Wie zu Zeiten der pestilenzischen Seuche oder der Post-Klondike-Stille hatte die Umgebung die Ereignisse gespeichert, abgedeckt, vor neugierigen Blicken verborgen. Ein qualmender Schlot täuschte Weiterleben vor. Der Wanderer war in der Lage, die Verstecke im Gehöft zu erahnen, denn die Trostlosigkeit war jetzt ein Teil von ihm.
In der schwarzen Küche fand er Federn und einen Kübel mit Blut auf dem Boden stehen, eine Menge Brennholz, aufgeschichtet zu einer Pyramide neben einem Herd aus Bruchstein, auf dem oben eine dünne Steinplatte zur Abdeckung lag. Auf dieser stand ein Dreifuß mit einer noch sanft baumelnden Pfanne. Eine leere Hutschachtel lag auf einem Tisch mit kräftigen barocken Beinen. Unter der Hutschachtel ein Brief:
… nichts Anderes hat man gehört als Rauben, Stehlen, Morden, Sengen und Brennen. Die armen Leut’ wurden niedergehauen, gestochen, gestoßen und geraidelt; vielen die Augen ausgestochen, Arm und Bein entzwei geschlagen, etliche beim Feuer gebraten, teils im Rauchschlot aufgehenkt und Feuer unter sie geschüret, etliche in die Backöfen gestoßen, Stroh fürgemacht und angezündet, Kein und Schwefel über die Nägel gesteckt und angezündet, spitzige Knebel ins Maul gesteckt, daß das Blut haufenweise herausgeloffen … in Summa die große Pein, davon auch der Teufel in der Hell nicht Wissenschaft haben mochte. Dorothea und ich, wir haben beschlossen, aufzubrechen, nirgendwohin.
Der Ruß klebte zentimeterdick und ölig glänzend an den Wänden und an der Decke, von der sich Kohlentropfsteine nach unten reckten. Bei leichter Erschütterung blätterte etwas davon ab und fiel in den Staub, der den festgestampften Erdboden bedeckte. Sie saß auf einem kleinen krustigen Schemel und rupfte ein Huhn, als gälte es, durch dieses Ritual das schleichende Chaos fern zu halten. Neben ihrem rechten Bein, das in dicke braune Bandagen gewickelt war, stand ein Blecheimer voll Blut; man glaubt gar nicht, wie viel davon in einem kleinen Tier vorhanden ist; der Kopf und der lange Hals schwammen darin herum. Den dicken Fliegen waren sie eine Insel, die mit der klebrigen Leckerei überzogen deren Herrschaft anerkannte. Hinter ihr öffnete sich zaghaft die einflüglige Tür unter dem Oberlicht, die zu den Ställen führte, und ein junges Mädchen von neunzehn Jahren trat ein. Es trug ein Kleid mit Schlupfärmeln aus walnußgefärbtem Wollstoff, ein Unterkleid aus wenig gebleichtem Leinen, ein eingehängtes Schürztuch, Haarsack, nadelgebundene Strümpfe aus handgesponnener Wolle, und darüber einfache Holzklepper. Ihre angstvollen Blicke wanderten unstet umher. Hinter der ähnlich gekleideten älteren Frau, die das Rupfen nicht unterbrach, blieb sie unsicher stehen.
»Ich weiß nicht«, sagte sie. »Es ist so still, seit…«
»Wäre es nicht still, könnten wir den Donner aus der Ferne nicht gut hören.«
Die Erschütterungen trieben Wellen durch das Blut, die sich an Kopf und Hals des geschlachteten Tiers festhielten, aber nur Blasen in den Federn hinterließen. Merkwürdig leuchtende Nebelzonen waren die toten Augen, in denen sich eigenartige Lichterscheinungen brachen wie große, strahlende Kugeln, die sich manchmal unterhalb der Wasseroberfläche zeigen.
»Man hat uns doch nicht wirklich hier zurückgelassen?«, versuchte es das Mädchen erneut. Ohne zu antworten erhob sich die Ältere mit einem Ächzen, klopfte sich die Federn von der Schürze und legte das Huhn auf eine speckige Anrichte, auf der zerbrochene Krüge und dunkle Mehlreste lagen. Das Mädchen trat hinzu, befummelte das nackte Huhn. »Das ist unser letztes Fleisch, wir sollten ebenfalls fortgehen!«
Sie hüllten sich in dicke Mäntel.
»Wo wollen wir hin?« fragte die Alte.
»Erst einmal zur Straße!«
Die junge Magd war sichtlich erleichtert, den Hof jetzt verlassen zu können. Gemeinsam zogen sie eine Schublade auf, holten eine der Hutschachteln heraus, die Puppenkleider enthielt. Sie kleideten das Huhn in hübsche bunte Sachen, bevor sie ihre Koffer in die behandschuhten Hände nahmen und hinaus auf die Straße traten. Aus der Ferne hörten sie die Detonationen die Erde erschüttern, die ihre Füße kitzelten.
Aus Adams Notizbuch:
Einmal fanden wir am Bach Dinge und steckten sie uns in den Mund, um die Dinge der Welt, die zufälligen, zu schmecken; es gab auch Anderes zu finden, aber wir fanden es nie.