, dass sie den Lebensatem ins Zentrum des Bösen tragen muss. 

Doch an der Einschlagstelle geschieht etwas völlig Unerwartetes. Myxins Schwarze Vampire tauchen auf und der Lebensatem ist spurlos verschwunden. Eigentlich der sichere tot für die junge Dame, würde Myxin nicht eingegriffen haben. Wahrscheinlich aus Neugier. Für Fans ist diese erste Begegnung zwischen Kara und Myxin natürlich ein weiterer kleiner Leckerbissen, auch wenn er hier als einer der beiden Cliffhanger fungiert.

Der zweite Cliffhanger betrifft Beela, die Anführerin der Schwarzen Vampire, die Myxin aber hörig ist. Sie ist auf einer Mission, um den Schwarzen Tod auszuspähen, wird aber entdeckt. Da der geistige Kontakt zu Myxin abgebrochen ist und sie dem Tod ins Auge sieht, bietet sie ihm ihre Dienste an.

Das popkulturelle Phänomen John Sinclair

Es ist gar nicht so einfach, etwas zu John Sinclair zu schreiben, vor allem, weil man gar nicht wirklich weiß, wo man beginnen soll. Zumindest war es nicht ganz so einfach wie über Larry Brent als erste Gruselserie zu schreiben. Viele Leser:innen kennen die Serie aus unterschiedlichen Perspektiven und sie lesen sie aus unterschiedlichen Gründen, wobei es wirklich schwer ist, das Gesamtbild im Auge zu behalten. Also dachte ich mir, es wäre vielleicht angebracht, dieses Gesamtbild einmal als Basis zu betrachten, von der aus dann weitere Artikel folgen könnten.

Zwischen Grusel und Gewohnheit

John Sinclair Kreuz
(c) Bastei

Die Figur des John Sinclair, geschaffen von dem deutschen Autor Helmut Rellergerd (Pseudonym: Jason Dark), gehört zu den bekanntesten Figuren der deutschsprachigen Unterhaltungsliteratur. Seit seinem ersten Erscheinen 1973 in der Heftromanserie „Gespenster-Krimi“ entwickelte sich Sinclair schnell zu einem eigenständigen Serienhelden und Mythos. Bis heute erscheinen wöchentlich neue Hefte, inzwischen ergänzt durch Sonderbände, Taschenbuchreihen, Hörspiele, E-Books, Podcasts und Merchandising.

Diese außergewöhnliche Langlebigkeit ist kulturgeschichtlich bemerkenswert: Sie zeigt, wie stark bestimmte narrative Muster und Figuren in kollektiven Vorstellungswelten verankert sein können – gerade wenn sie sich geschickt an kulturelle Wandlungsprozesse anpassen, ohne ihre Grundstruktur aufzugeben. John Sinclair ist ein Paradebeispiel dafür, wie populäre Unterhaltungsliteratur trotz (oder gerade wegen) ihrer oft von kenntnisarmen Kritikern belächelten Trivialität eine dauerhafte kulturelle Präsenz entfalten kann.

Serialität als Erfolgsprinzip

Ein zentrales Strukturprinzip der John Sinclair-Reihe ist ihre konsequente Serialität. Über 2000 Einzelhefte (Stand 2025) sind bisher erschienen – eine beeindruckende Zahl, die weit über das hinausgeht, was klassische Romanzyklen erreichen. Diese Serialität folgt einem bestimmten Rhythmus, der von Wiederholung und Variation lebt: Stets gibt es einen oder mehrere Antagonisten, die sich übernatürlicher Mittel bedienen; John Sinclair und sein Team ermitteln, geraten in Gefahr und siegen schließlich durch Mut, Glauben, Freundschaft und (nicht selten) göttlichen Beistand.

Jason Dark
Jason Dark (Helmut Rellergerd)

Die wiederkehrenden Elemente – etwa Sinclairs Kreuz aus geweihtem Silber, seine Gefährten wie Suko oder Jane Collins, Scotland Yard als Basis oder Gegenspieler wie Asmodina, Dracula II oder der Schwarze Tod – erzeugen eine vertraute Welt, in der sich die Leser:innen orientieren können. Im Laufe der Jahre entwickeln sich Metaplots, in denen alte Feinde zurückkehren, Allianzen sich verändern und vergangene Ereignisse neue Handlungen beeinflussen.

Diese Struktur ermöglicht es Neuleser:innen, jederzeit einzusteigen, während Stammleser:innen ein tiefes Wissen über die Mythologie der Serie entwickeln. Damit verbindet die Serie episodisches Erzählen mit dem kontinuierlichen Aufbau einer Welt – ein Prinzip, das auch in anderen Medienformen wie Fernsehserien, Comics oder Videospielen zu finden ist.

Medienkonvergenz und Adaptionen

Ein weiterer Schlüssel zur Langlebigkeit von John Sinclair ist die Fähigkeit des Franchises, sich an verschiedene Medienformate anzupassen. Besonders hervorzuheben ist dabei die seit dem Jahr 2000 produzierte Hörspielreihe „John Sinclair – Edition 2000“, die mit ihrer hochwertigen Inszenierung, namhaften Sprecher:innen (z.B. Frank Glaubrecht als Sinclair) und atmosphärischen Soundkulisse Maßstäbe gesetzt hat.

Die Hörspiele erreichen oft eine ganz andere Zielgruppe als die Heftromane – jüngere Menschen, Podcast-Hörer:innen, Fans von Audio-Storytelling – und haben mit ihrer stilistischen Nähe zu modernen Serienformaten (etwa Supernatural oder Buffy) dem Franchise neues Leben eingehaucht. Auch Digitalausgaben, E-Books und eine eigens entwickelte App tragen dazu bei, John Sinclair für neue Generationen zugänglich zu machen.

Hier zeigt sich exemplarisch, wie ein ursprünglich printbasiertes Phänomen in einer konvergenten Medienwelt bestehen kann – indem es seine Inhalte an neue Rezeptionsgewohnheiten anpasst, ohne seine narrative DNA zu verlieren.

Populärkultur, Mythos und Moral

Inhaltlich bewegt sich John Sinclair an der Schnittstelle von Kriminalliteratur, Horror, Fantasy und Mystery. Der Protagonist ist ein Ermittler im Dienste des Guten, dessen christlich aufgeladene Waffen (u.a. das geweihte Kreuz, der „silberne Nagel“) im Kampf gegen das personifizierte Böse eingesetzt werden. Dieses Böse tritt in vielfältiger Gestalt auf: Vampire, Dämonen, Hexen, Wiedergänger, schwarze Messen, okkulte Zirkel – die Serie schöpft aus einem reichen Repertoire an Horror- und Volksglaubensmotiven.

Dabei ist die moralische Struktur der Serie oft klar dualistisch: Das Böse ist radikal böse, das Gute darf leiden, wird aber am Ende triumphieren. Diese klare ethische Trennung kann als konservativ oder naiv empfunden werden – sie bietet aber auch eine psychologische Sicherheit, die im Kontext von Eskapismus und Angstbewältigung (gerade in Zeiten gesellschaftlicher Verunsicherung) wichtig ist.

Gleichzeitig bedient sich John Sinclair zahlreicher archetypischer Strukturen, wie sie in der Mythenforschung (z.B. nach Joseph Campbell oder Mircea Eliade) beschrieben wurden: Der Held mit einer besonderen Bestimmung, die Initiation, die Reise ins Totenreich, der magische Mentor, das wiederkehrende Böse. Diese mythischen Grundmuster sind zentral für den Erfolg des Formats – sie bieten kulturelle Anschlussfähigkeit über Generationen hinweg.

Rezeption, Kritik und kulturelle Bedeutung

Trotz (oder gerade wegen) ihres großen Erfolges wurde die John-Sinclair-Serie von der Literaturwissenschaft lange Zeit kaum beachtet. Triviale Massenliteratur galt als unseriös, formelhaft und künstlerisch anspruchslos. Erst mit dem kulturwissenschaftlichen Paradigmenwechsel ab den 1990er Jahren, der Populärkultur nicht mehr als bloße Unterhaltung oder „Minderkultur“ abtat, begann eine differenziertere Auseinandersetzung mit solchen Phänomenen.

Kritische Stimmen bemängeln an John Sinclair etwa stereotype Geschlechterdarstellungen – Frauen erscheinen häufig als Opfer, Verführerinnen oder Sidekicks. Auch die exotisierende Darstellung des „Anderen“, etwa in Form „dämonischer“ Religionen oder asiatischer Kampfkunstklischees, wird zu Recht problematisiert. Gleichzeitig muss jedoch anerkannt werden, dass sich die Serie seit den 2000er-Jahren teilweise modernisiert hat: Es gibt stärkere Frauenfiguren, mehr Diversität im Personal, und gelegentlich sogar Selbstironie im Umgang mit den eigenen Tropen.

John Sinclair ist zudem ein wichtiger Marker kollektiver Erinnerung: Für viele Leser:innen der 1970er- bis 1990er-Jahre war die Serie ein Einstieg in phantastische Literatur, ein Tor zu Genrevielfalt und ein Ort des pubertären Grusels. In diesem Sinne ist sie auch ein nostalgisches Kulturgut – vergleichbar mit Edgar Wallace, Perry Rhodan oder den Drei ???.

Zwischen Trash, Tradition und Transmedialität

Das Phänomen John Sinclair ist nicht nur eine Kuriosität der deutschen Unterhaltungsliteratur, sondern ein bedeutsames Beispiel für die Langlebigkeit narrativer Muster, die Anschlussfähigkeit populärer Mythen und die Fähigkeit, sich medientechnisch wie inhaltlich weiterzuentwickeln. Zwischen Trash und Tradition, zwischen romantischer Gothic-Ästhetik und moderner Serienlogik, hat sich eine Erzählwelt etabliert, die Millionen Leser:innen, Hörer:innen und Fans seit über fünf Jahrzehnten fesselt.

Für die Kultur- und Medienwissenschaft bietet John Sinclair somit ein reiches Analysefeld: als Spiegel gesellschaftlicher Ängste, als Experimentierfeld für Serialität und Transmedialität, und als lebendige Popkulturtradition, die den Grusel in die Alltagserzählungen ihrer Rezipient:innen einschreibt.

Cocktail

»Es tut mir leid, es Ihnen auf diesem Wege mitteilen zu müssen …« sagte der Butler, und stand da, wie ein Stock eben dasteht »aber Ihre Frau lässt ausrichten, ich solle Ihnen eine in die Fresse hauen und sie ließe sich scheiden. Da ich zu ersterem nicht erzogen bin, muss ich leider Fehl gehen, und kann Ihnen nur die zweite Botschaft sachgetreu übermitteln.«
Da standen sie, gaben an, und tranken Cocktails, die sie noch nie in ihrem Leben getrunken hatten. Eine Gesellschaft voller Pärchen, die sich scheiden ließen. Wenn man es treiben wollte, ging man nach oben; dort war alles mit blödem Plüsch ausgarniert, aber die Betten quietschten nicht. Handschellen gab es für zwanzig Mäuse zum ausleihen.
»Danke, Bernie. Das ist nett!« Ich schob ihm einen Geldschein in die hohle Hand. »Das haben Sie gut gemacht!«
Ohne das Geschehen mit den eigenen Augen zu begleiten, verschwand der Schein in einer der unzähligen Taschen, die alle beschriftet waren. Ich konnte nicht lesen, was darauf stand, und hätte mich vorbeugen müssen, um es dennoch zu tun.
»Sir! Außerdem wartet jemand auf Sie, ebenfalls eine Miss. Diese aber will nun, dass ich Sie zu ihr führe. Sie lässt ausrichten, sie sei nackt, und darüber hinaus überglücklich, dass Sie das mit Ihrer Scheidung nun endlich regeln wollen. Sie sagt, Sie sollen sich beeilen, sie friere entsetzlich.«
»Danke, Bernie. Das ist nett!« Ich schob ihm den nächsten Geldschein in die hohle Hand. Das mechanische Getriebe begann erneut leise zu schnurren, und das Geld verschwand, jedoch in einer anderen Tasche.
»Was steht da eigentlich auf Ihren Taschen?« Ich hatte lange genug gewartet, und wollte mich noch immer nicht vorbeugen.

Yuggoth 5 – Heimkehr

Lovecraft

Anmerkung des Übersetzers: Fungi from Yuggoth besteht aus 36 Sonetten, die Lovecraft zwischen dem 27. Dezember 1929 und dem 4. Januar 1930 verfasste. Ausgewählte Sonette wurden im Weird Tales Magazine veröffentlicht. Erstmals komplett erschien der Zyklus in Lovecrafts Sammlung “Beyond the Wall of Sleep”, die von August Darleth 1943 herausgegeben wurde, sowie 2001 in “The Ancient Track: The Complete Poetical Works of H. P. Lovecraft”. Die erste Publikation, die den Zyklus in der richtigen Reihenfolge brachte,  war “Fungi From Yuggoth & Other Poems”. Herausgegeben von Random House 1971. Lovecraft wählte für seinen Zyklus eine Mischform aus Sonetten-Stilen. Bei genauerem Hinsehen ist es schwierig, wirklich von Sonetten zu sprechen. Als Übersetzer habe ich mich dafür entschieden, auf die Endreime zu verzichten, um die von Lovecraft intendierte Erzählform beibehalten zu können. Wie immer bei Gedichten kann es sich nur um eine Nachdichtung handeln.

Der Dämon sagte mir zu, mich heim zu nehmen
In das fahle schattige Land, das ich nur vage erinnerte
Als einen hochgelegenen Ort der Treppen und Terrassen,
Umgeben von Marmorbalustraden, die an Himmelswinden nagten,
Während weit unterhalb ein Wirrwarr aus Kuppeln über Kuppeln
Und Turm an Turm sich neben dem Meer erstreckten.
Noch einmal, so sagte er mir, würde ich verzaubert auf
Diesen alten Höhen stehen, um der weit entfernten Gischt zu lauschen.

All das versprach er, und fegte mich durch das Sonnentor,
Hinter die leckenden, flammenden Seen und die rotgoldenen
Throne der namenlosen Götter, die aufschreien werden vor Angst
Wenn das Schicksal sich nähert. Dann erblickte ich
Einen schwarzen Abgrund, gefüllt mit in der Nacht tobenden Wassern:
“Hier lag dein Zuhause”, spottete er, “als du noch fähig warst zu sehen!”

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