
“Die drei Fragezeichen und die gefährliche Erbschaft” ist der 22. Band der beliebten Jugendbuchreihe und der sechste aus der Feder von William Arden, der uns zuletzt Der Phantomsee gebracht hat. Als seinen bisher besten Beitrag kann man durchaus Der verschwundene Schatz geltend machen, und ansonsten zeigt er sich bis auf ein paar lässliche Ausrutscher ziemlich solide. Was er aber hier in der gefährlichen Erbschaft abfackelt, gehört wirklich zum Besten, was die Serie überhaupt hergibt, obwohl sich die Geschichte auf die gute alte Schnitzeljagt beruft, aber diesmal in einer nahezu perfekten Darbietung.
Als der “reiche Exzentriker” Marcus “Dingo” Towne stirbt, ist sein Testament nicht weniger als eine große Überraschung: Derjenige, der sein Vermögen findet, darf es behalten. Die Jungs werden in die Jagd hineingezogen, als Mr. Andrews Bob eine Vorabkopie des Testaments gibt (die am nächsten Tag in der LA Times veröffentlicht werden soll) und auch, weil Alfred Hitchcock (zu seinem großen Missfallen) als Testamentsvollstrecker genannt wird.
Ich, Alfred Hitchcock, weise jegliche Beziehung zu den my-steriösen Rätseln eines gewissen Marcus alias »Dingo« Towne weit von mir! Habe ich doch den alten Halunken kaum gekannt, und er hatte einfach nicht das Recht dazu, mich in seine Ränke aus der Totengruft zu verwickeln!
Sie werden von Townes Schwiegertochter Nelly und ihrem Verlobten Roger Callow (einem Anwalt) beauftragt, das Vermögen zu finden, und werden dabei von Nellys Sohn Billy unterstützt, der eines schönen Tages selbst Detektiv werden will.
Das einzige Problem ist, dass die Aufgabe aus sechs Rätseln besteht, von denen die meisten in gereimtem Slang verfasst sind (Townes Vater war ein Cockney, obwohl er als Sträfling nach Australien verschifft wurde), und sobald die Nachricht bekannt wird, scheint halb Rocky Beach ebenfalls nach den Hinweisen zu suchen.
Ich, Marcus Towne, der ich im Gegensatz zur Mehrzahl der Zeitgenossen (betrifft insbesondere meine Verwandten und deren Freunde) im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte und im übrigen ein Mensch bin, der es durch harte Arbeit und scharfen Verstand zu etwas gebracht hat, sehe nicht ein, weshalb ich all mein Vermögen trägen, habgierigen, dummen und auch noch nichtsnutzigen Leuten, die mein Geld mehr schätzten als mich selbst, hinterlassen sollte! Deshalb vermache ich in diesem meinem letzten Willen und Testament meiner Schwiegertochter, meinem Enkel, meiner Nichte und meinem Neffen jeweils den Betrag von einem Dollar. Den Rest meiner Habe vererbe ich ohne jegliche Einschränkung demjenigen, der meinen Schatz zu finden vermag! Als Hilfe für die einigermaßen Intelligenten – sollte es sie überhaupt geben – hinterlasse ich diese Folge von Rätseln. Wer kann, löse sie – er wird den Schatz finden!
Wo der Wildhund haust,
das beschirmte Auge Rechts: zum Billabong!
Über Holz über Holz über Stein –
droben Knall & Fall, und die Abfahrt vom Freund.
Zähl und lies bis zehn, und Stop bei T.
Wie hinein, so heraus. (Ha, so siehst du aus!) Es blinkt der Panzer, doch wo ist das Schwert?
Trotzdem: immer seiner Nase nach.
Ab hier hat die bessere Hälfte das Sagen.
Raus, wenn du kannst!
In die Falle gelockt. . .
Über fünfhundert gebietet die Königin.
Na, dann gute Nacht!
Der Segen kommt von oben.
Wer hätte gedacht, daß der alte Mann noch so viel Geld in sich hätte?
Der Würfel muß rollen, Sechs oben, Eins unten, und alles ist dein!
Das Rätsel zu übersetzen dürfte eine ziemliche Herausforderung gewesen sein, weil ja auch die Struktur der Geschichte den Stationen angepasst werden musste. Aber so etwas hatten wir ja schon ein paarmal, beginnend mit Der Super-Papagei, auch wenn das Rätsel hier ein ganz anderes Niveau erreicht. Im Original heißt das Abenteuer “The Mystery of the Dead Man’s Riddle”, was selbst Dennis Lynds (William Arden) etwas unpassend erschien, weil es gar nicht zur Titelgebung seiner anderen Bände passt. Auch hier hat die deutsche Übersetzung ein sicheres Händchen gezeigt (und das ist ja beileibe nicht selbstverständlich, wie ich ja schon oft mokieren musste. Ich erinnere nur an den Eklat von Die silberne Spinne). Cockney ist natürlich nicht ohne Verlust zu übertragen, aber Leonore Puschert hat die Lösung darin gefunden, zumindest die Merkwürdigkeiten der einzelnen Zeilen herauszustellen.
Die drei Detektive Justus, Peter und Bob beginnen, die Rätsel Stück für Stück zu entwirren. Dabei stellen sie fest, dass es nicht einfach ist, den Gedankengängen eines Rätsel- und Ränkeschmieds zu folgen. Die Aufgabe wird zusätzlich erschwert, da die Jungs seit der Übernahme des Falls von lauernden Gefahren und unerwarteten Bedrohungen umgeben sind. Die Hinweise sind wirklich clever und es macht eine Menge Spaß zu sehen, wie Justus jeden einzelnen knackt (obwohl Billy es schafft, ein paar davon selbst zu lösen).

Indem Arden die Jungs in der Nähe ihres Heimatortes bleiben lässt (was oft von Vorteil ist), werden die Jungs durch ganz Rocky Beach geschickt, und die Stadt ist absolut gut beschrieben, mit einer großartigen Verwendung von Schauplätzen in mehreren Sequenzen. Eine dieser Sequenzen ist die Schlüsselszene (und die Grundlage für alle Titelbilder – außer der von Aiga Rasch), in der die Jungen auf einem alten Hausboot auf dem Damm des Ynez Creek gefangen sind. Die Szene ist ziemlich spannend, lässt Peter glänzen und baut die Spannung hervorragend auf (obwohl das Buch klarstellt, dass sie eigentlich nur drei Meter vom Ufer entfernt sind).
»Freunde!« rief Bob plötzlich. »Die Staumauer!«
Sie schauten alle hin. Das Hausboot trieb flußabwärts, und es ging immer schneller. Ein zunächst leises Dröhnen war jetzt lauter zu hören. Da vorn stürzte sich der schnellfließende Strom in einem viele Meter hohen, tosenden Wasserfall über die Krone der Staumauer!
Es gibt eine Menge brillanter Charaktere – vor allem Billy Towne, Dingos achtjähriger Enkel, der alles über die Drei Detektive weiß und als vierter Partner endet (und einen Umhang und einen Deerstalker trägt, ganz im Stile von Sherlock Holmes), Turk und Mr. Savo und Dingos Nichte und Neffe, die schrecklichen Roger Carlow und Cecil, zwei fiese englische Bösewichte – sowie ein nettes Zusammenspiel zwischen den Jungen.
Das Buch wird auch einen guten Sinn für Humor vorangetrieben und außerdem – wie für Arden typisch – rasant geschrieben. Man merkt hier in jeder Szene, dass der Autor hier voll und ganz auf der Höhe ist. (Andersherum merkt man ohnehin immer, ob hier nur ein Band notgedrungen zusammengezimmert wurde oder ob auch die Arbeit daran Spaß machte. Das überträgt sich dann spielend auf den Leser).
Nachdem Bob den letzten Fall der drei (die Suche nach Mrs. Hesters Brillantring – ein Routinefall) fertig dokumentiert hat, sehen wir die Jungs in der Schule (und erfahren, dass Just Vorsitzender des Naturkunde-Clubs ist), und der alte Favorit, die Telefonlawine, hat ebenfalls einen weiteren – und originellen -Auftritt. Sie wird von Billy an einem kritischen Punkt der Geschichte verwendet, wo er quasi eine Telefonzelle zum Hauptquartier macht.
Mit einem gut umgesetzten Höhepunkt auf der SS Queen Of The South ist dies eine wirklich großartige Lektüre mit einem großartigen Sinn für das Tempo. Ein absoluter Höhepunkt der Reihe.