Lamb (2021)

(c) Koch Films

Valdimar Jóhannssons Regiedebüt „Lamb“ ist ein atmosphärisches Kammerspiel, das sich – ganz im Stil des modernen Horrorkinos – den Konventionen des Genres entzieht und stattdessen eine beunruhigende Parabel über Verlust, Sehnsucht und die Grenzen menschlicher Kontrolle über die Natur erzählt. Der Film bewegt sich zwischen folkloristischem Horror und psychologischem Drama und schafft dabei eine einzigartige, verstörende Atmosphäre.

Das kinderlose Ehepaar María und Ingvar lebt auf einer abgeschiedenen Schafsfarm in den isländischen Hochlanden. Als eines ihrer Schafe ein außergewöhnliches Lamm zur Welt bringt – halb Mensch, halb Schaf – entscheiden sie sich, das Wesen als ihr eigenes Kind aufzuziehen und nennen es Ada. Während María und Ingvar in ihrer neuen Elternschaft aufblühen, deutet sich durch subtile Zeichen an, dass die Natur ihr Kind zurückfordern wird.

Der Film ist in Kapitel unterteilt und folgt einem langsamen, meditativen Rhythmus. Jóhannsson nimmt sich Zeit für seine Geschichte und setzt auf atmosphärische Dichte statt auf schnelle Wendungen. Die Struktur erinnert an ein Märchen mit düsterer Grundstimmung.

Die Bildsprache von „Lamb“ ist bemerkenswert zurückhaltend und bedrohlich zugleich. Kameramann Eli Arenson nutzt die karge, nebelverhangene isländische Landschaft als eigenständigen Charakter. Die weiten Einstellungen betonen die Isolation der Protagonisten, während die Natur omnipräsent und undurchdringlich erscheint.

Die Farbpalette bewegt sich in Grau-, Grün- und Brauntönen, die die emotionale Kälte und Trostlosigkeit unterstreichen. Das Licht ist meist diffus, was der gesamten Erzählung etwas Unwirkliches verleiht. Jóhannsson vermeidet grelle Schockmomente und setzt stattdessen auf eine schleichende, unbehagliche Spannung.

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Die Legende vom kopflosen Reiter

Das Journal der Veranda

Auch wenn er selten aufgezählt wird, ist eine der bekanntesten Kreaturen der westlichen Volksmärchen der kopflose Reiter. Innerhalb der keltischen Folklore lässt sich die Erscheinung bis ins Mittelalter zurückverfolgen, aber die bekannteste Interpretation des legendären Gespensts stammt aus der Nähe von Terrytown, New York und ist in einem ruhigen Dorf namens Sleepy Hollow entstanden. Niedergeschrieben wurde die Legende von Washington Irving, und gehört hat jeder in der ein oder anderen Form schon einmal davon.

Die Legende besagt, dass das Gespenst einst ein hessischer Soldat gewesen ist, der in einer namenlosen Schlacht während des Revolutionskrieges durch eine Kanonenkugel getötet wurde. Der kopflose Reiter erhebt sich an jedem Halloween, um zu versuchen, seinen Schädel zu finden, indem er andere Köpfe abhackt, bis er den seinen endlich gefunden hat. Doch der kopflose Reiter ist natürlich nicht nur an Irvings Geschichte gebunden.

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Der verbotene Tag: Robin Hood

Das Journal der Veranda

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Robin Hoodm Laufe der Jahrhunderte hat das Erzählen und Nacherzählen der traditionellen Robin-Hood-Geschichten dazu geführt, dass eine schier unendliche Vielzahl von Interpretationen entstanden ist, die sich in Comics, Accessoires, Filmen, TV-Serien, Computerspielen usw. niederschlägt. Da es an unbestrittenen historischen Beweisen mangelt, hat jeder „Geschichten

erzähler“ die Gelegenheit genutzt, seiner Fantasie freien Lauf zu lassen und der beliebten Legende eigene Wendungen und Verzierungen hinzuzufügen. Infolgedessen hat die Fiktion über die Tatsachen gesiegt und eine Marke geschaffen, die als Symbol der Popkultur millionenfach reicher ist als eine echte historische Figur je sein könnte.

Der verbotene Tag

Historiker verbinden die Ursprünge der Robin-Hood-Legende oft mit den frühen heidnischen Festen am 1. Mai, dem „Robin-Hood-Tag“, und dem 30. Juni, an dem Mittsommer gefeiert wird.

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Die Erscheinung der Mrs. Veal: Die erste Geistergeschichte

The Apparition of Mrs. Veal, veröffentlicht im Jahr 1706, ist eine der frühesten in englischer Sprache gedruckten Geistergeschichten. Geister gab es natürlich schon vorher in der englischen Literatur – man denke nur an den Geist von Hamlets Vater bei Shakespeare -, aber dies ist etwas anderes: ein Aufsatz, der vorgibt, die wahre Geschichte eines geisterhaften Besuchs bei einer realen Person zu sein. Wie soll man ihn einordnen? Handelt es sich um ein Werk der Fiktion, eine Kurzgeschichte, die dem Leser den Nervenkitzel verschaffen soll, für eine Minute an die Möglichkeit einer übernatürlichen Welt jenseits der Welt, die wir sehen können, zu glauben? Oder handelt es sich um ein Werk, das besser als Journalismus einzustufen ist, als aufrichtiger Bericht über ein Ereignis, das der Autor für wahr hält? Es ist schwer zu sagen; ein Teil der Kraft der Geschichte liegt darin, dass sie zwischen Fiktion und Wahrheit, dokumentarischer Realität und beunruhigenderen Möglichkeiten zu schweben scheint. Ein weiteres Rätsel dieser Geschichte ist die Identität ihres Autors.

Mrs Veal

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Ein Toast auf Edgar Allan Poe

Das Journal der Veranda

Zu Jahresbeginn ist der Himmel in Baltimore stets bewölkt, es ist kalt, und Schnee perlt aus einem dunklen Himmel. Im Schrank hängt eine nicht zu verachtende Garderobe, aber das darf es heute nicht sein, heute hat der etwas abgetragene Mantel seine große Stunde. Auf dem Kaffeetisch liegt ein Band der von James Albert Harrison herausgegebenen siebzehn Bände umfassenden Reihe der Complete Works of Edgar Allan Poe von 1902.

Die Nacht senkt sich schnell, es ist die perfekte Bühne für einen namenlosen Mann, der sich wie jedes Jahr am 19. Januar in einer frostigen Nacht aufmacht, um auf dem alten Westminster-Friedhof drei Rosen und eine Flasche Cognac auf das Grab der berühmten Gedenkstätte zu legen. So geheimnisvoll wie der Unbekannte er gekommen ist, verschwindet er auch wieder. Vielleicht ist sein Kopf angefüllt mit Gedichten, die einen unglaublichen Klang besitzen, wenn man sie laut ausspricht. Wie Zaubersprüche, nur noch wirksamer.

Once upon a midnight dreary, while I pondered, weak and weary…
Mitternacht umgab mich schaurig, als ich einsam, trüb und traurig…

Die Identität des Mannes wurde nie enthüllt, obwohl das Grabmal schon seit mindestens sechzig Jahren besucht wird. Nie war das Gesicht des Fremden zu sehen, Geschickt hielt er es unter einem schwarzen Filzhut und einem Schal verborgen.

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Das verlorene Land Lyonesse

Das Journal der Veranda

Die britische und kornische Folklore wird nicht müde, eine Reihe geheimnisvoller Orte wie Camelot und Avalon in den Legenden um König Artus zu erwähnen. Daneben macht sich das verlorene Land Lyonesse eher klein und unscheinbar aus, spielt aber in vielen Artuslegenden eine wichtige Rolle.

Der Legende nach lag Lyonesse einst zwischen der Küste von Cornwall und den Scillies, die aus über 140 Inseln bestehen, von denen aber nur fünf bewohnt sind. Im 16. Jahrhundert befragte ein Antiquar namens William Camden viele Bewohner Cornwalls nach ihrem Volksglauben. Sie erwähnten oft die „Stadt der Löwen“ und erzählten, dass sie manchmal die „Geisterglocken“ läuten hörten. Nur ein Mann namens Trevelyan soll dem Untergang von Lyonesse auf einem Schimmel entkommen sein.

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Cäsar und das mysteriöse Licht

Das Journal der Veranda

Nur wenige Biografien haben die Geschichtsschreibung so sehr in ihren Bann gezogen wie das Leben des großen Julius Cäsar. Eine der wichtigsten Schlachten in der Karriere des Generals und späteren Diktators war die Schlacht von Pharsalus, in der er einen überwältigenden Sieg über seinen Erzrivalen Pompejus im römischen Bürgerkrieg errang. Viele Historiker übersehen jedoch einen recht merkwürdigen Vorfall, der sich am Morgen der Schlacht ereignete und von dem der Historiker Plutarch berichtet:

„Dann, während der frühen Morgenwache … loderte ein großes Licht über [Caesars] Lager auf, und eine brennende Fackel erhob sich aus diesem Licht und fiel auf Pompejus‘ Lager… „

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Das Irrlicht

Das Journal der Veranda

Die britischen Inseln pulsieren geradezu vor geheimnisvollen Geschichten. Von den schroffen Klippen Englands bis zu den Nebeln der schottischen Highlands, von den sanften Hügeln von Wales bis zu den grünen Tälern Nordirlands – überall wispern Legenden, flüstern Geister, tanzen Schatten in der Dämmerung.

Unter all den Mysterien, die in den alten Chroniken verweilen, gibt es eines, das wie ein flackernder Funke durch die Zeiten springt: das Irrlicht. Sein Name variiert von Land zu Land, doch sein Wesen bleibt dasselbe – ein Licht in der Dunkelheit, ein Versprechen oder eine Warnung, ein Spiel der Natur oder ein Ruf aus dem Jenseits. Besonders im Vereinigten Königreich kennt man es als Will-o‘-the-Wisp, als das unstete Flackern, das Wanderer lockt und sie ins Ungewisse führt.Trotz regionaler Unterschiede gibt es einige wiederkehrende Merkmale, die in vielen dieser Erzählungen zu finden sind.

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Die Magie der „verborgenen Schuhe“

Ein „verborgener Schuh“ ist ein Schuh, ein Stiefel oder eine Pantoffel, die in den Wänden von Gebäuden und Häusern versteckt sind – manchmal mit magischer Absicht durch Bauherren und Hausbesitzer. Aberglaube und spirituelle Überzeugungen veranlassten die Menschen, diese Gegenstände an geheimen Orten zu verstecken, um Hexen und böse Geister abzuwehren. Schließlich wurden so viele dieser Schuhe gefunden, dass Gelehrte und Archäologen erkannten, dass sie absichtlich aus unheimlichen Gründen, die man heute noch nicht ganz versteht, dort angebracht wurden. Dieses Ritual war vor allem in Großbritannien verbreitet, kam aber auch in den Vereinigten Staaten, Spanien, China und Australien vor. Die Schuhe wurden in Schornsteinen und Vorräumen von Häusern gefunden. Sie dürften von Kindern, Männern und Frauen getragen worden sein. Viele Schuhe wurden an den Eingängen von Häusern gefunden, wo der Schutz vor bösen Geistern am dringendsten benötigt wurde. Es gibt jedoch auch die Theorie, dass es eine Tradition der Baumeister war, die Schuhe dort anzubringen. Vielleicht sollte damit an etwas erinnert werden, das wir heute – wie so vieles – nicht mehr verstehen.

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Das Ungeheuer von Loch Ness als paranormales Ereignis

Das Journal der Veranda

Schottlands Loch Ness ist annähernd 1000 Meter tief und 35 Kilometer lang. Von vielen wird der See als Heimat eines unbekannten Lebewesens angesehen, das man weltweit unter dem Namen „Nessie“ kennt. Die Öffentlichkeit wurde 1933 auf das Monster aufmerksam, seitdem ist das Phänomen zu einem regelmäßigen Medienereignis avanciert, zu einem regelrechten Wahrzeichen Schottlands geworden. Dutzende von Spielfilmen, Bücher, Zeitungsartikel und Dokumentationen haben Nessie zum Thema, so dass sich leicht behaupten lässt: sie ist die bekannteste kryptozoologische Kreatur der Welt.

Es gibt immer wieder Rückschläge auf der Suche nach Seeungeheuern ganz allgemein. Trotz vieler glaubwürdiger Augenzeugen, die die Monster gesehen haben wollen, wurden nach unzähligen Versuchen in den jeweiligen Seen noch keine lebenden Monster gefangen. Es wurden niemals irgendwo Kadaver gefunden, die etwas anderes als bereits bekannte Tiere sein könnten. Es ist eine Tatsache, dass gigantische Netze, U-Boote, Unterwasserkameras, Sonar- und Taucher es bislang versäumt haben, soliden Beweise dafür zu finden, dass es ein Monster von Loch Ness gibt.

© Hugh Gray

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