Funkelnagelnöie Outstellung

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Die Kammer und der Teekessel

Ich sehnte mich nach Ruhe, doch die Sterne
hielten mich wach. Ihr Licht galoppierte
an meinem Augenkranz entlang und verfing sich
dort in meiner Realität, die nicht selten zerbröselte
wie trockener Sandstein. Eine Burg, ja,
wenn man die Regeln der Zeit beachtet. Jedes Konstrukt
haucht sich selbst das Leben ein durch seine Form. Auch
wenn ich versucht war, dem ganzen zu entschwinden,
gehörte ich doch den gesetzlosen Schimären an, die nicht
wissen, was sie tun und deshalb das richtige tun. Ein Entzug
des Beinahen, ein Entzug vom Beinahen,
vom Nahenden, dem Nahenden also auszuweichen –
das alles tat ich, indem ich mich nach Ruhe sehnte.

Doch die Sterne hielten mich wach. Sie glitzerten
wie feuchte Augen, und einem solchen magischen Blick
konnte ich mich noch niemals entziehen.
Wer mag da draußen seine Runden drehen,
ungesehen in der Dunkelheit, der Tiefe von Kavernen?
Man sieht ihn nicht, sieht nicht, was sich unsichtbar
bewegt. Etwas bewegt sich unablässig um das Haus. Es
poltert nicht oder knurrt. Kein Gras knickt unter Hufe, kein
Atem bräst über fremde Lippen.
Nichts.

Ich erhob mich von der Chaiselongue und sah mich
in der Kammer um, in der alle Dinge tanzten. Sie
bewegten sich nicht, aber sie vibrierten, wie alle
Dinge, die eine Nachricht brachten. Auch sie
zog es zum Sternenlicht, von dem sie munter und
halbschattig begünstigt wurden. Nun war der Teekessel
auf meinem Stövchen das einzige Ding, mit dem ich
ein Gespräch beginnen konnte, vor allem
um diese Uhrzeit, wo mir doch alle anderen Utensilien
versuchten, einen Bären aufzubinden.

Du reflektierts den Schein, sagte ich. Wie
meine Augen auch. Glaubst du
denn nicht auch, das Licht sei gekommen,
um uns einen Weg zu bahnen in
unbekanntes Territorium?

Ich würde etwa fünf Minuten warten müssen,
bis sein Wasser kochte und er eine
pfeifende Antwort geben konnte. Derweil
zählte ich die Schnecken in meinem Gesicht, die dort
nach etwas suchten, das ich unter dem Teppich
versteckt hielt. Ich hielt es vor ihnen geheim,
denn falls sie auf die Idee kamen, unter den Teppich zu schlüpfen,
um danach zu suchen, bestünde die
Gefahr, dass ich sie zertrat.

Als das Pfeifen den Raum erfüllt und Dampf aufwallte,
stellte ich mein Gehör etwas nach rechts, fand
erst nicht die korrekte Frequenz, konnte dann
aber die Antwort meines Kessels klar und schwebend
in diesem kargen Zimmer vernehmen, indem ich nun
seit neun Jahren darauf wartete, dass
sich ein Weg zurück fand. Das Sternenlicht war
sicher ein neuer Hinweis, doch der Kessel spottete nur.

Ich koche und kühle ab. Was außen schimmert
erblickt in mir nur verkalkte Reste, so wie du. Ich
kann dir dienen, du mich wienern, du trinkst Tee und
ich pfeife dir die Bereitschaft einer Jahrhunderte alten Gabe.
Aber im ausgeschenkten Wasser
steckt immer auch ein Teil von mir selbst. Mit
Lichtern bin ich weniger vertraut.

Nun stolperte ich über die Heringe eines Zeltes,
das nie aufgebaut worden war. Ich ließ sie liegen,
damit ich mich daran erinnerte, dass es einst eine
Welt gab, die ein Draußen kannte. Schwimmende Räume
ohne Wasser sind instabile Gefährte, sie navigieren
auf unbekannten Bahnen. Der Tee
schmeckte wie Stroh, alt und trocken.

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Wayward

Der Instinktlose blieb stehen in einem Feld aus Flecken.
Die räuberische Kraft war geboren. So barst eine große
Population aus den Maulwurfhügeln, in Eisen
geklemmt wie Ritter nicht. Wahrhaftig seemännisch,
wahrhaft sauertief. Ein Ringen begann.
Es glaubt kein Fiebertross an einen Eunuchen. Ich
befand mich außerhalb der Rufweite meiner
behelmten Launen. Wayward.

In einer Welt von außerordentlicher Länge
käme ein Zerfall ganz recht. Bündig wie Gartenblumen
schiene mir die Schneise geschlagen, um hinzugehen,
zu verweilen und darüber hinaus nichts zu tun.

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Das Geheimnis der Appalachen

Die Appalachen

Die Appalachen, eine beeindruckende Gebirgskette, erstrecken sich über den Osten der Vereinigten Staaten. Die natürliche Schönheit der Wälder und Berge ist unbestreitbar, doch die düstere, mystische Atmosphäre macht sie zu einem besonderen Ort. In dieser Region gibt es eine Vielzahl von dunklen Geschichten. Sie warnen den Wanderer nicht nur vor natürlichen Gefahren, sondern auch vor den unerforschten, mystischen Elementen des Landes. Das Sprichwort „Schau nicht in die Bäume“ ist ein markantes Beispiel für diese düstere Weisheit. Es verweist auf die tief verwurzelte Angst und den Respekt, die die Menschen gegenüber der Wildnis der Appalachen empfinden.

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Nebelversailles

Wenn man die Erzählungen nicht bricht, kommt immer das gleiche dabei heraus, ein Pfad, der sich nicht ändert, noch nicht einmal die Sohlen nutzen sich ab, keine Blume verwelkt und es wird auch keine neue geboren, die Ermüdung setzt ein und die Fähigkeit, das Wunder zu gestalten, verschwindet wie das Nachbild eines Blitzes, so schnell wie es gekommen ist, aber eigentlich zurückgelassen wurde, damit wir ihm folgen. Es gibt da die Sage vom Regenbogen, aber ist es denn wirklich ein Regenbogen?

Verlier‘ nicht deinen Kopf, Marie, denn irgendwann da könntest du ihn brauchen.

Es ist sehr schön, dass ihr mich besucht; seht, ich bin kaum vom Wetter gegerbt, wie lebt es sich in eurer einsamen Zeit?

Einst besuchten mich zwei Engländerinnen im Garten, wie war noch ihr Name, ich beachtete sie kaum. Das Verschwinden einer Welt zugunsten einer anderen, wir schaffen Platz, um uns nicht an den Schultern zu berühren, während wir durch den traumhaften Nebel wandeln, die Spiele der Gewalten uns voraus.

Die Zeit ist ein Feld, ein Acker mit Gebäuden, in den Gebäuden Parzellen und ein Keller und ein Boden; oben und unten sind identisch, aber unten und oben sind es nicht.

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Die Ducks nach Carl Barks: Von amerikanischen Erzählungen zum globalen Mythos

Die Ducks nach Carl Barks: Von amerikanischen Erzählungen zum globalen Mythos

(c) Carl Barks

Als Carl Barks in den 1940er-Jahren für den Disney-Konzern begann, Geschichten um Donald Duck und seine Verwandtschaft zu schreiben, ahnte niemand, dass hier einer der großen Mythen des 20. Jahrhunderts geschaffen wurde. Barks arbeitete anonym, ein „namenloser Handwerker“ der Comicindustrie. Und doch nannte ihn die Fankultur später ehrfurchtsvoll „The Good Duck Artist“. Denn er war derjenige, der Donald, Dagobert, Tick, Trick und Track, Daisy, Daniel Düsentrieb, Gundel Gaukeley und die Panzerknacker in eine Welt stellte, die weit über den Rahmen bloßer Kindergeschichten hinausging. Er baute Entenhausen – ein Hybrid aus amerikanischer Kleinstadt und globaler Abenteuerbühne.

Barks’ Geschichten wie Lost in the Andes (Im Land der viereckigen Eier) (1949), Back to the Klondike (Wiedersehen mit Klondike) (1953) oder Only a Poor Old Man (Die Mutprobe) (1952) demonstrieren, was sein Werk ausmacht: die Verschmelzung von komischer Alltagserfahrung und großer Weltgeschichte. In der Episode der „viereckigen Eier“ aus den Anden liegt eine feine Satire auf Kolonialismus und kulturelle Missverständnisse; im Klondike-Abenteuer blitzt Dagoberts Vergangenheit als romantischer Glückssucher auf, die ihn zu dem hartherzigen Kapitalisten machte, der er geworden ist; und in der Geschichte vom „armen alten Mann“ wird sein Reichtum zu einem melancholischen Symbol, das weniger Besitz als Erinnerung bedeutet. Schon hier offenbart sich, dass die Ducks keine eindimensionalen Karikaturen sind, sondern Figuren, in denen sich Menschheitsthemen bündeln: Arbeit und Scheitern, Gewinn und Verlust, Erinnerung und Sehnsucht.

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Generation Loss (Dem Tod so nah) / Elizabeth Hand

Dem Tod so nah ist kein Pageturner im klassischen Sinne, sondern ein Noir-Horror über das Sehen: über den Blick, das Bild, das Begehren – und den ethischen Preis der Kunst. Der Roman besticht durch eine kompromisslos ehrliche, oft abstoßend faszinierende Ich-Erzählerin, eine messerscharfe Prosa und ein Setting aus Wetter, Holz, Salz und Schatten. Hand verhandelt die Frage, was Bilder mit der Wirklichkeit anstellen – und mit den Menschen, die sie machen.

Cass Neary, einst ein Shooting-Star der New Yorker Punk-Fotografie, heute ausgebrannt, abgehalftert, und gezeichnet von zu viel Pillen und Alkohol, bekommt eine letzte Chance: sie soll eine zurückgezogen lebende Ikone der 70er-Fotokunst auf einer abgelegenen Insel vor der Küste von Maine interviewen. Was wie eine Reportage beginnt, entwickelt sich zur Erkundung einer Landschaft aus Verschwinden, Gewalt und künstlerischer Obsession. Jugendliche werden vermisst, die Dorfgemeinschaft schweigt, und je näher Cass der legendenumwobenen Kollegin kommt, desto deutlicher wird, dass nicht nur Bilder, sondern auch Menschen „entwickelt“ – und dabei zerstört – werden können.

Der Plot bedient die Struktur des Ermittlungsromans, aber Hand löst sie nach und nach in Atmosphären und Wahrnehmungsverschiebungen auf. Die eigentliche „Ermittlung“ findet im Medium des Blicks statt: Was sehe ich? Was will ich sehen? Und was blende ich aus, um weitersehen zu können?

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