Possenspiele

Schlagwort: Literatur (Seite 78 von 84)

Das Scheitern der Furcht

Die Protagonisten sind weder angehende Hollywood-Größen noch durch Gymnastik gestählte Körper, die im Film in unterschiedlichen Phasen der Nacktheit gezeigt werden: es sind alltägliche Leute, die den Hauptteil des Films in Parkas rumlaufen. Das Dokumentarfilm-Motiv ist mittlerweile selbst zu einem Klischee verkommen, aber wir sehen noch immer die gleichen jungen Stahlkörper, die in Scheiben geschnitten und zu Würfeln gepresst werden, auf ihrem unvermeidlichen Weg in das nächste Sequel. Nicht wirklich beängstigend. Genauso wenig wie die literarische Seite der Gleichung – selbst durch die versiertesten Händen (und ich glaube, dass wir eine kleine Renaissance des Genres erleben) – gelingt es kaum, mich zu verunsichern.

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Die „Seltsame Geschichte“

Wir hören in letzter Zeit viel über die steigende Popularität der Weird Fiction. (Anm. Ich behalte hier die Originalbezeichnung bei, weil der Begriff in seiner eigentlichen Bedeutung nicht ins Deutsche übertragen werden kann, ohne fälschlich behandelt zu werden. Die häufigen und gebräuchlichen Übersetzungsfehler „Literatur der Angst“, „Unheimliche Literatur“ usw. führen hierbei nur in eine Sackgasse.)

Wie viel oder wie wenig dieses neue Aufkommen mit der New Weird-Bewegung von vor einigen Jahren zu tun hat, überlasse ich den Diskussionen der Gelehrten. Über kurz oder lang kann man sagen, dass uns alle paar Jahre ein neues Konzept als das neue große Ding der Horrorliteratur präsentiert wird, und im Moment ist es ein Stamm unheimlicher Erzählungen, die ihre Inspiration hauptsächlich (wenn auch nicht immer offensichtlich) von Lovecraft, aber auch von Chambers, Howard, Ligotti und so weiter beziehen. Sie wird mit anderen Genres kombiniert, verdünnt und in verschiedenen Formen verzerrt, aber am Ende des Tages, im Hier und Jetzt, ist die „Weird Fiction“ König.

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Indem das Wunderbare und Übernatürliche genügt

Todorov, dem ich einige Dummheiten unterstelle, zählt Kafkas „Verwandlung“ zum Beispiel nicht mehr zur Phantastik, weil hier das Übernatürliche von Anfang an vorgesehen sei. Es geht ihm hier um das fehlende Überraschtsein angesichts der phantastischen Ereignisse. Dass die Psychoanalyse die phantastische Literatur ersetzt habe, ist eine weitere Merkwürdigkeit; doch angemerkt werden muss, dass aus heutiger Sicht selbst die Psychoanalyse ein überholtes Modell darstellt. Längst hat sich alles den Neurowissenschaften zugewandt. Es gibt natürlich andere Kandidaten, die Todorov widersprechen, aber auch sie überzeugen letzten Endes nicht. Hans Richard Brittnacher ist so jemand, wenn er behauptet, dass das Phantastische im Grunde kein ästhetisch innovatives Potential mehr entwickeln könne. Das Problem der deutschen Phantastikforschung wird da schon mitgeschrieben, denn sie stecken diese Begrifflichkeit einfach zu eng, weshalb unbedingt angeraten ist, den germanistischen Ansatz völlig hinter sich zu lassen und sich der angloamerikanischen Literaturwissenschaft anzuvertrauen. Es mag manchen staubigen Backen nicht gefallen, dass hier Phantastik und Fantasy im Grunde auf das gleiche abzielen, indem das Wunderbare und Übernatürliche genügt, um einen Text als phantastisch erscheinen zu lassen, denn „im Laufe des Jahrhunderts ist das Phantastische selbst zur Dominante des modernen Romans geworden“, wie Bernhard Cornwell feststellt.

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