Possenspiele

Kategorie: Brouillon (Seite 37 von 70)

der BROUILLON ist tagesgeschäft, nicht mehr als journaling über unwichtige persönliche befindlichkeiten.

Carl Barks

Vielleicht ist es gar nicht so erstaunlich wie es zunächst scheint, dass die Amerikaner nicht das gleiche Empfinden gegenüber Carl Barks aufbringen wie die Europäer. Ein wenig irritierend ist es allenthalben, wo doch fast sämtliche nennenswerte Kulturleistung von jenseits des Atlantiks zu kommen scheint, dann aber erinnert man sich vielleicht an Poe – der ebenfalls den Umweg über Frankreich (und Resteuropa) nehmen musste, um in seinem Stammland überhaupt wahrgenommen zu werden; aber auch posthum bis heute kaum  seinen Stellenwert behaupten kann (Harold Bloom hat ihn nicht einmal in die Liste der 100 literarischen Genies aufgenommen), während es in Europa nie den geringsten Zweifel gab (und auch nicht geben konnte). Ob man diesen Vergleich nun überhaupt akzeptieren will oder nicht: Carl Barks ist – wie Poe – eine weltliterarische Größe. Und auch wenn Lobo Antunes während einer Podiumdiskussion sein erlesenes Publikum nicht wenig damit brüskiert haben dürfte, dass er sagte, Homer interessiere ihn nicht, aber Micky Maus habe ihn geprägt, ist es doch der „Duckman“ Carl Barks, der – neben zahlreichen anderen Figuren – Scrooge McDuck (Dagobert Duck) erfand und Donald zu einem weltweiten Phänomen machte, und dem deshalb ein Platz in der literarischen Wallhalla gebührt.

Ausgekugelte Ohren

Wie Macedonio Fernández an einem Buch schreiben, dass dazu gedacht ist, unbeachtet zu bleiben. Eine reizvolle Idee. Der Idiolekt, die chiffrierte, persönliche Sprache. Daran ändert auch ein Weblog nichts, es ist bequem so, wie ein Schuh, der sich durch Nässe erst aneicht. Früher musste man seinen avantgardistischen Sinn noch mit Flaschen voller Wein und dreckig wie ein Gossenhund in die bürgerliche Welt hineintragen, mitten in ihren Sonntagsstaat. Das hat sich sehr verändert; heute bedeutet alles Rückzug. Man kann alles von oben betrachten. Die Schmierfinken veröffentlichen ein Buch nach dem anderen, das Buch selbst ist das Ziel (oder schlimmer gar: das digitale Nichtvorhandensein – hinfortgedachtes Papier), nicht der Text, schon gar nicht die Sprache. Mit der aber allein ist alles möglich. So beharre ich darauf, manches „falsch“ zu betonen, damit – wenn schon nicht die Wörter – der Klang zum Hyperbaton wird, über das man unweigerlich stolpert. Ich liebe stolpernde Zungen, noch mehr aber ausgekugelte Ohren.

Ulixes

Tatsächlich fetzten wir gestern mit einem Mietwagen über völlig verstopfte Autobahnen – was ja an sich eine glasklare Sache ist: SonntagSonne programmiert den Gehirnstamm auf die LandfraßStraßen. Wir aber hatten eine Mission, die wir dann hinter Ulm abbrechen mussten, klaustrophobische Zustände sagten also die Reise in den Odenwald ab (was ein Krankheitsbesuch geworden wäre). Um den Tag noch zu retten, rollten wir ins ehemalige Erdton-Studio, um etwas in meiner Vergangenheit herumzuwühlen und sie auf Gegenwärtigkeit zu testen. Es ist ein üppiges Land dort draußen, aber auch hier bleibt Vergangenes vergangen. Es gibt nicht einmal die Illusion von Gegenwart.

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