Der Grüne Mann ist ein Waldgeist, der seit Hunderten, vielleicht sogar Tausenden von Jahren in der Folklore verankert ist. Die Legende vom Grünen Mann stammt angeblich aus Europa, doch es gibt Geschichten und Belege dafür auf der ganzen Welt. Googelt man nach diesem Wesen, findet man eine Fülle von Informationen über seine Motive und Skulpturen, die in Kirchen in ganz Europa zu sehen sind. Doch hinter der Legende des Grünen Mannes steckt mehr.
Während der Grüne Mann in der heutigen Zeit als Gartenkunstwerk betrachtet wird, war er für unsere heidnischen Vorfahren einst ein Waldgott und der ultimative Wächter des Waldes.
Frische Leichen waren im Schottland des 19. Jahrhunderts eine begehrte Ware. Mit den Fortschritten in der modernen Medizin stieg auch die Nachfrage nach Leichen für die Forschung und den Anatomieunterricht, vor allem in Edinburgh, wo mehrere Pioniere der Anatomie ansässig waren. Allerdings sah sich die Ärzteschaft mit einem Kadavermangel konfrontiert – die einzigen Leichen, die legal seziert werden durften, waren die von Kriminellen, Selbstmordopfern und nicht abgeholten Waisenkindern.
Was sollte ein Anatom tun, wenn das legale Angebot an Leichen in Schottland versiegte? Nun, einige besorgten sich ihre Leichen von Grabräubern. Andere wendeten sich einer noch einfallsreicheren Lösung zu: Mord. Hier kamen die berüchtigten Mörder Burke und Hare ins Spiel, die sich gerne zur Verfügung stellten.
Damals wurden die Leichendiebe, die frisch begrabene oder noch nicht begrabene Leichen von den örtlichen Friedhöfen stahlen und an Anatomieschulen verkauften, als Auferstehungsmänner bezeichnet. Obwohl die Auferstehungshelfer eine kurze Blütezeit erlebten, wurde die Öffentlichkeit bald auf sie aufmerksam. Um zu verhindern, dass der Leichnam eines geliebten Menschen gestört wurde, ergriffen die Familien eine Reihe von Maßnahmen: Sie stellten Wachen ein, die auf den Friedhöfen patrouillierten, errichteten Wachtürme und bauten Mortsafes, also eiserne Käfige, die die Grabstätten abdeckten.
Aber die Ärzte brauchten immer noch etwas für ihre Anatomietische und waren bereit, viel Geld für frische Leichen zu bezahlen. Einer dieser Ärzte war Robert Knox, ein Dozent für Anatomie, der versprach, in jeder Vorlesung eine „vollständige Demonstration anatomischer Themen“ zu geben. William Burke und William Hare verkauften ihm 1828 innerhalb von 10 Monaten 16 Leichen. Da Leichendiebstahl unabhängig von der Herkunft der Leichen ein Verbrechen war, machten sich die Ärzte in der Regel nicht die Mühe, sich nach der Quelle ihres Angebots zu erkundigen. Hätte er dies getan, wäre Dr. Knox auf eine erschreckende Wahrheit gestoßen: Mit Hilfe von Hares Frau Margaret und Burkes Geliebter Helen McDougal töteten die beiden Menschen, um sich selbst zu bereichern.
Eine Illustration von Dr. Robert Knox. Photo Credit: Hulton Archive / Getty Images
Die erste Leiche, die Burke und Hare dem Arzt verkauften, war ein Mieter von Mrs. Hares Haus, der gestorben war, während er noch Miete schuldete. Um ihren Verlust auszugleichen, füllten Burke und Hare den Sarg des Mannes mit Rinde und brachten seine Leiche zur Universität Edinburgh. Laut Burke wollten sie Professor Munro sprechen, wurden aber stattdessen zum Surgeon’s Square geschickt, wo sie Dr. Knox trafen. Dieser nicht sehr gute Arzt bezahlte sie bereitwillig, um ihnen die Leiche abzunehmen, ohne Fragen zu stellen.
Das erste wirkliche Opfer der Männer war ein fiebriger Untermieter namens Joseph. Hare befürchtete, dass eine kranke Person im Haus das Geschäft verderben würde. Ihre verrückte Lösung war, den ahnungslosen Untermieter zu töten und seine Leiche an Dr. Knox zu verkaufen. So begann die Mordserie des Paares, als sie erkannten, welch reiche Gelegenheit sich ihnen bot.
Begeistert von der Aussicht, ihre Brieftaschen zu füllen, machten sich Burke und Hare auf die Suche nach weiteren potentiellen Leichen, die vorher noch keine waren. Bei den meisten Opfern handelte es sich um weibliche Untermieterinnen oder Gäste im Haus von Mrs. Hare. Andere waren Bekannte der beiden oder Leute, die auf der Straße lebten.
Burke und Hare einigten sich auf eine Methode, um ihre Opfer zu beseitigen: Die meisten wurden mit Alkohol getränkt und erstickt. In einem Fall jedoch brach Burke einem 12-jährigen Jungen – dem stummen Enkel einer alten Frau, die sie ebenfalls töteten – das Rückgrat. Die Leichen wurden dann in Teekisten oder Heringsfässer gepackt und in das Anatomiekabinett von Dr. Knox gebracht.
Mrs. Hare’s lodging house, where many of the murders took place.Photo Credit: Wikimedia Commons
Ihr vorletztes Opfer war ein geistig behinderter junger Mann namens James Wilson, oder „Daft Jamie“, wie er in der Gemeinde genannt wurde. Dr. Knox bezahlte für den Leichnam wie für jeden anderen auch. Doch als er am nächsten Morgen das Laken von der Leiche abzog, erkannten mehrere seiner Studenten Wilsons Gesicht wieder.
Knox bestritt, dass es sich bei der Leiche um den vermissten jungen Mann handeln könnte, und sezierte die Leiche vorzeitig. Indem er den Kopf und die charakteristischen Füße des jungen Mannes entfernte, die deformiert waren und ihn offensichtlich hinken ließen, machte Dr. Knox die Überreste unidentifizierbar.
Das letzte Opfer der Mörder war eine Frau namens Mary Docherty, die Burke in das Gasthaus lockte und tötete. Doch das Haus war nicht leer. Als zwei andere Gäste, James und Ann Gray, am nächsten Abend ein Bett suchten, entdeckten sie Dochertys Leiche darunter. Das entsetzte Paar alarmierte die Polizei, die das Haus durchsuchte. Obwohl Burke und Hare die Leiche inzwischen weggeschafft hatten, fanden die Polizisten blutverschmierte Kleidung im Haus und misstrauten den widersprüchlichen Aussagen der Hausbewohner. Am nächsten Tag fand die Polizei Dochertys Leiche in den Sezierräumen von Knox.
Die letzten beiden Opfer: James “Daft Jamie” Wilson (links) und Mary Docherty (rechts).Photo Credit: Wikimedia Commons
Kurz nachdem Burke und Hare verhaftet worden waren, erhielt Hare die Möglichkeit, gegen seinen Partner auszusagen und dafür Immunität zu erhalten. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Nachricht von dem tödlichen Duo bereits verbreitet, und Hares Immunität kam in der Öffentlichkeit nicht gut an. Schließlich musste Hare von der Polizei vor der aufgebrachten Menge gerettet und mit Hilfe von Kutschen und Verkleidungen in Sicherheit gebracht werden. Auch Hares Frau Margaret und Burkes Geliebte Helen bekamen den Zorn der Menge zu spüren. Sie wurden während des Prozesses unter Polizeischutz gestellt, und Hare, seine Frau und Burkes Geliebte flohen schließlich ganz aus Edinburgh. Während Gerüchte über ihren Verbleib kursierten – eine besonders rachsüchtige Geschichte besagte, Hare sei von einem Mob geblendet worden und als Bettler in London gestorben – blieb ihr Schicksal unbekannt.
Obwohl Dr. Knox nie wegen seiner Beteiligung angeklagt wurde, war seine Karriere irreparabel beschädigt. Er wurde unter Druck gesetzt, sein Amt als Kurator des Museums des College of Surgeons niederzulegen, und verließ schließlich ganz das Land, um sich in London niederzulassen und dort den Rest seines Lebens zu verbringen.
Der Prozess gegen Burke begann am Weihnachtsabend des Jahres 1828, als er für drei der 16 Morde angeklagt wurde. Der Prozess dauerte 24 Stunden; Burke wurde eines Mordes für schuldig befunden und zum Tode verurteilt. Am 28. Januar 1829 wurde er vor einer Menge von mehr als 20.000 Menschen gehängt. Am nächsten Tag wurde sein Leichnam öffentlich im Anatomischen Theater seziert, das er mit frischen Leichen beliefert hatte. So viele Menschen wollten der Sezierung beiwohnen, dass es zu einem Tumult kam. Schließlich ließ die Universität die Zuschauer in Gruppen zu je 50 Personen ein.
Großer Auflauf bei Burkes öffentlicher Hinrichtung.
Bei der Sektion tauchte Professor Munro, der selbst nur durch Zufall nicht mit den Mördern in Verbindung gebracht werden konnte, eine Feder in Burkes Blut. Er schrieb: „Dies ist mit dem Blut von William Burke geschrieben, der in Edinburgh gehängt wurde. Dieses Blut wurde von seinem Kopf genommen“. Nach seinem Tod und seiner Sezierung verkauften Menschen auf den Straßen Edinburghs Geldbörsen, die angeblich aus seiner Haut gefertigt waren.
Burkes Vermächtnis hinterließ Spuren in der Sprache in Form des heute archaischen Wortes „burking“. Es bedeutet „durch Ersticken töten“ mit der Absicht, die Überreste zu verkaufen. Die Untaten von Burke und Hare inspirierten auch Nachahmer – die Londoner Burker ermordeten Menschen unter ähnlichen Umständen und nahmen sich die berüchtigten Mörder von Edinburgh zum Vorbild.
Die heftigen Reaktionen auf den Aufsehen erregenden Fall von Burke und Hare führten unmittelbar zur Verabschiedung des Anatomiegesetzes von 1832, das den Ärzten den Zugang zu Leichen erleichterte, indem es ihnen erlaubte, gespendete und nicht abgeholte Leichen zu sezieren. Es regelte auch die Praxis, indem es von den Anatomen eine Lizenz verlangte und staatliche Inspektoren einsetzte, um die Rechtmäßigkeit der Sektionen zu überwachen.
Burkes ausgestelltes Skelett im Anatomischen Museum in Edinburgh.
Als Burke zum Tode verurteilt wurde, sagte der vorsitzende Richter zu ihm: „Ihr Körper sollte öffentlich seziert und anatomisiert werden. Und ich vertraue darauf, dass, wenn es eines Tages üblich sein wird, Skelette zu konservieren, das Ihre konserviert werden wird, damit die Nachwelt sich an Ihre grausamen Verbrechen erinnern kann“.
Seine Vorhersage erfüllte sich. Heute ist Burkes Skelett im Anatomischen Museum der Universität Edinburgh ausgestellt, zusammen mit seiner Totenmaske, einem Gipsabdruck seines Gesichts nach der Hinrichtung.
In diesem Buch finden sich die ersten drei ersten Bände um Robert Craven, die zuerst im Gespenster-Krimi erschienen sind (Band 567, 571, 575). Wer dieses Buch gleich nach dem ersten liest, bemerkt hier die stilistischen Unterschiede, die nicht nur darin bestehen, dass Hohlbein Robert Craven in der ersten Person erzählen lässt. Hier ist noch eine Kraft am Wirken, die inspiriert wirkt, während Die Spur des Hexers doch etwas müde wirkt. Trotzdem war es natürlich interessant, die Themen, die in diesem ersten Hexer-GK angesprochen werden, noch einmal ausgearbeitet zu sehen. Und so verbinden sich diese beiden Teile dann doch mehr oder weniger nahtlos, wie es ja auch beabsichtigt war.
Im Juli 1883 reist der 25-jährige Robert Craven mit seinem Mentor Randolph Montague von New York nach London. Wir erfahren, dass Maude Craven, die Robert für seine Tante hält, starb, als er 16 Jahre alt war, und dass Robert sich seitdem mit kleinen Gaunereien über Wasser hielt. Hier klafft natürlich eine erzählerische Lücke, denn Band 1 endet damit, dass H.P. und Roderick den kleinen Robert abholen. Warum (das ist eine berechtigte Frage, die Hohlbein nicht auflöst) kam es dann zu einem erneuten Abschied? Immerhin hatte er, kurz nachdem er den dreijährigen Robert in Mauds Hände gegeben hatte, dies schon wieder bereut, wollte ihn holen und musste feststellen, dass er und Maude entführt worden waren. Wenn Hohlbein schon das Gefühl hatte, den Anfang nachträglich beschreiben zu müssen, dann sollte er ihm wenigstens ein paar Sätze wert sein.
Als der Meister starb
Das Schiff, auf dem Montague und Robert reisen, gerät in dichten Nebel und bleibt stecken. Montague gerät in Panik und spricht von einer Gefahr, die ihn verfolge, ohne zunächst weitere Erklärungen zu geben. Tatsächlich erscheint ein schlangenartiger Krakenarm, der das Schiff beschädigt und einen der Matrosen in den Tod reißt. Nun offenbart sich Montague seinem Schützling Craven: Er erklärt, in Wirklichkeit Roderick Andara zu sein, der in Amerika unter dem berüchtigten Spitznamen „Der Hexer“ bekannt ist. In seine Ausführungen mischen sich immer wieder die in Buch 1 geschilderten Ereignisse, nur hört man sie jetzt zum ersten Mal aus seinem Munde. Er hatte mit einer Gruppe, die der schwarzen Magie mächtig war, das Städtchen Jerusalems Lot gegründet. Hier aber wird erzählt, dass sich die Menschen aus den umliegenden Dörfern zum zweiten Mal zusammenschlossen, um die Zauberer zu töten. (Das erste Mal war der Untergang Salems) – und auch das wird im ersten Band nicht deutlich. Wir haben gelesen, dass Andara vor der Gefahr floh, die anderen Zauberer fühlten sich verraten und verfluchten ihn. Kaum war Andara fort, riefen die Verbliebenen Yog-Sothot, um Roderick aufzuspüren und zu töten. Seitdem ist Roderick auf der Flucht.
Yog…?
Yog-Sothoth gehört nicht zu den “äußeren Göttern”, die Lovecraft besonders detailliert ausgearbeitet hat. Konsequenterweise lässt Hohlbein aber gerade ihn von den Zauberern beschwören, denn Yog-Sothoth wird häufig von Nekromanten angerufen. In “Der Fall Charles Dexter Ward” (1927) schlägt also seine große Stunde. Yog-Sothoth weiß alles und sieht alles. Ihn anzurufen kann Erkenntnis über viele Dinge bringen. Aber – wie überall im Mythos – kann das Wissen um die Dinge in einer Katastrophe enden. Einige Autoren, die sich Yog-Sothoth zu eigen gemacht haben, glauben, dass die Gunst des Gottes entweder ein Menschenopfer oder ewige Knechtschaft erfordert.
Das Wesen erscheint erneut, und wieder müssen Seeleute sterben, bis es Roderick Andara gelingt, den Dämon für einige Zeit in Schach zu halten, bis das Schiff an der schottischen Küste anlegen kann. Doch dann erscheint der Große Alte erneut und zerstört das Schiff mit Dutzenden von dämonischen Tentakeln. Andara wird von dem Dämon tödlich verletzt, doch er, Robert, der Kapitän des Schiffes und drei weitere Matrosen können sich an Land retten. Hier offenbart Roderick Andara sein letztes Geheimnis: Er ist der Vater von Robert Craven, und Robert hat seine Kräfte geerbt. Er müsse den Kampf gegen die Großen Alten weiterführen. Er schickt ihn nach London zu einem Mann namens Howard. Dann stirbt er und lässt Robert mit dem Bewusstsein zurück, dass er nun der Hexer ist.
Der Tyrann aus der Tiefe
Kapitel 2 des Buches ist Gespenster-Krimi Band 571: Der Tyrann aus der Tiefe. Ein Zwischenschritt, auch erzähltechnisch. Robert Craven und die anderen Überlebenden der LADY OF THE MIST kommen in Schottland in einem kleinen Fischerdorf an, genauer: in Goldspie. Ob es sich dabei um einen Schreibfehler handelt oder ob Hohlbein dies bewusst verfremden wollte, sei dahingestellt. Denn ein Goldspie gibt es in Schottland nicht, wohl aber ein Golspie. Das Loch Shin, in dem hier die Bestie haust, der man bei Vollmond Opfer darbringt, ist allerdings fast 50 Kilometer entfernt.
Noch wissen die Überlebenden nichts davon und quartieren sich in einem Hotel ein. Robert ist gerade auf dem Weg zur Bank, um einen der von Andara hinterlassenen Wechsel einzulösen und sich nach einem neuen Anzug umzusehen, als er zum ersten Mal von einem Craal, einer Blutbestie, angegriffen wird. Es handelt sich um eine Kreatur, die allein Hohlbeins Feder entsprungen ist und bei Lovecraft kein Vorbild hat. Ganz anders verhält es sich mit den Beschreibungen von Goldspie. Hier lehnt sich Hohlbein stark an Innsmouth an, ohne jedoch die für Lovecraft typische Degeneration der Bewohner zu verwenden. Denn Goldspie ist natürlich kein Innsmouth. Aber die Blutbestie passt gut in Lovecrafts Universum, ist halb unsichtbar und riecht natürlich nach Fisch. Robert verletzt sich an seinem Schwert und blutet, was eigentlich notwendig ist, um den Craal überhaupt auf seine Spur zu bringen. Hier liegt ein kleiner Fehler im Detail, denn die Blutbestie hat ihn offensichtlich auch ohne den offenen Blutgeruch finden können. Der erste der drei Magier des Dorfes wird nämlich (versehentlich) von Craal getötet, weil ihm bei einem Kampf, in den Robert mit ihm verwickelt ist, Roberts Blut auf die Wange gespritzt wird. Und dem Craal ist es letztlich egal, wen er erwischt.
Es gibt in Goldspie also drei Magier. Wir haben es schon im ersten Band (von Andara, der Mutter Rodericks) gesagt bekommen: drei sind genug, aber auch mindestens notwendig, um von einem Zirkel sprechen zu können).
Zwei von ihnen können getötet werden, aber die Identität des dritten bleibt auch am Ende des Kapitels völlig offen. Wie indes die “Urzeitbestie” in Loch Shin reagiert, nachdem der Polizeichef Donhill – einer dieser Magier – getötet wird, sehen wir ebenfalls nicht. Dabei soll Donhill der einzige gewesen sein, der die Bestie im Zaum halten konnte. Einst ist er gemeinsam mit Leyman (eben derjenige, der von der Blutbestie getötet wird, weil er einen Tropfen von Roberts Blut an die Wange bekommen hat) im Dorf erschienen. Gemeinsam haben sie es unter Kontrolle gebracht und die Bewohner unter ihren Bann gezwungen.
Zwei Dinge bleiben von diesem kleinen Intermezzo in Erinnerung: Roderick Andara erscheint Robert als warnender Geist und unterstützt im Rahmen seiner Möglichkeiten Roberts Flucht. Dabei erwähnt er, dass der Tod nicht das ist, was man gemeinhin glaubt. Und dann noch Priscylla, die Robert und Bannermann bei sich versteckt, als der Mob nach ihnen sucht.
Priscylla bittet Robert, sie mit nach London zu nehmen. Aus heiterem Himmel ist zwischen den beiden die Liebe ausgebrochen. Das mag an der Extremsituation liegen, und wer wäre als Gefährtin besser geeignet als ein blutjunges Mädchen, das bereits mit dem Grauen konfrontiert wurde? Wusste Hohlbein zu diesem Zeitpunkt schon, dass Priscylla der “dritte Hexer” ist? Wenn man die Stelle liest, an der sie nach London gebracht wird, kann man sich das kaum vorstellen. Vielleicht hat es sich ihm beim Schreiben aufgedrängt, obwohl er es am Anfang gar nicht so machen wollte. Hohlbein plottet nicht, er schreibt (das hat er mit Stephen King gemeinsam) einfach drauf los.
Viel mehr gibt die Geschichte nicht her und bleibt trotz Hohlbeins gefälliger Schreibweise im Stereotyp eines Groschenromans stecken. Dabei wäre das gar nicht nötig gewesen, wenn es einen übergreifenden Handlungsbogen gegeben hätte. Und – wollte der Autor nicht eine Ausgabe letzter Hand schaffen? Er hätte es tun sollen. Denn, in London angekommen, erfahren wir nichts mehr über Bannermanns Verbleib. Man ahnt zwar, dass sich ihre Wege trennten, aber es wäre doch schön gewesen, wenigstens in einem kleinen Absatz davon zu lesen. Ich verweise noch einmal auf die (angebliche?) Überarbeitung des Hexer-Zyklus.
Und schon sind wir in London, der von deutschen Autoren so geliebten Stadt. Das ist der Teil, in dem Robert auf Lovecraft trifft (die Figur!), in dem Robert sein Erbe antritt – und in dem der “verschollene” dritte Magier und das Urvieh aus dem letzten Kapitel wieder auftauchen. Wenn ich mir vorstelle, dass diese drei Bände unabhängig von der Heftroman-Norm entstanden wären, weil es Wolfgang Hohlbein eben nicht gelungen ist, in seiner Nachbearbeitung die Unregelmäßigkeiten und Lücken zu schließen – wir hätten ein erstaunliches Buch bekommen. Ich habe im Prolog schon darauf hingewiesen, dass ihm das bei “Enwor” allein atmosphärisch hervorragend gelungen ist (auch wenn die Serie an anderen Schwächen leidet). Und hier offenbart sich vielleicht das größte Manko: eine an sich komplexe Geschichte wie die des Hexers in einen Gespensterkrimi zu packen. Wie wir sehen werden, wird sich dies ändern, wenn Der Hexer zu einer eigenen Serie wird.
Interessant ist dieser Teil nicht einmal durch das Auftauchen des urzeitlichen Dämons in London oder der Hexe Lyssa, die Robert endlich zur Strecke bringen will, sondern durch das Zusammentreffen von Robert, Lovecraft mit seinem Diener Rowlf und dem Anwalt Dr. Gray, der für Robert die Erbschaftsangelegenheiten regeln will. Seit drei Tagen irrt Robert durch London auf der Suche nach dem mysteriösen “Howard”. Er kennt nur diesen Namen und weiß, dass er ihn im Hotel Westminster finden wird. Was er nicht weiß: Es gibt zwei solcher Hotels. Im ersten ist er mit Priscylla abgestiegen, aber ein freundlicher Herr macht ihn darauf aufmerksam, dass es noch eine Pension gleichen Namens gibt. Ein heruntergekommener Schuppen in einem ebenso heruntergekommenen Viertel Londons.
Lovecraft in London
Das mag überraschen, denn Lovecraft war nie in London. Aber er schätzte diese Stadt, wie er überhaupt ein begeisterter und faszinierter Anhänger des Königs war. Denn als Amerikaner sah er sich keineswegs. In seinem Fragment “The Descendant” hat er versucht, eine Studie über London zu schreiben. Und das Commonwealth galt ihm kulturell als das Maß aller Dinge. Hohlbein hat hier der Anglophilie Lovecrafts Rechnung getragen, und man mag davon halten, was man will, aber es ist ein schöner Zug, dass er ihn nach London verlegt hat.
In der Pension Westminster, die ausschließlich von H.P. und Rowlf bewohnt wird, erfährt er unter anderem über seinen Vater, dass er aufgrund seines Erbes zu den zehn reichsten Männern des Landes gehören dürfte. Dr. Gray, ein befreundeter Anwalt – und intimer Freund sowohl Lovecrafts als auch Andaras – soll die Angelegenheit regeln. Doch zuvor wird ihm ein versiegelter Brief seines Vaters übergeben, in dem nichts steht, was Robert neu wäre. Aber darum geht es in diesem Brief auch nicht. Denn wäre Robert nicht Andaras Sohn gewesen, hätte er weder das Siegel brechen noch überleben können. Der wichtigste Teil von Roberts Erbe ist jedoch nicht das Geld, sondern die Bücher, die Rodericks gesamtes magisches Erbe darstellen. Nur sind diese zusammen mit der LADY OF THE MIST vor der schottischen Küste im Meer versunken. Damit ist klar, wie es weitergeht, denn Lovecraft besteht darauf, so schnell wie möglich an den Ort des Unglücks zurückzukehren, um die Bücher zu bergen. Zusammenfassend lässt sich das Vermächtnis also wie folgt zusammenfassen: Geld, Fluch, Hexenkraft, Bücher.
Doch bevor die Abreise vorbereitet werden kann, dringen Schläger in Lovecrafts sicher geglaubtes Haus ein. Dies ist ein Ablenkungsmanöver der Hexe Lyssa, um Priscylla zu entführen. Damit hat sie ein Druckmittel gegen Robert in der Hand und zwingt ihn in ein verlassenes Hafenbecken, wo er dem urzeitlichen Dämon als endgültiges Opfer dienen soll. Hier offenbart sich das doppelte Spiel der Hexe, denn sie ist (wie oben bereits erwähnt) mit Priscylla identisch und hat Robert von Anfang an getäuscht. Im letzten Moment erscheinen Howard, Rowlf und Dr. Gray, die dem Ungeheuer zwar Wunden zufügen können, aber mehr auch nicht – bis sich die riesige Glocke vom Kirchturm löst und dem Ungeheuer den Kopf zerschmettert. (Hier greift erneut der Geist von Roderick Andara ein, der aber nur am Ende von Robert als Hauch wahrgenommen wird).
Howard droht Lyssa damit, sie töten zu wollen, aber unser verliebter Robert verhindert das und glaubt, dass er die Hexenkräfte der jungen Frau austreiben kann. Zunächst aber wird die bewusstlose Frau in ein Sanatorium gesteckt. (Es scheint ein beliebter Sport des Gruselromans gewesen zu sein, Frauen in eine Anstalt bringen zu müssen, wie es ja auch bei Dorian Hunter, dem Dämonenkiller geschehen ist, wenn auch aus anderen Gründen). Na dann, schauen wir mal, wie es weitergeht.
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Sehr guter Zusatz. Bereichert das ganze enorm. Danke!