Possenspiele

Kategorie: Brouillon (Seite 33 von 69)

der BROUILLON ist tagesgeschäft, nicht mehr als journaling über unwichtige persönliche befindlichkeiten.

Kutschen- und Lampenzeit

Auf keinen Fall dürfen wir die Handschrift verlieren, die uns so eine persönliche Note verleiht, nämlich in dem, was wir wirklich denken. Gedacht wird, möchte ich sagen, mit der Hand. Dass bereits eine Schreibmaschine von selbst arbeitet, ist bekannt. Julien Gracq war es, der seine Lektüre stets mit dem Stift begleitete, und so nannte er eines seiner Bücher „schreibend lesen“.

Selbst lese ich gerade den dritten Band von David Morrells De Quincey-Trilogie, und was ich darin unter anderem finde, ist eine Zeit in der Schwebe, eine Kutschen- und Lampenzeit. Im Kern der viktorianischen Epoche fühle ich noch alles Rätselhafte des Überlebens, das Neue allein an der Inbetriebnahme der Eisenbahn. Bei solchen Romanen ist es mir, als ginge ein Ducken damit einher, denn man darf sich nicht frontal von dem treffen lassen, was wir als unsere Gegenwart bezeichnen.

Heute morgen noch schnell ein Stück meines Fingers abgeschnitten

Heute morgen noch schnell ein Stück meines Fingers abgeschnitten und Heißa, bald ist Weihnacht da. Gestern schon gepackt, Destination: Pfalz. Das Problem wird nachher wieder sein, mit dem miesesten Unternehmen der Welt konfrontiert zu werden: der Bahn. Könnte ich es mir aussuchen, würde ich lieber einen Bus im Kongo wählen, aber diese Wahl haben wir zum Leidwesen nicht. Unglücklicherweise ist es meine Schreibhand, die verletzt ist, und so muss mir Albera nicht nur beim Kochen, sondern auch beim Schreiben assistieren, so kann ich mich gleich im Diktat üben.

Wer es sich wünscht, von uns bewünscht zu werden, dem sei eine vollendete Weihnacht!

Ein Morgen mit Dexter Gordon

Den frühen Morgen mit Dexter Gordon begonnen, der von meinen bewunderten Tenorsaxophonisten das vollste Organ besitzt.

Noch in der Nacht konnte ich den Volker Kutscher beiseite legen, durch seine Gereon Rath-Romane der Impulsgeber zur hervorragenden Produktion „Babylon Berlin“. Kutscher selbst kann Ideen haben, aber er hat eindeutig kein Erzähltalent, das liegt tatsächlich den wenigsten deutschen Autoren im Blut. Ganz anders der erste Highsmith-Band; die Dame bricht mit einer erschreckend einfachen Sprache ins Bewusstsein, die Finesse liegt in ihrer psychologischen Führung der Figuren.

Die Inselsprüche und was denn mitzunehmen wäre: Auffällig sind es bei mir vermehrt Kurzgeschichten und weniger Romane. Natürlich Cortázar (mitsamt Rayuela eben als einer der wenigen Romane); Poe, Bruno Schulz, Borges, Ligotti, Aickman. Gegen Romane entscheide ich mich nicht wegen der Form, sondern wegen der Fülle auf engstem Raum bei leichtem Gewicht.

Piglia: Man erzählt nicht, um sich zu erinnern, sondern um etwas Verborgenes zu zeigen.

Also bin ich ein Hybrid, ein Zwitterwesen zwischen Federhalter / Maschine und der elendigen digitalen Textur, die immer eine Umkehrung ist, eine Vernichtung, die täuschend echt mit Symbolen umgeht, aber am Ende nur von der reinen Vergeblichkeit kündet.

Es gibt wichtige Bücher und eine größere Masse unbedeutender, denen man in einem Leseleben begegnet. Die Verteilung scheint zunächst willkürlich. Die Zufälle, mit denen man seine persönliche Bibliothek füllt, sind, wie die Zufälle aller Begegnungen: es erschließt sich erst in einem Zwiegespräch die Tragweite.

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