Seit der Mensch sich seiner selbst bewusst ist, scheint er sich auch der Geister bewusst zu sein. Die Vorstellung von Geistern, aber auch von Geistergeschichten, findet sich bereits in den Anfängen der Menschheitsgeschichte und fasziniert uns seit Generationen. Ein Rascheln im Gebüsch, ein knarrendes Geräusch und die mit unserem Überlebensinstinkt verbundene Angst lassen uns Dinge sehen oder spüren, die vielleicht gar nicht da sind
WeiterlesenMonat: März 2022

Gedanken zum “Slipstream”
Kommen wir nun zu einer merkwürdigen Geschichte, die als „Slipstream“ begann, die „New Wave Fabulists“ unter ihren Mantel nahm, die Postmodernisten sowieso, und heute mit dem gleichermaßen irreführenden Begriff „New Weird“ einen neuen Anlauf nimmt. Keiner der aufgeführten Begriffe ist eine wirkliche Genrebezeichnung, die man noch um „Surrealismus“ und „Bizarro Fiction“ erweitern könnte, ohne den Kern zu treffen.
Slipstream ist die etwas unbequeme Definition einer Literatur, die die Kluft zwischen dem Mainstream und der spekulativen Literatur, bestehend aus Science Fiction, Fantasy und Horror überwindet. Wenn die gemeinte Literatur aber wirklich definiert werden soll, dann kann man sie im günstigsten Fall „seltsam“ oder „äußerst seltsam“ nennen, abgeleitet von der Anthologie, die neben einem Aufsatz von Bruce Sterling, der „Slipstream“ als Genre im Jahre 1989 einführte: „Feeling very strange – The Slipstream Anthology“, die allerdings erst im Jahre 2006 von James Patrick Kelly und John Kessel herausgegeben wurde. Darin erklären die Autoren, dass die „kognitive Dissonanz“ das Herzstück des „Slipstream“ sei, und dass es sich dabei weniger um ein Genre als vielmehr um einen literarischen Effekt wie „Horror“ oder „Komödie“ handelt, um einen Geisteszustand oder eine Herangehensweise, die außerhalb jeder Kategorisierung liegt. Ähnlich wie im „Magischen Realismus“ werden physikalische Gesetze gebrochen, aber niemand wundert sich darüber, was der herkömmlichen Phantastik-Theorie mit ihrem angeblichen „Riss“ widerspricht. Die typischen Charaktere der spekulativen Literatur – Magier, Zombies, Aliens gibt es hier normalerweise nicht, also können die seltsamen Begebenheiten auch nicht auf sie abgewälzt werden. Es sind die gewöhnlichen Menschen im Angesicht merkwürdiger Umstände selbst, die eine „Slipstream“-Geschichte erleben.
Hinzu kommt ein „literarisches“ Anliegen. Die Autoren gehen durch ihren Stil ein Risiko ein. Form, Thema und Stimmung erheben sich über die Handlung, die zwar nicht unwichtig ist, die sich aber dem, was der Autor sagt und wie er es sagt, unterordnet. Die Form ist wichtiger als die bloße Abfolge von Ereignissen, wie man sie heute überall vorgesetzt bekommt. Das berühmteste Beispiel einer „Slipstream“-Geschichte ist Shirley Jacksons „Die Lotterie“. Oberflächlich betrachtet geht es darin um eine kleine amerikanische Gemeinschaft. Es gibt kein zugrundeliegendes Übel, das wie in einer gewöhnlichen Horrorgeschichte im Hintergrund lauert. Sicher ist das eine Horrorgeschichte, aber die Natürlichkeit der Kulisse und der Figuren weicht niemals dem entfesselten Terror. Es gibt kein Monster, das man fürchten muss. Die Plausibilität der Geschichte wird nie in Frage gestellt. Die Ereignisse fühlen sich real an, auch wenn die Umstände unglaublich sind. Das ist Slipstream. Die Grenze zwischen Realität und Phantasie ist schlicht und einfach verwisch oder gar nicht vorhanden.
Ist Glitzer ein Bohnerwachs oder ein Dessertbelag? Ist ein Elektron eine Welle oder ein Teilchen? Slipstream sagt uns, dass die Antwort ja lautet.
John Kessel; Feeling very strange
Der größte Teil dieser Geschichten wird in der Kurzform geschrieben, daher tauchen einige der besten von ihnen in Zeitschriften oder Magazinen auf. Längere Romane neigen dazu, eher durch kommerzielle Beschränkungen ihr Ziel zu verfehlen. Kurzgeschichtenschreiber hingegen dürfen sich austoben und experimentieren. Andererseits liegt hier das gleiche Problem vor wie in der „Weird Fiction“; es ist schwieriger, die Atmosphäre des Unheimlichen, Seltsamen in einem Roman in voller Länge aufrechtzuerhalten. Michael Cisco gilt als einer der wenigen Autoren, die das überhaupt je geschafft haben.
Zwei Jahre hat es gedauert, bis wir den dritten Roman von Diane Setterfiled nun auch in Übersetzung vorliegen haben, immerhin eine Autorin, die 2006 mit “Die dreizehnte Geschichte” einen Orkan in der Verlagswelt verursachte. Wie man hört, ist jetzt leider sogar eine TV-Serie zu “Was der Fluss erzählt” geplant; wer die Verfilmung der dreizehnten Geschichte gesehen hat, wird das “leider” leicht verstehen können. Aber so ist das Geschäft. Auf der anderen Seite beweist das aber auch einmal mehr, dass Diane Setterfield ein herausragendes erzählerisches Talent besitzt und hier einen kraftvollen Roman darüber vorgelegt hat, wie wir uns selbst und anderen die Welt erklären, über den Sinn des Lebens in einem Universum, das undurchdringlich geheimnisvoll bleibt.
In Setterfields sprichwörtlich bezaubernden und verzauberten Geschichte dreht sich alles um den Fluss als Symbol und als metaphysischen Grund der Existenz gerade jener Menschen, die im Einflussbereich fließenden Gewässers leben. Hier ist es die Themse in der Nähe von Oxford, aber auch dieser gewaltige Fluss ist nichts ohne seine zahlreichen Seitenarme, groß und klein. Nicht nur ist der Fluss für das Geschichtenerzählen an sich ein definitives Bild, sondern für das ganze Leben, das, besieht man es sich genauer, ebenfalls nur aus Erzählungen besteht. Man erzählt sich selbst, wer man eigentlich ist und man erzählt es anderen; diese anderen erzählen einem nächsten, wer man ist und vieles, was man selbst erzählt hat, wird schon um die nächste Ecke herum zur Fiktion.
Setterfield erzählt dem Leser diese Geschichte. Was sich wie eine Binsenweisheit anhört, ist im Grunde nur der kleine Kniff, den Leser manches Mal direkt anzusprechen. Das ist am Ende nur konsequent, da die Autorin hier mit Konventionen des Erzählens herumspielt, während sie ihre Geschichtenerzähler im “Swan” durchaus das gleiche tun lässt. Dieses kleine und gemütliche Gasthaus – oder Pub – an der Themse ist neben dem Fluss selbst der Dreh- und Angelpunkt der Geschehnisse um ein rätselhaftes Mädchen, das eines Tages von dem Fotografen Daunt offensichtlich tot in die Gaststube gebracht wird, bevor er aufgrund von einigen Verletzungen ohnmächtig wird. Rita, die herbeizitierte Krankenschwester stellt dann zunächst den Tot des Mädchens fest. Als niemand hinsieht, küsst der Sohn des Gastwirts Jonathan, der am Down-Syndrom leidet, das Mädchen in der Hoffnung, es zu erwecken, wie es der Prinz mit Dornröschen getan hat.
Und siehe da: Als die Krankenschwester zur Leiche zurückkehrt, findet sie statt einer Toten ein lebendiges vierjähriges Mädchen vor. Innerhalb weniger Stunden erreichen die Spekulationen über die Identität des Kindes einen Grad an Verwirrung, den Setterfield auf den folgenden rund 400 Seiten aufrechterhalten kann. Dabei hilft ihr die Tatsache, dass das Mädchen sich weigert zu sprechen, um den Sachverhalt vielleicht aufzuklären.
Nun folgen einige überraschende Wendungen, als nämlich jeder in irgendeiner Form eine Beziehung zu diesem Kind in Anspruch nimmt. Nicht zuletzt gibt es da noch die gespenstische Gestalt eines längst verstorbenen Fährmanns, der in Momenten der Not erscheint, um Menschen entweder ans rettende Ufer zu bringen oder “zur anderen Seite”, sollte ihre Zeit gekommen sein. Im großen und ganzen sind die ländlichen Bewohner des Flusses, der wie gesagt die Themse ist, andererseits aber auch wieder nicht, ziemlich einfältige Arbeiter, die sich ihre Zeit mit der Interpretation der sich immer wieder ändernden Verhältnisse um das Mädchen beschäftigen, um ihren Alltag aufzulockern. Die Geschichte selbst ist dunkel genug und schwebt stets wie hinter einer Wolke, die zum Teil Märchencharakter hat, zum anderen aber Richtung Jane Austen tendiert, nämlich dann, wenn die Hintergrundgeschichten der einzelnen Protagonisten in den Vordergrund rückt, besagte Zu- und Abläufe der eigentlichen Erzählung, die durchflossen wird von Anspielungen und Wasser-Metaphern. Tatsächlich schreibt Setterfield mit nicht geringem Pathos über den Fluss, zum Beispiel, wenn ihr edelmütiger Protagonist Robert Armstrong ihn beschreibt:
“[…] hinter dem hellen, rieselnden Ton von Wasser auf Kies am Uferrand war noch ein Summen zu hören, so, wie einem der Schlag eines Glockenhammers noch als Nachhall in den Ohren klingt, wenn das hörbare Geläut schon vorbei ist. Es hatte noch die Umrisse von Schall, ohne den Klang, gleich einer Federzeichnung ohne Farbe.”
Armstrong, ein schwarzer Bauer, hat Geld und unendliche Reserven an Geduld und Freundlichkeit. Als unehelicher Sohn eines Edelmanns und einer Dienstmagd setzt er sich für die Außenseiter oder auch für ein entsprechendes Tier ein und tritt tatsächlich wie ein Heiliger auf, was die Figur selbst zu einer der Unglaubwürdigsten des ganzen Romans macht. Auf die Spitze getrieben wird das noch, als er eine lahme Frau heiratet, die eine Augenklappe trägt, um ihr verdrehtes Auge zu bedecken. Mit diesem Auge aber kann sie in die Seele der Menschen sehen, was sie aber nur selten nutzt. Setterfield setzt dieses Paar jedoch ganz bewusst ein, um ihre Version der Vergangenheit zu etablieren, in der die Menschen entweder außergewöhnlich anständig sind, über übersinnliche Fähigkeiten verfügen oder unsagbar kriminell sind. Einer dieser Schurken ist derjenige, der die Entführung eines Kindes geplant hat, und ja: in dieser Geschichte gibt es eine Menge verlorener Kinder.
Um das mysteriöse kleine Mädchen, das aus dem Fluss gefischt wurde, und die Jagd nach einem Mörder, der immer noch auf freiem Fuß ist, baut Setterfield einen fantasievollen, detaillierten, atmosphärischen Strom von Ereignissen auf.
Nichts wird in diesem Buch je unterschätzt, und nichts ist einfach, es sei denn, es handelt sich um die dösende Kundschaft des Gasthauses oder um die erbärmliche Gestalt der Lily White, Opfer brutaler häuslicher Misshandlungen und noch viel Schlimmerem. Sie steht am einen Ende des Spektrums, während am anderen Ende die Krankenschwester Rita steht, die unverheiratet ist, aus Angst, bei der Geburt zu sterben, wie es zu viele ihrer Patienten getan haben. Sie repräsentiert sowohl die Welt der hausgemachten Medizin vor Penicillin und chirurgischen Eingriffen als auch das aufkommende wissenschaftliche Zeitalter, in dem Fakten und strenge Beobachtung ein neues Verständnis ermöglichen. Der schwer verletzte Mann, dem sie im Gasthaus wieder zu Gesundheit verhilft, ist Henry Daunt, der sich in der unfehlbaren Formel der romantischen Fiktion kopfüber in seinen dienenden Engel verliebt.
Setterfield lässt ihre mäandernde Erzählung in der Schwebe zwischen Aberglauben und Vernunft, entscheidet sich aber bei ihrem Stil für das Potential, das im Grotesken und in der englischen Schauergeschichte liegt. Am Ende bin ich hin und her gerissen von dieser Flussfahrt, mag den Stil und das Können der Autorin loben, bin aber mit den Figuren nie wirklich warm geworden, um es genau zu sagen: mit keiner einzigen von ihnen, und das, obwohl die Figurenzeichnung nicht weniger umfassend ist wie der Ton des Romans. Es bleibt eine spezielle Geschichte, die mich einerseits angezogen, aber zu gleichen Teilen auch fortgestoßen hat.
Geschrieben von A. Anders
Wir haben verwahrt, aufgebahrt und hergerichtet.
Die Tische. Die Stühle. Auf den Tellern
die Masken. Die gelösten
Zungen im Glas. Nun ist dieser Raum
offenen Mundes
für immer zu schließen.
Nackt und uneingeladen
steigt aus den Brunnen
die Wahrheit mit ihrem Reisigbesen.
Geschrieben von A. Anders
Es ist warm. Schwalben tauchen in die verspiegelten Fenster des großen schweren Hauses hinter mir. Während ich Nachtblätter mit leuchtend grünen Adern sammele, löst sich das Tuch, das ich mir um mein Haar geschlungen, auf meinem Kopf zu einem Dutt gebunden hatte. An meinem Hals, über meine Brust lassen sich Nattern in alle Himmelsrichtungen in meinen Garten herab. Ich werde schwarz und werde warten, bis die Schwalben das schwere Haus wieder verlassen. Als sie dann irgendwann aus den offenen Augen schwärmen, dringen die Nattern, nunmehr verjüngt, aus den umstehenden Büschen hervor. Sie lachen mit Stimmen noch sehr junger Kinder, die, während sie an meinem Körper hochschlängeln, meinen Körper tasten. Eine von ihnen hält an meinem Rücken auf Höhe meiner rechten Niere und sagt: “Teichbestandteile”. Die anderen unterdessen zischeln: “Es sind Kinder, die einen Lotos zerpflücken!”
Geschrieben von A. Anders
Sie wuschen ihn,
kleideten ihn ein,
drapierten seine Arme
verschränkt auf seinem Brustkorb.
Sie schlossen ihre Augen
und legten sich neben ihn,
um ihn ein Stück
seines Weges begleiten zu können.
Nach einer Weile
waren seine Hände und Füße
kaum mehr sichtbar,
sein Gesicht fiel ein
zu einer dunklen Höhle,
in die sie sich hinabbeugten
und Steine fallen ließen,
um zu hören, wie tief es in ihm ist.
Doch das könnten sie nur ermessen,
indem sie sich, mit dem Gesicht
dem Himmel zugewandt, selbst
in ihn hineinfallen ließen.
Sie erinnerten sich,
dass man ihnen gesagt hatte:
die Natur gebiert
auf dem Bauch liegend blind.
Sie erhoben sich,
tastend in ihren Gesichtern,
nicht wissend,
ob es noch dieselben waren,
die sie sonst
in den Spiegeln erblicken konnten.
Geschrieben von A. Anders
Wir hatten nie wirklich zueinander gefunden. Ich konnte weder mit ihr, noch ohne sie leben. Ihrer jedoch mir mittlerweile schmerzhaften Abwesenheit wegen, hatte ich versucht, sie mir lebendig zu erhalten: Ich schnitt aus den Bildern ihrer Ahnen, die ich längst auf den Dachboden gebracht hatte, um sie dort zu lagern, Teile ihrer rosigen Gesichter, die, sobald ich sie befeuchtet hatte, sich wie feine Hauttücher Schicht für Schicht auf den von mir zu diesem Zwecke geschnitzten und geschliffenen Puppenkopf aus Holz modellieren ließen. Für ihre Wimpern verwendete ich die Beine der unzähligen toten Fliegen, die sich im Laufe der Jahre auf meinem Fensterbrettern gesammelt hatten und die ich in leeren Streichholzschachteln verwahrte. Ihre Augen aber ließ ich geschlossen. Denn keines der Inkarnate der Iriden ihrer Ahnen schien die Farbe ihrer Iriden zu haben. Wie nahe oder fern ich ihrem Antlitz dabei kam, konnte ich nicht sagen, zu starr und unbewegt bot es sich mir dar. Weshalb ich die Inkarnate immer mal wieder vorsichtig löste und sie auf dem Gesicht der Puppe neu anzuordnen versuchte. Ihr Körper sollte noch folgen.
Ich verließ nur noch selten das Haus. Wollte mich schützen, vor dem, was man über sie erzählte. Man berichtete sich, sie hätte schon als junges Mädchen, als sie noch in einem der Ställe gearbeitet hatte, die Pferde verrückt gemacht. Weshalb man es ihr zuschrieb, als am 13. August sämtliche Pferde, die die Bauern des Dorfes auf ihren Gehöften beherbergten, wild, mit einem weißen Schleier, der in ihre Mähnen gebunden war, die Hauptstraße hinunter schossen, um in alle Himmelsrichtungen zu fliehen. Es hatte mehrere Tage gedauert, sie wieder einzufangen. Sie, deretwegen man nun Grund hatte, sich die Mäuler zu wässern, um zu fabulieren, lebte, allein mit ihren Hühnern, in einer kleinen modrigen Holzhütte am Rande des Birkenhains. Ihr Alter vermochte niemand zu schätzen. Viele Jahre schon hatte sie niemand mehr gesehen. Eine der häufigsten Verwünschungen, die in den Stuben des Dorfes ausgesprochen wurde, war diese: Den Eiern ihrer Hühner solle der Dotter fehlen, statt der Schalen sollen sie schlangenartige, verdrehte Häute haben. Kinder unterdessen flüsterten anderen Kindern zu, sie hätten sie, als sie am Randes des Birkenhains spielten und in der Erde nach Stinkmorcheln suchten, von einem Schleier verhängt, an einem ihrer Fenster stehen sehen. Man hatte ihnen erklärt, dass die Leichenfinger, die aus der Erde über manchen Gräbern des hiesigen Friedhofs wuchsen, eben diese Stinkmorcheln waren, die die Kinder zum Platzen bringen wollten, um die schwarzgrünen Sporenwolken aufsteigen zu lassen. Nur dass die Alten sie als Hexeneier bezeichneten. Doch noch bevor sie sich zu weißen schlaffen Leichenfingern wandelten, deren Kuppen recht bald zur Erde hin zeigten, ragten die Fruchtkörper, aus dem Ei hervorkommend, wie Phalli mit schwarzgrünen Hüten, die von Myriaden von Fliegen umschwärmt wurden. “Unzüchtiges Teufelszeug”, hatte man gerufen, als man sie das erste Mal auf den Gräbern erblickte. “Das ist ihr Werk! Wo Fliegen sind, da ist der Teufel nicht weit!”
Ich hatte es damals gehört. Weshalb ich mich endgültig entschieden hatte, in das verlassene Haus meines verstorbenen Mannes, den ich am 13. August 1947 geheiratet hatte, am Eingang des Dorfes zu ziehen und meine kleine Hütte am Rande des Birkenhains zu verlassen. Ihren fertig modellierten Körper jedoch hatte ich in mein zurückgelassenes Heim gebracht. Meinen Schleier behielt sie bei sich.
Geschrieben von A. Anders
Ich bin, von dir genommen,
in den kleinsten Winkeln deines Raumes daheim.
Meine schwarzen Augäpfel
sind die Dunkelheit der Welt gewöhnt.
Kein Augenweiß. Nichts Irisierendes,
das isoliert betrachtet werden kann und will.
So hocke ich einfach da
und nehme wahr,
wie ein Haus Zeit konserviert.
Mein Mund, eine Melasse, die Fliegen fängt.
Denn das, was sie nicht fängt, wirft
sie auf Wunden. Ins hypnotische
Meer der Mütter greift meine Seele fingerlang.
Das immer Kleinste der Kleider
ist ins Nichts geweht, an den Rändern
verwoben mit mir. Ich wringe,
stehend im weißen Sand,
mein Kleid, dein rotes Meer.
Geschrieben von A. Anders
Ich musste, in jener Nacht, in der der Mond meinem Haus sehr nahe stand, wohl etwas von ihr mitgenommen haben, als ich schlafend in meinem Bette lag und zum ersten Mal, mittels eines Stuhls, durch ihre vielen verborgenen Räume geflogen war. Denn seither stand sie jedes Mal, wenn ich in den Spiegel blickte, hinter mir. Tat sie einen Schritt zurück, verschwand sie in tiefer Schwärze. Tat sie einen vor, war mein Gesicht für mich im Spiegel nicht mehr erkennbar. Ich war rastlos seitdem. Blies Nacht für Nacht die fast heruntergebrannte Kerze auf meinem Fensterbrett aus, öffnete das Fenster und hob mit meinem Atem davon.
Geschrieben von A. Anders
Der klamme hölzerne Raum, in dem sie saßen, hob und senkte sich an seinen beiden Enden abwechselnd auf und ab. Dunkelgrüne leere Flaschen rollten über dem Boden hin und her. In den blauen Bärten der grobschlächtigen Männer hatten sich kleine Fische verfangen, die gleichmäßig zappelten als würden sie durch ihr gewohntes Habitat schwimmen. Das flackernde Licht der Kerzen auf dem Tisch ließ sie für Bruchteile von Sekunden verschwinden, als seien sie im Dickicht der Bärte in Deckung gegangen. Filigrane Neptungräser, die sich nachgiebig der vorherrschenden Strömung hingaben. Sprachen die Männer, kam nichts als Wasser aus ihren dunklen Mündern. Rülpsten oder gähnten sie, fuhren imposante Flaggschiffe aus ihren nassen Schlünden von Zeit zu Zeit, die sich, sobald sie sich entschieden hatten, in eine Richtung abzubiegen, verflüchtigten. Die Schlacke, die sie dabei jedes Mal mitspülten, jedoch blieb, nahm zu, nahm nach und nach, von den Wellenbewegungen modelliert, die Gestalt eines dunklen Geschöpfes an, das sich vor den Bärtigen aufbaute. Muränen schwammen aus ihrem wässernden, sich wandelnden Leib, der mal jung, mal alt erschien, jedoch immer ungefähr und fließend blieb. Neben Seesternen, die am Boden aus ihr hervorkrochen, lösten sich Muscheln aus ihr, als hätte man den Boden des Meeres aufgewirbelt. Einer der Bärtigen holte aus seinen Ohrmuscheln zwei unförmige fahle Perlen. Die anderen taten es ihm nach. Blitze zuckten durch die Augen der Muränen und die Augen der Männer. Schnell rollten die leeren Flaschen in die Tiefe zur Seite des Bugs. Das Licht der Kerzen auf dem Tisch erlosch.
Sehr guter Zusatz. Bereichert das ganze enorm. Danke!
Ergänzung: Keith Richards spielte in Fluch der Karibik Teil 3 und 4 mit. Er übernahm die Rolle des Kapitän Teague,…
Die Swamp-Helden wirken auf mich etwas weit hergeholt. Um tiefgründige Wahrheiten über die menschliche Natur zu vermitteln, hätte ich eher…
Oh,dem stimme ich völlig zu! Danke für den Kommentar!
Vielen Dank. Ich denke, dass Mangas, Comic- und Mangamessen und Filme ebenfalls einen großen Einfluss auf die Verbreitung von Comics…