
Nach dem durchwachsenen, aber nicht uninteressanten Das Bergmonster hat M.V. Carey den nächsten Teil der drei Detektive geschrieben. Es ist ihr vierter Beitrag, und insgesamt sind wir nun bei Buch 21 angelangt. Eigentlich sind alle ihre Bücher bis dahin gut lesbar, aber die zweiten scheinen immer ihre besten zu sein. Ob sich daraus eine Fortsetzung ableiten lässt, wird sich zeigen, aber Der Zauberspiegel enthält alle von Robert Arthur entworfenen Tropen, auch wenn der Fall und seine Hintergrundgeschichte am Ende vielleicht etwas zu kompliziert gedacht sind. Aber das tut dem Abenteuer zunächst keinen Abbruch, politische Intrigen hatten wir ja schon in Die silberne Spinne, auch wenn die Übersetzung dann etwas ganz anderes daraus gemacht hat. Von Mary Virginia Carey können wir noch 11 weitere Bücher erwarten und ich muss sagen, dass ihr Schreibstil absolut hervorragend ist.
Justus, Peter und Bob helfen Onkel Titus beim Ausräumen eines Hauses, das abgerissen werden soll, als sie Mortons Rolls Royce vor einem Nachbarhaus entdecken. Sie sehen, wie ein kleiner Mann aus dem Haus flieht und von Morton verfolgt wird. Peter versucht, den Mann zu überwältigen, aber der Dieb entkommt in einem in der Nähe geparkten Auto.
Das große Herrenhaus gehört Mrs. Darnley, einer Frau, die einen etwas altmodischen Kleidungsstil pflegt und Spiegel sammelt. Morton war ihr Chauffeur und hatte ihr bereits von den drei Detektiven erzählt, also werden die Jungs eingeladen, sich die Spiegel anzusehen. Eine Überprüfung ergibt, dass der Eindringling nichts gestohlen zu haben scheint. Die neueste Errungenschaft, die in der Bibliothek aufbewahrt wird, ist der Zauberspiegel, ein hässlicher gerahmter Spiegel, der einst einem spanischen Zauberer namens Chiavo gehörte, der vor zweihundert Jahren in Madrid lebte. In der Bibliothek ist seit neuesten unheimliches Gelächter zu hören, während das Haus schläft, und Mrs. Darnley hat Chiavos leuchtenden Geist im Spiegel gesehen. Nun hat auch das Haus seine Geschichte, denn es gehörte einst dem Zauberer Drakestar, der hier gestorben ist und von dem es nun heißt, dass er hier spukt. Viele Zauberer, viele Spukgeschichten und natürlich viele Spiegel. Carvey wirft hier mit einer Menge historischer Referenzen um sich, unter anderem befinden sich in Darnleys Sammlung der Handspiegel von Marie Antoinette, ein Spiegel aus dem Zarenpalast in St. Petersburg, ein Spiegel aus dem Besitz von Königin Victoria und so weiter. Das Thema ist also durchaus interessant, vor allem ist es fast verwunderlich, dass es so lange gedauert hat, bis sich jemand dieses Themas angenommen hat.

Es gibt einen recht aufdringlichen Interessenten für den außergewöhnlichen Spiegel, ein mysteriöser Spanier namens Santora behauptet, ein Nachfahre Chiavos zu sein. Weiter behauptet er, der Spiegel sei verflucht und nur in den Händen von jemandem mit Chiavos Abstammung sicher. Irgendetwas scheint hier im Argen zu liegen. Niemand glaubt Santoras Geschichte so richtig. Justus ist überzeugt, dass es eine nicht übernatürliche Erklärung für die geisterhafte Erscheinung im Spiegel gibt. Wahrscheinlich hat sich jemand in dem Haus versteckt, aber eine Suche hat nichts ergeben. Da das Haus von einem professionellen Zauberer gebaut worden war, gibt es dort aber vielleicht geheime Räume?
Ich finde, dass dieses vierte Buch der Reihe von M.V. Carey eine großartige Ergänzung der Reihe ist, weil es sich so sehr auf seine Prämisse einlässt: ein Geist in einem Spiegel, ein Haus, das für einen längst verstorbenen Zauberer gebaut wurde. Das ist im Grunde Pulp der Kategorie alles oder nichts, und die Atmosphäre in der Bibliothek mit all den Spiegeln ist sehr gelungen.
Zur Rechten führte eine reich verzierte Flügeltür in einen Raum, der zu dunkel war, als daß man sein Inneres erkennen konnte.
Die Besucher wurden geradeaus in einen geräumigen Salon geführt – und hier schienen die Wände von tanzenden und zitternden Schatten belebt. Schwere Vorhänge schirmten das Sonnenlicht ab, und jetzt erst merkten die Jungen, daß die beweglichen Schatten ihre eigenen Abbilder waren. Sie fanden sich in Spiegeln wieder – in Dutzenden von Spiegeln, vielleicht auch Hunderten. Sie sahen ihr Spiegelbild gespiegelt. Im Raum schienen nicht drei Detektive, sondern dreißig oder dreihundert zu sein.
Ansonsten bewegen wir uns an verschiedenen Orten. Das Buch spielt in Los Angeles, es gibt ein verfallenes Farmhaus mitten im Nirgendwo, das Beverly Sunset Hotel, einen Pier und ein Lagerhaus in San Pedro, und trotzdem findet Carey noch genug Zeit für das Hauptquartier, was sie eigentlich immer sehr gut hinbekommt.

Mit der alten Dame leben auch ihre beiden Enkel Jenny und Jeff, beide etwa im gleichen Alter wie Justus, Peter und Bob. Hier haben wir also eine Variante des „hilfsbereiten Jungen“, der bei Arthur so beliebt war (und in Die singende Schlange hatten wir das „hilfsbereite Mädchen“). Nun, die beiden sind in diesem Abenteuer vielleicht nicht besonders hilfreich, aber sie erfüllen ihren Zweck. Jeff zum Beispiel wird entführt
Obwohl Mrs. Darnley und ihre Enkel Jenny und Jeff ein wenig zu kurz kommen, gibt es einige großartige Charakterisierungen, darunter ein preiswürdiges Zitat von Morton – „Peter zieht es vor, unnötigen Ärger zu vermeiden“ . Interessanterweise sagt Morton das in einem Abenteuer, in dem Peter gleich zweimal sein Draufgängertum unter Beweis stellt (auch wenn er beide Male scheitert). Gleich zu Beginn versucht er, den Einbrecher zu stellen, und als er Santora in seinem Hotel observiert und bemerkt, dass der mutmaßliche Einbrecher bei Mrs. Darnley ihn niedergeschlagen hat, versucht Peter es erneut.
Eine weitere Figur, die erwähnt werden muss ist der Brotverkäufer Henry Anderson, der sich in einer prekären Situation dazu bereit erklärt, den Detektiven zu halfen. Schön ist auch der Auftritt von Professor Barrister, der schon in Die singende Schlange vorkam, obwohl ich überrascht war, dass die Visitenkarte diesmal nicht benutzt wurde (oder zumindest dem Leser nicht gezeigt wurde). Das Ende, in dem Justus seine Fähigkeiten als Sherlock-Holmes-Detektiv einsetzt, um den entführten Jeff zu finden, ist gut gemacht (auch wenn die anschließende Auflösung mit zu vielen Erklärungen belastet ist).