Possenspiele

Kategorie: Brouillon (Seite 40 von 70)

der BROUILLON ist tagesgeschäft, nicht mehr als journaling über unwichtige persönliche befindlichkeiten.

Baunacht

Also kramte ich, weil ich wieder nicht schlafen konnte, den Apparat unter der Kommode hervor, den Staub wischte ich erst gestern von seiner Oberfläche, diese Patina der ruchlosen Umgebung hatte mir lange lange gefallen. Gestern störte sie mich. Die Nacht bietet der Stimme einen anderen Raum; das liegt nicht allein an der Stille, es liegt vielmehr an der Schwingung aller Gegenstände In den letzten Tagen bemerke ich sehr genau, wie die einzelnen Stücke der Sandsteinburg nie exakt mit einer einzigen Einstellung bearbeitet werden können. Bei GrammaTau ist das selbstverständlich der unterschiedlichen Interpretation geschuldet, die Sandsteinburg ist aber – zumindest in seinen längeren Ezählpassagen – als Einheit zu verstehen. Von Kapitel 3 : Es gab einen Sturm, habe ich die gewünschten 8 Teile, um beginnen zu können, nun fertig. Doch es trifft sich sehr gut, dass ich auch – eben in besagter letzter Nacht – noch weitere Gedichte „bespielt“ habe. Seit ich in der Schweiz „Die Gilde“ zusammenstellte, habe ich das nicht mehr in die Nacht gelegt. Nachts sind hier arabische Familien unterwegs, sie laufen mitten auf der dunklen Straße und grölen wie Ballermann-Jünger. Das tun sie aber nicht, weil sie die gleiche Gehirnschmelze aufweisen, sondern weil sie es so gewohnt sind. Vielleicht nehmen sie Tag und Nacht in ihrer Unterscheidung nicht wahr. Oder es ist ihnen schlicht egal. Wenn ich die Balkontüre schließe, ersticke ich nach etwa einer Viertelstunde, aber sie hält doch einen Großteil Lärm ab. Tagsüber, wenn gegenüber das „Höllenhaus“ entkernt wird, sieht die Sache anders aus, da muss ich dann die Musik in die Höhe treiben, um etwas anderes zu hören als das Treiben der Wanderarbeier aus dem Osten. Das mag sich alles nach einem grundgütigen Ghetto anhören, dabei verwandelt sich das Viertel um die alte Spinnerei doch in eine sanierte Prinzessin – so zumindest der Schein. Seit ich hier wohne, zeigt die Baubehörde, was sie so unter Leben versteht.

Hochdruckreiniger

Zuerst turnte der Mann in einem gelben Regenmantel mit einem Hochdruckreiniger über das Geländer des Balkons, um das Haus in neuem Glanz erstrahlen zu lassen. Wir zogen die schweren Vorhänge zu und das Geräusch, als führen wir in eine Autowaschanlage, war aushaltbar. Als wir so schön im schummrigen Dunkel saßen und Herbie Hancock hörten, brach plötzlich die Stromversorgung zusammen. Bis jetzt lässt sich der Hauptschalter auch nicht wieder nach oben arretieren. So musste ich sämtliche Dreifachsteckdosen zusammenstecken, um von der Steckdose im Flur Saft zu bekommen, denn Flur und Bad sind nicht betroffen. Selbstverständlich bekommen wir den zuständigen Elektriker am Freitag nicht mehr an die Muschel. Um später auch noch die Anlage und die Stehlampe zu versorgen, muss ich wohl auf die Schnelle eine Kabeltrommel organisieren. Es wird die Zeit kommen, da werden wir hier auf dem Boden ein Feuerchen machen müssen. Zumindest der Wasserkocher steht dort schon mal.

Fangfrischer Meerrettich

Diesmal konnte ich mir für eine Reduktion zwei Tage Zeit nehmen. Freitags kochte ich stundenlang das Wurzelgemüse, Knochen und Fleisch I aus. Daraus wurde die samstägliche Gemüsesuppe. Mit der Hälfte der Reduktion kochte ich noch einmal ein neues Stück Fleisch aus. Daraus wurde am Sonntag das Kren. Leider hatte ich keinen fangfrischen Meerrettich. Diese Tiere sind sehr scheu und man erwischt sie meist nur, wenn man tagelang unter der Erde spazieren geht. Das tat der mörderischen Geschmacksästhetik jedoch keinen Abbruch. Für mich ist die deutsch-böhmisch-österreichische Küche die beste der Welt, dicht gefolgt von der mexikanischen, die allerdings oft an den Zutaten scheitert, obwohl ich hier zumindest schwarze Bohnen bekomme.

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