Kult!

Monat: Juni 2012

Konstrukt, Relation

Keiner kann seine eigene Entdeckung gegen eine andere ausspielen, nur der poetische Wert hat hier Gewicht, warum sollte es nicht möglich sein, ein Labyrinth zu formen, wer das Sprache-Sein entschlüsselt, hat den Menschen entschlüsselt, man kann den Zufall nicht darstellen, denn in dem man das anstrebt, hält man bereits willentlich die Nichtdurchführbarkeit des Experiments in der Hand, auch wenn man machen kann, was man will, hat das nicht etwas mit Chaos zu tun, in einem Chaos, in einem Zufall können wir uns gar nicht mehr artikulieren, sämtliche Widersprüche wären dann momentan und unvergänglich, schreibe ich
- Ich gehe und gehe gleichzeitig nicht
entsteht bereits die Poesie der Unauflösbarkeit
(oder in einem Oxymoron)
der Unendlichkeit, nur so gelingt es, dem Irrsinn Ausdruck zu verleihen, Konstrukt, Relation, daran werden wir kaputt gehen
(die Liebe ist ohne Wenn und Aber)
weder ist sie relativ noch statisch, sie ähnelt deshalb der Geisteskrankheit, etwas Unverbindliches will sich verbinden, und scheitert bis in alle Ewigkeit, nur so entsteht Poesie, wenn die Poesie nun das eigentlich Schöne ist
(und damit meine ich nicht ausschließlich die Literatur)
ist sie überall zu finden, und es kommt nicht darauf an, wie sie dargestellt wird
(im Moment stabil)

Süßes und Bitteres

Sie erhob sich von ihrem Stuhl, als sie mich aus dem Wandschrank kommen sah. Außer Königen, Dichtern und Druiden erhebt sich jeder, wenn er etwas für einen ehrlichen Gruß übrig hat. Es war nicht leicht zu erklären, wie ich dort hineingekommen war. Ihre starren Augen nahmen die Rundungen eines Opfers an, das sich nicht kampflos ergeben wollte.
»Wegen dir bin ich doch gekommen!«, sagte ich neben sie hin, weil sich dort noch ein Platz für Worte fand, blieb aber ganz der berechnende Geminus, ein kleiner Janus über den Türen. In ihr Ohr hinein sagte ich Dinge, die sie hören wollte, bis ihre feingeschwungene Muschel, viel zu zart für ihren großen Kopf, überlief.
In der geheimen Höhle des Herzens sitzen zwei an dem Brunnen des Lebens, das abgetrennte Ich trinkt Süßes und Bitteres, es mag das Süße und es mag nicht das Bittere. Währenddessen trinkt das höchste Selbst Süßes und Bitteres. Es mag noch mag nicht das eine oder andere, das Ich tappt im Dunklen herum, während das Selbst im Licht lebt.
In alten Sprachen sind Wind und Hauch Böen aus Splitter, fragile Kommunikation.
»Du?«
»Ja. Ich bin es wirklich.« Ich durfte sie Schranktüre schließen, ohne dass die Gefahr bestanden hätte, dass sie davonlief. Fraktale Welt, Frakturen des Erlebens; hingestreckt erwachen ihre Finger.
Siziliumhände, Schwefelhauch, Eisenknochen, Aluminiumhaar. Von Vogelbanden begleitet werde ich der Gottesanbeterin anheimfallen.

Vor dem geschlossenen Laden

Wenn ich das Kinsky-Palais in Prag betrachte, in dem sich unten rechts das Geschäft Herman Kafkas befand, gelingt es mir, das Wetter des Tages zu erfühlen, das an diesem Tage der Stadt einen gewissen lapidaren Gesprächsstoff liefern konnte und so dazu beitrug, daß vielleicht gerade inmitten von Kafkas Galanteriewarenladen darüber gesprochen wurde, denn über das Wetter redet man unverfänglich. Ich stehe vor den vergitterten Fenstern, bin zu früh dran, denn der Laden hat geschlossen.

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