
Mit Die drei ??? und das Aztekenschwert präsentiert William Arden ein weiteres Abenteuer der beliebten Detektivserie. Das Original erschien 1977 unter dem Titel The Mystery of the Headless Horse, was im Deutschen nicht ganz genau übernommen wurde. Der titelgebende “kopflose Reiter” erweist sich hierbei nicht als übernatürliches Phänomen, sondern als eine kopflose Statue, die den ersten Hinweis im Fall liefert. Dabei dürfte es sich um eine bewusste Anspielung auf die Figur des kopflosen Reiters aus diversen Volkslegenden handeln – unter anderem auf Washington Irvings berühmte Erzählung The Legend of Sleepy Hollow (1820), die eine der ersten großen amerikanischen Geistergeschichten ist. Doch während Irving tatsächlich eine übernatürliche Atmosphäre schuf, bleibt Arden ganz im realistischen Bereich des Detektivgenres, wobei hier der Abenteuercharakter noch stärker im Fokus steht.

Inhaltlich dreht sich die Geschichte um Justus, Peter und Bob, die ihrem Schulfreund Diego Alvarez helfen, dessen Familie von der drohenden Enteignung ihres Landes betroffen ist. Ein sagenumwobenes, juwelenbesetztes Schwert soll die Rettung bringen, doch skrupellose Gauner haben es ebenfalls darauf abgesehen. Die Handlung führt die drei Detektive an klassische Schauplätze wie Höhlen und Lagerhäuser, während sie sich mit zwielichtigen Gestalten herumschlagen. Leider greift Arden dabei auf zahlreiche bereits bekannte Elemente zurück: Geheimcodes, Skelette in Höhlen und die obligatorische Falle, aus der sich die Jungs befreien müssen. Das hatten wir bereits im Überfluss, und auch wenn es die bekannten Tropen sind, auf die die Serie aufbaut, ist es hier doch etwas zu viel des bereits ausgiebig Erzählten. Besonders unglücklich ist, dass die eigentliche Auflösung des Falls weniger auf detektivischer Brillanz als vielmehr auf das Wetter zurückzuführen ist – ein gut getimter Erdrutsch übernimmt die Arbeit der Ermittler.
»1846 und vorher«, setzte Justus den anderen auseinander, »muß es zwei Arme des Santa Inez Creek gegeben haben. Auf den alten Landkarten konnten wir das nicht erkennen, weil ein Arroyo und ein Fluß auf einer Karte gleich aussehen. Aber 1846, als der Leutnant hier war, führte der Arroyo Wasser. Und dann entstand bei einem Beben durch einen Erdrutsch an dem Bergrücken beim alten Staudamm dieser Hügel, und der schnitt den einen Flußlauf vom Wasser ab. Vielleicht war es das gleiche Erdbeben, das auch die Höhle zuschüttete. Jedenfalls wurde das eine Flußbett zum Arroyo und führte von da an kein Wasser mehr. Und alle haben vergessen, daß es jemals ein Fluß gewesen war!«
Positiv hervorzuheben ist die Darstellung der mexikanischen Familie Alvarez. Im Gegensatz zu vielen früheren Darstellungen lateinamerikanischer Figuren in der Reihe, die oft klischeehaft oder gar abwertend waren, sind Diego und sein Bruder hier ehrenhaft, mutig und entschlossen. Diese positive Repräsentation ist lobenswert, auch wenn sich ansonsten einige Stereotype nicht ganz vermeiden lassen.
Ein weiteres interessantes Detail ist der Auftritt von Professor Marcus Moriarty, dessen Name natürlich an den berühmten Gegenspieler von Sherlock Holmes erinnert, erneuert die klassische Verbindung zum Meisterdetektiv früherer Abenteuer, auch wenn der Professor hier keine antagonistischer, sondern vielmehr ein unterstützender Charakter ist. Sein Wissen hilft den Detektiven in mehreren Schlüsselmomenten weiter und ist eine willkommene Ergänzung zur Geschichte.

Trotz einiger spannender Szenen und atmosphärischer Beschreibungen – besonders die Schilderung von Regen und Kälte ist gelungen – wirkt die Geschichte insgesamt nicht besonders originell. Das Motiv des Aztekenschwerts ist reizvoll, doch problematisch ist die unkritische Darstellung von Hernán Cortés. Im Buch wird er als eine Art abenteuerlicher Held dargestellt, ohne dass seine brutalen Taten gegen die indigene Bevölkerung hinterfragt werden. Gerade in einer Detektivgeschichte, die sich mit historischen Artefakten befasst, wäre hier mehr Reflexion wünschenswert gewesen.
»Der Eroberer Cortez«, sagte Pico stolz. »Das Wahrzeichen der Alvaros. Indianer haben das Standbild vor fast zweihundert Jahren gemacht. Cortez ist der Held der Alvaros.«
Äh… nein, die Indianer haben garantiert kein Standbild ihres Schlächters angefertigt …
Die drei ??? und das Aztekenschwert ist ein solides, aber wenig innovatives Abenteuer. Fans der Reihe werden die bekannten Tropen wiedererkennen und sich vielleicht an der für Arden typischen temporeichen Erzählweise erfreuen, doch für langjährige Leser bietet die Geschichte kaum Neues. Während die positiven Aspekte – die atmosphärische Darstellung, die Figur des Professors und die sympathische Darstellung der Familie Alvarez – für das Buch sprechen, trüben die Vorhersehbarkeit und die fragwürdige historische Romantisierung das Gesamtbild. Empfehlenswert für Komplettisten, aber wirklich kein Highlight der Serie.