Kult!

Monat: Januar 2018

Ein Leben als Apologet

Einst war ich der Apologet des Surrealismus, was zu Beginn der 90er Jahre schwierig war, hatte man diesen Ismus in Deutschland doch nie recht verstanden. Wie wäre denn das Unbewusste, das Magische, das Zufällige zu verteidigen gegen einen Zweckrationalismus, unter dessen Ergebnisse wir erst heute so richtg leiden? Der Surrealismus hat heute in der Weird Fiction überlebt, bei uns wagt man das – ich bin vielleicht eine der Ausnahmen – noch immer nicht. Das liegt aber nicht etwa daran, dass wir, die einstige Hochburg der Romantik und des Phantastischen – plötzlich rational geworden wären, die faust’sche Seele wandert noch immer durch unseren Volkskörper, sondern weil wir wie kein anderes Land des Westens um Gleichschaltung bemüht sind, auch wenn die Medien das Gegenteil verlauten lassen. Die Franzosen hatten, als der Surrealismus als Weltanschauung explodierte, den mit Abstand rationellsten Verstand vorzuweisen – und unsere Romantik konnte nur anhand des aufklärerischen Gebarens der sogenannten Goethezeit zur Blüte gelangen. Aber gegen den geistigen Brei, den wir heute erfahren, kann man kaum ankommen, weil das dumpfe Blubbern darin regiert. Trotzdem ist die Phantastik meine Rettung, und natürlich bin ich heute deren Apologet.

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