Kult!

Monat: August 2016

Hahn auf dem Mist

Zunächst drückte sie mir den nassen Spülschwamm ins Gesicht, den ich als gerechtfertigt betrachtete und nahm wie ein Mann. Ich hatte eine gewisse Art, die Dinge zu benennen, die man unmöglich durchgehen lassen konnte. Dann suchte sie der Reihe nach meine Sachen, die ich überall verstreut herumliegen hatte, machte die Wohnungstür auf und warf sie nacheinander die Treppe hinunter. Jedes mal musste sie das Licht im Treppenhaus neu starten. Statt dass ich sie daran hinderte, eilte ich meinen Habseligkeiten nach und riskierte damit, dass mir weitere Dinge nicht nur um die Ohren flogen, sondern mich sogar trafen. Sie zu hindern wäre einfacher gewesen, aber ich wollte sie den Rausch auskosten lassen, mich samt und sonders vor die Tür zu setzen, wo ich meiner eigenen Meinung nach auch hingehörte. Als sie nichts mehr fand, das sich mir entgegenwerfen ließ, fing sie an zu heulen und sagte, ich solle wieder nach oben kommen. Das ging natürlich nicht. Ich weiß, dass ihr Schriftsteller manchmal bescheuert seit, sagte sie, aber du bist ja noch keiner. Womit sie Recht hatte oder auch nicht, so genau ließ sich das nicht sagen. Dummerweise war ich auf dem Weg dorthin, ob ich wollte oder nicht. Dabei konnte ich noch nicht einmal richtig schreiben und versuchte mich in Gedichten, die sich entsetzlich reimten. Und ein Thema hatte ich ebenfalls nicht. Wäre H., den ich natürlich angerufen hatte, nicht gekommen, hätte ich wohl eine weitere Nacht in ihrem Bett und Opiumduft verbracht, aber H. kam und wir fuhren in seinem Ford Taunus in eine neue Überlegung hinein, die mein Leben so richtig in Schwung bringen sollte.

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Der Arm im Schrank

Er lehnte sich zurück und nahm die Brille ab, die sich in Zeiten periodischer Weltbrände dem Urozean anschloss.
Er antwortete ihr in Druckschrift, dann entzündet er ein Räucherstäbchen, die Fresken auch. Durch die Bohlen der Kabine hörte er die Matrosen brüllen. Der Tag ging im nächsten Salon zu Ende, Spiegel an der Bar und Kronleuchter, schmiedeeiserne Türklopfer und Symphonien auf Notenpapier.
Der Alte legte eine Leiter an die östliche Wand der Kammer, jeweils eine Handbreit mit hellem Sand gefüllt, flach auf den Bauch. Es gab allerdings noch eine andere Möglichkeit, die Zwischenzeit sinnvoll zu nutzen, doch das war alles Nebensache geworden.

Der Idiot

du musst dich in den Breitbeeren
niederlassen, sonst küsst uns die Jagd

kroch strumpfbehaart auf den Schnappgrund
zu : Bist du das? Du hast Öl im Aug!

in finstren Ecken zu wähnen den Schmutz
Myschkin zerbricht die Gesetzestafeln nicht
er dreht sie nur um & zeigt, daß auf der
Rückseite das Gegenteil geschrieben steht

Das mag alles gewesen sein

Wir hatten das Leben ohne Schranken entdeckt, 
das nicht im Händeschütteln endet, die Neugier
auf die Möglichkeiten des Lebens sind romantisch
und die Romantik gehört ganz und gar der Jugend
und ich werde nicht mehr schlau aus mir selbst,
sie warf mir die Schallplatten, Kleider und Bücher
die Treppe hinunter. Sie stand oben an der Tür
und ich stand unten an der Tür.

Sideboard im Loch

Mich aus dem Chaos zu befreien. Das Grün um mich herum deutet auf den Fluss, den ich quasi vor der Haustür habe. In den Nächten mit Starkregenfall rauscht mich die Energie zumindest vorerst in den Schlaf. Würde ich Schafe am Morgen hören können, wäre ich zuhause. Stattdessen höre ich natürlich Autos, jeder Auspuff ein anderes Ego. Ich selbst könnte mir gar nicht vorstellen, so ein Ding jemals selbst zu manövrieren, dazu fehlt mir dann doch der Geist. Psychisch bin ich natürlich wieder einmal angegriffen, aber in Anbetracht der Umstände ist das nicht eigentlich verwunderlich. Ich lebe in einer Klause, mit mehr Büchern auf dem Boden als im Schrank, bald werde ich klettern müssen. Und trotzdem fehlt mir ein Sideboard unter der Theke. Ein Loch, das eigentlich nur ich wahrnehme, weil es mehr eine freie Stelle ist als wirklich ein Loch. Und Blumen darauf könnten mir den Anblick des Küchentracktes ersparen, wenn ich in der Kiste fläze. Vorausgesetzt ich bleibe hier, das alles.

Sideboard unter sofortigen Bedingungen organisiert. Manchmal muss es schnell gehen.

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