Durst – Ein Vampirfilm ohne Klischees

Als Park Chan-Wook seinen Vampirfilm “Durst” drehte, wollte er die Knoblauchzehen, Opernumhänge, Holzpfähle und andere schimmelige Genre-Stereotypen weglassen. Er beabsichtigte auch nicht, der gegenwärtigen Flut an Blutsauger-Fabeln mit ihren pubertierenden Helden und Heldinnen, wie etwa “Twilight” oder “True Blood”, noch ein weiteres Kapitel hinzuzufügen. “Im Westen gibt es diese große Ansammlung von Klischees in Vampirfilmen”, sagte der südkoreanische Autor und Regisseur.

“Ich dachte, mir könnte etwas Einzigartiges einfallen, indem ich diese Klischees wegließ.”

Aus diesem Grund sollte “Durst” als scheinbar erster Vampirstreifen in Erinnerung bleiben, in dem der Protagonist ein asiatischer römisch-katholischer Priester ist, der sich wegen seiner bisherigen Hilflosigkeit schuldig fühlt. Dieser bescheidene Mann des Glaubens, der vom führenden koreanischen Schauspieler Song Kang-Ho gespielt wird, wird aus Versehen zu einem sinnlichen nächtlichen Raubtier, als er freiwillig an einem Impfstoff-Experiment teilnimmt, das einen tödlichen Virus bekämpfen soll. Stattdessen erhält er eine ansteckende Transfusion, die ihn zum Vampir macht.

In seinen früheren Filmen, darunter die koreanischen Megaerfolge “Joint Security Area” und “Old Boy”, der den Grand Prix beim Festival in Cannes 2004 gewann, hat Park eine technische Finesse bewiesen, die einige Kritiker zu Vergleichen mit David Fincher verleiteten, sowie eine Fähigkeit, unverbrauchte Bilder und metaphorische Bedeutung aus westlichen Filmgenres und Erzählkonventionen zu gewinnen. Kurioserweise wurde “Durst” teilweise durch den Roman “Thérèse Raquin – Du sollst nicht ehebrechen” (1867) des französischen Schriftstellers Émile Zola inspiriert, in dem es um eine junge Frau in einer fiebrigen Affäre geht. Sie entflieht darin einer seelenlosen Ehe und einer erstickenden Häuslichkeit. In “Durst” spielt die Schauspielerin Kim Ok-Vin eine ähnlich gefangene junge Frau, deren Charme einen priesterlichen Blutsauger anzieht.

Park sagte, er bewundere die Art und Weise, wie Zolas Roman “sich mit Liebe nicht nur als Begriff befasst”, sondern als alltägliche Realität von erdgebundener, fleischlicher Anziehungskraft. Mit “Durst” wollte Park in ähnlicher Weise etwas von der transsilvanischen Mystik abstreifen und “Vampirismus als etwas fast Biologisches behandeln, oder es als Krankheit zeigen”. Die eher düstere Kulisse von Krankenhäusern, einsamen Straßen und trostlosen Häusern – im Gegensatz zu der glamourösen, gotischen Inszenierung so vieler westlicher Vampirfilme – verleiht “Durst” auch eine naturalistische Qualität, die gespickt mit surrealen Happenings alarmierend und manchmal auch humorvoll daherkommt (z.B. als der wütender Vampir lässig auf einen Laternenpfahl schlägt, der dann in zwei Hälften zerbricht).

Obwohl niemand in “Durst” als Vampirabwehr ein Kreuz dabei hat, ist der katholische spirituelle Subtext des Films kein Zufall. Als Sohn akademischer Eltern wuchs Park als Katholik auf, bis er in der Pubertät zu dem Schluss kam, dass “es keine Grundlage gab, an die Existenz Gottes zu glauben”.

Obwohl seine religiöse Erziehung dabei half, sein jugendliches Weltbild zu formen, sagte Park:

“Wenn jemand behaupten würde, dass der Katholizismus einen ebenso großen Einfluss auf mich ausübte wie Martin Scorsese, wäre das eine riesige Übertreibung.”

Was ihm am meisten anhängt, sei die katholische Vorstellung von der Erbsünde, die unerschütterliche Schuld und die schillernd verzierten Traditionen der katholischen religiösen Kunst.

In “Durst”, sagte er, wollte er den Katholizismus und Vampirismus als grundsätzlich westliche Konzepte betrachten, die in die koreanische Kultur importiert wurden wie fremde Gegenstände, die in einen menschlichen Körper eingeführt werden. “Der Film handelt also von externen Elementen, die sich in einer neuen Umgebung wiederfinden.” Spannung baut sich in “Durst” unabhängig davon auf, ob diese externen Elemente letztlich akzeptiert oder abgelehnt werden, ob sie assimiliert werden oder am Ende ihre Wirte zerstören.

Der Regisseur schlug ein Sinnbild vor, wie er die Film- und Erzählkonventionen infiltriert und sie mit neuen Variationen und Ideen infiziert: “Man könnte fast sagen, ich bin der Keim, der in das Genre gelangt ist und alles vermasselt”, sagte er.

Nur wenige Regisseure sind einladendere Ziele für Fanboy-Verehrung und den Spott von Filmkritikern als jene, die Pulp-Genre-Filme mit höheren philosophischen Bestrebungen mischen. Doch Parks metaphysische Neigung (er studierte Ästhetik und Philosophie ) sollte für sorgfältige Betrachter seiner Filme keine Überraschung sein.

Seine Vorliebe für Blut, gepaart mit einer Handvoll Hochspannungssequenzen (einschließlich der berüchtigten “Old Boy”-Szene, in der die Hauptfigur, nachdem sie aus dem Gefängnis entlassen wurde, in ein Restaurant geht und seine Zähne in einem lebenden Tintenfisch versenkt), haben einige Rezensenten dazu verleitet, ihn als Exploitationautor zu brandmarken, zu einem stilvollen, aber grausamen Tarantino-Möchtegern.

Bei näherer Betrachtung von Parks Werk zeigt sich aber nicht nur, dass er nicht nur wunderschön komponierte Bilder ästhetisierter Gewalt wie Sam Peckinpah komponiert, sondern auch moralische Anliegen anbietet, die sich mit Fragen des freien Willens, der Rache und der Selbstbeherrschung beschäftigen. Wie eine Reihe von Figuren in den Filmen von Alfred Hitchcock, dessen Meisterwerk “Vertigo” entscheidend dazu beigetragen hat, dass Park von seiner geplanten Karriere als Kunstkritiker abwich, sind Parks Charaktere eher orientierungslose Menschen, die in extremen Umständen gefangen sind, für die sie nicht selbst verantwortlich sind, die sich dann zu nichtumkehrbaren Handlungen gezwungen sehen, die ihre eigene Zerstörung herbeizuführen drohen.

In “Old Boy” (2003), der zweite Teil von Parks so genannter Vengeance-Trilogie, wird der Protagonist aus Gründen, die er nicht kennt, aus dem Gefängnis entlassen, nachdem er dort 15 Jahre lang festgehalten wurde. Diese Kafka-artige Prämisse trägt eine Geschichte von Rache und psychologischer Manipulation vor, die auch als Allegorie der Beziehung zwischen einem gottähnlichen Regisseur und seinen langmütigen Schauspielern gedeutet werden könnte.

Park sagte, dass seine Vorliebe für klaustrophobische, gefängnisähnliche Situationen in seinen Filmen von der Fähigkeit herrührt, die Ideen, mit denen er es dadurch zu tun bekommt, zu reinigen und zu verschlanken. Indem er seine Filme auf eine begrenzte Anzahl von Variablen reduziere, könne er Mikrokosmen konstruieren, darin enthaltene Universen, in denen menschliches Verhalten intensiviert wird.

Und wenn dieses Verhalten oft beunruhigend ist und die Umstände seiner Charaktere nervenaufreibend sind, dann meint Park, dass das so ist, weil sie gar nicht so ungewöhnlich sind, wie wir vielleicht glauben möchten. Er beschreibt den inhaftierten Charakter in “Old Boy”, der nicht weiß, warum er festgehalten wird oder wann (wenn überhaupt) er freigelassen wird, als “Metapher für einen fundamentalen menschlichen Zustand”.

Schusters Gespenster: Eine spukhafte Kinderserie aus dem Jahr 1978

Wann immer ich eine Serie oder einen Film aus den guten alten Zeiten ansehe, dann fallen mir vor allem die Farben auf. Ich könnte auch über Düfte reden, aber die sind für Filme eher uninteressant. Die Realität – oder zumindest das, was wir so nennen – hatte andere Farben als heute. Und ich kann euch auch sagen, woran das liegt: es handelt sich nicht um die gleiche Welt. Nehmen wir zum Beispiel Schusters Gespenster. Erinnert sich noch jemand daran?

Diese Kinderserie war in den späten 70er Jahren ein Hit im deutschen Fernsehen und erreichte ziemlich gute Einschaltquoten. Die meisten dürften sie aber vergessen haben. Sie ist – wie vieles, das einen bestimmten Punkt in der Zeit abbildet – darüber hinaus völlig irrelevant.

Pidax Film

Hier werden die Abenteuer der Familie Schuster geschildert, die in eine Villa zieht, in der Geister ihr Unwesen treiben. Mit ihrer Mischung aus Komödie, Mystery und Grusel, die damals sowohl Kinder als auch Erwachsene unterhielt, war sie eine der ersten Fernsehproduktionen, die sich mit diesem Thema humorvoll und familienfreundlich beschäftigte. Für das deutsche Fernsehen war das die gute alte Zeit, weil oftmals versucht wurde, neue Genres und Formate zu erproben. Da waren auch viele Experimente dabei, die für die heutigen Sehgewohnheiten teilweise unerträglich sein dürften und die man später auch nie wieder gesehen hat. Vielleicht muss man einfach dabei gewesen sein, um dem überhaupt etwas abzugewinnen, und wenn man bedenkt, dass von manchen Kritikern die schwache Handlung, die schlechten Spezialeffekte und die klischeehafte Darstellung von Eugen Dracula bemängelt wurde, dem Vampir, der den Gespenstern die Post bringt und der gerne Blutwurst isst, hatten diese Leute wohl nicht auf dem Schirm, dass gerade die Spezialeffekte für die damalige Zeit recht aufwendig waren und viel Geschick und Kreativität erforderten. Etwas, das man heute kaum noch irgendwo sieht. Gespielt wurde Dracula von Kurt Schmidtchen, der ebenfalls zum Ensemble von Dieter Hallervordens Nonstop Nonsens gehörte und dadurch in der Fernsehlandschaft bekannt wurde.

Zum Beispiel wurden hier die Geister mit Hilfe von Spiegeln, Projektionen und Masken dargestellt. Die Musik der Serie wurde von Rolf Kühn komponiert, einem renommierten Jazzmusiker und Klarinettisten.

Für Kenner – ja, für Kenner und Fans im Sektor Retro-Fernsehen haben Schusters Gespenster Kultstatus, und das trotz einer Familie, die ziemlich wuselig und laut ist. Das geht wahrscheinlich vielen heute auf die Nerven. Ganz einfach schon aus dem Grund, weil es heute keine lebendigen Familien mehr gibt.

Die Serie wurde vom 10. September bis zum 8. Oktober 1978 immer sonntags Nachmittags auf ARD ausgestrahlt. Jede Folge brachte es auf erquickliche 30 Minuten, so dass zum Schluss zweieinhalb Stunden Film standen. Anders wie die zwei Jahre vorher erschienene Serie „Haus der Krokodile“ gab es für Schusters Gespenster keine Buchvorlage.

Die Idee zu Schusters Gespenster stammte von Klaus-Dieter Lang, einem deutschen Drehbuchautor. Er schrieb die Serie als eine Parodie auf die klassischen Horrorfilme, die er sich als Kind gerne angeschaut hatte. Das sind natürlich Dracula, Frankenstein, Tarantula usw.

Lang wollte damit etwas schaffen, das sowohl lustig als auch spannend war, und das seinen jungen Zuschauern zeigte, dass Geister nicht immer böse sind. Die Erwachsenen dürften das ja schon längst gewusst haben, oder etwa nicht? War es etwa anders herum? Die 60er und 70er Jahre waren auf eine gemütliche Art okkult. Hörspiele wie Hui Buh (dessen Abenteuer bereits 1960 begannen, aber erst 1973 in Buchform erschienen), Ottfried Preußlers „Das kleine Gespenst“ und all diese zauberhaften Dinge hatten eine gewisse Hochkonjunktur unter Kindern, die das Phantastische schon immer liebten.

Schusters Gespenster wurde von Bruno Voges inszeniert, einem Regisseur, der zu diesem Zeitpunkt schon viele Fernsehfilme und -serien gedreht hatte, die allerdings alle nicht der Rede Wert sind.

Wir bekamen fünf Folgen, die jeweils etwa 30 Minuten lang sind:

  1. Der Zinksarg, die merkwürdige Villa, eine Mitternachtsüberraschung
  2. Schusters Einzug, die geheimnisvolle Kiste und ein anstrengender Spuk
  3. Die magischen Kräfte der Truhe, der undurchsichtige Besucher, eine Zerstörung
  4. Der große Schreck, nächtlicher Wirrwarr und ein merkwürdiger Anruf
  5. Das Verschwinden, das Wiedersehen und das Ende

Alfred Hitchcock: Der Fremde im Zug

Der Fremde im Zug
Man hilf sich gegenseitig; © Warner

Einer der berühmtesten psychologischen Kriminalfilme, die Hitchcock je gedreht hat, ist zweifellos „Der Fremde im Zug“ (Strangers on a Train), die Verfilmung des ersten Romans der Krimiautorin Patricia Highsmith, die 1951 in die Kinos kam. Auch wenn der Film im Laufe der Jahre von vielen Filmwissenschaftlern als Hitchcocks bahnbrechenden Filmen wie „Vertigo“ oder „Das Fenster zum Hof“ unterlegen eingestuft wurde, blieb die fesselnde Geschichte zweier Menschen, die sich in einem Zug treffen und über die Durchführung eines perfekten Mordes diskutieren, für Filmfans in aller Welt ein beliebtes Thema für Analysen und Debatten. Was Strangers on a Train von ähnlichen Filmen selbst innerhalb des Hitchcock-Kanons unterscheidet, ist die faszinierende Idee, die im Mittelpunkt steht – das Motiv des Doppelgängers, der innere Kampf zwischen Gut und Böse in jedem Menschen – sowie die beeindruckende technische Virtuosität, an die wir uns gewöhnt haben, wenn wir über die Werke des britischen Künstlers sprechen.

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Cocktail für eine Leiche

Rope Thumb

Cocktail für eine Leiche ist einer der gewagtesten Filme, die Alfred Hitchcock je gedreht hat. Hier macht der Meister des Suspense aus einem kleinen Spannungsstück einen ganzen Spielfilm und zeigt uns die Kehrseite des Thrillers, mit dem er sich einen Namen gemacht hat. In vielen Filmen geht es beim Mord mehr um das Motiv als um die Folgen. Die Bösewichte planen ihr Verbrechen und sind viel interessanter, bevor sie ihre Tat bereuen. Cocktail für eine Leiche verwirft diese Formel, greift auf eine wahre (und besonders kaltblütige) Geschichte zurück und macht sich über ihre Folgen lustig.

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Karlsson vom Dach

Karlsson

Astrid Lindgren ist zweifellos eine der größten Kinderbuchautorinnen aller Zeiten und nach ihrem Tod Opfer einer neuen Sprachmoral geworden. Aber darum soll es heute nicht gehen.

Sprechen wir lieber über eine ihrer Hauptfiguren, die vielleicht nicht so populär ist wie Pippi Langstrumpf, aber nicht weniger geheimnisvoll: Karlsson. Dabei handelt es sich um eine Trilogie von Kinderbüchern der schwedischen Autorin Astrid Lindgren. (Karlsson auf dem Dach, Karlsson fliegt wieder und Der beste Karlsson der Welt), deren Hauptfigur „Lillebror“ ist, das jüngste von drei Kindern einer ganz normalen Familie, die in einer Wohnung in Stockholm lebt. Seine Familie wird immer wieder als völlig gewöhnlich beschrieben – Mutter und Vater arbeiten beide, die große Schwester Betty ist in alle Klischees der Pubertät verstrickt, der große Bruder Birger spielt Gitarre und ist schlecht in der Schule, und Lillebror, der ein paar Jahre jünger ist als seine Geschwister, verbringt viel Zeit allein… zumindest bis er eines Tages einen ganz besonderen Freund findet: den titelgebenden Karlsson auf dem Dach.

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The Limits of Control / Jim Jarmusch

Schon der Anfang von The Limits of Control erklärt die Konsequenz des Films, ohne dass man es bis zum Ende weiß.

Andererseits dauert es auch nicht lange, bis man vom Zusammenspiel von Form, Funktion und Protagonist gefesselt ist.

Nach etwa zehn Minuten fragt man sich, ob es hier überhaupt etwas zu sehen gibt. Nach weiteren fünf Minuten steht die Antwort fest. Es ist eine Genreübung, die alle Erwartungen unterläuft. Es ist eine Genreübung, die alles Gewohnte ausblendet.

Im Großen und Ganzen folgt The Limits of Control einem Mann (De Bankolé), der mit einer Reihe exzentrischer, aber namenloser Figuren (wie er selbst) interagiert.

Er wartet, lehnt alle irdischen Genüsse außer Espresso ab und erfüllt schließlich seine Rolle als Auftragskiller.

Was faszinierend undurchsichtig beginnt, wird schnell beklemmend. De Bankolé gelingt es, die emotionale Distanz des namenlosen Mannes, aber auch die Nähe gut darzustellen. Er macht die Figur zu einer, der man sich öffnen und nähern möchte. Doch daran ist Jarmusch nicht interessiert. Je näher man dem einsamen Mann kommt, desto zweidimensionaler wird er. Er ist ein Mann mit einem Job, nämlich ein Killer -, einer Philosophie, nämlich allen Versuchungen zu widerstehen -, und einer Obsession: Espresso trinken. Das reicht, um ihn mit einer geheimnisvollen Aura zu umgeben. Doch bald fühlt er sich wie der stille Typ auf der Party. Zuerst hält man ihn für isoliert, interessant und sensibel. Nach zwei Stunden, in denen man versucht, ihn zu knacken, muss man vom Gegenteil ausgehen. Der einsame Mann ist genau das, was er zu sein scheint: unkommunikativ mit einem einzigen Interesse, das er nicht einmal mit einem gewissen Maß an Leidenschaft angehen kann.

Es ist eine Genreübung, bei der alles weggelassen wird, was einen Film interessant macht.

Nur Kaffee ist das Wahre

Jarmusch ist seit langem ein Kaffeeliebhaber.

Er hat einen ganzen Film über Menschen gedreht, die Kaffee trinken, und über die Gespräche, die dabei entstehen. Als Requisit, als Orientierungspunkt für einen Film hat er den Wert einer Tasse Kaffee mehr als bewiesen. Aber als eine von zwei Figuren ist er am Ende völlig uninteressant.

Es gibt Momente, in denen der Film Lebenszeichen von sich gibt, die fast immer von den Schauspielern ausgehen. Die Blondine (Tilda Swinton) ist die richtige Art von Undurchsichtigkeit. Sie spricht auf eine Art und Weise, die entweder völlig geradlinig oder voller Rätsel sein kann. Noch wichtiger ist, dass sie beides verlässt, bevor man sich ganz entscheiden kann und bevor diese Zweideutigkeit nicht mehr willkommen ist.

Die Nackte Frau (Paz de la Huerta) bietet auf einer ursprünglicheren, kindlichen Ebene die eindrucksvollsten Bilder des Films. In einem Film, dessen Ästhetik oft am besten als „Wohnzimmer der 70er Jahre“ beschrieben werden kann, ist ihre unverblümte Nacktheit und die Art und Weise, wie de la Huerta sie je nach den Umständen sexuell oder sachlich darstellen kann, der einzige besondere Effekt des Films. Die Schauspielerin verleiht ihrer Figur auch einen Reichtum, den wir in The Lone Man nicht finden. Sie ist buchstäblich eine Augenweide, aber sie hat einen Standpunkt, Interessen, Wünsche und einen gelegentlichen Sinn für, sagen wir, Spaß.

Ein minimalistischer Thriller

Der mit Abstand beste Schauspieler, der aus wenig viel macht, ist Bill Murray.

In seiner kurzen Rolle verleiht er dem Film ein Knurren, das die Kontrolle durch ein alternatives Universum suggeriert. Er durchdringt nie die minimalistische Realität, die Jarmusch konstruiert hat. Dennoch verleiht er dem Film Energie, indem er einen Weg findet, Spannung zu erzeugen, ohne den Film in die Klischees des Genres zu zwingen, die der Autor und Regisseur so offensichtlich nicht in der Nähe seines Films sehen will. Die Konfrontation des einsamen Mannes mit dem Amerikaner zeigt, dass es einen solchen Film geben kann. Ein minimalistischer Thriller, der dennoch etwas anderes hat als eiskaltes Wasser in den Adern und kalten Espresso in den Tassen.

Das Auftauchen und die Funktion all dieser verschiedenen Figuren gibt The Limits of Control eine narrative Form, aber keine wirkliche Erzählung: Der Film ist weniger ein Thriller als ein Gedicht über die Idee des Thrillers. Was der einsame Mann vorhat, wird nie erklärt – seine Reise, Schritt für Schritt, ist der Sinn des Films.

A Ghost Story – Zeit ist alles

Es gibt natürlich Gründe dafür, warum Geschichten, die sich um Trauer drehen, auf die Erfahrungen der Lebenden (der Überlebenden) fokussiert sind, die mit dem Schmerz des Verlusts und dem Mysterium der Abwesenheit zu kämpfen haben. Vielleicht aber haben die Toten auch Gefühle. Wenn man darüber nachdenkt, ist das sogar der Urgrund vieler Geistergeschichten. Und genauso verhält es sich bei A Ghost Story, David Lowerys genialen und bewegenden Film von 2017.

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Bram Stoker’s Dracula

Dracula
©Columbia Tristar

Bram Stoker’s Dracula gab vor 25 Jahren sein Debüt und erzielte im Laufe der folgenden Saison rund $ 82 Millionen und weltweit $ 215 Gewinn. Das ist nicht schlecht für einen Horrorfilm, gerade im Jahre 1992. Der Film hätte nicht heißer erwartet werden können, größtenteils dank seiner Besetzung: Anthony Hopkins, frisch von Das Schweigen der Lämmer kommend, Keanu Reeves und Winona Ryder – damals noch Youngsters -, und schließlich Charakterschauspieler Gary Oldman endlich einmal als das, was er ist: ein Dämon. Aber die aufregendste Aussicht auf einen guten Film bot der Name des Regisseurs: Francis Ford Coppola, der seit dem Abschluss seiner The Godfather-Trilogie im Jahre 1990 keinen Film mehr gedreht hatte. Obwohl er durchaus mehrere Flops hingelegt hatte, war Coppola immer noch Coppola, der Macher des Paten und von Apokalypse Now. Natürlich wurde der Film von den meisten Kritikern nicht zu den besten des Regisseurs gezählt und ist in den Augen der Öffentlichkeit nicht gerade gut gealtert. Was die meisten Leute heute mit Bram Stoker’s Dracula in Verbindung bringen, ist ein „heimliches Vergnügen“. Dabei handelt es sich um einen Film, der weitaus besser ist als das Getue vermuten lässt.

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Gotham – Die Comicverfilmung

Gotham läuft unter der Prämisse ‚Was wäre, wenn?‘ Also: was wäre, wenn Jim Gordon derjenige war, der als junger GCPD-Rookie die Morde an Thomas und Martha Wayne untersucht hat? Dabei versucht die Serie, einige Figuren neu zu beleuchten und Beziehungen unter ihnen mitsamt den bisherigen schwarzen Flecken im Batman-Universum aufzudecken.

Den Kern aber bildet der junge Kriegsveteran Jim Gordon, der in Gotham in den härtesten Bezirk versetzt werden will und Detective Harvey Bullock. Die beiden haben es mit dem Mord an einem reichen Ehepaar im Theaterviertel zu tun. Als Bullock erfährt, wie berühmt die Opfer waren, will er den Fall erst nicht, aber es ist bereits zu spät, und von diesem Punkt an finden sich die beiden verwickelt in der komplizierten Unterwelt der Stadt wieder.

Batman ist zwar nicht Teil der Serie, dafür aber Bruce Wayne. Als zwölfjähriger Junge trifft er in seiner dunkelsten Stunde auf Jim Gordon. Von Beginn an lässt die Serie keinen Zweifel daran, dass sie das Versprechen Jim Gordons an den jungen Bruce als Motivation nutzt, die Verantwortlichen am Tod seiner Eltern zu finden und vor Gericht zu stellen.

Federführend bei Gotham ist Bruno Heller, der bereits die Verantwortung bei HBOs Rom inne hatte, und das deutet bereits auf das epische Erzählmuster hin. Und Heller hatte bereits vor den Dreharbeiten angekündigt, dass die Ausstattung der Serie visuell die der Filme übertreffen würde. Allerdings war der Look, den Tim Burton und Christopher Nolan der Stadt gaben, durchaus sehenswert und Gothamhat nach dieser Aussage eine gewisse Bringschuld, die aber durchaus gemeistert wird.

Hellers Gotham ist ein lebendiger, überfüllter, tosender Ort, der den Geist New Yorks in den 70ern beschwört. „Grimmig und schmutzig und sexy und gefährlich …,“ sagt Heller. Und was die Figuren selbst angeht, sagt er weiter,

„… ist es zwingend notwendig, die Dinge und Geschehnisse, die wir alle kennen, miteinander zu vermischen. Es geht darum, die geheimen Hintergründe dieser Geschichten zu erzählen. Wenn du diese Geschichten exakt so erzählst, wie sie bereits vorher erzählt wurden, weil du der bestehenden Mythologie treu blieben willst, fügst du ihr nichts Neues hinzu. Du musst Wege finden, mehr darüber herauszufinden. Die Hälfte des Vergnügens besteht darin, herauszufinden, welche Person sich wann in welchen Charakter verwandelt.“

Abgesehen von der Möglichkeit, die Galerie der Batman-Schurken bei ihrer Entstehung zu sehen – Hugo Strange, Mr. Freeze, den Joker, den Pinguin, den Riddler usw. – ist es die Besetzung, die die Fans bisher begeistern konnte. Die Bekanntgabe von Ben McKenzie als Jim Gordon, Donal Logue als Harvey Bullock und Jada Pinkett Smith als Fish Mooney hatte viele anfängliche Zweifler dann doch applaudieren lassen. Absolut herausragend werden die Rollen von Oswald Cobblepot (Pinguin) und Alfred Pennyworth (Batmans Butler) interpretiert. Sie sind deshalb so besonders, weil sie sich von allem unterscheiden, was wir bisher zu sehen bekamen. Und selbst Pinkett Smiths Darstellung der Fish Mooney, die in den Comics nicht vorkommt und eigens für die Serie gestaltet wurde, fügt sich grandios ein.

Alien – Xenomorphe

Geschrieben von A. Anders

Starbeast sollte es ursprünglich heißen, wie auch der erste Film selbst. 6 Hauptfilme kann es seit 1979 bereits verbuchen. Nicht alle stammen von Ridley Scott, es drehte auch David Fincher (Alien 3), sowie James Cameron (Aliens – Die Rückkehr.) Auch 2 Crossoverfilme (Alien vs. Predator I / II) gehören dazu. Science-Fiction ist es. Und doch entspringt es offenbar einem uns sehr nahen Horror, der nicht erst das Jahr 2122 braucht. Eine Mutter und zwei Väter hat es. Ein Elterntrio, das sich namentlich sehen lassen kann: HR Giger, Ridley Scott und Sigourney Weaver. Einen Oscar hat es Giger eingebracht, in der Kategorie Visuelle Effekte. Selbst ist es sehr daran interessiert, viele viele Abkömmlinge zu haben. Derlei viele, dass wir sehr schnell verstehen, dass es dieser Spezies allein um die Zeugung neuer und eigenständiger Nachkommen geht, um die Sicherung seiner Art, um die Sicherung eines Bestandes, der die ultimative Vermehrung der Anzahl der eigenen Exemplare ins Auge gefasst hat.

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